AintS'lmd AnzeLyevlatt tür

Mlit de» iüatzrierte» veil«>e« .zeierltaadea" »Unser» Hri««t", »Die W«»r »o» La««",

«ezugspresie: Monatlich einschließlich Trägerlohn 1.60; Einzelnummer Erscheint «« jedem Werkt«»». Verbreitetste Zeitung tm O.-A.-Bezirk Nagold. Schriftleitung, Druck und Verlag v. G W. Z«tser (Karl Zaiser) Nagold

Ms

den GbeLAn(sv

Mit der l«udwirtsch«ftliche» Wochenbeilnge: ,-«»»>, Saetea- «ad Landwirtschaft-

Unzeigeupreise: Die 1-spaltiae Boraiszeile oder deren Raum 20 Familien-Anzeigen 15

.. ' ^ «ufschl.

bestimmten ^ r, wie für telephonische Aufträge und Thiffre-Änzeigen wird keine Gewahr übernommen. : : :

Telegr.-Adresse: Gesellschafter N«g«ld. In Fällen höhere: Gewalt besteht kein Lnsprucv ->uf Lieferung »er Zeitung «der Rückzahlung de» Bezugspreise», Postsch.-Kto. Stuttgart 5118

Nr. 261 Gegründet 1827 Mittwoch, den 6. November IMS Fernsprecher Nr. 29

103. Jahrgang

ragessmegel

Im Befinden des Prinzen Max von Baden im Kranken­haus in Konstanz ist eine Verschlimmerung eingekreken. Vor ! Zn Jahren Halle der Prinz einen SchlagänfaS erlitten.

In der Elbparkvilla in Klein-Flottdeck fand am Diens- tag unter zahlreicher Beteiligung die Trauerfeier für Fürst > Bülow stakt. Darauf wurde die Leiche im Krematorium Hamburg-Ohlsdorf verbrannt.

Die Bundesleikung der heimwehren in Oesterreich ver- ! öffentlicht eine Erklärung: Der tückische Kampf der Gegner ! mit wirtschaftlichen Maßnahmen (Verweigerung der Mit- Z arbeik mit Heimwehrleuken) zwingt die Heimwehr zu schärf­sten Gegenmaßnahmen. Zugleich wirdMas Parlament ge­warnt. es könnte durch einen zweiten Sturm des Volks an seine Pflicht gemahnt werden, die Stimme des Volks zu hören. Der Augenblick könne kommen, wo das Volk das den Abgeordneten erteilte Recht an sich nehme.

Die auf Dienstag anberanmke Sitzung des polnischen Abgeordnetenhauses ist durch einen Erlaß des Staats­präsidenten um ZV Tage vertagt worden. Die Lage ist ver­worren.

Derchristliche" General Fengjusiang ist nach einer Mel­dung aus Banking entscheidend geschlagen worden. 17 000 Mann seines Heers sollen von den Regierungstruypen ge­fangen genommen worden sein.

Wie» aus dm Wege j» ckm Imini«»?

Das ist der Sinn der Erklärung, die der Vizekönig von Indien, Irwin, am letzten Donnerstag in Indiens neuer Hauptstadt Delhi den Bollern dieser größten politischen Kolonie verkündigte. Er sei, erklärte er, von der britischen Regierung ausdrücklich beauftragt worden, festzustellen, daß dasnähere Ziel die Erreichung des D o m i n i o n st a t u s für Indien" sei.

Höchste Zeit! War es doch widersinnig genug, daß ein Volk von 319 Millionen noch alsKolonie" figurierte. Allerdings hatte Indien eine bevorzugte Stellung unter den britischen Kolonien, also vor Malta, Cypern, Guayana, Britisch-Ostafrika, Sansibar, Uganda usw. An der Spitze desKaiserreichs Indien" steht der Staatssekretär für In­dien in London, als vollziehende Gewalt der Vizekönig (zur Zeit Lord Irwing) in Delhi, ihm beigeordnet ein Staats­rat und eine gesetzgebende Versammlung. Aber Indien war immer noch kein Dominion, wie Kanada, Neufundland, Australien, Neuseeland, die Südafrikanische Union oder der Freistaat Irland (seit 1922). Und das ist, was dieses große Volk von uralter Kultur schon längst vermißte.Los von England" war die Losung, die schließlich jeder Indier im Herzen trug und die ganz besonders Indiens größter Pro­phet, Mahatma Gandhi, mit seiner genialen Propa­ganda des passiven Widerstands (Non cooperation"), ge­tragen von der Begeisterung seiner Landsleute, mit steigen­dem Erfolg betrieb.

Wenn Indien so gar langsam in seinen Bestrebungen der Losreißung von London vorwärts kam, so trägt es daran selbst die größte Schuld. Kein Volk ist gesellschaftlich so sehr in Ständen oderKasten" gehalten, in Religion zer­rissen und staatsrechtlich zersplittert wie Indien. Tausende von Kasten, die einander peinlich meiden, Religionen, die, wie die Brahmanen und Mohammedaner, einander tödlich hassen, ein babylonisches Sprachgewirr, das die vielen Stämme trennte, und zu alledem noch unmittelbarer Besitz der britischen Krone (231 Millionen) und Dutzende von Schutz- und Tributärstaaten (83 Millionen), deren Fürsten allerdings trotz ihres enormen Reichtums unter der englischen Oberherrschaft ein Schatten­dasein f ühren. Und alle diese jammervollen Gegensätze verstand der Engländer sehr schlau zu hegen und zu pflegen, nach dem altrömischen Grundsatz:Teile und herrsche!" Und so kam es bei diesem hochbegabten und reichgesegneten Volk nie zu einem geschlossenen Widerstand gegen den britischen Machthaber, dem es allerdings andererseits an kulturellen, technischen und gesetzlichen Fortschritten zweifellos sehr viel verdankte.

Aber mit der Zeit mußte es doch anders werden, Indien erwachte nach und nach aus dem Dornröschenschlaf. Na­mentlich hat der Weltkrieg, in den England törichter­weise die Indier verwickelte, diesen die Augen geöffnet. Von Jahr zu Jahr wurden von London dem zunehmenden Selbst­bewusstsein der Indier Zugeständnisse gemacht. Und jetzt ist es so weit, daß der entscheiden« Schritt getan wer­den muß. Seit Jahr und Tag studiert die sogenannteS i - m o nk o m m i s s i o n, die aus englischen Parlamentariern Zusammengesetzte Abordnung zur Prüfung einer neuen Ver­fassung für Indien, an Ort und Stelle die Frage, ob und wieweit in staatsrechlicher Beziehung Indien größere Selb­ständigkeit gewährt werden könne? Der Bericht soll bis Neujahr 1930 fertiggestellt sein und daraufhin soll eine ge­mischte Kommission, die aus Vertretern der verschiedenen englischen Parteien, den indischen Interessengemeinschaften und den indischen Fürstenstaaten zusammengesetzt ist. dem Londoner Parlament Vorschläge unterbreiten. Dabei will

Mac Donald völlig überparteilich verfahren. Ein Be­weis, wie England in Fragen der Außenpolitik, namentlich aber des britischen Weltreichs, keine Parteien kennt. Auch die Arbeiterregierung ist hierin genau soimperialistisch'' und echtnationalistisch" eingestellt wie die Konservativen und Liberalen. Hierin sind sie alle nur Engländer.

»

Was wird England tun? Oder, um die Frage genauer zu umreißen, was wird England in Indien zu tun ge­zwungen sein? Denn freiwillig wird es natürlich so wenig wie möglich nachgeben. Darüber wird man sich in England keiner Täuschung hingeben: ohne Indien sinkt England zu einer Macht zweiten Rangs herab. Seit 1776, dem Jahr der Loslösung der späteren Vereinigten Staaten, ist England nicht mehr vor wichtige Entscheidungen gestellt worden, auch nicht 1920, als sich Irland freimachte. Man vergegenwärtige sich, was Indien für England bedeutet. Die britische Politik des ganzen 18. Jahrhunderts, in großen Zügen gesehen, ging um den Kampf zwischen Frankreich und England um die Vorherrschaft in Europa. Die Niederlande, Spanien und Portugal hatten im Kampf gegen England ihre Führerstellungen in der Welt nacheinander verloren. Fast ein Jahrhundert hindurch war dann Indien das, was es bis vor kurzem geblieben ist: die Goldgrube des britischen Reichs. Nur hat man von Zeit zu Zeit in der Regierungsform Zugeständnisse gemacht. Die Gründe für das hartnäckige Festhalten Englands an Indien sind zunächst rein wirtschaftlicher Natur. Man kann sagen, daß vier Fünftel des großen englischen Reichtums aus Indien stammt. In der Einfuhr wie in der Ausfuhr steht Indien für England nach wie vor an der dritten Stelle. Und über die wirtschaftliche Bedeutung hinaus hat Indien > nicht zu unterschätzende politische Bedeutung, die Land- s brücke, nach dem Fernen Osten zu sein, der Mittelpunkt für i

vre allgemeine britische Reichs- und Weltpolitik. Schließlich bildet es mit seinen annähernd 320 Millionen Menschen eine fast unerschöpfliche Menschenquelle, die in der Hand zu haben sich schon die Anstrengung, sie zu erhallen, lohnt.

Den ersten großen Rückschlag auf seinem Weg zu einer völligen Eingliederung Indiens erlitt England im Jahr 1857 im großen indischen Aufstand. Er konnte zwar mit ungeheuren Opfern unterdrückt werden, da es sich einmal nur um eine Militärrevolte handelte, zum andern nicht ohne geschicktes Dazutun Englands die Inder unter sich zu uneins waren, um auf absehbare Zeit hinaus eine ge­flossene Front zu bilden. Ueber den Wert der auf diesen Aufstand folgenden Politik des Versuchs der Eingliederung durch teilweise Erziehung der Inder in England wird man sich nie völlig einig werden können. Der erste positive Schritt in dieser Richtung war die sogenannte Montagu Akte, die Ende 1919 Indien eine neue Verfassung gab. Sie ging zwar den Indern nicht weit genug, schloß jedoch schon damals die Möglichkeit einer Dominialoerfas« sung nicht aus. Alles Folgende ist nur mehr logische Folge dieses ersten indischen Erfolgs. DerSiinonaus - schuß", nach feinem Vorsitzenden Simon genannt, dessen Zweck eine Ueberprüfung der Arbeitsfähigkeit der Montagu Akte darstellt, war schon ein Zugeständnis an die Ungeduld der Inder, die nicht abwarten konnten, bis die zehn Jahre, die eben diese Akte vorsieht, vorüber waren. Der Empfang des Simonausschusses in Indien war alles andere als freundlich. Das Ergebnis seiner Untersuchung sollte erst im Februar des kommenden Jahres veröffentlicht werden. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel schlug daher jetzt in die noch schwebenden Verhandlungen die Erklärung Lord Irwins ein, der sich grundsätzlich für die Einrichtung des Dvminialstaats ausspricht. Die Verselbständigung Indiens bedeutet für England etwas anderes als z. B. die Kanadas oder Australiens, wo der britische Reichsgedanke in der

Krise in der Regierungskoalition

Bamberg, 5. btovember. Auf der Tagung katholischer Arbeitervereine erklärte der Vorsitzende der Bayerischen Volkspartei, Prälat Leicht, das Bachgeben des Reichs­tags der Sozialdemokratie gegenüber, besonders bei den Be­ratungen über das Familienrecht, Eheschließung usw. im neuen Strafgesetzbuch sei unerträglich geworden. In grund­sätzlichen Fragen werde aber weder die Bayerische Volks- vartei noch das Zentrum nachgeben, und wenn die Haltung des Rechtsausschusses und'des Reichstagsausschusses sich nicht ändere, werde man die Bayerische Volksparkei nicht mehr lauge in der Regierungskoalition sehen. Man solle doch ja nicht glauben, daß das Zentrum und die Bayerische Volks­parkei sich dazu heraeben werden, etwa den Doungplan noch durchzuführen und dann die Sozialdemokraten durch Aus­tritt aus der Koalition sich der Verantwortung entziehen zu lassen. Man werde vielmehr sich Sicherungen geben lassen, daß mit Zentrum und Bayerischer Volkspartei nicht Schind­luder getrieben werde.

Der Streit um die Ehescheidung

Berlin, 5. Nov. Im Rechtsausschuß des Reichstags er­klärte bei der Beratung der Bestimmungen über die Ehe­scheidung, die erheblich gelockert werden sollen, Abg. Dr. Bell (Z.), daß das Zentrum die neuen Bestimmungen unbedingt ab lehne. Sämtliche Zeukrumsabgeordneke des Ausschusses verließen darauf das Beratungszimmer und sie werden sich vorläufig an den Beratungen der Ehescheidungs­reform nicht mehr beteiligen. Der Reichsjustizminister Dr. Eue r a r d (Z.) war in der Sitzung nicht erschienen. Eine

aynttche Erklärung hatte gestern die Bayerische Volkspartei abgegeben.

Abg. Hanemann (Deutschnat.) erklärte, die deutsche nationale Volkspartei verschließe sich durchaus nicht der Not­wendigkeit, das Ehescheidungsrecht so umzugestalten, daß es nicht mehr mit gewissen sittlichen Grundsätzen in Widerspruch stehe. Sie halte es aber für notwendig, gleichzeitig die an­deren mit der Frage der Ehescheidung in engstem sachlichen Zusammenhang stehenden Fragen in die Aenderung einzu­beziehen, und zwar besonders mit Rücksicht auf die zukünf­tige Stellung der Frau in der Ehe. Die Deutschnationale Volkspartei lehnt jede Teillösung ab.

Anfall des Staatsrats BStzlein im Reichsrat

Berlin, 5. Nov. Während einer Ausfchußsitzuna des Reichsrats erlitt der Bayerische Vertreter, Staatsrat Dr. Ritter v. Nüßlein einen Schlaganfall. Der bayerische Gesandte o. Preger ließ ihn sofort in ein Krankenhaus überführen. Staatsrat v. Nüßlein, der im 63. Lebensjahr steht, hatte schon im vorigen Jahr einen leichten Schlag­anfall erlitten.

Freilassung Hübners

Karlsruhe, 5. November. Der in Ravenna von den italienischen Behörden verhaftete Baden-Badener Stadtrat und praktische Arzt Dr. Hübner ist wieder aus freien Fuß gesetzt worden.

Schwache Stellung des Kabinetts Tardieu?

Paris, 5. Nov. Im Kabinett Tardieu, das an Zahl umfangreichste ist, das Frankreich jemals besessen hak es zählt nicht weniger als 16 Minister und 12 Unterskoats- fekretäre, welch letztere allerdings im Ministerrot nicht mehr mitstimmcn sollen, scheint noch nicht die volle Einhellig best hergestellt zu sein, weshalb auch der auf Dienstag an- gefktzte Kabinettsrat auf Mittwoch verschoben werden mußte. Die neu« Regierung wird dann am Donnerstag mit ihrem Programm vor das Parlament treten- Me Linksblätter Äauden dem Kabinett kein langes Leben prophezeien zu sollen, da es zu sehr abhängig von der äußersten Rechten sei, die sofort in Opposition treten werde, wenn Lsi« Regierung etwa Zugeständnisse in der Abrüstung, in der Rhein- landraumung, in der Saarfrage usw. machen i würde. Selbst die Sozialrepublikaner, die Partei Briands, ! seien nur mit Haldem Herzen im Kcknnett Tardieu. Man darf derartigen Aeußerungen vorläufig nicht zu viel Gewicht beilegen. Allerdings gehörte Tardieu zu der Richtung, die gegen Deutschland sich am schroffsten stellte. In seinem Buch über den Frieden von Versailles rühmt er sich, daß e" im Kampf gegen die englischen und amerianischen Konferenz­teilnehmer die Besetzung und wirtschafMche Ausbeutung des Saargebiets durch Frankreich durchgesetzt habe. Es ist daher m erwarten, daß er auch in den bevorstehenden Saarver- yandlungen die äußersten Forderungen erheben wird, die

^»rrano unierlMtzen mutz uns wird. Aber diese Forderungen sind in Frankreich nicht eine Eigentümlichkeit der Rechten allein, sondern sie werden auch bis weit in die Reihen der Linken hinein unterstützt. Me Saarsrage und das Saar­gebiet gelten als ein Geschenk des Schicksals, das für Frank­reich die Quell« höchst einträglicher Geschäfte darstelle- Ueber der Saarsrage könnte also das Kabinett Tardieu nur zu Fall kommen, wenn es zu nachgiebig wäre, was sicher nicht zu erwarten ist. Und ähnlich verhall es sich mit der Räumung.

Briands Stellung ist allerdings nicht gerade leicht. Soll er endlich Farbe bekennen, da das Kabinett Tardieu doch eine entschiedene Annäherung an die Politik Poincarss bedeutet Tardieu hatte dann auch am Montag eine lange Unterredung mit PoincarS im Kranken­haus oder soll ex sich weiter in den Mantel des Philo­sophen hüllen, in der Erwartung, daß das Kabinett Tardieu doch keine große und jedenfalls keine ganz sichere Mehrheit in der Kammer hinter sich habe und daß es vielleicht nur ein Platzhalter für ein neues Kabinett Poincar« -der Briand fei? Man wird daraus gespannt sein dürfen, wie der vorsichtig beobachtend« Briand sich entscheiden wird. Interessant wir- es auch sein, in welcher Weis« as deutsche Volksbegehren als Vorwand in der fran­zösischen Politik wird herhalten müssen.