Seite 3 — Nr. 25g
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter*
Montag, 4. November 1929.
Konzert Stoll-Sallmayer >
Einen Kunstgenuß seltenster und edelster Art hatte am Samstag Abend für sein Gemüt, wer der bescheidenen Ein- ! ladung Frau Stoll-Sallmayer in den Waldhornsaal, j fer nebenbei bemerkt, bis auf den letzten Platz besetzt war, ge- j folgt ist. Im Raum, in welchem sonst laute Musik mit Blech und Trommel die Fenster vibrieren läßt, war zarte Frauenhand beflissen, ihrem Instrument, der Konzerlzither, Töne zu entlocken, welche uns in fernvergangene Zeiten in den Gastsaal eines Ritterschlosses und in die Loggia eines südländischen Patrizier- bauses versetzten. War es das Fluidum, das von der lieblichen Altstimme ausging, die in sonst nur dem männlichen Stimmorgan zugängliche tiefe Lagen herunterstieg, mit ihrer gefühlvollen Modulierung, oder der Zauber der Tonwell, in welche wre Meisterhand führte? Wir wissen nur, daß, was die Meisterin hervorzauberte, nicht nur an, sondern in und durch das Herz ging. Eine Musik, welche uns den Gegensatz zu den Erzeugnissen der seelenlosen Schallplatte nnd der das Gefühl des Fernseins nie verlierenden drahtlosen Schallwellenübertragung deutlich erkennen ließ. Was hat Frau St.-S. seelisch in ihr Spiel gelegt: In elegischem Schwung die ernste Tragik eigenen Lebens. Was hat sie technisch geboten: Für den Kenner des Zitherspiels eine Glanzleistung echten Virtuosentums. Bei den strengsten und schnellsten Touren nicht das unangenehme Zerren und Reißen der Einultöne, immer die weichen und silberreinen Töne und klangreinen Akkorde. Nur Jahrzehnte lange unermüdliche Hebung im Verein mit angeborener Begabung kann diese Ergebnisse zeitigen. Pt all- und Kettentriller beherrscht die Künstlerin, und was sie uns in ihrem Vortrag in E-moll bot, ist einzig. Wer fühlte nicht den Schmerz der Melodie durch seine Nerven ^ziehen? Was den Stoff ihrer geistigen Speise betrifft, bot die Künstlen» nur Gediegenes, sie geht als Frau im gereifteren Alter weniger die freieren Wege der Gegenwart. Ihr Sohn und Svielparmer, zwar nicht äußerlich, so doch im Temperament ihr Ebenbild, zeigst sich — das bringt schon sein Lebensalter init sich — mehr von der humoristischen Seite. Gesichtsmimik ist seine Spezialkunst und diese gekleidet iu den Text des Liedes ,Der daikete Bua" brachte die Zuhörer zum Lachen. B:achlenswerl>s leistet er im Gebiet de? Jazzes ohne jedes Instrument mit dem Mund, so täuschend, daß man glaubt, der Metzger hackblock vor 50 Jahren stehe neben d«r Zither. Schuhplattler und einige sonstige Künste verwertet er mit dem Erfolg, daß seine Zuhörer heiler gestimmt werden.
Aber auch die Mutter schwang sich zum Humor auf: Was sie uns von dem Kind als dem kleinen, von der Mutter als dem größeren und von dem Vater als dem größten Kamel erzählte, war allerliebst. Nicht minder ergötzte ihr Unternehmen, aus dem Publikum einen Schuster, einen Schneider, ein Fräulein, einen Schutzmann und einen Seifensieder als Mitwirkende zu einem Vortrag herauszuwählen, welche, ohne das Stück vorher eingeübt zu haben, ihre Vortragsrollen sofort erfaßten.
Nicht unerwähnt darf bleiben, daß der Wirtin Töchterlein j <Frl. Martini) sich der Frau St.-S. für zwei Stücke zum Gesangsduett stellte, die ganz hübsch gelangen. Mut, junge Sängerin, bei deinen verheißenden Stimmitteln. Es muß in > erster Linie das ruhige, fast feierliche Auftreten der Frau St.-S. i und die Ehrerbietung vor ihrer Kunst sein, welche über die ^ ganze Zeit auch unter unserer Jugend eine Stille herrschen : ließ, die des Abends würdig war. Alles in allem für die Zu- ! Hörer ein Abend, dessen Wert das Eintrittsgeld bedeutend überwiegt, für die Künstler ein ausverkauftes Haus. Die Frau St.-S. ist übrigens keine ganz Fremde hier, schon vor 20 Jahren war sie im hiesigen Bezirk und gab mit ihrem Mann gemeinsam uns Nazoldern auserlesenen Kunstgenuß. H.
Dolksbimdvortröge
Auch dieses Jahr werden die Pfarrer des Bezirks unserer Volksbundgemeinde eine Reihe von abendlichen Vorträgen geben, diesmal über die Erundtatsachen unseres Christenglaube im Anschluß an Luthers Katechismus. Studienassessor Haasis, Religionslehrer am Lehrerseminar, eröffnete die Veranstaltung gesternabend im gut ' besuchten Saal des Vereinshauses. Neues Leben rege sich heute auch im Protestantismus. AmResormationsfest, im Jahr der Protestation von Speyer, die uns den Namen gab, im Jahr endlich, da der Katechismus Luthers sein Jubiläum feiert, erinnern wir uns dankbar der Elaubens- schätze, die in ihm niedergelegt sind. Wird aber der Katechismus uns Menschen von heute noch gerecht? Paßt das, was Luther vor 400 Jahren einer rein bäuerlichen Bevölkerung sagte, noch uns? Sind das nicht starre Dogmen, ist nicht alles leeres Gerede? Gewiß der Katechismus ist ein Kind seiner Zeit, jener Zeit, da infolge des Bauernkriegs j eine entsetzliche Verwilderung eingerissen war, eine Feind- l seligkeit gegen alles, was Religion hieß, herrschte, entsetz- ! liche Rohheit und Unwissenheit. Nicht hoch genug kann ! man anschlagen, wie sich der viel angefochtene Wittenber- ! ger Doktor dieser Flut der Verderbnis entgegenwarf, auf i seinen Visionsreisen selbst Einsicht in die Verhältnisse nahm und die bessernde Hand anlegte. Der Katechismus ist ein Wunderwerk deutscher Sprache, voll schlichter Frömmigkeit und eindringender Kraft. „Ich glaube, daß mich Gott geschaffen hat samt alle Kreaturen". Das ist das I.VIatt der - Bibel, hoch erhaben über alle Babylonischen Mythen, auch über alle buddhistische Weltverneinung. Der christliche Schöpfungsgedanke hält auch vor dem neuen naturwissenschaftlichen Weltbild stand, das gerade die tiefsten Forscher immer wieder in Ehrfurcht vor dem Letzten, Unendlichen Haltmachen anbetend stille stehen läßt. Freilich: Daß Gott mein Vater ist, der sich auch um mich kümmert, das suchen wir nicht in den Wolken, nicht in den Winden, das offenbart uns allein der Sohn, Jesus Christus. Kein Gottes b e- weis ist überzeugend. Da bleibt nur der schlichte Glaube, der auch heute noch mit Luther spricht: Ich glaube, daß mich Gott geschaffen hat . . Auch Luther kannte Not und Sorge, weder Jesus noch Paulus waren so harmlos, als ob nun immer alles „stimmen" müßte, sozusagen kein Rätsel bliebe bei dieser „täglichen Vorsorge Gottes" der wir uns anvertrauen. Die Alten standen wie wir in den Kämpfen und Nöten dieser Welt und kannten ihre ganze Verlorenheit. Aber das Leid verklärte sich ihnen, sie fanden Kräfte zum Ileberwinden und vertrauten der „Vorsehung" Gottes und dem Aufleuchten der Erkenntnis im Angesichte Jesu Christi. Darum getrost: Der Vater sitzt am Steuer. „Das erreicht man, wofür man zu glauben wagt". (Luther). Kfr.
.Graf Zeppelin" auf Besuch in der Landeshauptstadt
Nun endlich ist es wahr geworden! Unser „Graf Zeppelin" hat seinen versprochenen Besuch in Böblingen, oder bester gesagt in der Landeshauptstadt Stuttgart in die Wirklichkeit umgesetzt. Mag auch zuerst durch das Fiasko vor 14 Tagen eine gewisse Mißstimmung geherrscht haben, gestern merkte man nichts mehr davon. Zug auf Zug rollte
in dem Bahnhof ein, von allen Himmelsrichtungen brachten Fahrzeuge ungeheure Menschenmengen, die, gegen halb 1 Uhr von dem Flugzeugführer Spengler auf 50 bis 60 000 geschätzt, später die Zahl 100 000 erreicht haben werden. Schon stundenlang vorher sicherten sich die Schaulustigen einen guten Platz an den vorderen Schranken, ein Großlautsprecher von Siemens sorgte für musikalische Unterhaltung, wirkte auch hier und da als Kindersuch- und aufbewahrungsinstitut, und das Böblinger Fliegergeschwader (Hauptmann Engert, Fluglehrer Spengler und Pren- ger. Flugzeugführer Rüdiger) verkürzten durch ihre wagehalsigen Schauflüge die Zeit bis zur Zeppelinankunft. Um 12.15 Uhr wurde „Graf Zeppelin" von Stuttgart aus gemeldet, nachdem bereits vorher der Großlautsprecher die gegenseitige Anrufe vom Luftschiff und vom Slldfunk übertragen hatte. Ein einziger Jubelrus kündete um 12.23 Uhr die Ankunft auf dem Böblinger Flugplatz an. Durch ein dichtes Wolken- und Nebelmeer kam er von Nordwest ange- slogen, machte eine große Schleife um die Stadt und schickte sich dann zur Landung an. Das erste Mal wollte es ungünstiger Winde wegen nicht gelingen, doch zum zweiten Mal, gerade, als die Sonnenstrahlen Heller durch die Wolken sich durchringen konnten, fielen die Haltetaue um 12.53 Uhr zur Erde. Ehrengäste, Presse, vor allem aber die Presiephotographen und Carlchen Struve mit seinem Mikrophon rückten immer näher heran, das Rufen und Winken aus den Gondeln, aus allen Scharten und Motorenkammern, das man schon bei den ersten beiden Schleifen vernehmen konnte, wurde immer deutlicher, die Haltemannschaften brachten den Luftriesen nun vollends zur Erde, die Treppe wurde ausgelegt-„Graf Zeppelin" war ge
landet! Herr Staatspräsident Bolz begrüßte als Ehrenvorsitzender des Luftfahrtverbandes das Luftschiff im Herzen der Heimat, das Luftschiff, das im Schwabenlande geboren. groß und auch hier zum Meister geworden war. In das Hoch auf das Schiff, seine mutigen Führer und seine Besatzung, das vom Kind des Staatspräsidenten ausgebracht wurde, stimmten die vielen, vielen Tausende begeistert ein. Herr Oberbürgermeister Lautenschlager- Stuttgart gab seiner Freude über den Besuch in humorvollen Worten Ausdruck und begrüßte vor allem Dr. Dürr und Dr. Maybach als Stuttgarter und Cannstatter Kinder. Schwäbische Treue und Zuverlässigkeit hätte das Werk des Zeppelin gedeihen lasten und schwäbische Treue und Zuverlässigkeit sei es auch, die das Schiff stolz über alle Welten und Meere geführt habe. Die Stunden des Böblinger Besuches möchten der Besatzung in schöner Erinnerung bleiben. Ein „Glück auf, zur weiteren Fahrt" beschloß seine Worte. Dr. Eckener, Dr. Dürr und Dr. Maybach fuhren nun um den Flugplatz herum, überall von freudigem Jubel begrüßt. — Geduldig harrte die Menge nun wieder auf die Abfahrt, suchte sich in dem dichten Gedränge ein warmes Würstchen zu ergattern oder eine Postkarte zu erhaschen. Nach einem kleinen internen Diners im Hotel des Flughafens erschienene Offiziere und Mannschaften nach 3 Uhr wieder auf dem Flugfeld und 3,25 Uhr war es, als das stolze Schiff in die Lüfte entschwebte, dem Heimathafen entgegen. — Verhältnismäßig schnell waren die vielen Besucher abtransportiert und es muß sowohl der Verkehrsregelung, wie der Reichsbahngesellschaft ein Lob ausgesprochen werden, auch wenn kritische Gemüter wie überall glaubten, hier und da nörgeln zu müssen. Die einzelnen Flugzeuge, die das Luftschiff abgeholt, bei der Abfahrt auch wieder begleitet hatten, durchkreuzten noch lange die Lüfte und lenkten so klugerweise die Aufmerksamkeit von den Unannehmlichkeiten eines solchen Massenbetriebes ab u. dafür in die Höhe zu ihren munteren Kapriolen. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" wird nun am kommenden Dienstag nochmals eine Schweizerfahrt ausführen. Am nächsten Sonntag, 10. November soll dann das Luftschiff eine Fahrt nach Frankfurt a. M. unternehmen, wobei auch eine Landung in Frankfurt geplant ist. Voraussetzung für beide Fahrten ist jedoch gutes Wetter.
für LuppSri.§O6sn, Osrnüse, Lalate.
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Wildberg, 3. Nov. Elternabend. Am Samstag Abend veranstaltete Herr Studien-Assessor Heldmaier mit seinen Schülern den Eltern einen schön verlaufenen Unterhaltungsabend. Von seinen früheren Veranstaltungen her wußte man, daß auch jetzt wieder Gediegenes geboten werde. Ist es ihm doch gegeben, durch seine freundliche liebevolle Art die ernsten und heiteren Seiten seiner Schüler gleicherweise zu wecken und zu pflegen. Darum harrten auch die zahlreich erschienenen Eltern und Gäste gespannt der Dinge, die da kommen sollten. Auch die festlich gekleideten Schüler und Schülerinnen konnten ihre innere Erregung kaum mehr meistern, bis sie ihre mit Fleiß und Hingabe einstudierten Gesänge, Aufführungen und Heimlichkeiten an den Mann bringen konnten. Und nun ging der Vorhang auf: „Das verwunschene Schloß", „Rumpelstilzchen". „Wichtelmännchen" gingen nacheinander über die Bretter. Wie wirkten doch die Märchen so kindlich froh und echt, eben weil sie von Kindern gespielt wurden! Und wie wichtig und ernst spielten die kleinen Schauspieler ihre Rollen! Eine besondere Leistung war „das Spiel vom Teil", wxil das ungewohnte mittelalterliche Deutsch bei der Einstudierung besonderen Eifer erforderte. Die Pausen zwischen den Aufführungen waren ausgefüllt durch Reigen, um deren Gelingen sich Frau Heldmaier besondere Verdienste erworben hat. Und nun kam der „Kasperle". Das war die besondere Heimlichkeit der drei Schüler Hörr- mann, Brenner und Weik. Eine „schreckliche Moritat" hatten sie ersonnen, die sie nun wie geübte Kasperlspieler zum großen Gaudium aller Anwesenden mit ihren Puppen vorführten. O selige Kinderzeit, wo man sich noch am „Kasperle" restlos freuen kann! Da der Abend etwas lang dauerte, wurden die Schüler dazwischenhinein mit gespendetem Kaffee und Hefenkranz gelabt. Mit dem Bewußtsein, einen schönen Abend erlebt zu haben, gingen Kinder und Eltern wohlbefriedigt nach Hause, dem Lehrer dankend für seine viele Mühe.
Wildberg, 2. Nov. Hohes Lebensalter. Am 2tz. Oktober durfte unsere älteste Mitbürgerin, Frau Elisabeth Schmelzte Wwe., bei vollständig geistiger Rüstigkeit ihren 90. Geburtstag feiern. Wir wünschen der Jubilarin noch einen recht schönen Lebensabend.
Mtndersbach, 4. Nov. Brandfall. Gegen 9 Uhr gestern nachmittag brach, vermutlich durch ein Kamindefekt, am Dachstuhl des Wohngebäudes von Deutsch mann ein Brand aus, der, zumal der Bewohner abwesend war, gefährlich zu werden drohte. Durch das mutige Eingreifen der hies. Wehr und der Nagolder Weckerlinie konnte das übrige Gebäude gerettet werden, sodaß nur der Dachstuhl dem Feuer zum Opfer fiel. Das Mobiliar konnte zürn größten Teil gerettet werden. Die Weckerlinie konnte gegen V-l2 Uhr wieder abrücken, wogegen
di-> diesige Wehr auf dem Brandplatz verbleiben mußte._
Zwerenberg, 3. Nov. Beerdigung. Am Donnerstag wurde hier der im Alter von 83 Jahren verstorbene langjährige Kirchenpfleger I. E. Seeg er zu Grabe getragen. Daß er weithin bekannt und durch sein edles, bescheidenes Wesen auch beliebt war, davon zeugte die überaus große Trauerversammlung. Besonders auch in christl. Kreisen ist er durch Wort und Werk vielen zum Segen geworden. Am nächsten Stand er der altpietistischen Brüdergemeinde, die ihn als edlen Mann, mit treuem, festen Glauben auch noch lange vermissen wird.
Wildbad, 3. Nov. Gauturnfest 193V. Das Gauturnfest des Schwarzwald-Nagoldgaues findet l930 in Bad Wildbad statt. Ob im Anfang des Sommers oder erst gegen Ende der Kurzeit, das steht noch nicht fest. Man erwartet starke Beteiligung, ist doch seit 40 Jahren kein Turnfest mehr in Wildbad gewesen. Es dürften Pich doch wohl 40 Vereine beteiligen. Auch von Neuenbürg erwartet der Turnverein Wildbad große Beteiligung. Die ersten Vorarbeiten sind gelegentlich der lehren Hauptversammlung bereits in die Wege geleitet worden. Die einzelnen Vereine der vereinigten Gaue dürften anfangs !930 Näheres erfahren.
Gerichlssaal
Tübingen, 2. Nov. Eisenbahntransport-Gefährdung. (Srarafkammr.) Am ll. Sept. wurde der 26 Jahre alte Krastwagenführer Eugen Hi Iler in Calw vom dortigen Amts- zer cht wegen Eisenbahntransport Gefährdung zu 4 Wochen Gefängnis verurteilt, legte aber Berufung dagegen ein. In der gestrigen Verhandlung vor der Strafkammer ergab sich folgender Tatbestand: Hiller wollte am 4. Juli mittags um 2 llhr von Calw mit einem Lastkraftwagen nach Mötzingen fahren. Als er sich dem Bahnübergang bei Althengstett näherte, war die Schranke für den von Stuttgart kommenden Zug geschlossen. Hiller übersah dies und durchfuhr zuerst vie eine Schranke, als er den Zug heranfahren sah, besaß er, nachdem er kurz auf dem Gleis gehalten hatte, soviel Geistesgegenwart, den Entschluß zu fassen, auch die jenseitige Schranke mit aller Gewalt zu durchfahren, um so das Schlimmste zu verhüten. Trotzdem wurde aber an der Lokomotive des Zuges das vordere Trittbrett beschädigt. Hiller gab an. er habe die Schranke nicht gesehen, weil er durch den Reflex einer Scheibe des am Uebergang stehenden Bahnwarthauses geblendet worden sei; einen andern Grund wußte er nicht anzugeben. Nach dem Lagcplan ist jener Ueber- aang denkbar ungeschickt angelegt, denn er liegt gerade an einer wenig übersichtlichen Kurve. Das Urteil lautet: Das Urteil des Amtsgerichts Calw wird dahin adgeändect, daß Hiller an Stelle einer Gefängnisstrafe von 4 Wochen zu der Geldstrafe von 400 verurteilt wnd. Wäre er, wie er angab, tatsächlich geblendet worden, dann hätte er eben einfach halten müssen, das tat er aber nicht, und darum war er zu bestrafen. Da Hiller noch nicht vorbestraft ist, so wurde auf obige Geldstrafe erkannt, die den Strafzweck ebenso erfüllt.
Spiel und Sport
Handball.
T.D. Nagold II — T.D. Ebhauseu I 2:5
Die II. Mannschaft war bei diesem Spiel vom Glück nicht so begünstigt wie letzten Sonntag. Ebhausen sieht sich vor und beginnt gleich mit strammem Tempo. Nagold setzt sich gut zur Wehr, kann aber nicht verhindern, daß die Gäste zweimal hintereinander einsenden können. Durch schönes Zusammenspiel kann auch N. sein erstes Tor erzielen. Bis zur Halbzeit verteilt sich das Spiel, wobei Ebhausen noch zu seinem dritten Erfolg kommt. 3:1 stets für Ebhausen. Nach Wiederanspiel nimmt sich Nagold kräftig znsammen und kann zum zweitenmal einsenden. Die Gäste greifen immer stärker an, um ihren Sieg festzuhalten, während bei den Einheimischen kein richtiges Zusammenspiel mehr zu sehen ist. Ihr Spiel zerflattert, bringt daher auch keinen Erfolg und kann auch nicht verhindern, daß Ebhausen noch' mit zwei weiteren Toren das Ergebnis erhöht. Der Schiedsrichter leitete das Spiel gut und sicher.
Fußball.
Nagold 1 — Altensteig 1, 3:1 (1:1) Ecken 8:3.
Mit großer Spannung erwartete man die 1. Mannschaft aus A., sollte doch der gestrige Kampf eine gewisse Vorentscheidung bringen um die Führung in den diesjährigen Verbandsspielen. A. ist von jeher als kampfkräftige und energische Elf bekannt, hatte in den bisherigen Spielen auch nur 1 Verlustpunkt mehr wie N. und hätte sich mit einem Sieg über N. an die erste Stelle vorgeschoben. So waren die Vorbedingungen für ein interessantes Spiel gegeben, zu dem sich eine große Zuschauermenge aus beiden Lagern eingefunden hatte. A. hat nicht ganz gehalten, was man von der Mannschaft erwarten durfte. Wohl verfügt A. über eine gute Verteidigung und einen überragenden Torwart, während Läuferreihe und Sturm nicht auf derselben Höhe stehen. Auch in Bezug auf faire (entschuldigen Sie, Herr Kritiker) Spielweise blieb manches zu wünschep übrig und bei ganz strenger Handhabung der Gesetze wäre es bei einem Elfmeter allein nicht geblieben. Besonders in der zweiten Halbzeit war dies der Fall, als A. die Felle davonschwimmen sah. Auch N. verschuldete ausnahmsweise viele Strafstöße, immerhin brachte es aber A. auf 35 Prozent mehr. Bei N. sah man den Sturm in seiner Gesamtheit gut aufgelegt, die Außenläufer arbeiteten aufopfernd und die Verteidung schlug sich wacker. Im Tor stand ein neuer Mann, unser früherer Halblinker, der die Rolle des Cerberus nicht schlecht spielte, durch energisches und wuchti- es Dazwischenfahren manche heikle Sache klärte und sich ei Freund und Feind Achtung zu verschaffen wußte.
Den Schiedsrichter, Herr Fuchs aus Pforzheim, darf man als tadelsfrei bezeichnen. Er fand die richtige Einstellung zu diesem schweren Spiel und seiner fabelhaften Aufmerk samkeit ist es in erster Linie zu verdanken, daß das Spiel in geordneten Bahnen bis zum Schluß durchgeführt wurde. Solche Spielleiter sehen wir hier gerne.
A. hat Anstoß, kommt durch und erzielt schon in der 1. Minute eine Ecke, die gewehrt wird. Beide Parteien sind noch reichlich nervös, wodurch beiderseits unnötige Strafstöße verursacht werden. Vorläufig sieht man noch ausgeglichenes Feldspiel, N. kann eine Ecke erzielen. Kurz her-