Seite 2 Nr. 257

Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter"

Freitag, 1. November 1829.

Gottesdienste in Württemberg am 1. Advent ist bekanntlich immer für den Gustav-Adolf-Verein bestimmt.

ep. Der Landesausschutz zur Bekämpfung sittlicher Not, dem zahlreiche Vertreter der öffentlichen und freien Wohl- fahrts- und Jugendfürsorge, der Frauenverbände, sowie Schulmänner, Juristen und Aerzte angehören, trat kürzlich unter dem Vorsitz von Präsident Dr. Aichele zusammen, um zu wichtigen Fragen Stellung zu nehmen. Eine ein­gehende Aussprache galt der in den letzten Monaten immer deutlicher hervortretenden Zunahme det Prostitution in verschiedenen Stadtgegenden von Stuttgart und den Ge­fahren, die damit für die Jugend, die öffentliche Sicherheit, den guten Ruf der Stadt, wie auch für die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erwachsen. Auf die Mängel des neuen Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrank­heiten wurde dabei eindringlich hingewiesen und eine Reihe von Eingaben an die Behörden beschlossen. Den andern Gegenstand der Aussprache bildete der dem Reichstag zu­gegangene Entwurf einer Novelle zum Lichtspiel- gesetz. Hauptlehrer Wurste r-Heidenheim erstattete einen eingehenden Bericht. Auf Grund hievon wurde eine an Reichstag und Reichsregierung gerichtete Entschließung angenommen. Darin wird unter vorläufiger Zurückstellung weitergehender Wünsche gefordert, daß das Jugend- schutzalter nicht unter 18 Jahre herabgesetzt, das vorgesehene Recht der Landeszentralbehörden, zum Schutz der Jugend weitere Bestimmungen für den Besuch von Licht- spielvorführungen zu erlassen, ebenso auch das Recht der örtlichen Polizeibehörden zum ausnahmsweisen Eingreifen bei unmittelbarer Gefahr für die öffentliche Ruhe unbedingt erhalten und der Tonfilm ebenfalls einer Vorprüfung unterworfen werden soll.

Nachuntersuchung der Dersorgungsberechkigten. Durch Erlaß vom 6. August 1929 hat der Reichsarbeitsminister an­geordnet, daß die Nachuntersuchung der Versorgungsberech­tigten, die auf Wunsch des Reichstags einstweilen ausgesetzt war, mit dem 1. Oktober 1920 entsprechend den Bestimmun­gen des Reichsversorgungsgesetzes wieder ausgenommen wird. Bis auf weiteres sollen jedoch die Untersuchungen in folgenden Fällen unterbleiben: 1. Wenn nach der Aktenlage eine Veränderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v. H. nicht wahrscheinlich ist: 2. wenn bei der letzten Unter- fuchung das 55. Lebensjahr vollendet war. In einem wei­teren Runderlaß vom 22. August hat der Neichsarbeits- minister die Versorgungsämter darauf hingewiesen, daß sie in den Fällen, in denen eine Rente herabgesetzt wird, die Bescheide so gestalten, daß die Betroffenen volle und deut­liche Aufklärung erhalten und dadurch von der Einreichung erfolgloser Berufung abgehalten werden.

Zahnheilverfahren durch die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte. Durch die neuen Richtlinien in der Fassung vom Juni 1929 hat das Zahnheilverfahren det Reichsver­sicherungsanstalt für Angestellte zum Teil eine erhebliche Verbesserung erfahren. Neu ist, daß die Anträge auf Ge­währung eines Zuschusses für teuren Zahnersatz, soweit es sich um Kassenmitglieder handelt, nunmehr auch von den Krankenkassen zu bearbeiten sind. Bei teurerem Zahnersatz ist jeweils die Begutachtung durch einen Vertrauensarzt und an dessen Stelle bei den Kassen mit Zahnkliniken durch den Klinikleiter notwendig.

Kurzer SeNbahnbetrleb. Die Drahtseilbahn zum Wald­friedhof wurde am Mittwoch vormittag in Betrieb genom­men. Zwei Stunden darauf setzte der Antriebsmotor aus, und der Betrieb stand still, wobei sich aber die Sicherheits­maßnahmen an den Wagen bewährten. Einstweilen ver­kehren wieder die Omnibusse.

Das Parkseen-Spitzenwerk. Die Stadt baut zurzeit das sog. Parkseen-Spitzenwerk, dem die Aufgabe zufällt, den Inhalt des Bären-, Neuen- und Pfaffensees zur Deckung des hohen Wasserbedarfs während der Sommermonate her­anzuziehen. Die Anlage besteht aus einem 1260 Meter langen Stollen zwischen Pfaffensee und Mezgerhau mit den beiden Abschlußbauwerken, aus der im Neuen See be­ginnenden Entnahmeleitung, der 5200 Meter langen Rohr­leitung bis zum Mühlbachhofbehälter und der Schnellfilter­anlage in der Gallenklinge. Mit den Bauarbeiten wurde im Juli begonnen. Der kreisrunde Stollen hat eins Licht­weite von 1,86 Meter und ist auf etwa 400 Meter Länge vorgetrieben. Der tägliche Fortschritt beträgt in 3 Arbeits­

schichten 67 Meter, so daß auch bei einseitigem Vortrieb in weiteren 56 Monaten mit dem Durchschlag des Stol­lens gerechnet werden kann. Am Abschlußbauwerk Mezger­hau ist mit den Betonierungsarbeiten begonnen, auch wur­den die Arbeiten für die Entnahmeleitung in Angriff ge­nommen und zu diesem Zweck der Neue See entleert. Der Entnahmeturm kommt in den Neuen See an den Damm zwischen Pfaffensee und Neuen See zu liegen. Von der 900 Millimeter lichtweiten gußeisernen Zubringerleitung ist eine 1700 Meter lange Strecke zwischen Weißenhofhütts und Spielplatz im Kräherwald fertiggestellt. Mit den Bauarbei­ten für die Schnellfilteranlage wird im Lauf des Winters begonnen werden.

Heilbronn» 31. Oktober. Der Freispruch für Schultheiß Eberle bestätigt. Gestern fand vor der Strafkammer Heilbronn die Berufungsoerhandlung wegen der angeblichen Veruntreuung des Schultheißen Eberle von Unterriexingen statt. Seinerzeit war es zu einem Freispruch gekommen, gegen den der Staatsanwalt Berufung einlegte. Nach längerer Verhandlung verwarf die Strafkammer die Berufung der Staatsanwaltschaft. Damit ist der Freispruch des Schöffengerichts bestätigt. Die Ko­sten werden auf die Staatskasse übernommen.

Rottweil. 31. Okt. Gymnasiumneubau. Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ist der Staat bereit, der Stadtgemeinde für den Neubau eines Gymnasiums einen Baubeitrag in Höhe von 200 000 Mark zu gewähren, unter der Bedingung, daß der Bau unverzüglich, spätestens im Frühjahr 1930, ausgeführt wird. Außerdem wird der Stadt das nach der jeweils geltenden Schulgeldordnung auf die Klassen IV entfallende Schulgeld überlasten.

Wetterberatung über

Stuttgart, 31. Oktober.

Bei der Weiterberatung des Ftdeikommihgesetzes in zweiter Lesung ergab sich eine längere Aussprache über die W a l d sti f tun g e n", die errichtet werden können, soweit die geschlossene Erhaltung des bisherigen Fideikommiß- walds im öffentlichen Interesse liegt. Von soz. Seite wurde die Streichung der Artikel über die Waldstiftungen bean­tragt. Justizminifter Dr. Beyerle entgegnete, daß die Forstdirektion selbst die Erhaltung der großen Fideikommiß- wälder verlangt habe, damit sie auf ihrer bisherigen wirt­schaftlichen Höhe gehalten werden können. Bei der Ab­stimmung wurde der soz. Antrag abgelehnt. Verworfen wurden auch bei der Nachholung von Abstimmungen der soz. Antrag auf sofortige Auflösung der Fidetkommißver- mügen und ihren Uebergang gegen Entschädigung an den Staat sowie der soz. Antrag, wonach das Fideikommihver- mögen nach 12 Jahren in das freie Vermögen des gegen­wärtigen Inhabers übergehen soll. Letzterer Antrag wurde mit 37 gegen 29 Stimmen (Soz., Dem., CVD.) bei 1 Ent­haltung (VR.) und 1 Stimmverweigerung (Komm.) av- gelehnt.

Zwei Anträge des Abg. Liebig (CVD.) betr. ein Vor­kaufsrecht von Staat und Gemeinden, bei Werten, die dem Denkmalschutz unterliegen, wurden in ^namentlichen Abstimmungen, teils mit Stimmengleichheit, t.ils mit einer Stimme Mehrheit obgelehnt.

Dritte Beratung der Gemeindeordnung

Das Haus ging nun zur dritten Beratung der Ge- meindeordnung über. Abg. Heymann wendet sich gegen die Verlängerung der Wahlzeit der Ortsvsrsteher und tritt für die Sozialisierung von Wirtschaftsbetrieben in der Hand der Stadtgemeinden ein. Abg. Rath (D.Vp.) greift die gegenwärtige Regierungskoalition an.

Staatspräsident Dr. Bolz: Der Abg. Rath möge doch seinen Zorn gegen die Regierungsparteien in ein versöh­nendes Wort ausklingen lassen. Ich lade seine Partei (Deut­sche Volkspartei) ein, der Regierungskoalition beizutreten, dann wird die Regierungsmaschine wohl besser arbeiten. Der Gemeindeordnung kann man nicht den Vorwurf machen, daß sie die Gemeinden zu sehr bevormund?. Die Gemeinden müssen aber gewarnt werden, mit Sckuldauinab-

hohenheim, 31. Okt. Lehrauftrag. Regierungsrat Nagel vom Oberamt Calw ist die Stelle des ersten Ver- waltungsbeamten der Landw. Hochschule Hohenheim über­tragen und zugleich ein Lehrauftrag an der Hochschule über Landwirtschaftsrecht erteilt worden.

Reutlingen, 31. Okt. Hotel Kronprinz vorüber- gehend Bankgebäude. Die Verschmelzung der bei­den großen Banken Deutsche Bank und Disconto-Gesellschaft ließ auch hier die Frage entstehen, welches der beiden Bank­gebäude für die künftige Niederlassung der neuen Großbank ausersehen sei. Nun soll vorübergehend der Bankbetrieb der bisherigen beiden Gesellschaften in die Räume des Hvtels Kronprinz verlegt werden, bis das Gebäude der bis­herigen Deutschen Bank in der Gartenstraße zur Aufnahme des Gesamtbetriebs eingerichtet ist.

Tübingen. 31. Oktober. Hochschulführer. Zum erstenmal gibt in diesem Semester die Tübinger Studenten­hilfe im Verlag der Osianderschen Buchhandlung einenTü­binger Hochschulführer" heraus. Er tritt an die Stelle des bisherigen Universitätskalenders und soll dessen Aufgaben übernehmen.

Alm, 31. Okt. Doppeljubiläum von Redakteur Karl Schwaiger. Mit Ablauf dieses Monats kann Re­dakteur Karl Schwaiger sein 30jähriges Dienstfubiläum als Lokalredakteur desUlmer Tagblatts" und gleichzeitig auch sein 30jähriges Berussjubiläum als Zeitungsmann be­gehen. Ende Oktober 1899 wandte sich Karl Schwaiger vom Lehrerberuf der journalistischen Laufbahn zu, die ihn an dasUlmer Tagblatt" führte, an dessen Entwicklung er einen sehr wesentlichen Anteil hat. Am 6. Mai d. I. konnte der Jubilar den 60. Geburtstag feiern.

das Ftdeikommißgesetz

i men in der nächsten Zeit größere Projekteaus- ! zuführen. Die neue Bezirksordnung wird in j etwa drei Monaten fertiggestellt sein. Ich lege Wert darauf, < daß die neue Gemeindeordnung von einer möglichst großen ^ Anzahl von Abgeordneten angenommen wird, da sie da- - durch moralisch eine größere Bedeutung erlangt. Der Fall i Erbach ist ein sehr unglücklicher Fall. Es waren aber verschiedene andere Gemeinden auf dem Sprung, dasselbe zu machen, um durch speku­lative Geschichten die Gemeindeumlage senken zu können. Die Aufsichtsbehörde hat das verhindert. Im ganzen ist die Gememdeordnung ein gutes Werk.

Bei der Einzelberatung wurde Art. 6 g mit einem An­trag des Bauernbunds zu Abs. 2 angenommen. Dadurch soll bei Aenderung im Bestand einer Gemeinde bei unbe­wohnten Grundstücken die M i n i ste r i a l a b t e i l u n g, bei bewohnten Grundstücken das Innenmini­sterium und bei Aufhebung der Selbständigkeit einer Ge­meinde der Landkag zu ständig sein. Eine längere Aus­sprache knüpfte sich an Art. 22, betr. die Wohnsitzklau­sel. Nach diesem Artikel sind Gemeindebürger und somit wahlberechtigt nur Männer und Frauen, die in der Gemeinde seitmindestens einem Jahr wohnen. Von soz. Seite wurde beantragt, statt einem Jahr 6 Monate zu setzen. Der soz. Antrag wurde mit 34 Nein gegen 28 Ja und 2 Enthaltungen abgelehnt.

Bei Art. 36 (Zusammensetzung des Gemeinderats) ist in Absatz 5 bestimmt, daß an den Verhandlungen des Ge­meinderats über die Verwaltung der öffentlichen Ar­menfürsorge auch die ersten Ortsgeistlichen j der in der Gemeinde vertretenen Kirchen teilnehmen. Abg. > Heymann (S.) beantragt Streichung von Absatz 5. Abg. I Hausmann (Dem.) stellt einen Antrag betr. Teilnahme s dieser Geistlichen in Gemeinden 2. und 3. Klasse und einen : Eventualantrag, wonach diese Teilnahme nur in Slutt« ^ gartnicht erfolgen soll. Hier soll die öffentliche Armen- i fürsorge nur vom Gemeinderat ausgeübt werden. Abg. ! Dr. Kaim (Z.): Wie man den Kindern mit dem schwar- ^ zen Mann Angst macht, so hat der schwarze Rock heute noch ^ es manchem angetan. Man sollte aber nicht vergessen, daß ^ die alten Stiftungen, die die Ortsfürsorgebehörde verwaltet, kirchlichen Ursprungs sind.

^

Von ? k K 2 / Oop/riZkt dz? Strecker L Lcürvcker

(Fortsetzung 41).

Die beiden Männer kamen wieder zum Vorschein, und alles schien geregelt zu sein: der Abend verlief wie alle anderen, nur daß mir Peter diesmal beim Abschied die Hand gab, was er in der letzten Zeit stets Unterlasten hatte.

Dem Jungen habe ich einmal den Standpunkt klarge­inacht, und es war sein Glück, daß er Vernunft annahm", sagte Michel stolz.

Niemand war froher als ich, daß alles in Güte ver­lief, denn ich hätte schon wegen der schönen Abendstunden, auf die ich bei Peters Vater, der mir als ein schweigsamer Mann bekannt war, sicher hätte verzichten müssen, nicht gern meine Stellung gewechselt.

Peter hatte wieder völlig Frieden mit mir geschlossen, und er wäre von ihm jedenfalls auch gehalten worden, wenn ich in meiner Harmlosigkeit nicht von neuem seine Eifersucht entflammt hätte.

Ich sah nämlich kein Vergehen gegen Peter darin, als ich seiner Braut zum achtzehnten Geburtstag ein kleines unschuldiges Eedichtchen zusammenreimte.

Ich wollte dem guten Mädchen eine Freude bereiten, konnte aber als Knecht der Tochter meines Herrn kein Ge­schenk machen, ganz abgesehen davon, daß mir bei meinem geringen Lohn von hundertundfünfzig Pesos Paraguayos nach Anschaffung einiger Arbeitskleider kein Heller ver­blieben war. So verfertigte ich denn drei kleine Verse auf einem Stück rosa Briefpapier, das ich in der Venda erstan­den hatte, steckte es an einen Rosenstrauß und stellte die­sen auf den Geburtstagstisch.

In meinem poetischen Erguß pries ich die Erde Süd­amerikas, die das Wunder vollbrachte, blauäugige blonde Menschen mit roten Wangen zu erzeugen wie meine nor­

dische Heimat, und stellte das Mädchen als die hoffnungs­volle Knospe einer solchen Menschenblüte hin.

Michel klopfte mir wohlwollend auf die Schulter, als ich ihm diese Verse am Vorabend des Geburtstages vor­las, und um die Erlaubnis bat, sie seiner Tochter schenken zu dürfen.

Das hält' ich nicht gedacht, daß du so etwas fertig brächtest", lobte er mich und meinte:Weshalb solltest du es dem Mädchen nicht schenken dürfen? Es steht kein fre­ches Wort darin und verstößt nicht gegen Anstand und Sitte; nicht wie das Gedicht, das ein Lehrer einmal ge­macht hat, in dem er behauptete, daß uns Bauern unsere dicken Säue lieber seien als Weib und Kind. Dabei kam der Lump täglich betrunken nach Hause und verprügelte dann seine Familie. Es war sein Glück, daß wir das Ge­dicht erst im Pult fanden, als er schon über alle Berge war. Wir Lappländer, wie er uns nannte, würden ihm sonst wohl einen kleinen Begriff von Moral beigebracht haben.

Solche Sachen, wie du sie dichtest, können dir doch nur Freunde unter uns schaffen. Wenn die Arbeit bei mir er­ledigt ist, will ich überhaupt einmal sehen, ob ich dich nicht als Schulmeister unterbringen kann".

Peter dachte allerdings anders über meine lyrische Schöpfung. Als Johanna ihm teils strahlend, teils errö­tend die Verse vorbuchstabierte, da sah ich, wie ihm förm­lich der Kamm schwoll. Doch er getraute sich kein Wort zu ' sagen, denn es waren Eeburtstagsgäste anwesend, die mir das gleiche Lob spendeten wie Michel. Als ihn aber das Mädchen fragte, was er dazu sage, drehte er sich auf dem Absatz um und meinte, es sei ein ganz dummes Ge­schreibsel.

Alle widersprachen dieser Kritik, und Johanna war tief

beleidigt, denn welches junge Mädchen würde sich nicht gern eine edle Knospe nennen lassen.

Michel, der ordentlich stolz war. einen Knecht zu be­sitzen, der nicht nur mit Hacke und Mistgabel, sondern auch mit der Feder arbeiten konnte, machte die Leute gleich da­rauf aufmerksam, daß ich unbedingt Lehrer werden müsse. Alle versprachen, zur geeigneten Zeit darauf zurückzukom­men und bei einer Abstimmung für mich einzutreten. Im Geist sah ich mich schon vor der Klasse sitzen und mit den Kindern Einmaleins und Abc studieren.

Nur vor Peter fand ich keine Gnade. Als ich einmal ins Freie ging, um meinen von den vielen süßen Ge- burtstagsschnüpsen und dem Dudeln der Ziehharmonika erhitzten Kopf etwas zu kühlen, an dem Zaun der Vieh­weide angelehnt stand und wie ein richtcher Dichter in die Sterne guckte, da fühlte ich mit einem Male eine grob­knochige Faust unter der Nase. Keinen Schlag. Ein Mensch, der sich hinter mich geschlichen hatte, preßte mir nur die Faust so gegen Nase und Mund, als ob er mich über die Furchtbarkeit, die in dieser natürlichen Waffe steckte, belehren wollte.

Ich drehte mich nicht um, ich wußte es ohnehin, wer hinter mir stand. Peter sagte kein Wort, und ich auch nicht, denn ich fühlte, das hätte den Funken ins Pulverfaß ge­schleudert und einen unharmonischen Abschluß des Festes bedeutet.

Der hinter mir mußte wohl denken, so, jetzt habe ich ihm genug Respekt eingeflößt: nachdem er mich nämlich etwa dreißig Sekunden an seiner geballten Riesenfaust riechen ließ, zog er sie wieder zurück und entfernte sich mit schweren Schritten.

Als ich mich umkehrte, sah ich, wie er sein an einem Pfirsichbaum angebundenes Pferd löste, sich darauf schwang und zum Hoftor Hinausritt.

Komm gut nach Hause, Peter", rief ich ihm nach. Jetzt machte er mit seinem Pferd noch einmal kehrt, so daß ich einen Zusammenstoß mit dem gereizten Riesen befürchtete, ich zog mich deshalb ins Haus zurück.

Hier war gerade Damenwahl. Obwohl ich noch kein ein­ziges Mal mit Johanna getanzt hatte, um Peter nicht aufs neue zu verärgern, so kam sie doch auf mich zu uno forderte mich zum Tanz.

(Fortsetzung folgt)