31. Oktober 1928.
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Die Frage einer evangieischsn Partei
Berlin, 31^ Oktober. Der Evangelische Reichsausfchusz üer Deutfchnationalen Volkspartei trat gestern in Berlin zu einer Tagung zusammen. Dr. Hugenberg führte aus, es könne nur eine gemeinsame Abwehrfront des Christentums gegen den Marxismus geben. Dies sei der Kulturkampf unserer Zeit, mit dem sich auch der Deutschnationale Parteitag demnächst beschäftigen werde. Er (Hugenbeerg) erstrebe eine innere Neurevolutio- merung im Denken des deutschen Volks, die mit dem Kampf um das Volksbegehren begonnen habe. Gegenüber dieser Tatsache müsse der Ausfall des Volksbegehrens, wie er auch sein möge, als nebensächlich angesehen werden. Prof. Vei dt (Frankfurt a. M.) sprach über die Möglichkeit und Notwendigkeit evangelischer Parteibildung. Er kam zu dem Ergebnis, daß die Stärkung des evangelischen Einflusses in der jetzigen Parteikonstellation und die Ausnutzung der gegebenen politischen Möglichkeiten eine wirksamere Vertretung der evangelischen Anschauungen und Interessen gewährleiste als das Experiment der Neugründung einer evangelischen Partei.
Landwirtschaftliche Forderungen des Zentrums
Berlin, 31. Okt. Die Reichstagsabgeordneten Dr. P er- litius, Esser und Dr. Hermes machten gestern in einer Besprechung mit dem ReichZernährungsminister Dietrich folgende Wünsche des Zentrums für die Landwirtschaft gellend. Der Zwischenzoll für Futtergerste soll beseitigt werden zur Stützung des deutschen Roggenmarktes. Zu dem Zweck soll der handelspolitische Ausschuß des Reichstags alsbald einberufen werden. Die gesetzliche Einführung eines Beimischungszwangs von mindestens 13 Prozent Roggen zuM -Weizenmehl sei notwendig eventuell in Verbindung mit einer Erhöhung des Mehlzolls. Die unverzügliche Einbringung der angekündigten Gesamtvorlage der Reichsregierung aut dem Zollgebiet sei unerläßlich. Eine höhere Bermahtungsquote für Inlandswsizen auf die Monate Dezember, Januar, Februar sei wünschenswert. Die Reichsregierung solle die Entschließung des handelspolitischen Ausschusses des Reichstags auf dem Gebiet der Zölle für Rinder, Schafe, Schweine und für Fleisch in den schwebenden Handelsvertragsverhandlungen voll berücksichtigen. Zu den Verhandlungen mit Polen wurden schwere grundsätzliche Bedenken geäußert. Es müsse Sicherheit verlangt werden gegen die Gefahr, daß der Abschluß eines Meistbegünstigungsabkommens mit Polen zu einer Ueberschwemmung des deutschen Roggenmarktes führe. Der vom Reichstag bereits vor mehr als vier Monaten beschlossene erhöhte Butterzoll sei von der Regierung immer noch nicht in Kraft gesetzt. Sofern die Verhandlungen mit Finnland nicht innerhalb kürzester Frist zu einem positiven Ergebnis führen, sei die Kündigung des Handelsvertrags mit England unaufschiebbar. Die Landwirtschaft des Ostens stehe geradezu vor einer Katastrophe, aber auch die Verhältnisse in den übrigen.Landesteilen seien äußerst be» lorgniserregend.
Haushaltsausschutz des Reichstags
Berlin, 31. Okt. Abg. Heimann (Soz.) wirft die Frage aus. ob der Finanzminister verpflichtet sei, vom Reichstag bewilligte Ausgaben auch zu vollziehen.
Berichterstatter Dr. Schreiber (Z.) beantragt, daß die in der Begründung der Reichsregierung vorgetragene Auffassung, jeder Finanzminister sei ermächtigt, vom Parlament bewilligte Ausgabepositionen des Etats nichtzu vollziehen, durch eine protokollarische Erklärung des Ausschusses abgelehnt wird. Abg. Stück! er (Soz.): Man müsse der Reichsregierung auch gewisse Ermächtigungen geben. Die Umstände, unter denen Bewilligungen vom Reichstag vorgesehen seien, könnten sich im Lauf der Zeit ändern.
Abg. Morath (DVp.): Es könne auch Vorkommen, daß der Minister auch einmal lediglich aus politischen Gründen eine Ausgabe bewerkstellige, die von der Mehrheit des Reichstages beschlossen sei. Dies dürfe nicht geduldet werden.
Abg. Hergt (Dn.) erklärt, die Regierung erhalte durch die Bewilligung der Etatstitel lediglich eine Ermächtigung zur Ausgabe. Andererseits müsse das Parlament darauf bestehen, daß es Etatstitel gibt, bei denen die Regierung angehalten sein muß, den vollen für den bestimmten Zweck ausgegebenen Betrag auch auszugeben. Eine Festlegung dieses Standpunktes in der Haushaltsordnung begegne jedoch zu großen Schwierigkeiten, weshalb sie nicht zu empfehlen sei.
Eine längere Aussprache entspinnt sich besonders über den deutschnationalen Antrag, daß bei Bauvorhaben von mehr als 250 000 Reichsmark stets oder bei Vorliegen besonderer Notwendigkeiten eine Denkschrift vorzulegen sei neben den Plänen, Kostenberechnungen usw.
Die Trauerfeier für Fürst Bülow
Rom, 31. Okt. Der ehema'igc Kaiser Wilhelm II. bar Len Angehörigen des Fürsten Bülow telegraphisch sein Beileid ausgedrückt und den Kapitän Granen, den
Württemberg
Tuttlingen 374 (24 798); Mergentheim 3397 (17 236); Oehringen 4624 (20 457); Ulm 6547 (49 269); Urach (einige Gemeinden stehen noch aus) 1714 (22 460); Tübingen 1450 (31 564); Gaildorf 3230 (12 769); Rottenburg 239 (17 749);
- Ehingen 462 (16 713); Neckarsulm 1183 (21316); Biberach 177 (23 317); Welzheim 1325 (13 647); Künzelsau 2052 (15141); Waidsee 45 (18 123); Eßlingen 2263 (45 728); Münsingen 935 (14 412); Ravensburg 402 (30 428); Marbach 3188 (16 733); Tettnang 187 (22 857); Backnang 1964 (18 773); Hechingen 127 (23 135); Gmünd 346 (26 877); Oberndorf 393 (24183); Heidenheim 1076 (31161); Nürtingen 1130 (21126); Herrenberg 5459 (15 574); Leutkirch 78 (16 677); Crailsheim 2875 (16 064); Schorndorf 2018 18 201); Ellwangen 322 (17 619); Göppingen 1423 (42 036); Nagold 3811 (15 696); Gerabronn 4731 (16 577); Böblingen 1087 (21152); Riedlingen 42 (15 537); Calw 2900 (17 782); Leonberg 3306 (21149); Aalen 298 (21851); Hall 3232 (18184).
*
Ostpreußen. Königsberg 13600 (242000), Marienwerder 2500 (9500), Allenstein-Stwdt 4138 (22 577), Pill- kallen-Kreis ohne Stadt 6300 (21 700), Rastenburg (Stadt und Kreis) 9248 (28 000), Tilsit 1327 (38 078), Insterburg Land 7250 (25 000), Elbing-Stadt 2797 (47 560). — In Ostpreußen wurden mehrere Amts- und Gemeindevorsteher von den Regierungslandräten ihrer Aemter entsetzt, die für das Volksbegehren eingetreten waren. Die Durchschnittsbeteiligung in Ostpreußen, aus dem das Gesamtergebnis vorliegt, beträgt etwa 22 v. H.
Pommern. Von 1 165 501 Stimmberechtigten haben sich 381 984, d. h. 33 v. H. eingetragen.
Thüringen: Weimar 5040 (31 000), Apolda 2574 (18 000), Gotha 4632 (33 000), Jena 2649 (38 500), Greiz 4385 (27 000), Säalfeld 1986 (12 381), Gera 2564 (58175), Arnstadt 2696 (14 442), Meiningen 972 (12 838), Naumburg 7481 (19 500), d. i. 38 v. H.). In den thüring. Dörfern sind 50—60 v. H. Einzeichnungen von allen Stimmberechtigten zu verzeichnen.
Leipzig Reichstagswahlkreis 81925 (919 098), kleinere Orte fehlen noch). Wahlkreis Chemnitz-Zwickau 198 513 (1247 715). Landkreis Aachen 282 (114 000). Regierungsbezirk Koblenz 8529 (462 000, 1,84 v. H.), Köln 3825 (510 425).
letzten deutschen Marineattachä in Rom, der sich zufällig in Rom aufhält, beauftragt, ihn bei der Trauerfeier zu vertreten. Der König von Italien hat durch den Herzog von Undine sein Beileid aussprechen lassem Nach einem Trauergottesdienst in der Billa Malta erfolgte nach 6 Uhr abends die Ueberführung der Leiche zum Bahnhof. Das Ehrengeleite durch Truppen, die dem Fürsten als Ritter des italienischen Annunziaten-Ordens zugestanden wäre — als solcher war er „Vetter" des Königs — wurde von deutscher Seite abgelehnt.
Die Aussichten eines Kabinetts Elemente!
Paris, 31. Okt. Der „Petit Paristen" schreibt: Die Grenze der neuen Mehrheit, auf der Elemente! seine Koalition aufzubauen gedenkt, würde gebildet links durch die Sozialrepublikaner, rechts durch die Grupp» Magi- not. Es würden also folgende Parteien zur Mehrheit gehören: 30 Sozialrepublikaner, 121 Radikale, 18 linksstehende Unabhängige, 17 Mitglieder der sozialen und radikalen Linken, 52 Mitglieder der radikalen Linken, 64 Linksrepublikaner und 29 Mitglieder der demokratischen und sozialen Aktion, im ganzen 331 Abgeordnete. Hierzu wären mehrere Abgeordnete, die bei keiner Fraktion eingetragen sind, hin» zuzuzählen. Gegebenenfalls würden noch weiter rechtsstehende Elemente hinzukommen, ohne im Kabinett vertreten zu sein. Die rechtsradikale Gruppe Marin würde nicht mehr in der Regierung vertreten sein.
Württemberg
Wichtige Handwerkerfraqen
Stuttgart, 30. Oktober. Am 18. Oktober d. I. hielt der Württ. Handwerkskammertag im Sitzungssaal der Handwerkskammer Stuttgart eine Sitzung ab. Dabei wurde die Frage der Rationalisierung im Handwerk unter Zuziehung des Fachbearbeiters im Württ. Landesgewerbeamt, Dipl.-Jng. Schumacher, weiter erörtert. Dieser stellte fest, daß die Ralionalisierungsfrage nicht ganz allgemein gelöst werden könne. Er schlug vor, einige wenige Betriebe der verschiedenen handwerkerlichen Berufszweige durch geeignete Personen längere Zeit in betriebswissen- schastlicher und kaufmännischer Hinsicht beraten zu lasse:
Die lebten Ergebnisse lauten: Freudenstadt 1033 (wähl» berechtigt 23 033), Kirchheim 990 (20 738), Horb 301 (12 233), Waiblingen 5290 (30128), Spaichingen 63 (11 592), Wangen 30 (17 054). Maülbronn 1223 (17 285), Blaubeuren 2472 (13 893), Balingen 1755 (33 969), Saulgau 78 (18 494), Stuttgart Stadt 9077 (251 397).
Amtliche Meldung über das Volksbegehren.
Berlin, 31. Okt. Amtlich wird gemeldet: Nach den beim Reichswahlleiter bis zum 31. Oktober 22 Uhr ein-- gegangenen Meldungen stellt» sich das Ergebnis wie folgt:
Zahl der Stimmberechtigten 34 585 399
Zahl der Eintragungen 3 299152
mithin Beteiligung 9,54 v. H.
Gemessen an der Eesamtziffer der Stimmberechtigten (41278 897) liegen die Eintragungszissern aus etwa 83,78 v. H. des Reichsgebiets vor.
Der» Kamps um den Doungplan
Erklärung Hugenbergs
Berlin, 31. Oktober. Dr. Hugenberg veröffentlicht eine Erklärung: Wir haben in der Abwehr des Poung- Plans unsere nationale Gewissenspslicht erfüllt, weiter nichts. Wir haben dem Volk in jeder möglichen Form die Wahrheit gesagt. Dringt das Volksbegehren nicht durch, so werden wir gemeinsam mit dem ganzen Volk die schweren Folgen tragen, die uns eine schwächliche Politik auserlegt. Wir haben eine Schlacht, aber nicht unsern Krieg verloren. Vor dem Ausland haben wir bekundet, daß Deutschland eine verantwortungsbewußte und entschlossene Opposition hat. Die Verantwortlichen sind nun gezwungen, sich persönlich zu ihrem Werk zu bekennen. Der Kampf um den Noung-Plan ist nicht zu Ende; den innerpolitischen Feldzug haben die Gegner eröffnet, nicht wir.
Wie verlautet, beabsichtigt der Reichsparteivorstand der Deutschen Volkspartei, den Reichstagsabgeordneten Dr. Vögler aus der Partei auszuschließen, weil er für das Volksbegehren gestimmt hat. — Dr. Vögler hat bekanntlich seinerzeit die Haager Konferenz verlassen, weil er als deutscher Mitarbeiter den Poung-Plan für unmöglich und verhängnisvoll hielt und für ihn keine Verantwortung tragen wollte.
Die bei dieser systematischen Beratung und Untersuchung -rzielten Ergebnisse sollen für die weitere Beratung und and Untersuchung erzielten Ergebnisse sollen für die weitere Beratung von Einzelbetrieben verwertet werden. Hierbei wurde von Vertretern der Handwerkskammern noch besonders zum Ausdruck gebracht, daß eine gewisse Zusammenfassung der handwerkerlichen Veratungstätigkeit umer einheitlicher Leitung erwünscht sei, wodurch zweifellos auf diesem Gebiet eine positivere Arbeit erreicht werden könnte.
Am Dienstag, den 22. Oktober, fand im Sitzungssaal der Handwerkskammer Stuttgart eine Sitzung statt, an der m« Vertreter der vier württ. Handwerkskammern und die Vertreter des Bauhaupt- und Baunebengewerbes teilnahmen. Als erster und außerordentlich wichtiger Tagesordnungspunkt stand die Durchführung der Reichsverdingungsordnung in Württemberg zur Besprechung. Es soll in dieser Angelegenheit an das Württ. Wirtschastsministerium ein Antrag auf Erlaß von württ. Ausführungsbestimmungen gestellt werden. Die Borortskammer Stuttgart des Württ. Handwerkskammertags hatte einen vorläufigen Entwurf zu diesen zu erlassenden Ausführungsbestimmungen aus ge arbeitet. Es wurde ein Ausschuß zur Beratung von Abänderungen gewählt. Eine wesentliche Aufgabe dieses Arbeitsausschusses wird es sein, Richtlinien für die Errichtung des in diesem Entwurf vorgesehenen neutralen Preis- und Schiedsamts auszustellen.
Im Anschluß an diese Sitzung fand nachmittags im großen Saal der Handwerkskammer Stuttgart eine Sitzung der Arbeitsgemeinschaft des württ. Handwerks statt. Syndikus Metzger befürwortete die Neuaufstellung von Richtlinien über die Aufwandsentschädi- gungssätze für Lehrlinge durch die Handwerkskammern. Bezüglich der Gewährung von Urlaub an die Lehrlinge vertreten die Handwerkskammern die Auffassung, daß solche Richtlinien nicht von den Kammern, sondern von den Landesfachverbänden aufgestellt werden sollten. Amtsgerichtsdirektor Dr. Kallee, Stuttgart, sprach über Lehrvertrag und Tarifvertrag.
ep. Das Gufiav-Adolf-Fesi wird im nächsten Jahr in der Woche vom 14. September an in Stuttgart stattfinden. Die einleitende öffentliche Versammlung wird am Sonntag, den 14. September, nachmittags, in der Stadthalle ab- gehalten. Die übrigen Versammlungen finden in der Ljede rh alle statt. Die allgemeine Landestnllekte der enona.
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