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103. Jahrgang

Fernsprecher Nr. 29

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jedem Werktage. Verbreitetste Zeitung im O^A.-Bezirk Nagold. Echriftleitung, Druck und Verlag o. E. W. Zaiser (Karl Zaiser) Nagold

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Nr. 239

Gegründet 1827

Tagesspiegel

Der Reichsausschutz für das Volksbegehren hak bei der Reichsregierung Widerspruch erhoben, datz unter dem Vor­geben der Auflösung des Stahlhelms bei Mitgliedern des Reichsausschusses, die dem Stahlhelm nicht angehören, wie z. B. dem Major a. D. Heider in Dortmund, Haussuchungen vorgenommen und Papiere des Ausschusses beschlagnahmt worden sind. Gegen diese Verfassungsverlehung werden alle gesetzlichen Schritte Vorbehalten.

Rach amtlicher Bekanntmachung ist für das Volksbegeh­renFreiheitsgeseh" die Zahl der Stimmberechtigten bei der Reichstagswahl vom 20. Mai 1928. nämlich 41 278 897, zugrunde zu legen. Demgemätz beträgt die für das Volks­begehren erforderliche Zahl (ein Zehntel) 4127 889 Stimmen.

Das Reichsmilchgeseh ist dem Reichsrat zugegangen.

Neichskagspräfident Löbe ist von' längere' Kur in Mer­gentheim und Nachkur in Freudenstadk nach Berlin zurück­gekehrt.

Der ungarische Honvedminister Graf Csaky ist wegen persönlicher Angriffe der Oppositionspresse zurückgekreten. Zum Nachfolger soll der Staatssekretär Gömbös ausersehen lein.

Mac Donald hat sich am Mittwoch abend im Weitzen Haus von Präsident Hoover verabschiedet und ist nach Reu- york abgereist.

In Genf wurde am Donnerstag die 13. internationale Arbeitskonferenz eröffnet» die sich ausschlietzlich mit den Arbeitsverhälknissen der Seeleute, besonders mit der Frage des Achtstundentags an Bord der Handelsschiffe zu befassen hat. Rund 250 Vertreter und Sachverständige au» 32 Län­dern sind anwesend.

Freitag, den 11. Oktober 1929

Schon wieder ein Bestechungsprozeß in Berlin

Der Oberbürgermeister der Reichshauplstadt schwer belastet Der Staatsanwalt behauptet sein Recht

Die Auflösung des Stahlhelms in Rheinland-Westfalen

Berlin, 10. Oktober. Die bereits kurz gemeldete Auf­lösung des Stahlhelms in der Rheinproving und in Westfalen durch den preußischen Innenminister Grze- sinski wird in einer amtlichen Mitteilung damit begrün­det, daß bei Hebungen, die am 21. und 22. September in diesen Provinzen vor dem Stahlhelmführer Seldte statt­gefunden hätten? den Verdacht bestätigt hätten, daß jeden­falls in diesen Provinzen der Stahlhelm eine Bereinigung darstelle, die im Widerspruch zu § 1 des Gesetzes vom 22. März 1921 und der Verordnung vom 12. Februar 1926 stehe und daß die Mitglieder dazu ausgebildet werden, daß sie in der Lage seien, nach militärischen Gesichtspunkten kämpfend aufzutreren.

Die Verbands! eitun g des Stahlhelm für Rheinland-Industriegebiet erklärt hierzu, die mit der Aus­lösung beauftragten Behörden haben eine Begründung für die Auslösung abgelehnt, sie werde erst in einigen Tagen erfolgen. Man müsse daraus schließen, daß der Innen­minister das Material zur Begründung erst durch die B e - schlag na hm ungen besorgen wolle, wie dies in an­deren Fällen, vor allem bei dem bekannten Vorgehen gegen die Ruhrin du st r teilen versucht worden sei. Es scheine so, als ob ein Geländespiel, das die Landesverbände Rheinland und Industriegebiet am 22. September dieses Jahres in der Gegend von Langenberg im Rheinland ab- Mhalten hätten, sowie die damit zusammenhängende wehr­sportliche Betätigung die Begründung des Verbots ergeben sollten. Der Stahlhelm seinerseits weise darauf hin, daß Z. B. das Reichsbanner denselben Wehrsport ungehindert ausübe und daß z. B. der Jung- deutsche Orden genau an der gleichen Stelle bei Lan- genburg vor kurzem ein Geländespiel ohne jegliches Ein­greifen habe durchführen dürfen. Der Stahlhelm habe so­fort sämtliche Rechtsmittel gegen diese Maßnahme des preußischen Innenministers ergriffen, die nach seiner Auffassung in jeder Weise sowohl sachlich wie juristisch un­haltbar sei. In diesem Zusammenhang müsse auch darauf hingewiesen werden, daß das gesamte Material des Wahl- kreisausschusses Westfalen-Süd für das Volksbegehren in Dortmund gleichfalls beschlagnahmt worden sei, daß also in dieser Hinsicht parteipolitische Motive im Kampf der Re­gierung gegen das Volksbegehren erkennbar seien.

Die Arbeitslosen ves In- und Auslands

Der Abschluß der vorläufigen Arbeitslosenversicherungs­reform legt die Mitteilung von Vergleichszahlen über die Leistungen des Auslands auf dem Gebiet der Arbeitslosen­versicherung nahe. Was die Zahl der Versicherten angeht, so hat Deutschland 17 Millionen Bersicherungspflichtige, Großbritannien 12 Millionen, Italien Millionen Ver­sicherte, die Sowjetunion, in der jeder Arbeiter versichert

Berlin, 10. Oktober. Ein umfangreicher Bestechungs­prozeß, in dem der Direktor, der Prokurist, ein Handels­bevollmächtigter sowie vier weitere Angestellte der Eisen­waren- und Lampenfabrik D. F. A. Schulze in Berlin und ferner drei mittlere Eisenbahnbeamte ver­wickelt sind, hat am Donnerstag vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte begonnen. Schon vor einiger Zeit hatte gegen Angestellte der Hamburger Zweigniederlassung der Firma ein Bestechungsprozeß stattgefunden. Im Laus die­ser Verhandlungen ergaben sich Anhaltspunkte dafür, daß von der Berliner Zentrale aus planmäßig ein ganzes Netz vonBeziehungen" zu mittleren Eisenbahnbeamten, die bei der Vergebung von Aufträgen zu wirken hatten, gesponnen worden war. Die Anklage geht davon aus, daß die Angestellten der Firma mit Wissen der Geschäftsleitung an technische Beamte im Eisenbahnzentralamt und bei Eisen­bahnwerkstätten Geschäfte und Geldzahlungen gemacht haben, um Einsicht in die Konkurrenzangebote zu er­langen. Das Bestreben der Firma soll auch dahin gegangen sein, zu erreichen, daß die Amtsstellen bei den Ausschrei­bungen möglichst wenig Konkurrenzfirmen zu Angeboten auf forderten. Für den Prozeß sind mehrere Wochen in Aussicht genommen.

Ser Sllarek-Skmdal

Man kommt aus den Usberraschungen im Sklarek- Skandal nicht mehr heraus. Frau Oberbürgermeister Böß, die mit ihrem Gemahl an der Studienreise Berliner Stadt- räte in Amerka teilnimmk, hat von den Sklareks einen Pelz­mantel im Wert von 4000 Mark um 400 Mark bezogen, die übrigens noch nicht bezahlt sind. Die Tochter Frl. Böß bekam Reithosen; sie ist deshalb in den .Anzugslisten' galant als «Herr Böß jung" aufgeführt. Diese Angaben des Buchhalters Lehmann konnten aus den Geschäfts­büchern als richtig nachgewiesen werden. Der Staatsanwalt ersuchte den Bürgermeister Scholh, vorerst keine Erhebun­gen seitens der Stadt mehr vornehmen zu lassen.

Neuerdings wird nun ruchhar, daß dieselben Durchsteche­reien, wie sie von den Beschaffungsämtern mit den Sklareks getrieben wurden, auch bei der städtischen Wohnungs- Fürsorge-GeseElschast im Schwünge seien. Hier seien parteipolitische und finanziell« .Freunde" in sträf­lichem Maß namentlich auch bei Bauten usw. bevorzugt worden.

Die kommunistische Fraktion der Stadtverordneten hat beantragt, den Oberbürgermeister unverzüglich von der amerikanischen Studienreise zurückzurufen und zur Verant­wortung zu ziehen.

Die Untersuchung hat, wie dieB. Z." meldet, einen solchen Umfang angenommen, daß die Voruntersuchung, also

> oie Bearoeuung durch den Untersuchungsrichter, nicht mehr zu umgehen sein wird. Neben dem eigentlichen Geschäftsbetrieb der Brüder Sklarek, der von den Bücher« sachverständigen gerade unter die Lupe genommen wird,! erweist sich auch die Ausdehnung des Verfahrens auf den,

> Rennwetk-Bekrieb der Sklarek notwendig, insbesondere sollen die Verbindungen der Sklarek mit den Buch­machern einer Prüfung unterzogen werden. Es wird nämlich behauptet, daß die Sklarek einer Reihe von Leuten- Gelder zukommen" ließen, aber nicht durch direkte Zu­weisung, sondern dadurch, daß sie sie bei ihren Pferde­rennenMitnahmen". Für diese Leute ist also angeblich von den Sklareks gewettet worden. Diese «Freunde" erhielten, aber nur den Gewinn ausgezahlt, während sie am Verlust!

- nicht beteiligt waren. Hier liegen ganz bestimmte Beschul-'

! digungen vor, die von sachkundigen Beamten jetzt nach« geprüft werden. Kein Zweifel, die Sklareks waren Bo»! stechungsgenies.

Neben der strafrechtlichen Untersuchung durch die Staats­anwaltschaft hat der preußische Innenminister die Auf­stellung eines staatlichen Untersuchungskom­missars im Fall Sklarek in bezug auf die Beschuldi­gungen gegen die städtischen Beamten usw. verfügt- Zum Kommissar wurde Oberregierungsrat Tapolski voml Innenministerium ernannt.

Es scheint wieder einmal, wie seinerzeit im Barmat­prozeß, irgendwo nicht recht zu klappen. Die gleichzeitige Zweiteilung der Untersuchung in eine strafrechtliche und eine verwaltungsmäßige erscheint mehr geeignet, die Unter­suchung zu verwirren als sie zu fördern. Zum Disziplinär- verfahren wäre es noch Zeit genug, wenn die Gerichts- behörde zu einem gewissen Abschluß ihrer Untersuchung gelangt ist.

Oberbürgermeister Böß hat aus San Franzisko tels» graphiert, weder er noch die an der Studienreise teilnehmen­den Stadräte Bonecke und Niedahl seien von den Ge­schäften der Stadtbank mit den Sklareks unterrichtet ge­wesen. Er habe vor längerer Zeit, Benecke und Niedahl auch in letzter Zeit Kleider gekauft. Er halte den Sklarek- Skandal für emWahlmanöver'. (!) Sofortige Rückreise sei wegen ungünstiger Schiffsverbindung schwer möglich und sachlich bedenklich. ,

»

Die deutschnationale Pressestelle teilt u. a. mit: Eine Anzabl von Zeitungen hat die Behauptung aufgestellt, daß sich deutschnationale Abgeordnete von den Gebrüdern Sklarek hätten einladen lassen. Jedem derartigen Gerücht ^ wird energisch nachgegangen. Die Partei wird sich gegebe- nenfalls nicht scheuen, die schärfsten Konsequenzen zu ziehen.

ist, wo aber keine Beiträge erhoben werden, ungefähr 11 bis 12 Millionen Versicherte nach dem Stand von 1928. An Jahreseinnahmen hatte Deutschland 1928 insgesamt 853 Will. Mk. (ohne Krisenfürsorge) zu verzeichnen. Groß- ' britannien 43 Mill. Pfund oder 860 Mill. Mk., Italien 40 Mill. Mk. An Iahresausgaben ergab sich bei der Deutschen Versicherungsanstalt rund 1 Milliarde, wovon 80 v. H. auf reine Unterstützungen entfallen, 100 Mill. Mk- als Kranken­kassenbeiträge in Frage kommen, während der Rest auf Bcr- waltungskosten entfällt. Großbritannien hatte 50 Mill. Pfd. oder 1 Milliarde Mk. an Ausgaben, Rußland 125 Mill. Rubel oder 200 Mill. Mk. Italien muhte 22 Mill. Mk. aus­geben, bedeutend weniger als eingenommen wurde. Was die Arbeitslosenzahl betrifft, so hat der Sachverständigen­ausschuß für Deutschland eine Durchschnittsziffer von 1,1 Million Personen errechnet. Für das laufene Jahr rechnet man aber bereits mit einer Durchschnittsziffer von 1,21,3 Mill. Arbeitslosen. Für Großbritannien ergibt sich eine Durchschnittsziffer zwischen 1 und 1,3 Millionen, für Ruß­land eine solche zwischen 1,2 und 1,4 Millionen, wobei zu bemerken ist, daß von diesen nur 650 900 (50 v. H.) Unter­stützungen beziehen. Pro Kopf und Monat ergibt sich 'm Deutschen Reich ein Unterstützungssatz von 67 -st im Durch­schnitt aller Lohnklassen; bei Großbritannien dürfte ein ähnlicher Satz die Norm sein, während die Sowjetunion an ihre Arbeitslosen 18 Rubel oder 27 Mk. im Monat zahlt.

Neueste Nachrichten

Der Rachfolger Skresemanns im Reichstag. An Stelle

des verstorbenen Reichs-Ministers Dr. Stresemann tritt Malermeister Have mann m Hildesheim in den Reichs­tag ein. - - -

Ein deutscher Vorschlag an die Regierungen in Moskau und Ranking

Berlin, 10. Okt. Die Reichsregierung hat als Schutzmacht für die Sowjetinteressen in China und für die chinesischen Interessen im Gebiet der Sowjetunion den Regierungen in Moskau und Nanking vorgeschlagen, aus Gründen der Menschlichkeit auf die im Zusammenhang mit dem gegen­wärtigen Streit gegen Privatpersonen getroffenen Maß­nahmen zu verzichten. Es handelt sich in erster Linie um die Freilassung der von beiden Teilen internierten oder gefangengesetzten Angehörigen des anderen Staats sreizu- lassen und ihnen eine angemessene Frist zum Verlassen des Gebiets zu geben.

Herriol ln Berlin

Berlin, 10. Oktober. Der frühere französische Minister­präsident Herriot ist heute, nachdem er gestern abend in Wien gesprochen hatte, in Berlin angekommen. Er wurde vom französischen Botschafter de Margerie und einigen Herren der Botschaft empfangen. Herriot stattete dem Grab Dr. Stresemanns einen Besuch ab. Heute abend wird er hei Kroll über Paneuropa sprechen.

Die Riesenspionage

Bochum, 10. Oktober. .Auf Einladung der Arbeitgebe» verbände im Handelskammerbezirk Bochum sprach der ehs­malige englische Generalstabshauptmann Vivian Stran- ders über die fremdländischen »Kontrollkommissionen" in Deutschland. Der Redner, der sich verschiedentlich in Schrif­ten über die Wirtschaftsspionage der Kontroll­kommissionen verbreitet hat, betonte, daß der politische Zweck dieser Kommissionen schon aus der Wahl ihrer Mitglie­der hervorgehe. Alle leitenden Stellen waren von Offizie­ren mit S pez ial k e n n tn is s e n besetzt. Die Kontroll» über die Entwaffnung sei nur Vorwand gewesen, um die Wirtschaft auszuspionieren. Jede Ueber-