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Mit der landwirtschaftlichen Wochenbeilage: Haus-, Garten- und Landwirtschaft"

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Gegründet 1827

Freitag, den 20. September ISA

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las. Zahns«-

SS. Vollversammlung Ser Rutschen Laninvirlschaslsrales

Münster i. W.» 19. September.

Der Präsident des Deutschen Landwirtschaftsrats, Dr. Brandes, eröffnete gestern in der Stadthalle in Münster die 59. Vollversammlung des Deutschen Landwirtschaftsrats. Anwesend sind u. a. verschiedene Fachminister des Reiches und der Länder. Brandes wies darauf hin, daß zum ersten Male Vertreter aus dem Bruderlande Oesterreich an­wesend seien.

Reichsernährungsminister Dietrich

übermittelte die Grüße des Reichspräsidenten und der Reichs­regierung. Mit der deutschen Landwirtschaft stehe und falle nicht nur die deutsche Wirtschaft, sondern das ganze Volks­tum. Es solle alsbald über ein planmäßiges Zusammen, arbeiten mit der deutschen Getrerdehandelsgesellschaft und ber Getreiüeindustrie- und Kommissions-A.G. verhandelt werden. Di« Reichsregierung wolle im Rahmen des Gesetzes die Getreidepreise auf jede Art und Weise halten. Die Auswirkung der Zollerhöhungen werde ab­gewartet werden müssen. Er sei entschlossen, den Ver­mahlungszwang durchzuführen, ja er wolle die Quote des zu vermahlenden deutschen Weizens erhöhen bezw. den Vermahlungszwang in einen Beimahlungszwang umwandeln. Größere Sorge bereitete die Preisgestal­tung des Großviehs.

Was die Zinsen angehe, so werde die Last der Ren - tenbankzinsen wohl am 1. April 1930 verschwin­den. Dadurch werde die Landwirtschaft jährlich etwa 90 bis 100 Millionen Reichsmark sparen. Die Tilgungsfrist der Rentenbankscheine werde auf 10 bis 12 Jahre verlängert. Es bestehe die Hoffnung, daß derRentenbankkredit- anstalt ihre finanzielle Grundlage, die in den ihr Jahr für Jahr wus-den RentvrVänkzinsen zusließenden 25 Millio­nen Reichsmark liege, erhalten werde. Darüber hinaus werde mit dem Zusammenschluß der beiden Genossenschaften die Zinsspanne vom ersten Geldgeber zum letzten Geld­nehmer verringert werden können.

Von den Steuern seien die drückendsten die Real« steuern, die für die Landwirtschaft etwa 500 Millionen betragen. Der bevorstehende Finanzausgleich müsse jo gestaltet werden, daß die Länder und Gemeinden diese Real steuern ermäßigen könnten. Die Frage der Vereinfachung des landwirtschaftlichen Steuerwesens werde ebenfalls erwogen. Die freie und unabhängige Stellung Deutschlands unter den Nationen hänge von der künftigen Lage der Landwirtschaft bezw. gesicherten Ernährungsgrundlage des Volks ab.

Namens der Präsidialkonserenz der landwirtschaftlichen Hauptkörperschaften Oesterreichs sprach Herr Kand­ier. Er begrüßte es, daß ein besonderer Ausschuß gegründet worden sei, um die gemeinsamen Fragen der deutschen und österreichischen Landwirtschaft gemeinsam zu behandeln, da die österreichische Landwirtschaft die glei­chen Sorgen habe wie die deutsche.

Das Rentabilikäisprogramm der Landwirkschafk

Präsident Dr. Brandes führte nun aus:

Der deutschen Landwirtschaft muß unter allen Umstän­den die Lebens- und Enlwicklungsmöglichkeil wiedcrgegeben werden, selbst wenn damit vorübergehende Härten für andere Berufe verbunden wären. Eine verloren gegangene Rentabilität in der Landwirtschaft läßt sich wieder Herstellen durch Umorganisation des Betriebs, Verringerung der Aus­gaben und Vergrößerung der Einnahmen. In Deutschland muß eine Wirtschaftspolitik getrieben werden, die einen Rentabilitäts^rad der landwirtschaftlichen Betriebe zuläßt, der den auf den heutigen Landgrößen selbstwirtschaf­tenden Bauern und den Arbeitern Beschäftigung und Ver­dienst gibt. Die Rentabilität würde sich nach den auf Grund der Buchführungsergebnisse angestellten Berechnungen durch eine 25prozentigeEinnahmeerhöhung aus dem Verkauf des Getreides, Viehs, der Milch und der Molkerei­erzeugnisse Herstellen lassen. Neben dem Festhalten an dem klar erkannten Zukunftsprogramm, das un­angetastet bestehen bleiben muß, sind Maßnahmen mit sofortiger Wirkung notwendig, wie sie kürzlich in der Eingabe der vier Vertreter -er großen Landwirtschafts- Vereinigungen an den Reichsernährungsminister vor einer Woche niedergelegt worden sind. Unser Ziel ist groß un­klar: Wiederherstellung der Rentabilität der deutschen Landwirkschafk, um den Bauern lebensfähig zu halten und dadurch die Grundlage für Deutschlands Zukunft und Deutschlands Freiheit zu bauen. Unser Kampf gilt letzten Endes der deutschen Freiheit und der freie Mann auf freier Scholl« ist unser Ziel.

Der DcnMgplan und die deutsche Landwirkschafk

Der Geschäftsführer der Disconto - Gesellschaft, Dr. Solmsen, sprach überDer Doungplan und die deutsche Landwirtschaft". Alle nach dem Krieg geschlossenen Verträge einschließlich des Dawes- und des Boungplans dienen dem Zweck, den durch die Niederlage Deutschlands geschaffenen Zustand zu verewigen. Der

Umfrage -es

Genf, 19. Sept. Die wirtschaftspolitischen Arbeiten der Völkerbundsversammlung sind gestern praktisch abgeschlossen worden. Es werden elf Entschließungen empfohlen. Die zwei wichtigsten betreffen 1. die namentlich von dem Fran­zosen Loucheur betriebene Kohlenkonferenz, die jedenfalls in naher Zeit noch nicht zu erwarten ist, und 2. die Einleitung von Verhandlungen für einen Waffen­stillstand der,Zolltarife, den der englische Han­delsminister Graham anregte. Der Generalsekretär des Völkerbunds soll alle zivilisierten Staaten der Erde auf­fordern, sich zu äußern, ob und unter welchen Umständen sie bereit wären, auf eine Erhöhung der gegenwärtig be- stekMden Zölle in de« nächsten drei Jahren zu verzichten. Auf Grund der Antworten und Einwände, die dem Ge­neralsekretär bis 31. Dezember d. I. von den Regierungen zugehen, wird der Ständige Wirtschaftsausschuß des Völ­kerbunds einen Vorbericht und womöglich einen Vertrags­entwurf ausarbeiten, der einer Konferenz von Regierungs­vertretern als Verhandlungsgrundlage überwiesen werden soll. An dieser Konferenz sollen diejenigen Staaten teilneh­men, die sich grundsätzlich zur Annahme desWafsenstill- stands" bereit erklärt haben, oder ihrInteresse an den Verhandlungen" ausgesprochen haben. Die Konferenz soll ein Abkommen ausarbeiten, das vom Waffenstillstand zur Verminderung der Zolltarife übergehen solle.

Es dürste sich dabei wohl zeigen, daß zwischen schöner Theorie und rauher Praxis ein großer Unterschied ist, und es dürften wenige Staaten sein, die ihre Zölle dem alleuropäischen oder Welt-Gemeinwohl zu opfern geneigt sein werden.. Eine weitere Herabsetzung der deutschen Land­wirtschaftszölle z. V. würde der letzte Todesstoß für die deutsche Landwirtschaft sein.

Der englische Antrag im Abrüstungsausschuß

Genf, 19. Sept. Im Abrüstungsausschuß der Völker­bundsversammlung begründete heute Lord Robert Cecil den englischen Entfchließungsantrag, durch den der Vor- bereitungsausschuß für die Abrüstungskonferenz aufgefordert

Völkerbunds

weroen sou, vei ver Vervollständigung des vorliegenden Ent­wurfs für oos Abrüstungsabkommen die bekannten vier Grundsätze zu berücksichtigen, die die strittigen Haupt­punkte der Abrüstungsfrage betreffen. Seit 1927 könne man in der Abrüstunasfrage von einem Rückschritt sprechen. Ohne die Herabsetzung des Kriegsmaterials der Landstveit- kräfte sei kein Fortschritt zu erzielen. Auch hinsichtlich der Beschränkung der Effektivstärken sei kein befriedigender Fort­schritt erreicht. Hinsichtlich der Materralbeschränkung sei weder die Forderung der listenmäßigen Beschränkung noch die der Kostenbeschränkung beibehalten worden. Es se> frag­lich, ob die Bestimmung über die Veröffentlichung der Aus­gaben allein genüge, die Beschränkung des Materials zu ge­währleisten. Das Abrüstungsabkommen werde ohne Ueber­wach u n g unvollständig bleiben.

Der Holländer London, der Vorsitzende des Vorberei­tungsausschusses, suchte dessen bisherige Arbeiten zu recht- fertigen. Der französische Vertreter, Massigli, erklärt« kurz und trocken, seine Regierung sehe nicht ein, warum man die Beschlüsse des Vorbereitenden Abrüstungsausschusses noch einmgl andern solle. Es sei nicht angängig, wenn i« einem Land die Regierung wechsle, aufs neue mit den Ar­beiten zu beginnen.

Gras Bernstorfs erinnerte daran, daß er schon im Vorbereitenden Ausschuß erklärt habe, die deutsche Regie­rung müsse die Verantwortung für die Beschlüsse ableh- nen. Wenn es so weiter gehe wie bisher, dann seien diese Beschlüsse nichts anderes als eln Vertrag auf 10 Jahre zur gegenseitigen Unterstützung gegen die Abrüstung. Die deut­sche Abordnung stimme dem Vorschlag Cecüs zu. Es sei zu hoffen, daß die Verhandlungen zu einem einstimmigen Be­schluß führen. Werde dieser nicht erzielt, so wisse er aller­dings nicht, süe Vas Problem der Abrüstung weitergsbrächt werden könne.

Der italienische Vertreter, deMarinis, und de« japanische Vertreter, Sato, schlossen sich chn« Ein­schränkung dem französischen Standpunkt an.

Einberufung des Reichstags zum SV. September

Berlin, 19, Sept. Das Reichskabinett beschloß, den Aeltestenrat in seiner morgigen Sitzung zu ersuchen, die Einberufung des Reichstags zum 30. d. M. zur Erledigung des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung zu veranlassen.

Im Reichstag hielten dis dem Zentrum angehörenden Reichsminister mit den Sozialpolitikern ihrer Fraktion Be­sprechungen über die Aenderung der Arbeits­losenversicherung ab. Heute vormittag trat das Reichskabinett zusammen, um dieselbe Frage noch einmal zu beraten. Kurz vor 11 Uhr wurden ferner die Besprechungen zwischen den Führern und Sozialpolitikern der Regierungsparteien zur Vorbereitung der nachmittags stattfindenden Verhandlungen im sozialpolitischen Ausschuß fortgesetzt.

Dis sozialdemokratische Reichstagsfraktion ersucht -in einem Antrag die Reichsregierung, mit möglichster Bcs^leu- nignng einen Gesetzentwurf zur Neuregelung der V e r s: ch e r u n g s a u f s i ch t vorzulegcn.

Weitere Haftentlassungen

Berlin, 19. Sept. Die beiden in der Angelegenheit der Bombenanschläge verhafteten Hofbesitzer Amandus Vick, Vater und Sohn, aus Bönne sind aus der Untersuchungs­haft entlassen worden. Das in ihrem Haus gefundene Waffenlager stammt aus dem Jahr 1920 von delftü>k bilisierten Baltikumtruppen. Wegen verbotenen Waffen­besitzes sollen sie zur Verantwortung gezogen werden.

Außer diesen beiden wurden nach den Vernehmungen, in Berlin in Freiheit gesetzt die Verhafteten Lorenz, Redak­teur Kühl, Kaufmann Kurze und Hofbesitzer Schade aus Itzehoe.

Der Verteidiger des verhafteten Polizeihauptmanns a. D. Nickels und des Gastwirts Gengelatzky, Rechtsanwalt Kay in Heide (Holstein), hat gegen den Polizeipräsidenten Eg­gerstedt in Altona, Kriminalrat Weitzel, und einig« andere in der Verfolgung tätige Personen Strafantrags wegen Freiheitsberaubung, Verletzung der oerfasfungs- und gesetzmäßigen Strasprozetzordnung ustv. gestellt.

Aoungplan ist eine politische und keine wirt­schaftliche Lösung. Will Deutschland den im Boung- plan in ungeheuerlicher Höhe festgesetzten Verpflich­tungen nachgehen, so muß es seine Zahlungsbilanz so ge­stalten, daß sie die abzuführenden Beträge deckt. Die Bilanz der deutschen Wirtschaft ist zurzeitnegativ". Sie müßte in dem Umfangaktiviert" werden, daß aus den Ueber- schüssen die Verpflichtungen des Boungplans (im Durch­schnitt mehr als 2000 Millionen, Goldmark jährlich auf fast 60 Jahre hinaus) abgedeckt werden können. Das Wirt­schaftsprogramm, das der deutschen Wirtschaft durch die Annahme des Boungpianes vorgeschrieben wird, muß in erster Linie auf die Einfuhrverminderuna abzielen. Erste Voraussetzung muß die größte Sparsamkeit in der Ainanzgebarung der öffentlichen Hand sein. Eine Einfuhr- Verminderung kann nicht bei der Einfuhr der in­dustriellen Rohstoffe einsetzen, sondern nur bei den 5 Milliarden für Lebensmitteleinfuhr. Die Hauptarbeit hat hier die Landwirtschaft zu leisten. Ein im Interesse der Gesamtheit erforderliches Agrar­programm muß drei Hauptziele verfolgen:

1. Die Nahrungsfreiheit und damit eine Voraussetzung für die politische Freiheit Deutschlands zu erringen.

2. Die Handelsbilanz auszugleichen oder sogar zu akti­vieren.

3. Raum zu schaffen für die von der Industrie erwerbs­los gelassenen BevölkerUngskreise.

Hand in Hand mit der Steigerung der agrarischen Produktionskraft muß ein freiwilliger Kampf der nicht- landwirtschaftlichen Bevölkerung für das Jnlandserzeugnis gehen. Um die Wirkungen der die deuticbe Volkswirtschaft

zurzeit kennzeichnenden Kapitalnot zu beseitigen, muß die Landwirtschaft Organisationsformen anstreben, die neben dem Personal- und Hypothekarkredit den Waren­kredit als hauptsächlichstes Mittel zur Mobilisierung der in der Masse der Agrarerzeugnisse gefundenen Werte trete» lassen. Der Parteiwirrwarr macht jede im Interesse des Volks liegende Agrarpolitik unmöglich. Die Produktion, Handel und Regierung müssen mit dem festen Willen Vor­gehen, Ordnung in die heutigen Verhältnisse zu bringen. Solange das deutsche Volk aus den Ge­bieten jenseits der Grenze bezieht, wird es abhängig bleiben. Erst wenn es feine Nahrung innerhalb des deutschen Vater­landes erzeugt, wird es frei werden können.

Entschließung des Landwirtschaftsrats

Don den Mitgliedern des Deutschen Landwirtschaftsrats wurde sodann einstimmig eine Entschließung ange­nommen, in der die schleunige Durchführung der non den Führern der vier Spitzenverbände unterm 8. September ge­forderten Sofortmaßnahmen und die vollständige Verwirklichung des im Frühjahr aufgestellten Rentabili- tätsprogramms erwartet wird. Der Landwirtschafts­rat sieht einen Ausweg aus der Notlage des deut­schen Volks nur in einer zielbewußten Umstellung der gesamten deutschen Wirtschaftspolitik auf die Entwicklung aller landwirtschaftlichen Produktionszweige und richtet an Reichsregierung und Reichstag die dringende Bitte, sich endlich unter Zurückstellung aller parteipolitischen Erwägun­gen zu einer Wirtschaftspolitik zu entschließen, die dem deut­schen Volk wirtschaftliche und politische Freiheit zurückgewin­nen kann.