Amts-und Anzeiycblatt Mr
Mit Sen illnftrrrrte« Beilage» „Feierhunven" .Unser« Heimat", „Die Mode «am Tage".
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jedem Werktage. — Verbreiterst« Zeitung im O.-A,-Bezirk Nagold. — Schriftleitung. Druck und Perlag v. G. W. Zaiser (Karl Zaiser) Nagold
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den Olreurmtsv ezEKagoU»
Mit der landwirtschaftlichen Wocheobeilage: „Hau«-. Garten- und Landwirtschaft"
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Nt. 213 Gegründet 1827
ragersiiiegel
vr. Skresemann ist zu einem Erholungsurlaub nach : einem miktelschweizerifchen Ort abgereisi. !
Die Einberufung des Reichstags zur Beratung der ! Arbeitslosenversicherung ist für 28. September zu erwarten. !
Für die Berliner Gemeindewahlen haben sich die Verhandlungen zur Aufstellung einer gemeinsamen bürgerlichen Wahlliste zerschlagen. Me bürgerlichen Parteien werden daher 11 gesonderte Wahlzetlel äufstellen.
Die Kirchentagung in Eisenach wurde mit einer Kundgebung an die Christenheit geschlossen, in der die evange- i lichen Grundsätze und das christliche Programm der öku- j menischen Botschaft der Stockholmer Weltkirchentagung von 1925 bekräftigt werden.
Nach Ablehnung der Tariferhöhung durch das Reichsverkehrsministerium wird die Reichsbahn die Entscheidung durch das Reichsbahnschiedsgericht anrufen. Bereits Ende August fehlten der Reichsbahn rund ^0 Millionen Mark Betriebsmittel.
Legieruugrpslichlen und Virlschaslsrechie
aus dem Doungplan
Im amtlichen deutschen Wortlaut des Boungplans heißt es: Die durchschnittliche Zunahme der Beiträge aus dem Reichshaushalt zu den Toungplauleistungen betrage in den ersten 20 Jahren etwa 24 Millionen Mark jährlich. Diese fortlaufende Steigerung sollte in normalen Jahren ohne neue Steuern gedeckt werden können, vielmehr sollten wieder Steuererleichterungen möglich sein. Der Ausschuß hoffe, daß diese Steuererleichterungen und eine endgültige Reparationsregelung sich als „starker Anreiz zu der so notwendigen neuen Kapitalbildung durch Spartätigkeit" erweisen werden. Mit dem Tounßplan werden also nicht nur eine Pflicht Deutschlands gegenüber dem Ausland, sondern auch Pflichten der Reichsregierung gegenüber der deutschen Wirtschaft festgestellt.
Bildung von SparkapikÄ
In den Verhandlungen im Sozialpolitischen Ausschuß des Reichstags geht nun der Streit in der Hauptsache darum, daß die sogenannten „Iahresersparungen" des Boungplanes gegenüber dem Dawesplan der Wirtschaft und der kapitalbildenden Spartätigkeit entzogen und für die Arbeitslosenversicherung verwendet werden sollen. Wobei zu bemerken ist, daß überdies der Fehlbetrag des Reichshaushalts bereits größer ist als die „Iahresersparungen" des Boungplans. Was bedeutet aber der Boungplan? Er beginnt. mit 1707,9 Millionen Jahrestribut und steigt auf 2427,5 Millionen; das ergibt eine jährliche Durchschnittszahlung von 2187 Millionen Goldmark. Nun beträgt der Wert der gesamten deutschen Körnerfruchternte schätzungsweise 2000 Millionen Mark und entspricht also beinahe dem Jahresdurchschnitt des deutschen Tributs aus dem Boungplan. Der Wert der gesamten deutschen Ksrnerfruchternte muß also ohne jeden Gegenwert 58 Jahre lang jahraus jahrein an das Ausland abgeliesert werden. Einen allerdings sehr mageren Ausgleich könnten für die deutsche Wirtschaft die versprochenen Steuererleichterungen bringen. Ohne diese Erleichterungen ist überhaupt keine Durchführbarkeit des Boungplans denkbar, darüber besteht wohl auf keiner Seite ein Zweifel. Wer "ber die Hoffnung hat, daß auch der Boungplan bald wieder geändert werden muß — was aber noch größeren Schwierigkeiten begegnen wird als beim Dawesplan, denn bie „Reparationsschuld" soll ja „kommerzialisiert", in eine Art handelsmäßiger Wechselschuld verwandelt werden — der hat auch die Pflicht darauf zu achten, daß kein Luxus in der öffentlichen Verwaltung auf Kosten der Wirtschaft geübt wird. Denn das verstößt gegen den Sinn des Boungplans, und zwar gegen die Rechte der Wirtschaft und gegen die Pflichten der Reichsregierung.
Mittelbare Kapitalflucht und Steuerdruck
Anderseits darf man nicht übersehen, daß die angespannte Lage der internationalen Geld- and Kapitalmärkte dem Wiederaufleben eines stärkeren Kreditvcrkehrs von Deutschland nach dem Ausland hin sich hindernd in den Weg stellt. Anlagekapital ist seit geraumer Zeit in i der ganzen Welt knapp geworden. Deutschland aber ' braucht ausländisches Anlagekapital noch auf lange Zeit hinaus; sein Kapitalbedarf ist im Vergleich zur Vorkriegs- ^ Seit ganz wesentlich gestiegen. Hierin liegen Gefahren. : Denn der Mangel an Anlagekapital in der ganzen Welt hat zur Folge, daß an dessen Stelle in verstärktem Maß der . kurzfristige Kredit tritt, der sich bisweilen gefährlich > auswirken kann — man braucht nur an die französischen Angriffe auf die Reichsmark im Frühjahr dieses Jahres zu verweisen — und zum andern, daß dieUeberfrem- ^ d^u n g der deutschen Industrie, für die immer neue i
Mittwoch, den 11. September 1S2S Fernsprecher Nr. 29
103. Jahrgang
Schacher um das Saargebiet
Der Berichterstatter des Pariser ,Hntransigeant" meldet aus Genf, zwischen dem 15. und 20. Oktober werden in Paris ohne das Beisein anderer Zeugen deutsch-französische Verhandlungen über die Besetzung und die wirtschaftliche Ausbeutung der Saarbergwerke usw. stattfinden. Für die letzteren solle eine gemischte deutsch-französische Finanz gesellschaft unter dem Vorsitz eines Franzosen gegründet werden. Deutschland hätte aber dafür noch Bar-oderSachleistungenzu geben.
Dazu schreibt der bekannte englische politische Schriftsteller Wilson Harris in den „Daily News": Es sei offensichtlich, daß die Franzosen.das Saargebiet nicht leichter Hand aufgeben, sondern daß schwierige Verhandlungen bevorstehen und Deutschland neue schwere Opfer bringen müsse. Eines kann man schon heute sagen, daß nämlich der Versuch, ein Land durch den Völkerbund regieren zu lassen, eine vollständiger Fehlschlag gewesen ist. In England ist man überzeugt, daß eine V o l k s a b sti m m un g an der Saar mit überwältigender Mehrheit sich für die Rückkehr nach Deutschland aus- fprechen würde, so daß man eigentlich die Ausgaben für eine Volksabstimmung sparen könnte.
Die wirtschaftlichen und politischen Organisationen des Svargebietes haben bekanntlich beiStresemann entschiedenen Einspruch gegen die „gemischte Finanzgesellschast" erhoben.
Die sozialdemokratische „Volksstimme" in Saarbrücken schreibt: „In diesem Augenblick erscheint es gegenüber der französischen Begehrlichkeit und Geschäftstüchtigkeit wichtig, daß bei den deutsch-französischen Verhandlungen noch e>n weiterer Faktor mitzusprechen hat. Das ist die Bevölkerung, und diese denkt nicht daran, für die noch restlichen fünf Jahre bis zur Abstimmung, deren Entscheidung gar nicht zweifelhaft ist, ihrem Vaterland einen! Preis undsin Opfer abhandeln zu lassen, die in keinem Verhältnis zu der etwa gewonnenen Zeitspanne früherer Rückkehr in ihre geschichtliche und natürliche Verbundenheit stehen. Die Regelung der Saarfrage ist der
Prüfstein für die Wahrhaftigkeit der Worte Briands» daß die Notwendigkeit der politischen Versöhnung über de» Einzelinteressen stehen müsse und daß der Friede «in« Frage der Moral sei."
Das Wort, daß der Friede eine Frage der Moral sei, stammt von dem Engländer Henderson und als Hen- derson kürzlich nkit unverkennbarer Beziehung auf Frankreich in Gens sprach, mußte Briandsie wie einen Dolchstoß gegen sich empfinden. Mit meisterhafter „diplamatb ^cher" Kunst lenkte aber Briand den Stoß ab, indem er sal- vungsvoll diese Worte Hendersons ausnahm und sie anscheinend bekräftigte. Und di« hohe Versammlung brüllt« vor Begeisterung.
Das neue Republikschutzgesetz
Berlin, 10. Sept. Wie die „B. Z. am Mittag" meldet, ist der im Reichsinnenministerium ausgearbeitete Entwurf für das neue Republikschutzgesetz soweit fertiggestellt, daß er anfangs nächster Woche dem Reichskabinett zugeleitet werden soll. Es herrsche Uebereinstimmung beim Kabinett und auch bei den Regierungsparteien, daß, namentlich nack den Erfahrungen der letzten Wochen und den Bombenanschlägen das Republirschutzgesetz, das zum Schluß der Sommertagung des Reichstags an der Ablehnung der Wirtschaftspartei scheiterte, auf die Dauer nicht entbehrt werden könne. Der neue Entwurf habe alle „verfassungsändernden" Bestimmungen weggelassen. Er habe aber die Bestrafung von Beleidigungen und Beschimpfungen der Reichsfarben und der Staatsmänner verschärft. Das neue Gesetz soll bis zu dem Tag Geltung haben, an dem das neue Strafgesetzbuch in Kraft tritt, das dann die Strafbestimmungen des Republikfchuhgesehes übernimmt.
Berliner Uebereifer
Berlin, 10. September. Bei den Nachforschungen noch den Sprengstoffanschlägen in Holstein haben Beamte des Berliner Polizeipräsidiums unter Nichtachtung der mecklenburgischen Justizhoheit auch in Mecklenburg erefolglose Untersuchungen vorgenommen und gegenüber mecklenburgischen Beamten sich hochfahrend gezeigt. Auf die scharfe Beschwerde der mecklenburgischen Regierung bei der preußischen Regierung hat sich nun der Berliner Polizeipräsident in Mecklenburg entschuldigt.
Ministerbesprechung in Bühlerhöhe
Baden-Baden» 10. Sept. 3m Kurhaus Bühlerhöhe sind gestern die Reichsminister Severin g, Wissell und Hilferding zusammengekommen, um mit dem Reichs- Kanzler Müller sich über die Arbeitslosenversicherung zu besprechen, über die im Kabinett noch scharf» Meinungsverschiedenheiten bestehen, die aber bereits am Donnerstag im Sozialpolitischen Ausschuß des Reichstags zur zweiten Lesung Kommt. Hilfevding hat bekanntlich schon mit seinem Rücktritt gedroht, wenn die Frage weiter verschleppt werde. Müller soll ebenfalls für eine beschleunigte Erledigung sein.
korfanty lobt die alte preußische Zeit
Beuthen, 9. Sept. Der frühere polnische Reichstagsabgeordnete Korfanty, der seinerzeit durch seine fanatischen Hetzreden der alten Reichsregierung viel zu schaffen machte, hat es auch mit Pilsudski verdorben. Kürzlich wurde sein Blatt „Polonia" zum 80. mal von der polnischen Behörde beschlagnahmt. Aus diesem Anlaß schreibt ^r, im alten Pxeußen habe er eine goldene Zeit gehabt. Wie scharf und rücksichtslos er auch Kaiser Wilhelm II., Bismarck und Bülow kritisiert habe, sei er meist straffrei ausgegangen. Im „freien Polen" dürfe man aber nicht einmal mehr andeuten, daß auch Minister Fehler machen können, sonst werde man schwer bestraft.
rveypleie bekannt werden, ganz bedeutende Fortschritte macht, die für die ganze deutsche Volkswirtschaft schädlich wirken.
Dagegen kann nicht verschwiegen werden, daß die Erschwerung der Kapitalbildung in Deutschland deutsches Kapital nach dem Ausland zieht und so der deutschen Wirtschaft entfremdet. Das betrifft nicht nur die mittelbare Kapitalflucht. Die Höhe der Kapitalsteuern, zum Teil auch der Einkommensteuern, die im Ausland z. B. in Holland und in der Schweiz, wesentlich niedriger sind als m Deutschland, führt oft zur Abwanderung großer deutscher Konzerne ins Ausland. Auch hier eine neue Mahnung an die verantwortlichen Stellen des Reichs, Versuche zu machen, das so abgewanderts deutsche Kapital aus dem Ausland nach Deutschland zurück- zugewinnen und nicht durch steigenden Steuerdruck zu verscheuchen.
Neueste Nachrichten
Der Torpedierungsverfuch gegen die Abrüstung
Washington, 9. Sept. Der Skandal Shearer, der im Auftrag von Rüstungsfirmen als bezahlter Agent beim Parlament Stimmung gegen die Beschränkung des amerikanischen Flottenprogramms gemacht haben soll, beginnt weite Kreise zu ziehen. Shearer wartet nunmehr selbst mit Enthüllungen auf. Er erklärte Pressevertretern gegenüber, daß er 1924 von hohen Marineoffizieren der Vereinigten Staaten ersucht worden sei, gegen jede Be schränkung der Seerüstungen zu Kämpfen. Die Namen dieser Offiziere feien Amdiral Robinson, der Leiter der
Marineäkademie von Annapolis, sowie die Admirale Plumkett, Pratt und Wileb- Es sei ihm geheimes amtliches Material zur Verfügung gestellt worden, jedoch wolle er die Namen der Personen, die ihm dieses Material gegeben hatten, nicht nennen. Shearer gab ferner zu, daß er hei der Vorbereitenden Abrüstungskonferenz in Gens im 3ahre 1927 unter den dort anwesenden Pressevertetern Stimmung gegen die Abrüstung gemacht habe, ohne natürlich erkennen zu lasten, daß er ein bezahlter Agent sei. Seine Entlassung durch die drei Schiffsbau- firmen, in deren Sold er gestanden habe, sei von dem frühem Staatssekretär Kellogg verlangt worden. Auch habe das englische Auswärtige Amt wegen seiner Tätigkeit in Genf bei dem amerikainschen Staatsdepartement Vorstellung erhoben.
Senator Borah hat bekanntgegeben, er werde verlangen, daß die genannten vier Admirale von dem Marineausschuß des Senats vorgeladen werden, um sich zu den Beschuldigungen zu äußern. Femer verlangt Bor<ch, daß dev Aus.schutz di« Marinesachverständigen, die zu der Genfer Konferenz entsandt waren, zu der Erklärung Shearers vernehmen soll, daß ihm amtliches Material zur Verfügung gestanden habe.
Bon der Völkerbundsversammlung
Der wahrheitsmutige Apponyi Gens, 10. Sept. In der heutigen Vormittagssitzung sprach der 81jährige Graf Apponyi (Ungarn) mit geistiger Frische unter größter Aufmerksamkeit der Versammlung. Apponyi tadelte rückhaltlos das Verhalten des Völkerbünde» in der Minderheitenfrage und verlangte auf Grund der Verträge die Abrüstung der „Siegerstaaten". Ge-