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Mit den illustrierten Beitase« .Aeirrstundenl, Unsere Heimat", »Dir Mode vom Tage",

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jedem Werktage. Verbreitetste Zeitung im i O.-A.-Bezirk Nagold. Schriftleitung, Druck und ! Verlag v. E. W. Zaiser (Karl Zaiser) Nagold !

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Mit der landwirtschaftlichen Wochrnbeilage: »Haus-, Sorten- und Landwirtschaft"

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Nr. 211 Gegründet 1827 Montag, den 8. September 1928 Fernsprecher Nr 2 g 183. Jahrgang

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Henderson für Abrüstung

Senf, 8. Sept. In der Sitzung des Völkerbunds am FvA, Zag abend führte der englische Außenminister Hendersoi- «us: Der französischen ForderungErst Sicherheit, dann Abrüstung" halte er entgegegn, daß Abrüstng das beste Mittel zur Herstellung der Sicherheit fei. Die Sicherheit fei heute so weit gediehen, daß man in befriedigender Weise abrüsten könne und müsse. In der Ab­rüstung müsse ohne Verzug ein entscheidender Schritt vor­wärts getan werden. Henderson empfiehlt vor allem die Annahme des Abkommensentwurfs zur finanziellen Unter­stützung angegriffener Staaten. Voraussetzung dafür sei je­doch, daß 1. eine allgemein verbindliche Unterzeichnung ge­schehe, und 2. die Anwendung des Abkommens nur für .solche Staaten in Betracht komme, die den künftigen Ab­rüstungsabkommen beitreten. Zur Einleitung der Artikel i12 bis 15 der Völkerbundssatzung an den Kellogg-Ver- trag unterbreitete Henderson der Versammlung eine Ent­schließung, in der die Einsetzung eines besonderen Unter­ausschusses verlangt wird. Für den Völkerbund sei es von größter Wichtigkeit, daß durch das gemeinsame Zusam­menarbeiten im Haag der abschließende Schritt zur Beendi­gung des Weltkriegs getan worden sei.

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Im Völkerbundsrat erklärte Dr. Stresemann zu dem Bericht des Mandarsausschusses, er pflichte dem Ausschuß bei, daß die von England berüchtigte verwaltungs­mäßige Vereinigung der englischen rännien in Ostafrika mit dem Mandatsgebiet Tanganjika (früher Deutsch-Ost- ttirika) eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung sei, die eingehend geprüft werden müsse. Die Mandatsgebiete seien internationale Einheiten, über die die Mandatsmächts dem Völkerbund als Auftraggeber Rechenschaft schuldig seien.

Stresemann und Briand sprachen ihr Bedauern über die Vorgänge m Palästina aus.

Dr. Stresemann spricht am Montag, und seine Rede wird durch den Rundfunk verbreitet werden. Dagegen sprachen die parlamentarischen Mitglieder der deutschen Ad- orönung, und zwar die Reichstagsabgeordneten v. Rhein­baben (D. Vp.) über die Demokratisierung des VölkerbunÄs, Prälat Kaas (Ztr.) über den Völkerbund als deutsche Aufgabe. Der Völkerbund sei Vater und Hüter des Friedens. Es sei aber noiff zu früh, festzustellen, ob er bis­her immer zum Vesten dieses Ziels gedient habe. Abg. Breitscheid (Soz.) verbreitete sich über wirtschaftliche Fragen. Abg. Koch (Dem.) betonte, die Minderheitenfrage sei eine Lebensfrage für den Völkerbund, weil der euro­päische Frieden davon abhänge, und für Deutschland, weil die Erhaltung der deutschen Volkskraft und des Volkstums dadurch bedingt sei.

Einschränkung der Ratstagungen

Der Völkerbundsrat hat trotz der Bedenken Briands be­schlossen, die ordentlichen Ratstagungen von 4 auf 3 im Jahr einzuschränken. Unter Vorbehalt der Einberufung außerordentlicher Tagungen in dringenden Fällen wird demnach der Völkerbundsrat das nächste Mal nicht im Dezember, sondern erst Mitte Januar zusammentrcten. Die Frühjahrstagung findet nicht mehr im März, sondern Mitte Mai statt, und die Sommertagung wird mit der Herbst­tagung zusammengelegt, die jeweils 3 Tage vor der Völker­bundsversammlung beginnen wird. Ein löblicher Be- chluß, denn die Ratstagungen kosten unnötig viel Geld.

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Die Bombenanschläge

Berlin, 8. September. Das Polizeipräsidium teilt mit. daß der Verdacht der Bombenanschläge in Lüneburg zuletzt gegen den sozialdemokratischen Regierungspräsidenten Herbst in der Nacht zum 6. September, sich gegen einen Motorrad­fahrer richte, der in dieser Nacht um 3.45 Uhr bei Artlen- berg sich habe über die Elbe setzen lassen. Er habe ein Rad Marke Zündapp gehabt. Höhere Beamte haben Drohbriefe mit der Ankündigung neuer Anschläge erhalten.

Für die Ermittlung der Täter hat die preußische Ne­uerung nunmehr Preise im Gesamtbetrag von 62 000 Mark ausgesetzt.

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Der Fund einerSchichte! mit Uhrwerk", die nach der leichten Explosion im Reichstagsgebäud« im Tiergarten ge­sunden und die vom Polizeipräsidium mit der Explosion in Verbindung gebracht wurde, ha-tfich als harmlos heraus­gestellt. Es wurde eine Arbeiterfrau festgestellt, die schon »or längerer Zeit die Uhrteile gesammelt und auf einen Korn- Pvschaufen geworfen hatte.

Die Staatsanwaltschaft in Frarftfurt a. M. mißr der an­geblichen Selbstbezichtigung des Josef Hett, der angab. ausRechtsparteifanatismus" dieBombe" im Reichstag gelegt M haben, keines Glauben mehr bei. Hett behauptet, es sei ihm Kr die Tat eine Belohnung von einigen hundert­

tausend Mark versprochen worden, er kann aber nicht ein­mal Nachweisen, daß er überhaupt um die Zeit der Explosion in Berlin gewesen ist. Er war früher Kaufmann, kam aber aus die schiefe Ebene und sank immer tiefer- Schon vor dem Krieg war er wegen Betrugs zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt worden und er hat seitdem weitere Strafen, u. a. Zuchthaus wegen Sittlichkeitsverbrechen, verbüßen müssen. In der letzten Zeit trieb er sich als Landstreicher umher. So konnte, Läe ein Berliner Blatt berichtet, der Verdacht aus­tauchen, daß er umgekehrt von anderer Seite zu seiner offenbar falschen Selbstbezichtigung veranlaßt worden sei, um der an sich ganz belanglosen Explosion im Reichstags­gebäude eine gewisse kriminelle Seite zu geben.

Aus Befehl der preußischen Regierung wurde Hett nach Berlin gebracht.

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Reichswehrminifkermm gegenAchkuhr-Abendblatt

Berlin, 8. Sept. Das Reichswehrministerium hat gegen das demokratischeAchtuhr-Abendblatt" Klage wegen ver­leumderischer Beteiligung angestrengt, weil das Blatt di« Reichswehr und die Marine verdächtigt hatte, an den Bom­benanschlägen beteiligt zu sein. ,

Neueste Nachrichten

Dr. Wirth über den Doungplan

Berlin, 8. Sept. Der Reichsminister für die besetzten Ge- bieke, Abg. Ir. Wirth, gewährte einem Berichterstatter der WienerNeue Freie Presse" eine Unterredung, wobei er u. a. erklärte:Es war nicht leicht, unter die Abmachungen die Namen zu setzen, denn im Grund ist es die Festsetzung der Belastungen, die das deutsch« Volk für zwei Genera- bonen zu tragen hat. Ich habe den Eindruck, daß so an sich vielfach von der Tragweite einer lolchen Verpflichtung nicht genug Rechen­schaft gegeben hat. Man belastet die ungeborenen Äienschen in Deutschland. Das ist die vielfach nicht ge­würdigte Tatsache. Und das ist nur erklärlich daraus, daß auch andere Völker in ihren Verpflichtungen über eine Ge­neration hinaus an Amerika gebunden sind. Mit anderen Worten: Internationale Verpflichtungen reichen über die Lebensdauer einer Generatton hinaus. Ich glaube, daß ^orerika für diese einzigartige Verpflichtung in der Welt- Mchmste besonderes Verständnis hat. In jeder Unterhaltung Al. Amerikanern kann man hören, daß Amerikaner prak- nsche Menschen find. Praktisch kann mau sich aber aur ver­pflichten. so lange mau selbst lebt.'

Nationalsozialisten und Kommunisten

München, 8. Sept. In einer kommunistischen Versamm­lung iw Stadkkeller, in der eineantifaszistische Wehr' statt des verbotenen Rotfrontkämpferbunds gegründet werden sollte, kam es zu einer schweren Schlägerei zwischen National­sozialisten und Kommunisten. 15 Verwundete mußten ins Krankenhaus gebracht werden.

Aus ähnlichem Anlaß fand in Oranienburg bei Berlin «ne blutige Schlägerei statt.

Me Verfassungsänderung in Oesterreich

Wien, 8. Sept. Auch in Oesterreich wird die Frage der Verfassungsänderung immer lebhafter besprochen. Der Vor- ! stsno der Großdeutschen Partei nimmt zu der Frage in einer i Erklärung Stellung, die für die Aenderung eintrttt, aber ^ »erlangt, daß dabei die Möglichkeit für die zukünftige staats^ ' rechtliche Angliederung Oesterreichs an das Deutsche Reich s aufrechterhatten und erleichtert werde. Gegen etwaigen Wi- ' derstand müsse es ein Notrecht geben. Auch die wirtschaft­liche Zusammenarbeit müsse als eine Lebensfrage für Oester­reich gefördert werden. '

Der österreichische Landbund verlangt in einer Kund- ! getnmg die beschleunigte Aenderung der Verfassung. Die Verhandlungen sollen mit dem Bundeskanzler geführt wer- ! der., sobald dieser aus Gens zurückgekehrt sei. j

Tliierspiegel

Der Reichsausschuß der Deutschen Wirtschaftspartei be­dauert in einer Entschließung, daß die deutsche Abordnung im Haag sich zu so weitgehenden Zugeständnissen habe drängen lassen. Die schwierige innere Lage sei durch das Verhalten der gegenwärtigen Regierungsparteien verschul­det. Es fei für das deutsche Volk unmöglich, die ungeheuren Lasten des Poung-Plans zu tragen. Dabei sei festzustellen, daß die sogenannten Erleichterungen von 500 Millionen, die nach der Regierungserklärung zu Steuererleichterungen verwendet werden sollten, schon im voraus für andere Zwecke verwendet worden seien, und daß sie nicht einmal zur Deckung des Fehlbetrags im Reichshaushalk ausreichen. Die größte Besorgnis errege es. daß nach einer Erklärung Briands Frankreich sich die Wiederbesehung des Rheinlands Vorbehalte unter Berufung auf Art. 42S und 430 des Versailler Vertrags. Ohne die Aufhebung die­ser Artikel und ohne die Rückgabe des Saargebiets lehne die Wirtschaftspartei den Poung-Plan ab.

Die zweite Operation poincarSs mußte abermals ver­schoben werden. Sein Zustand ist ernst.

England wird dieFakulkativklausel" sür 15 Jahre und mit dem Vorbehalt unterzeichnen, daß Streitfälle zwischen den Teilen des britischen Weltreichs von der Schiedsaerichts- gerichlsverpslichlung ausgenommen sind. Indien hat die Unterzeichnung angekündlgt .

Me Sozialdemokratie wird in der kommenden Woche in Oesterreich Versammlungen abhalten mit der Tagesordnung -FäiMmuä, Demokratie oder Bürgerkrieg".

England gegenAlleuropa"

London. 8. Sept. DerEvening Standard" schreibt, England habe allen Grund, dem von Briand vorgeschlage­nenAlleuropa" sich fernzuhalten. Würde es sich demBund" anschließen, so läge die Gefahr vor, in Ver­wicklungen auf dem europäischen Festland und in solche zwischen Europa und Amerika hineingezogen zu werden. Das Interesse Großbritanniens verlange vielmehr den mög­lichst engen Zusammenschluß aller Teile des britischen Reichs und ein gutes Einvernehmen mit den Vereinigten Staaten. Diese Erwägung sollte namentlich auch für Deutsch­land bestimmend sein, demBund der vereinigten Staate«, von Europa" fernzubleiben, abgesehen davon, daß für Deutschland kein Grund vorliegt, sich unter die Führung Frankreichs zu begeben und den Bock zum Bogt im eigensr Garten zu machen.

.Alleuropa"

Genf, 8 Sept. Briand hak die Führer der europäischen Abordnungen der Völkerbundsversammlung auf Montag mittag zu einem Frühstück eingeladen, um vor seiner Rück­kehr nach Paris einen Gedankenaustausch über feinen Plan zur Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa herbei- zuführen.

Röchling verhandelt mit Stresemann

Gens» 8. Sept. Der bekannte saarländische Industriell« Kommerzienrat Röchling ist in Begleitung von Vertre­tern sämtlicher saarländischer Parteien in Genf eingetroffen, wo Verhandlungen mit Dr. Stresemann siattfinden werden. Auf deutscher Seite besteht die Absicht, in den Ver­handlungen mit Frankreich die künftige Verwaltung der Kohlengruben im Saargebiet einer gemischten Gesell­schaft mit deutscher und französischer Beteiligung vorzuschla­gen. Auf maßgebender saarländischer Seite wird jedoch die­ser Gedanke auf das entschiedenste adgelehnt. Man erklärt vielmehr, daß unter keinen Umständen eine Regelung getroffen werden dürfe, die auch in einer noch so losen Form die Möglichkeit eines französischen Einflusses auf die Saarkohlengruben offenlasse. Ferner wird auf saar­ländischer Seite darauf hingewiesen, daß die Zurückziehung des .Bahnschutzes' aus dem Saargebiet nunmehr un­verzüglich erfolgen müsse.

Das Rheinland gegen die Haager Abmachungen

Trier, 8. Sept. Das Zentrumsdlatt .Trierische LandeS- zeitung" schreibt: .Die deutsche Oeffentlichkeit hat nur sehr schwer dem zustimmen können, was die deutschen Sachver­ständigen in Paris zugestanden haben. Aber niemand hat auch nur einen Augenblick daran gedacht, daß über die un­erhörten Lasten des Poungplans hinaus noch irgendwelche Zugeständnisse gemacht werden könnten. Es muß daher rmk aller Deutlichkeit ausgesprochen werden, daß die Bevöl­kerung des besetzten Gebiets es als einen Verrat an ihrer Lurch schwerste Opfer erprobten Treue zu Volk und Reich empfinden würde, wenn nach dem Haager Abkommen die Ueberwachung durch die Locarno-Ausschüsse fortgesetzt und das Land weiter ungewissen Möglichkeiten und unbegrenzten Schikanen ausgeseht würde."