er G eseUscli akter

Srnts-rmdÄnzetosVlatttüv

Mit den illustrierten BeilagenFeierstunden" Unsere Heimat",Die Mode vom Tage".

!

Bezugspreise: Monatlich einschließlich Trägerlohn <3t 1.60; Einzelnummer 10 Erscheint an

jedem Werktage. Verbreitetste Zeitung im O.-A.-Bezirk Nagold. Schriftleitung. Druck und Verlag o. E. W. Zaiser (Karl Zaiser) Nagold

tsvVtrkLaaois

Mit der laudwirtschastlichen Wocheubrilage: Haus-, Garten- uud Landwirtschaft"

Anzeigenpreise: Die 1-spaltige Borgiszeile oder deren Raum 20 Familien-Anzeigen 15 Reklamezeile 60 -Z, Sammelanzeigen 50 Aufschl. Für das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Ausgaben und an besonderen Plätzen, wie für telephonische Aufträge und Chiffre-Anzeigen wird keine Gewähr übernommen. ; :

Telegr.-Adresse: Gesellschafter Nagold. In Fällen höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Rückzahlung de, Bezugspreises. Postsch.-Kto. Stuttgart 5118

Nr. 192

Gegründet 1827

Samstag, den 17. August 1929

Fernsprecher Nr. 29

193. Jahrgang

Wer wird der Stärkere sein?

Echt französische Zumutungen für das besetzte Gebiet?

Die Haager Konferenz

Der Gegenstoß Briands

Haag, 16. August. Auf der Konferenz herrscht wieder große Verstimmung. Die Engländer sind mit dem. was dieanderen" Verbündeten ihnen in Abänderung des Uoungplans zugestehen wollen es sollen nach einer Exange-Meldung 17 Millionen Mark jährlich aus den un­geschützten deutschen Tributz-chlungen sein keineswegs zufrieden und Snowden will nicht nachgeben. Nun haben sich dieandern" Verbündeten Italien, Belgien und Japan mit Frankreich als Führer förmlich zu einer gegen die Engländer gerichteten Front zusammengeschlossen. Und wenn diese etwas künstliche Einigkeit anhält, können die politischen Folgen schwerwiegend sein. Es ist der große Gegenstoß Briands gegen den Versuch Englands, im Haag bestimmend in europäische Fragen einzugreifen.

Die neue Verschärfung trifft Deutschland insofern, weil sie den Franzosen einen neuen Vorwand gibt, die Räu­mung zu verschleppen. Briand verschanzt sich hinter seinen alten Standpunkt, daß die vorherige Annahme des Toung- plans die Bedingung für die Räumung sei. Die englischen Blätter behaupten einstimmig, Snowden werde am Sams­tag seine Koffer packen, wenn er keine befriedigende Ant­wort erhalte. Er wird aber schon die Suppe nicht heiß essen wollen.

Die deutsche Abordnung bemüht sich, den Eng­ländern in der Sachlieferungsfrage soweit wie nur irgend möglich entgegenzukommen. So wird z. B. erwogen: einen Teil der Kohlenlieferungen durch andere Waren zu er­setzen, die Bestimmung, wonach bei Zahlungsunfähigkeit Deutschlands Sachlieferungen an Stelle von Barzahlungen treten sollen, zu ändern und einen erhöhten Revaration-- kohlenpreis über 1930 hinaus beizubehalten. Daß Deuisch- land selbst die größten und berechtigst«»» Abänderungswün- sche zum Poungplan hak. das ist auf der Haager Konferenz noch niemand eingefallen.

Ein angeblicher Brief Snowdens

Den Funken an das Pulverfaß der politischen Spannung soll ein Brief Snowdens an den belgischen Finanz­minister Iaspar gebildet haben, in dem er bis Samstag klare Antwort darüber verlangte, ob die Front der anderen Verbündeten die drei englischen Forderungen annehmen wolle oder nicht. Diese Forderungen sind:

1. Erhöhung des englischen Anteils an den geschützten und ungeschützten Jahreszahlungen zusammen von 19 auf 22 v. H.;

2. Beteiligung Englands im Umfang von 22 v. H. an den ungeschützten Jahreszahlungen, an denen unter dem Uoungplan nur Frankreich mit 500 und Italien mit 4L Millionen Goldmark teilnehmen sollen;

3. gewisse Aenderungen in der Frage der Sachliefe­rungen.

Sämtliche Wege, die hinsichtlich der beiden ersten Forde­rungen bisher besprochen zu sein scheinen, bezogen sich auf den unverteilten Rest der ungeschützten Zahlungen, die nach Abzug des französischen Anteils, des italienischen An­teils und der Rückstellung für die Verzinsung und Rück­zahlung der Dawes-Anleihe von den 660 Millionen Mark übrig bleiben. Das sind für die nächsten Jahre rund 40 Millionen Goldmark jährlich. Diese Summe erhöht sich noch etwas, wenn man den Betrag kapitalisiert, der sich aus der abnehmenden Tilgungsquote für die Dawes-Anleihe in späteren Jahren ergibt. (Diese 40 Millionen ungeschützte Zahlungen könnte man also unter der Voraussetzung, daß man die kleinen, ebenfalls Anspruch erhebenden Länder übergeht, England zur Verfügung stellen.) Snowden fordert aber, indem er 22 v. H. Anteil an den ungeschützten Zah­lungen verlangt, rund 150 Millionen Goldmark.

Die Kosten der Räumung

Die Forderungen, die das Reich an die Besetzungsmächte wegen Besetzungsschäden zu stellen haben wird, be­laufen sich, soweit sie einklagbar sind, nach Mitteilung der deutschen Abordnung auf etwa 40 Millionen Mark. In Wirklichkeit sind sie weit höher. Die Besetzungsmächte sind nun der Meinung, Deutschland soll sich nobel zeigen und ihnen die 40 Millionen schenken. Sie selbst erpressen aber von Deutschland im Aoungplan weitere 113^ Milliarden zu den bereits erpreßten 50 Milliarden und geraten sich unter sich in die Haare wegen ein paar Millionen. Es dürfte sich jedoch kein deutscher Minister und kein deutsches Parla­ment finden, die 40 Millionen verschenken, die auf Grund der oft mit teuflischer Bosheit verübten Schäden im besetzten Gebiet zu fordern sind. Die Haftbarkeit der Besehungsmächte für derartige Schäden ist im Pariser Abkommen vom 5. Mai 1925 festgelegk, und es wäre unverantwortlich, die Gültig­keit des Pariser Abkommens mit dem 1. September d. Js. (dem Inkrafttreten des Toungplans) zu verabschieden. Denn

La die Besetzung ja fortdauert, würden die Desehungr- truppen gewissermaßen einen Freibrief dafür behalten, daß sie nunmehr, ohne unter dem Druck des Pariser Abkommen-« zu stehen, Schäden verüben, Zerstörungen vornehmen unv srerndes Gut beim Abzug mitnehmen können, soviel sie wollen. Bekanntlich wollen die Verbündeten nicht einmal die Kosten für die Abbeförderung der Truppen übernehmen, auch diese soll Deutschland tragen. Die Besetzungskosten über den 1. September hinaus soll nach der unverfrorenen Forderung der Franzosen und Belgier als eine Sonder­leistung neben dem Boungplan in den deutschen Reichshaus- halk eingesetzt bezw. ihnen ersetzt werden. Man muß sich wirklich an die Stirne greifen, wie die Verbündeten den Mut aufbringen, obendrein noch das Trinkgeld des Ersatzes der Besetzungsschäden anzusprechen.

Die zweite Zone (Koblenz) soll bekanntlich von den Engländern Mitte September geräumt werden, wäh­rend die Franzosen sich- zum Beginn der Räumung wahr­scheinlich nicht vor Mitte Dezember bequemen werden. Das­selbe wird sich wiederholen, wenn die dritte Zone ge­räumt werden soll, wofür die Engländer Mitte Dezember versprochen haben; die Franzosen werden aller Voraussicht nach bis zur Mitte des nächsten Jahres und auch daun unter ganz bestimmten politischen und finanziellen Bedin­gungen warten. Die Aufbringung dieser Summen dürfte dem Rrichsfinanzminister noch viel größere Sorgen machen als die Frage, wie der Reichshaushalt in Ordnung gehal­ten werden kann. Denn die Räumungskosten werfen die ganzen angeblichen Zahlungserleichkerungen des Poung- plans in den ersten Jahren vollständig über den Haufen. Es wäre besser, die nach dem Versailler Vertrag doch bald zu Ende gehende Besetzung zu belassen, als sie mit unerhör­ten Kosten zu bezahlen. In diesem Punkt allerdings sollen nach den Meldungen einiger Berichterstatter im Haag Mei­nungsverschiedenheiten zwischen Stresemann und einigen anderen Mitgliedern der deutschen Abordnung bestehen.

*

Briand hatte am Freitag vormittag eine Besprechung mit Stresemann, die lit Stunde dauerte.

Briand sagte, er hoffe, daß erbald" über den Beginn und die Dauer der Räumung der zweiten Zone werde Mit­teilung machen können. In der Ausschußsitzung am Diens­tag hatte er die Mitteilung auf Samstag versprochen.

Keine Meinungsverschiedenheiten in der deutschen Abordnung

Halbamtlich wird mitgeteilt, daß die verschiedenen Mel­dungen über Meinungsverschiedenheiten in der deutschen Abordnung, StresemannWirth und HilferdingCurtius unbegründet seien.

Deutschlands Zahlungspflicht

lief nach dem Versailler Schmachdidtat bis 1981, wurde im Dawesplan vertragswidrig erweitert bis 1961, soll noch dem neuen Rechtsbruch im Pariser Tributplan bis 1988 lausen.

Das darf nicht fein!

Wir verkaufen unsere Kinder und Enkel nicht in die Sklaverei.

Italien will nicht auf Reparakionskohlen verzichten

Mailand, 16. Aug. Der frühere Finanzminister de Ste- fani verteidigt imCorriere della Sera" in schärfster Stel­lungnahme gegen Snowdens Ablehnung der Sachlieferun­gen die italienische Einfuhr deutscher Reparationskohle. Ita­lien habe 1928 aus England 6 438 613 Tonnen Kohle be­zogen, denen 3 544 469 Tonnen deutscher Reparationskohle gegenüberstehen. Snowdens Haltung beruhe auf dem natio­nalen Gegensatz, der sich schlecht mit der von seiner Partei gepredigten internationalen Solidarität vertrage. Italien gedenke auch in Zukunft nack freiem Ermessen von den deur- schen Sachlieferungen auf Reparationskonto Gebrauch zu machen.

Snowden wird volksbeliebk

London, 16. August. Schatzkanzler Snowden galt in England zwar immer als fähiger Kopf, in den breiten Schichten war er aber nichts weniger als beliebt. Das hat sich in den letzten vierzehn Tagen gründlich geändert in einem Ausmaß, wie es niemand erwartet hätte. Vom so­zialistischenDaily Herald" bis zur hochkonservativen Morning Post" verkünden alle britischen Blätter das be­geisterte Lob auf Snowdens Mut. Und diese Stellung­nahme der britischen Oefsentlichkeit ist weiter nichts als die Gegenwirkung gegen die letzten Jahre der Chamberlainschen Politik mit ihrer Schwäche gegenüber den Franzosen.

Im Reichsfinanzminiskerium fand am Freitag eine er­neute Besprechung mit den Führern der Soalikionsparteien über die Reichszuschüsse zum Lufkfahrtprogramm stakt.

Im Reichstag kraken die Führer der Koalitionsparkeien zu einer Besprechung mit Regierungsvertretecn über die Arbeitslosenversicherung zusammen.

Die Deutsche Wirtschafkspartei in Bielefeld ist dem Reichsausschuh für das Volksbegehren gegen den Poungplan beigetrelen.

Der japanische Botschafter in Berlin Nagaoka hak an Dr. Eckener unmittelbar nach dem Aufstieg desGraf Zeppelin" sehr herzliche Glückwünsche gefunkt, worauf Dr. Eckener vom Luftschiff aus dankte.

Die Räumungsfrage

Haag, 16. August.Het Vaterland" will von deutscher Seite erfahren haben, daß Deutschland es vorziehen würde, mit der Räumung der dritten Zone bis zum hierfür im Versailler Vertrag vorgesehenen Jahr 1935 zu warten, als sich mit der Verpflichtung einer ständigen- Ueberwachung in der ganzen entmilitarisierten Zone einverstanden zu er­klären. Auch eine Unterkommission des Völkerbundsrats sek vom deutschen Standpunkt aus unannehmbar. Dagegen wäre Deutschland gegebenenfalls mit einer besonderen Ein­richtung einverstanden, die allein- für die dritte Zone gedacht wäre und die nicht länger aufrecht erhalten bleiben dürfe, als bis zum Jahre 1935.

Neueste Nachrichten

, Der Kampf um die Arbeitslosenversicherung

Berlin, 16. August. Der Sozialpolitische Ausschuß des Reichstags, der gestern die Aenderung des Gesetzes für Ar­beitslosenversicherung beraten sollte, hat sich nach einer kurzen Besprechung auf Dienstag nachmittags 3 Uhr ver­tagt. Da die Regierungen der Länder an der Lö­sung der Streitfrage stark interessiert sind, wollen sie selbst noch einmal dazu Stellung nehmen. Vertreter der Regie­rungen werden daher am Dienstag vormittags in Ber­lin zu diesem Zweck zusammentreten. Auch der Deutsche Städtetag hat verlangt, daß er im Sozialpolitischen Ausschuß zum Wort komme, damit verhindert werde, daß Verpflichtungen, die dem Reich zukommen, die das Reich aber ablehnt, wieder den Ländern und Gemeinden auf­geladen werden.

Der Boykott von Reumünster

Reumünster in Holstein, 16. Aug. Da die Geschäftsleute und andere Kreise in Neumünster in der gegenwärrigen ge­spannten Lage eine unfreundliche Haltung gegen die Land­wirte einnehmen, haben diese beschlossen, keine Käufe mehr in Neumünster zu machen und den Verkehr mit der Stadt aufs Nötigste zu beschränken. Das große Landes-Reit« und Fahrturnier, das in Neumünster abgehalten werden sollte, wurde nach Bad Segeberg verlegt. Die Geschäftsleute haben nun bei dem Regierungspräsidenten Beschwerde gegen den Boykott erhoben.

Chinesische Mobilisierung an der sibirischen Grenze

London, 16. August. Wie Reuter aus Mukden berichtet, soll aus Anweisun-g der Nankingregierung der Gouverneur der Mandschurei, Tschan-gshülian-g, den Befehl gegeben ha­ben, 60 000 Mann an der sibirischen Grenze zusammen­zuziehen. 300 russische Seeleute, die zwei kleine Städte am Sungarifluß besetzt hatten, sind von chinesischen Truppen vertrieben worden. Sechs Russen und zwei Chinesen wurden getötet.

Württemberg

Der Württ. Industrie- und Handelstag zum Landesschulgesetz

Stuttgart, 25. August. Der Württ. Industrie- und Han­delstag hat zu dem vom württ. Kultministerium über­mittelten zweiten Vorentwurf eines Landesschulgesetzes nach Anhörung sämtlicher württ. Handelskammern und eingehen­der Erörter-.-ng in der letzten Sitzung des Ausschusses für iaufmännisches und gewerbliches Schul- und Bildungswesen wie folgt Stellung genommen:

In den Aeußerungen der einzelnen Handelskammern wie auch in der Aussprache des Bildungsausschusses ergab sich Uebereinstimmung darüber, daß die Absicht des württ. Kultministeriums, die bisher in Einzelbestimmungen zer­streute und gesetzliche Grundlage des württ. Schulwesens in einrm einheitlichen Gesetzeswerk organisch zu­sammenzufassen, durchaus zweckmäßig erschein» und auch von der Wirtschaft nur begrüßt werden kann.

Der Württ. Industrie- und Handelstag begrüßt es, daß die Sckulvflickt allgemein auf 8 Jahre fest«