Seite 2 Nr. 191

Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Freitag, 16. August 1929.

Württemberg

Stuttgart, 15. August.

Keine Würtk. Landesausstellung. Die Umfrage der Wünt Handelskammern hat ergeben, daß fast nirgends das Bedürfnis nach einer Landesausstellung vorhanden ist.

Die Marinejugendabteilung am Bodrnsee. Gemeinsam mit der Marinejugendabteilung Heilbronn fuhr die M.I.A. Stuttgart am 3. August zu einer achttägigen Uebung nach Friedrichshafen. Besonders lehrreich waren für die Jung­mannen die Fahrten, die sie auf dem DrachenbootGna" der meteorologischen Station Friedrichshasen mitmachen durften, die täglich zu Höhen- und Tiefseeforschungen aus- fuhr. Ferner war ein besonderes Ereignis die Ankunft des Graf Zeppelin" von seiner zweiten Amerikareise, besonders deshalb, weil die Jungmannen in die Haltemannschaften eingereiht wurden undGraf Zeppelin" mit in die Halle verbringen durften.

Aus dem Lande

Weilderstadt, 15. Aug. Der zweite bei dem Motorrad­unglück bei Karlsruhe am Sonntag verletzte Weilderstädter Otto Wolf, ist ebenfalls im Karlsruher Krankenhaus ge­storben.

Grabenstetten OA. Urach. 15. August. Zu Dr, Wein - lands Gedächtnis. Am 25. August wird der Schwab. Albverein im hochgesprengten Portal der Falkensteiner Höhle eine Gedenktafel anbringen, die daran erinnert, daß der Naturforscher und Dichter Christoph David Friedrick M «inland am 30. August 1829 im Pfarrhaus des nahen «vakenstetten das Licht der Welt erblickt hat. Die Gedenk­tafel enthält im Relief ein Brustbild Dr. Weinlands und trägt v»ben dem Albvereinszeichen die Inschrift:Dem Dichter »vn Rulaman und Kuning Harkfest Dr. D. F. Woinland

Heilbronn. 15. Aug. Ein falscher Kriminal- beamte r. Am Dienstag wurde hier in der Person des led. Vertreters Max 2 onderer von Grünenbainüt, Bez. Zusmarshausen. ein falscher Kriminalbeamter festgenom­men. Donderer hat in Heilbronn und in anderen Städten unter dem falschen Vorbringen, er arbeite mit der Krimi­nalpolizei zusammen, in betrügerischer Weise Fahrradvei- stcherungen abgeschlossen, wobei er den Versicherten jeweils unter Abnahme einer sogenannten Aufnahmegebühr zusaqte, sie werden im Fall des Verlustes ihres alten Rads ein fabrik­neues Fahrrad erhalten; dies sei durch die enge Zusammen- arbeit zwischen Kriminalpolizei und Versicherung möglich.

Jagstfeld OA. Neckarsulm, 15. Aug. Ehrenvoller Ruf. Hans Werner Langer, den Unterländern bekannt als der erfolgreiche Dichter der Heimatspiele in Gundelshetm und Wimpfen. Sohn unseres Mitbürgers Albert Langer, kommt am 1 September als erster Regisseur und Dramaturg ay das Stadttheater Würzburg.

Illm, 15. August. Ein falscher Doktor als Zahnarzt. Der 29jährige Angeklagte B. hatte sich hier als Zahnarzt, Doktor und Dentist ausgegeben. Die zahn­ärztlichen Kenntnisse des Angeklagten waren aber nicht weit her. Einem Kunden nahm er einige Zähne heraus und ver­sprach zwei Brücken in Gold zu machen. Er bekam zur Be­schaffung des Goldes 150 -1t Vorschuß. Der Angeklagte ver­wendete dieses Geld aber zur Deckung anderer Verpflich­tungen und nahm zur Herstellung der Brücken ein ganz minderes Ersatzmaterial. Die Rechnung lautete trotzdem auf 295 Mark. In einem zweiten Fall nahm er einer Frau die goldene Brücke heraus und versprach ihr, sie umzuarbei- ken. Die Frau bekam ihre Brücke nicht mehr. Der Ange­klagte behauptet, sie sei verloren gegangen. Von einem Be­kannten wurde der Angeklagte beauftragt, auf der Bank den Teilbetrag eines Schecks zu holen. Er hob aber den gan­zen Betrag cck und behielt den Rest für sich. Dann beging er noch Wechselfälschungen, mdem er Wechsel,im Betrag

Des Bauern Not ist Deutschlands Tod!

Der bekannte Bauernführer und Dichter E. Schröer veröffentlicht im Augustheft desTürmers" eine erschüt­ternde Darstellung von der Not der deutschen Landwirt­schaft. Wir entnehmen daraus die folgenden Zeilen:

Wir haben den Krieg verloren. Das: Wehe den Be­legten! wirkt sich aus. Es ist aber die Frage, ob unsere Not die Höhe erreichen mußte, die sie erreicht hat. Ohne Zweifel war manches zu vermeiden, anderes zu mildern, wären sich die einzelnen Stände des deutschen Volkes ihrer Tchicksalsverbundenheit bewußt gewesen, und hätten wir Männer gehabt, die ihren Weg, den Blick auf das Ganze gerichtet, gingen und nicht um kleiner Teilziele willen das große Ziel aus den Augen verloren oder aber überhaupt nicht den Mut aufbrachten, sich zu einem sol­cher; zu bekennen.

Dies Ziel konnte nur sein: Zusammenfassung und Mo­bilisierung aller geistigen und wirtschaftlichen Kräfte zur Erhaltung des Vaterlandes einerseits, Steigerung unserer Leistungsfähigkeit andererseits, um die uns auf­gebürdeten Lasten erträglicher zu machen. Der Weg, den wir gegangen sind, ist aber ein anderer gewesen.

Mehr oder minder Sachverständige haben die Schuld an der heutigen Notlage dem Bauern selber zuzuschieben versucht und ihm die Heilmittel: Standdardisierung, Ra­tionalisierung und Technisierung empfohlen. Es sei ohne weiterers zugegeben, daß die deutsche Landwirtschaft auf allen drei Gebieten erheblich weiter kommen muß und kann, aber im gegenwärtigen Augenblick hier allein die Rettung suchen, das heißt, die Dinge unter falschem Ge­sichtswinkel sehen. Die Verelendung der deutschen Land­wirtschaft hat ihre Grundursache weder in der nicht durchgeführten Standardisierung und Rationalisierung noch in der nicht genügenden Technisierung, sondern in der mangelnden Rentabilität aller landwirtschatflichen Betriebe, die wieder in der Preisbildung der Produkte und deren Gegensatz zu den Preisen der Bedarfsartikel wurzelt. Die Folge davon ist eine Verelendung des Bauerntums, dessen Lebenshaltung fast allgemein unter die des Arbeiters herabgedrückt worden ist und für das beispielsweise die heutige überspannte Sozialgesetzgebung eine schwere Belastung bedeutet, ohne ihm auf irgend­einem Gebiete auch nur die mindeste Erleichterung zu gewähren. Solange das Erundllbel nicht beseitigt ist, ist es müßig, Heilmittel zweiten Ranges zu empfehlen, zu­mal deren Anwendung und Durchführung Summen er­fordert, die eine mit bereits 13 Milliarden verschuldete Landwirtschaft nicht aufbringen kann und die der Staat zu finanzieren sich weigert, ganz abgesehen davon, daß er ja auch dazu gar nicht in der Lage ist.

Solange die Landwirtschaft gesund war, hat sie der Industrie etwa 70 Proz. ihrer Erzeugung abgenommen, während 2530 Proz. in das Ausland gingen. Heute gehen etwa 10 Proz. in das Ausland, und die Landwirt­schaft scheidet immer mehr als Käufer aus.

Der Zusammenbruch der Landwirtschaft als Produ­zent bedeutet restlose Abhängigkeit unserer Volksernäh­rung vom Auslande, als Konsument schwere Erschütte­rung der Industrie, steigende Arbeitslosigkeit, Erhöhung der Kosten für Erwerbslosenfürsorge, steuerliche Mehr­belastung des arbeitenden Teils, Gefährdung des Staats­haushaltes. Was das heißt, wird deutlicher, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß wir 50 Prozent unseres Na­tionalvermögens verloren, durchschnittlich jährlich eine passive Handelsbilanz von 4 Milliarden Reichsmark ha­ben. 2 Milliarden Reichsmark als DaweS^Velastung aufbringen müssen, die Kosten der Verwaltung in Reich, Ländern und Gemeinden gegen 5)4 Milliarden Mark im Frieden, heute 19)4 Milliarden Reichsmark, nach ande­ren sogar 23 Milliarden Reichsmark, betragen und wir, alles in allem, uns seit Jahren überhaupt nur durch Kre­dite erhalten haben. So ist das: Landwirts Not Deutschlands Tod! in der Tat mehr als ein Schlagwort. Der Wert unserer Industrie soll nicht im mindesten her­abgesetzt werden, aber daran ist nicht zu rütteln: Stirbt der deutsche Bauernstand, stirbt Deutschland.

Und er steht im Zusammenbruch. Ich habe 38 000 Thü­ringer Bauern vor mir gesehen, ich sah sie die Schwur­hand heben, als ihr Führer sie dazu aufforderte, sah sie im langen Zuge, in dem schwarze Fahnen wehten, ernsten Angesichts vorüber marschieren. Tiefe seelische Not stand auf allen Gesichtern geschrieben. Man hat den Bauern um der Vorkommnisse in Bernkastel, Kyritz, Beidefleth willen zum Revolutionär stempeln wollen. Wenn das nicht bewußt bösen Willen beweist, so beweist es minde­

stens die Unfähigkeit, bäuerliche Wesensart zu verstehen. Die Asphaltpresse steht dem Ringen der Landwirtschaft entweder ablehnend oder hilflos gegenüber. Ihr fehlt die Urteilsfähigkeit, und sie versucht das zu verdecken durch Schlagworte, die sie aus ganz anderen Lebensverhältnis­sen und Lebensbedingungen herleitet. Was den Baüern auf die Straße getrieben hat, das war in weit höhe­rem Maße seelische Not als materielle. Daß die wirtschaft­liche Not zum guten Teil Ursache der seelischen ist, ist selbstverständlich. Wie liegt die Sache? Der Bauer wird aus sich selbst hinausgeschleudert. Er hängt aber nicht nur fest an seinem Besitz, er hängt ebenso fest an seiner Wesensart. Der Stand, der sich nie ganz ausgab, hat heute weder seelische noch materielle Reserven. Der nie politisch war, mußte zum Politiker werden. Der sich im­mer auf sich selbst verließ, muß im Massengedanken den­ken lernen. Der stets den Staat bejaht hat, ist hineinge­worfen worden in innere Konflikte, die ihn zur Tren­nung zwischen Staat und Regierungssvstem zwingen, eine Unterscheidung, die dem einfachen Menschen wahrlich nicht leicht fällt. Das System verneint er, muß es ver­neinen. Wie lange will man ihm zumuten, den Staat zu bejahen, der auf diesem System aufgebaut ist? Wen be­unruhigt es, daß der Gesundheitszustand des Landvolkes von Jahr zu Jahr schlechter wird, daß die Tuberkulose zu­nimmt, der Tierarzt eher geholt wird als der Menschen­arzt? Wen stört es, daß der Friede auf unseren Dörfern insolge des Eindringens einander widerstreitender par­teipolitischer Ansichten, deren Eindringen eben durch die wirtschaftliche Not begünstigt wird, aufs schwerste gefähr­det ist? Was bedeutet es für unseren Beamtennachwuchs, daß nur selten noch ein Bauer seinen Sohn auf eine hö­here Schule schicken kann? Immer mehr stößt das Land seine Menschen aus und wirft sie hinab in das Eroßstadt- proletariat.

Was das Volkstum vom Bauernstands zu verlangen hat, wißen wir genau. Es gibt auch keinen einigen Füh­rer, der sich dessen nicht bewußt wäre. Wir wissen ebenso, daß jeder gangbare Weg selbst gegangen werden muß, und er wird gegangen. Uebermenschliches wird aus star­kem Pflichtbewutztsein geleistet. Scheinbar interessiert sich jetzt alles für den Bauern. Es ist so weit, daß wir zu­weilen aufstöhnen: Gott bewahre uns vor unseren Freun­den. Die arme Landwirtschaft hat merkwürdigerweise nie soviel Freunde gehabt. Der eine schalmeit: Ämerikanisie- rung, der andere: Industrialisierung.

Der Bauer braucht andere Freunde, solche, die das mit­machen, was Italien und Frankreich taten, als Amerika, das Land des Hochschutzzolls, seine Eetreidezölle aber­mals erhöhte, Zollschutz: solche, die soviel Pflichtbewußt- sein aufbringen, daß sie auf ausländisches Obst, Fleisch, Gemüse, auf fremdländische Milch und Milchprodukte, auf Brötchen aus zu 40 Proz. gemahlenem argentinischen Weizen verzichten; solche, die nicht jede unerfreuliche Ein­zelerscheinung wo gäbe es die nicht? verallgemei­nern und den Nährstand in Bausch und Bogen verdam­men, sondern ihm die Hand entgegenstreckten. Werde man sich doch klar darüber, daß die Notschreie des Bauern­tums nicht erlogen sind, ja, daß die Not noch viel größer ist, als sie vor Augen liegt. Sei man sich aber auch klar darüber, daß der Bauer nie und nimmer allein stürzt, sondern daß sein Fall alle Stände ohne Ausnahme mit­reißt. Das braucht nicht von heute zu morgen geschehen, braucht auch nicht nach Art eines Wolkenöruchs aufzu­treten, aber was will man machen, wenn wir eines Ta­ges statt einer intensiven die extensive Landwirtschaft haben, wenn die heute überwundene Brachwirtschaft einen nie gekannten Umfang annimmt, wenn Hektar um Hek­tar, der Hunderte von Jahren unter dem Pfluge lag. aufgeforstet wird? Je größer unsere Abhängigkeit vom Auslande, um so leichter dann das Preisdiktat, das das internationale Kapital ausübt.

Bauernschicksal ist auch Volksschicksal, materiell und auch geistig. Bei gegenseitigem Verständnis und gutem Willen sind eine Unzahl Fragen, bei denen es sich um das Zusammengehen von Stadt und Land, Landwirtschaft und Industrie, Bauer und Arbeiter handelt, ohne wei­teres so zu lösen, daß praktische Ergebnisse für das Volks­ganze herauskommen. Theorien und Programme nutzen uns nichts mehr. Parteipolitik auf Kosten des Vaterlan­des ist ein Verbrechen. Deutschland muß leben, die Parteien mögen sterben. Nicht umgekehrt. Deutschland kann aber nur leben mit seinem Bauern­stand, nicht ohne ihn.

von 1500 Mark auf feines Vaters Flamen ausichrnv. -rar all diese Vergehen wurde er zu 1 Monat 15 Tagen Gefäng­nis verurteilt.

Waldsec, 15. August. Betrug. Ein lüjühriqer Dienst­knecht in Atzenreute, ein übelbeleumundeter Bursche namens Hauff aus der Nähe von Jllertissen, wurde wegen schwe­ren Betrugs bzw. Urkundenfälschung in das hiesige Amis- gerichtsgefängnis eingeliefert. Er hatte eine Rottenburger Lotterielos-Nummer gefälscht, herausradiert, eine andere, aus 5000 Mark Gewinn lautende Nummer eingesetzt und mittels schwindelhafter Angaben den Geldbetrag heraus- zubekommen versucht, was ihm aber nicht gelang.

Aus Stadt und Land

Nagold, den 16. August 1929.

Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer an­deren Welt. Schopenhauer.

Verheerender tzagelschlag

Die außergewöhnlich schwüle Hitze am gestrigen Vor­mittag und Mittag ließen schon nichts Gutes ahnen und wirklich, gegen die 4. Stunde brach ein Hagelwetter los wie man sich keines in den letzten Jahrzehn­ten entsinnen kann. Das begleitende Gewitter war nicht besonders schlimm, ja man achtete dessen unter der Furcht­barkeit des Hagelschlages garnicht. Nicht nur wie Tauben­eier so groß, sondern ohne jede Uebertreibung in der Größe wie Hühnereier prasselten die Hagel mit ihren scharfen Kanten und Spitzen hernieder, bis zum letz­ten vernichtend, wo sie hinträfen. Dachziegel gingen in Stücke, Fensterscheiben wurden durchschlagen wie von Schrapnellkugeln und die zarten Zweige der mit vieler Mühe großgezogenen Blumen an Fenstern und Balkonen wurden abgeschlagen und besäten den Boden. Vernichtend hauste es auch in den Obstbäumen. Der Boden unter ihnen war überzogen mit abgeschlagenen Aesten und gesunden Früchten, das Frühobst mag so gut wie geerntet sein und beim Spätobst, das sich am Zweig gehalten hat, wird man das Tafelobst suchen können. Die Getreidefel­der wurden, soweit sie noch stehen, in großen Flächen niedergelegt und im wahrsten Sinne des Wortes ausgedroschen. Ungeheuer groß ist auch der Schaden bei den Gartenbesitzern und Gärtnern. Die prächtig stehen­den Salatpflanzen sehen aus wie zerschundene Raubrit­ter, kein ganzes Blatt ist mehr an ihnen, die Zweige an den Gurkenpflanzen sind abgehauen, die Tomaten liegen auf dem Boden, von den Frühbeetfenstern ist trotz Matten und Teppiche kaum eines ganz geblie­ben, ja die dicken Scheiben der Treibhäuser wurden zum Teil durchschlagen ... ein verheerend Bild der Zerstörung, wo das Auge hinsieht. Auch die Forst­baumschulen müssen großen Schaden verzeichnen. Die 2- bis 3jährigen Forchen wurden auf der einen Seite ganz von Nadeln entblöst, die einjährigen sind zum Teil ganz abgehauen, bei den Lärchen ist vielfach der Gipfel abge­knickt, dem zünden Laubholz ebenfalls seine zarten Trieben abgehauen. Der gesamte Schaden läßt sich im Augen­blick noch garnicht übersehen. Die Menschen, die auf dem Felde waren und sich nicht schnell genug irgendwo un­terstellen, bergen und schützen konnten, kamen zum Teil nicht wenig blessiert mit Schwellungen am Kopf, auf dem Rücken usw., und blutüberströmt an. Einige Nachbargemeinden haben nicht weniger gelit- ten, wie z. B. Jselshausen, Vollmaringen, Unter- und Oberjettingen. Rohrdorf und Walddorf wurden z. B. nicht in Mitleidenschaft gezogen und wer den Weg von Nagold nach Rohrdorf machte, der konnte bei der Oehlmühle ge­nau die Grenze des Unwetters feststellen. Nähere Mel­dungen aus den einzelnen Gemeinden liegen noch nicht vor.

Betrübt und fragend stehen wir vor dem großen Zer­störungswerk der Naturgewalten, das bedrückend und be­schwerend zu aller Not und Sorge unserer ländlichen Be­völkerung gekommen ist. Doch deminen sin Uhl, is dem annern sin Nachtigall": die Glaser hatten Hochsaison, sie waren geschäftig unterwegs und haben wohl kaum allen Anforderungen in der gewünschten Schnelligkeit Nachkom­men können. Nach dem Wetter, das vielleicht X Stunde dauerte und nach dem wie zur Verhöhnung wieder Heller Sonnenschein hernieder strahlte, standen die Menschen in vielen Gruppen auf den Straßen, ließen für Augenblicke Arbeit Arbeit sein, besprachen das Erlebte und reinig­ten die Bürgersteige und Fahrwege von den Ueberbleib- seln des Unwetters. Wollen wir nun hoffen, daß wir künf­tighin bewahrt bleiben und das der Rest der Ernte so gut, wie es eben noch möglich ist, unter Dach und Fach kommt.

Unterjettingen, 15. Aug. Unwetter. Nach Stunden drük- kender Hitze und hochsommerlicher Schwüle, vernahm man heute schon in den frühen Nachmiltagsstunden entfeintes Donnerrollen, das erstaunlich rasch näher kam. Mancher Bauer stand an seinem Gespann draußen, um seine Feld­früchte noch vor etwa kommendem Unwetter zu bergen und dem wütenden Element zu entreißen. Um 4 Uhr 10 sielen plötzlich Hagelkörner in der Größe bis zu Tauben­eier. Nach und nach setzte auch der Regen ein und es wa­ren nach etwa 20 Minuten die Straßen fast zu einem See angewachsen. Nach Besichtigung konnte man vorerst bei den Winterfrüchten Richtung Nagold Hagelschaden bis zu 30 Prozent feststellen. Der Hagelschaden an Feldfrüchten vom : 3. Juli ds. Is. wurde kürzlich reguliert und Schäden von ! 8 bis 25 Prozent festgestellt. Wenn der Himmel morgen wieder ein freundliches Gesicht macht, sind wir, nachdem es jetzt wieder etwas abgekühlt hat, für den verhältnismäßig ' gnädigen Verlauf recht dankbar, um das für Menschen und Vieh so Nötige vollends glücklich unter Dach zu brin- j gen. _

Aus aller Welt

Verhaftung eines Bankiers. Wegen Depot-Unterschla­gung wurde der Inhaber der Hannoverschen Bank-Kom­manditgesellschaft W. Tappen und Cie., Dr. Tappen, in Haft genommen. Die bisher errechneten Verluste seiner Einleger werden auf 250 000 Mark geschätzt.

Flugzeugabsturz Ueber dem Wasserflughafen von Mar- seille-Herre ist ein mit 5 Personen besetztes Flugzeug ab­gestürzt. Zwei der Insassen wurden schwer geborgen, die drei anderen befinden sich noch unter den Trümmern der Maschine.