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Mit den illustrierte« Beilagen «Feierstunden- «Unsere Heimat-, «Die Mode vom Tage-.

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Nr. 184

Gegründet 1827

Donnerstag, den 8. August 1S2S

Snowdens Kritik und allgemeine Aussprache

Die Haager Konferenz

Haag, 7. August.

In der gestrigen ersten Arbeitskonferenz, die nachmittags 4 Uhr begann, führte zunächst der Belgier Jasper den Vorsitz, es wurde aber beschlossen, daß der Vorsitz in den künftigen Vollversammlungen nach den (französischen) Län­dernamen alphabetisch unter den Abordnungsführern wech­seln soll. In der nächsten Vollversammlung hat daher Dr. Stresemann den Vorsitz (Allemagne).

Allgemeines Aufsehen erregte die scharfe Kritik des englischen Schatzsekretärs Snowden, die er in einer langen Rede am Aoungplan übte. Dieser Plan sei ein höchst widerspr rHch svolles Schrift- stü ck. Die beteiligten englischen Sachverständigen haben auf eigene Faust, ohne Ermächtigung der Regierung ge­handelt. Die Höhe und die Dauer der deutschen Entschädi­gungszahlungen halte die britische Regierung für annehm­bar; sie seien unter Berücksichtigung der deutschen Leistungs­fähigkeit festgesetzt worden. In entscheidenden Punkten gehe jedoch der Poungplan vollständig über die Bestimmungen des Versailler Vertrags hinweg. Es sei zwar zu begrüßen, daß die Ueberwachung der deutschen Finanzen und die Ver­pfändungen von Reichsbahn usw. aufhören sollen, aber der Plan enthalte verschiedene Unklarheiten. Was solle z. B. mit den 300 Millionen Reichsmark geschehen, die Deutschland vom 1. März bis zum Inkrafttreten des 'Joung- planes zu zahlen habe? Die Vorschläge über die Schaffung der internationalen Bank nach dem Doung-Plan müßte noch aufs sorgfältigste geprüft werden. Der Joung- Plan sehe sodann einen geschützten und einen un­geschützten Teil der deutschen Zahlungen vor. Solange die Zahlungen ohne Schwierigkeiten geleistet würden, spiele diese Unterscheidung keine Rolle, sobald jedoch Schwierig­keiten eintreten, würde diese Teilung von großer Bedeutung sein. Der ungeschützte Teil gebe ein Recht auf Flüssig­machung und Handel und biete somit größere Sicherheiten als der bedingte Teil der Jahresratenzahlungen. Die eng­lische Regierung stellt fest, daß Frankreich von dem un­geschützten Teil der Entschädigungen fünf Sechstel erhalte, somit 40 Millionen Mark jährlich mehr als im Dawes- plan vorgesehen war. Es müsse offen und mit Entschieden­heit erklärt werden, daß dieser Standpunkt überhaupt nicht zu rechtfertigen fei. Die englische Regierung lehne die Ab­änderung der festliegenden Verteilung der Entschädigungs­zahlungen unter den Gläubigernationen ab. Es sei das erstemal, daß Vorschläge gemacht wurden, die ein volles Verlassen der Abmachungen von Spa und eine Verletzung des Art. 237 des Versailler Vertrags bedeuteten. Die eng­lische Regierung erhebe daher Einspruch gegen den Ver­teilungsschlüssel des Poung-Plans und auch gegen die Tei­lung der Zahlungen in einen bedingten und einen unbeding­ten Teil.

Vor dem Beginn der Sachverständigenkonferenz die beteiligten Mächte darüber übereingekommen, der Spa-Schlüssel über die Verteilung Zahlungen in keiner Weise ab geändert den dürfe. Großbritannien solle nun aber den Uoung-Plan 48 Millionen jährlich verlieren, während Frankreich 10,7 Millionen Mark jährlich mehr als im Dawesplan erhalte. Italien bekomme 16,8 Mill. Mark und Belgien 12,2 Mill. Mark jährlich mehr. Süd- slawien, Griechenland, Rumänien und die Vereinigten Staaten verlieren durch die Asnde- rung des Spa-Schlüssels gewisse Beträge. Das englische Unterhaus werde niemals seine Zustimmung zu irgend­welchen neuen Opfern und neuer Preisgabe englischer In­teressen geben.

Die allgemeine Aussprache über den Zornig-Plan

Die allgemeine Aussprache über den Poung-Plan wurde um 10 Uhr vormittags wieder eröffnet mit einer Rede Titulescus (Rumänien). Er meldete die Ansprüche Rumäniens an und behauptete, daß die an Rumänien zu zahlenden Summen nicht seinen Verpflichtungen entsprächen. In ähnlichem Sinn sprach der Vertreter Portugals, Ulricht, der scharfe Kritik an dem Poung-Plan übte. In beiden Reden wurde auf die großen Opfer hingewiesen, die die beiden Länder angeblich gebracht hätten. Der französische Flnanzminister Cheron erklärte, der Doung-Plan müsse als Ganzes angenommen werden, obgleich der Plan für Frankreich ungünstiger sei als der Dawes-Plan (daß der Aoung-Plan auf 58 Jahre laufen soll statt auf 30, verschweigt Herr Cheron).

. Dann sprach für Italien der italienische Finanzmini­ster Mosconi, der, ähnlich wie Cheron, den Nachdruck darauf legte, daß der Toung-Plan einen Kompromihcharak- ter trage. Venizelos (Griechenland) wie auch der jugo­slawische Außenminister Marinkowitsch führten dann ihrer- seits aus. daß sie durch die jetzt in Aussicht genommene Re­gelung nicht befriedigt werden könnten.

Dr. Stresemann

weist gegenüber den Vorrednern auf die seinerzeit von der

seien

daß

der

Hier­

durch

Reichsregierung veröffentlichte Erklärung hin, daß Deutschland bereit ist, auf der Grundlage des Houng-PIans zu einer Lesung der Reparationsfrage zu gelangen. Da die jetzige Aussprache sich lediglich auf den Poung-Plan und nicht auf die politischen Fragen erstrecke, könne er davon absehen, näher darauf einzugehen, welche politischen Fragen nach Auffassung der deutschen Regierung mit der Regelung der Aeparationsfrage in einem Zusammenhang stehen. Er behalte sich vor, darauf im politischen Aus­schuß zurückzukommen, der seine Arbeiten ja gleichzeitig mit dem finanziellen Ausschuß aufnehmen werde. Die deutsche Abordnung werde mit allen Kräften dahin wirken, die Konferenz zu einem Abschluß zu führen, der mit der Vergangenheit Schluß mache.

Die Versammlung nahm zum Schluß ein Antworkkete- gramm mit dem Dank an die Königin der Niederlande für die Begrüßungswünsche entgegen und vertagte sich bis 5 Uhr nachmittags.

Dr. Schacht im Haag

Reichsbankpräsident Dr. Schacht ist am Dienstag im Haag eingetroffen und hat bereits nachmittags an der ge­heimen Sitzung teilgenommen.

Briand zuckt zusammen

In der Eröffnungssitzung der Haager Konferenz ge­brauchte Dr. Stresemann u. a. den Satz:Ich hoffe, daß das Ergebnis dieser Konferenz sein wird ein auf freudig anerkannter Gleichberechtigung, auf der Ach- tung vor der Souveränität der Staaten be­ruhendes Zusammenarbeiten der Nationen, die sich einst gegenüberstanden." Bei dieser Stelle zuckte Briand zusammen, als die französische Uebersetzung vorgetragen wurde. Er war sichtlich unange­nehm berührt. Verblümt hatte Stresemann sagen wollen, daß Deutschland sich diesmal nicht wieder übertölpeln lasten wolle, wie in Locarno, Thoiry, Genf ustv indem nach der französischen Forderung zuerst der Doungplan an­genommen werden müßte, worauf man allenfalls über die Rheinlandräumung reden könne.

Nach der Rede Stresemanns ging ein sehr leiser Ver­such zum Beifall durch den Saal. Als dieenglische Ueber­setzung der Rede verlesen wurde, gab der englische Außen­minister Henderson deutlich seinen Beifall kund. Der englische Schatzkanzler Snowden, dieser gebrechliche Mann mit dem durchgeistigten Denker- und Kämpfergesicht, sprach frisch und nett, als er Holland dazu beglückwünschte, daß es an dieser Konferenz nur mittelbar interessiert sei. Stresemann sah sehr bleich aus und sprach langsam.

Stimmen der Presse

Die Londoner Blätter stimmen der Rede Snowdens ohne Ausnahme zu. Die Pariser Presse scheint von der Re­gierung noch keine Richtung erhalten zu haben und sie ent­hält sich daher vorerst noch der Stellungnahme und beschränkt sich auf die Wiedergabe der fremden Kritiken. Dabei läßt sie durchscheinen, daß die Rede Snowdens in Frankreich einen peinlichen Eindruck gemacht habe. Von deutschen Presse­stimmen über die Rede Stresemanns geben die Pariser Blätter eine Auswahl in der Art, daß man den Eindruck erhält, Stresemann glaube nicht an einen Erfolg der Haager Konferenz. Daß die Konferenz beabsichtigt, nicht nur für den Poung-Plan» sondern gleichzeitig auch für die Räu­mung je einen Unterausschuß einzusehen, wird mit sicht­lichem Unbehagen verzeichnet.

Die Snowden-Rede und diedeutsche. Leistungsfähigkeit*

Berlin, 7. Aug. In hiesigen politischen Kreisen wird in bezug auf die Aeußerung des britischen Schatzkanziers Snowden im Haag, daß der Youngplan die deutsche Leistungsfähigkeit berücksichtige, darauf hingewiesen, daß die deutschen Sachverständigen über die Leistungsfähigkeit Deutschlands anderer Meinung sind. Zu der Be­merkung Snowdens über die Verwendung eines Ueber- schusses von 380 Millionen erinnert man daran, daß es sich bei diesem Betrag um die Summe handelt, die aus der Ueberschneidung des Dawesplans und des Doungplans ent­steht. In Deutschland hat man jedoch nur eine Summe von insgesamt 300 Millionen aus dieser Ueberschneidung er­rechnet. Weiter weist man darauf hin, daß die 48 Millionen, die England durch die neuen Verteilungssätze weniger be» I kommen soll, nur etwa 3 vom Tausend des englischen Haus­halts darstellen. Bezugnehmend auf eine weitere Aeußerung Snowdens über die Herabsetzung der Sach liefe» rungen auf G^ind des Aoungplans auf 750 Millionen, von denen 28 Proz. auf den englischen Reparationsrrco- wery-Akt entfallen, so daß für Deutschland nur Sachliefe- rungen in Höhe von 540 Millionen bestehen bleiben, betont man, daß diese Herabsetzung der Sachlieferungen einen schweren Schlag für die deutsche Wirtschaft bedeutet.

Fernsprecher Nr. 29

103. Jahrgang

Neueste Nachrichten

Schuh der Nachrichten

Berlin, 7. Aug. Nach dem D. Z. wird im Reichsmins-' sterium des Innern der Entwurf eines Gesetzes fertiggestellt, der den Schutz von Nachrichten zum Gegenstand hat. Der Gesetzentwurf wird voraussichtlich im kommenden Winter Reichsrat und Reichstag beschäftigen. Der neue Entwurf geht zurück auf die Entschließung über den Schutz von Nach­richten, die 3ei den Verhandlungen der internationale»! Presseorganisationen in Genf gefaßt worden ist.

Der Regierungspräsident von Riederbayern tritt in den Ruhestand

München, 7. Aug. Der Regierungspräsident von Nie­derbayern, Dietrich von Chlingensperg aus Berg, tritt am 1. September in den Ruhestand. Aus diesem Anlaß ist ihm von der Regierung die Anerkennung für die lang­jährige, vorzügliche, höchst ersprießliche Dienstleistung, ins­besondere für das als Regierungspräsident der Pfalz be­wiesene vaterländische Verhalten' ausgesprochen worden, weil er mit Umsicht, Entschiedenheit und Mannes- mut im schweren Abwehrkampf der Pfalz gegen Versuche zu deren Loslösung von Bayern und vom Reich mit bestem Erfolg gekämpft habe.

Ein weiteres Todesopfer in Nürnberg

Nürnberg, 7. Aug. Ein Nationalsozialist aus Lorch ant! Rhein, der bei den Zusammenstößen anläßlich des national-) sozialistischen Parteitages in Nürnberg von politischen Geg- nern schwer verletzt wurde, ist im Krankenhaus seinen Der-! letzungen erlegen.

Lockerung der Wohnungszwangswirlschast in Mecklenburg

Schwerin, 7. August. Bisher bestand in Mecklenburg noch im Gegensatz zu allen übrigen Ländern des Reichs streng«, Wohnungszwangswirlschast, da bis zum Antritt der Rechts­regierung am 10. Juli die Linksparteien und ihre Regie­rung sich jeder Lockerung der Zwangswirtschaft unversetzten. Wie das Staatsministerium mitteilt, hat das neue mecklen­burgische Ministerium des Innern nunmehr das Wohnungs­mangelgesetz für größere Wohnungen und für alle kleineren Gemeinden aufgehoben. Um der dadurch möglichen Gefahr des Mietswuchers zu begegnen, bleibt aber das Reichs- mietenschutzgesetz und das Mieterschutzgesetz weiter für Mecklenburg in Kraft.

Der Grotzschiffahrtsweg zum Bodensee

Bern, 7. Aug. In der Botschaft des schweizerischen Bundesrats über die Rheinregulierung zwischen Basel und Straßburg-Kehl wird die Genehmi­gung des zwischen der Schweiz und Deutschland abgeschlos­senen Vertrags für die Rheinregulierung auf der genann­ten Strecke beantragt. Der Bauvoranschlag beträgt 60 Mil­lionen Schweizer Franken, wovon die Schweiz 60 und Deutschland 40 Proz. zu tragen hat. Die Gesamtkosten ein­schließlich der Bauzinsen und der anderen Unkosten betragen 66 Millionen Schweizer Franken. Eine später in Betracht kommende französische Beitragsleistung würde Deutsch- land und der Schweiz im Verhältnis von 4:6 gutgeschrie­ben werden. Mit den Regulierungsarbeiten soll unverzüg­lich begonnen werden und im Zusammenhang mit diesen Arbeiten soll die Ausführung des Großschifffahrts­wegs von Basel bis zum Bodensee angestrebt werden.

Starker Rückgang der amerikanischen Kommunisten

Paris, 7. Aug. DerNew Port Herold" berichtet, der Führer des amerikanischen Kommunistenbunds, Cannon, habe mitgeteilt, daß die Zahl der Mitglieder infolge von Austritten, Spaltungen usw. auf 5000 gefallen sei, während sie 1920 noch 50 000 betragen habe. Der kommunistisch« Jugendbund zählt nur noch 1500 Mitglieder gegen 5000 im Jahr 1924.

Das britisch-ägyptische Abkommen

London, 7. Aug. Aus dem neuestens in London auf 25 Jahre abgeschlossenen Vertrag ergibt sich, daß die ägypti­schen Streitkräfte nach britischem Muster ausgebildet und ausgerüstet werden. Die britischen Finanz- und Justiz- Berater" sollen vorläufig beibehalten werden. Britische Offiziere sollen das Kommando über die Stadtpolizei wenig­stens noch 5 Jahre lang einnehmen. Henderson hält es für richtig, daß die Ueberweisung gewisser Fragen (an die Ge­mischten Gerichtshöfe) auf Grund der Kapitulationsbestim­mungen freigestellt sein soll und daß diese Vereinbarungen zunächst von dem neugewählten ägyptischen Parlament an­genommen werden. Später sollen sie dem britischen Parla­ment vvrgelegt und nach der Annahme dem Vertrag einge­fügt werden. Die zum Schutz des Suezkanals nötigen bri­tischen Truppen verbleiben in einem besonderen Gebiets­streifen. Für den Kriegsfall wird ein englisch-ägyptisches Bündnis abgeschlossen. In London und Kairo werden Botschafter ernannt.

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