Seite 2 — Nr. 183
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter«
Mitt woch, 7. Aug ust 192g.
Staatspröfident De. Bolz über die Aufgabe« der Jugend
drei Typen von Wochenendhäusern zum Herstellungspreis von 1000, 2000 und 3000 RM. erlassen. Von den eingegangenen 14 Arbeiten mit se 3 Entwürfen? wurden 6 mit Preisen auszeichnet. Diese Entwürfe sind vom 7. bis 13. dieses Monats von 9 bis 12 Uhr vormittags und 2 bis 6 Uhr nachmittags in einer der Ausstellungshallen auf dem Gewerbehalleplatz, Eingang Lindenstraße, öffentlich ausgestellt.
Ausstellungsmüdigkeik. Die Wirtschaftsstelle der Süd- deutschen Nahrungsmittelindustrie hat in einer Versammlung beschlossen, an der Dresdener Hygiene-Ausstellung sich nicht zu beteiligen, weil zurzeit zu viele Ausstellungen in Deutschland veranstaltet werden. Einstimmig wurde auch die Beteiligung an einer Allgemeinen württembergischen Landesausstellung, die für 1931 beabsichtigt ist, sowie an der Stuttgarter Ausstellung für Ernährung und Körperpflege im Oktober abgelehnt.
Aus dem Lande
Meildersiadl OA. Leonberg, 6. Aug. Jagdaufeinen Einbrecher. Ein Einbrecher, ein noch nicht 20jähr:ger, wegen Diebstahls schon zweimal vorbestrafter, in Stuttgart wohnhafter Bursche, konnte hier verhaftet werden. Er hatte bei Molkereivorstand Frey in Lehenweiler einen Einbruchsdiebstahl begangen. Mit einem Motorrad wurde der Täter kurz vor der Stadt eingeholt, worauf sich eine Hetzjagd querfeldein entspann. Nachdem der Dieb den Maisengraben in flottem Sprung genommen hatte, gereichte ihm die Würm zum Verhängnis. Er fiel, nachdem er zuvor das gestohlene Geld weggeworfen hatte, seinen Verfolgern in die Hände.
Schafhausen OA. Böblingen, 6. Aug. Schultheißenwahl. Am vergangenen Sonntag fand hier die Schultheißenwahl statt, wobei der neue Bewerber, Ott, der aus dem Verwaltungsfach hervorgegangen ist, mit 323 Stimmen gewählt wurde, während der seitherige Schultheiß Schwarz mir 111 Stimmen erhielt.
Spaichingen, 6. Aug. Erholungsheimmit Waisenhaus für Kinder bedürftiger Kriegsinvaliden. In Spaichingen steht man vor der Gründung eines Erholungsheims mit Waisenhaus, das vorerst nur für Kinder der ärmsten Opfer des Kriegs bestimmt ist.
Langenau OA. Ulm, 6. Aug. Schule statt Fabrik. Das hiesige Fabrikgebäude der Zigarrenfabrik Schäfer, Heidenheim. ging durch Kauf in den Besitz der Skadkgemeinde über. Das Gebäude soll für Schulzwecke Verwendung finden.
Reutlingen, 6. Aug. Albvereins-Gefallenen- Gedenkfeier auf der Hohen Warte. Der Schwäb. Albverein hat seine Mitglieder auf den ersten Augustsonntag wie alljährlich für seine im Weltkrieg gefallenen Mit- ckieder zu einer Gedächtnisfeier am Ehrenmal auf der Hohen Warte bei St. Johann eingeladen. Hunderte von Albverein- lern aus den Ortsgruppen des Erms- und Lichtensteingaus kamen emporgestiegen. Stadtschultheiß Gerstenmaier von Urach hielt die Begrüßungsansprache. Stadtpfarrer Dr. Reinhardt von Urach die Gedächtnisrede. Die Niederlegung am Ehrenmal nahm Landrat Kreeb von Urach vor.
Tübingen, 6. Aug. Ehrendoktor. Die katholischtheologische Fakultät hat Weihbischof Hille brand von Paderborn zum Ehrendoktor ernannt.
Tübingen. 6. Aug. Straßentunnel durch den bchloßberg. Im Gemeinderat wurde bei der Beratung einer Baulinie im Ammertal, an der Schwärzlocher- und Freiackerstraßs, von Oberbürgermeister Scheef ausgeführt, die Festsetzung der Baulinie müsse die spätere Durchtunnelung des Schloßbergs für eine die Stadtteile des Ammer- und des Neckartals verbindende Straße berücksichtigen. Der Mündungspunkt gegen das Neckartal sei durch die bestehende Alleenbrücke gegeben, bezüglich der Ammertalseite komme die Nähe des Haagtors (mehr für Nahverkehr) oder der Freiackerstraße (für Fernverkehr) in Betracht. Elfteres verdiene den Vorzug. Der Gemeinderat schloß sich diesen Ausführungen an. Da die Kosten des Straßentunnels jedenfalls über ei-? Million Mark betragen werden, ist an die Ausführung in den nächsten Jahren noch nicht zu denken.
Die Neuapostolische Gemeinde hat in der Brunsstraßs ein Gelände für einen Kirchenbau und eine Wohnung für den Kirchendiener erworben.
Stuttgart, 6. August.
Beim 70. Stiftungsfest der Guestfalen sprach Staatspräsident Dr. Bolz als Alter Herr dieser Verbindung über die Aufgaben der Jugend. Er führte dabei aus: „Ist in den 70 Jahren, die auf allen Gebieten so viele Veränderungen brachten, die Menschheit besser, froher und glücklicher geworden? Wenn auch jeder die Antwort darauf selbst finden muß, so will doch der Aeltere den Jüngeren seine Erfahrungen Mitteilen. Nach wie vor hat der junge Mensch zwei Aufgaben vor sich, die Vorbereitung auf den Beruf als äußeres, die Erkenntnis von Ziel und Zweck als inneres Ziel. Beide Aufgaben sind schwerer geworden, vor allem auch, weil wir ins Getriebe der rücksichtslosen Weltwirtschaft hineingeralsn sind. Aber trotzdem die Jugend heute körperlich besser vorbereitet ist, und man sich um die Jugend mehr kümmert als früher, hat man den Eindruck, als ob die Leistungen Nachlassen. Es geht ein Zug von Weichlichkeit, Bequemlichkeit und Genußsucht durch die Jugend, weniger Arbeit, mehr freie Zeir und Lebensgenuß. Den studentischen Koporationen sei hier der Rat gegeben, sich nicht ins Aeußerliche zu verlieren, äußeres Gebaren und inneres Sein mehr in Einklang miteinander zu bringen. Mehr Ernst muß wieder ins wissenschaftliche Streben kommen.
Das zweite Ziel ist nicht minder schwer zu erreichen. Auf der einen Seite haben wir hier das Bild der Wirtschaft mit ihrer Rationalisierung und Konzentration, auf der andern das der Wissenschaft in ihrer ganzen Spezialisierung, Verflachung und Ziellosigkeit. Die Menschen werden zwiespältig und h a l b e M e n s che n, auf der wirtschaftlichen Seite herrscht Absolutismus, auf der geistigen Aull r ch i e. Und doch ist unser Ziel der ganzeMensch, wenn
Tuttlingen, 6. Aug. Protestkundgebung gegen die Verzögerung des Bahnbaues Tuttlingen— Hattingen. Auf eine Einladung der Arbeitsgemeinschaft der wirtschaftlichen Verbände Tuttlingens fand am Samstag nachmittag im „Rheinischen Hof" hier eine Kundgebung gegen die Versuche badischer Jnteressentengrup- pen statt, den Bahnbau Tuttlingen—Hattingen zu verschleppen oder gar zu Hintertreiben. Der Vorsitzende, Fabrikant Wilh. S a x, begrüßte die zahlreich erschienenen neuen Vertreter der Bezirke Tuttlingen, Spaichingen, Rottweil, Oberndorf und Sulz, des badischen Nachbarbezirks Engen, sowie der Handelskammern Rottweil, Reutlingen und Stuttgart. In seinem Bericht brachte Studienrat Otmar, Cannstatt, ein hervorragender Vorkämpfer des Hegaubahnprojekts, zum Ausdruck, daß die Beseitigung der Jmmendinger Spitzkehre keine Frage mehr sei, sondern eine durch den Staatsvertrag vom 24. Februar 1927 garantierte. Tatsache. Baden könne zwar die Bauausführung in die Länge ziehen, aber nur innerhalb der mit der Reichsbahn vereinbarten Frist, die am 15. April 1933 ablaufe. In einer Entschließung, die einstimmige Annahme fand, wird festgestellt, daß mit dem Bahnbau Tuttlingen— Hattingen keinerlei Schädigung badischer Interessen beabsichtigt wird, sondern nur die Ausschaltung einer seit Jahrzehnten als störend Empfundenen, altmodischen Vahnanlage durch eine von der Natur vorgezeichnete Abkürzungslinie. Die Versammlung spricht gleichzeitig die Erwartung aus, daß endlich auch einmal den Verkehrsbedürfnissen der württembergischen Nord—Süd-Linie Rechnung getragen wird durch Einstellung des Kampfes gegen die Ausführung des Staatsvertrags. An die Reichs-, Landes- und Reichsbahnbehörden, denen der Vollzug dieses Vertrags anvertraut ist, wird die dringende Bitte gerichtet, mit dem Bahnbau Tuttlingen— Hattingen sobald als möglich zu beginnen und ihn mit größter Beschleunigung durchzuführen.
Roktweil, 6. August. Eigenartiger Unfall. Mäh- rend Stadtschultheiß a. D. Glükher einer befreundeter Familie die hiesige Kapellenkirche zeigte, löste sich von einer Konsole ein Stein und fiel einem 8jährigen Zungen auf den Kopf, so daß er mit einer schweren Wunde zusammenbrach und ins Krankenhaus übergeführt werden mußte. Die begleitende Mutter erlitt einen schweren Nervenchock.
, auch für dieses Ideal unsre Zeit nichts übrig hat. Die heutige - Freihe ! that neben Gutem auch manches weniger Wim- , schenswerte gebracht, besonders auch dem rein geistigen Ge- ? biet, und für das Zerstörte fehlt der Ersatz. und
> allem Erziehungsbestreben fehlt ein ein- ? heitliches Ziel. Die schrankenlose Freiheit zerbricht ! alle Autorität, und so kann Disziplin, Gemeinschaftssinn nicht : gedeihen. Die Jugendbewegung, die eins ist im Anklagen ; gegen die Alten, die Gesellschaft, den Staat, der den Jungen
nichts Wertvolles mehr geben könne, sind geteilt :m j Suchen nach der Wahrheit. Die Freiheit hat zur Folge, daß
> in ernsten Sachen des Lebens, im Verhältnis der Geschlechter ? zueinander, in Fragen der Ehe alles in die Brüche geht. Das
Endergebnis unserer Erziehung, unserer Kultur ist dann die Lebensschwäche, eine Erscheinung des Niedergangs und Zerfalls. Ihre Quelle ist die Selb st Zerfaserung. Und die wenigsten Menschen können dann aus einer Masse von Begriffen und Vorstellung sich ein einheitliches Weltbild schaffen: an dieser Klippe scheitern dann nur zu viele. Nur eine Jugend, die wieder mit der Ueberzeugung von der Ein- heit des Weltbilds erfüllt ist, kann das Leben meistern. Nach Wahrheit sucht die Jugend, die das Gefühl und Empfinden umfaßt und Leben zu schaffen imstande ist." ^
Aus Stadt und Land
Nagold, den 7. August 1929.
Die Göttin Gelegenheit hat Haare an der Stirne, am Hinterhaupt ist sie kahlköpfig: faßt man sie an der Vorderlocke, so kann man sie festhalten; aber wenn man sie entwischen läßt, so ist Jupiter selbst nicht mehr imstande, sie einzufangen. ^ Phädrus.
Die Ragolder Nationalsozialisten beim Reichsparteitag in Nürnberg
Don der N. S. D. A. P., Ortsgruppe Nagold, werden wir um Aufnahme nachstehenden Berichts gebeten:
In erwatungsvoller, glänzender Stimmung kamen wir mit unseren 3 Autos am Samstag Morgen um 8 Uhr in Nürnberg an. An das uns in Nürnberg gebotene Bild konnten sich unsere Augen erst nach einigen Stunden gewöhnen, denn überall, wo man hinsah alles braun, braun, braun. Die ganze Stadt stand unter dem Zeichen des Hakenkreuzes, und wenn der Einmarsch der Zehntausende die Stimmung aufs Höchste steigerte, so fand die Begeisterung anläßlich des am Samstag Abend stattgefundenen Fackelzuges der etwa 50 000 S.-A.-Leute mit ihren Musikkapellen keine Grenzen mehr. Genau 2)4 Stunden dauerte der Marsch, vorbei an einer ungezählten Menschenmenge, ununterbrochen mit Heilrufen begrüßt und nur mit Unterstützung von S.-A. war es der Polizei möglich, die begeisterte Menge zurückzuhalten, damit der Fak- kelzug ungehindert durchmarschieren konnte.
In aller Frühe des Sonntagmorgens strömten die braunen Massen nach dem Luitpoldhain zur Totenehrung, bei welcher General von Epp eine eindrucksvolle Weiherede hielt, und zur Standartenweihe, welche durch Adolf Hitler vollzogen wurde. Die Ansprache durch Adolf Hitler, welche durch Lautsprecher für jeden verständlich war, gipfelte in dem Treuschwur zu dem Symbol der Nationalsozialisten, der Hakenkreuzfahne. Einen überwältigenden Eindruck machte die streng geordnete Aufstellung der unübersehbaren Menge der S.A., welche den großen, schönen Luitpoldhain total füllte.
Nun rückten die Kolonnen wieder ab, um durch die schönen Straßen Nürnbergs zu marschieren. Auf dem Hauptmarkt nahm Adolf Hitler mit anderen Führern den Vorbeimarsch ab. Man muß es gesehen haben, die Beigeisterung, die reichbeflaggten Häuser, wo aus allen Fenstern gewunken und gegrüßt wurde, man muß es gesehen haben, die freudestrahlenden Gesichter der Braunhemden. Von überall her sind sie gekommen und es dürfte wohl i kein Streifen in Deutschland sein, aus dem nicht eine Abordnung da war. Sogar Amerika hatte eine Abordnung
MereGimemtjov
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung 59)
„Ich würde auf sie sehen wie auf mein eigenes Selbst. Er hätte dann etwas, was seine Gedanken beansprucht, damit sie nicht immer so ihre eigenen Wege gehen können wie bisher. Ich hätte gar nicht geglaubt, daß er Kinder so gerne hat, wo er doch selber keines besitzt. Willst du, Lena?"
Die junge Frau zögerte. „Ich müßte erst mit Karl darüber sprechen. Mir kommt dein Vorschlag sehr gelten. In den nächsten Wochen ist sie ohnedies etwas im Wege zu Hause". Sie lächelte in rührendem Verlegensein.
Am anderen Abend ritt Karl auf seinem Braunen durch das verschnörkelte Holztor in Dorfbach. Er hatte Lore-Lies vor sich auf dem Sattel sietzend. Sie winkte Max schon von weitem zu. Ebrach ritt bis dicht an den
Liegestuhl des Bruders und reichte ihm die Hand herab.
Er hatte keine Zeit abzusteigen. Mutter Dorfbach kam eiligst gelaufen. „Macht Ihr Rast bei uns?" fragte sie, ohne irgend etwas zu verraten.
„Ich möchte dich nur bitten", sagte er und ließ die
Kleine auf den Rasen gleiten, „ob du sie nicht für ein
paar Tage behalten kannst. Es gibt ein bißchen Durcheinander bei uns, jedes hat die Hände voll Arbeit. Meine Frau muß Ruhe haben — sonst gehts am Ende schief".
Die Dorfbacherin strahlte übers ganze Gesicht. „Nun haben wir auf einmal ein Kindchen. Hans wird schauen, wenn er kommt, und die Trude erst'"
„Aber verwöhnt sie uns nicht zu sehr!" mahnte Karl.
„Wo werd ich denn!" Die Greisin lachte.
„Wenn sie dich stört, Max", Ebrach bog sich zu dem Bruder herab, „dann jag sie davon. Sie kann sehr zudringlich sein. Üebrigens wirst du nicht viel zu schaffen haben mit ihr. Sie läuft ihre Wege schon ganz allein".
Lore-Lies sah dem Vater einen Augenblick nach, als er winkend aus dem Tore ritt. Ihr Mäulchen zog sich zu
sammen, und in ihren Augen glänzte es verräterisch. Max hatte es bemerkt, rief sie zu sich und erbat sich eine Kette, wie er sie gestern von ihr bekommen hatte. Darüber vergaß sie den Abschiedsschmerz.
Am Abend trat er mit Mutter Dorfbach noch in das Zimmer, das sie mit dem Kinde teilte, damit es bei Nacht nicht erschrecke, wenn es sich, erwachend, in einer fremden Gegend allein sähe. Er blickte auf das schlafende Kind und trug einen Zug des Glückes im Gesichte. Mit einem Male wandte er sich ab und ging, ohne etwas zu sagen, aus der Stube.
Die Dorfbacherin nickte befriedigt. Es konnte noch alles gut werden.
Max Ebrach pflegte bis in den späten Mittag zu schlafen. Was verlor er auch, wenn er nicht früher aus den Federn kroch. Er hatte keinerlei Pflichten vor sich.
Am Morgen nach dr Ankunft Lore-Lies fühlte er sich plötzlich bei der Hand gefaßt. Mit einem Ruck warf er sich herum, das Kind stand vor ihm und guckte ihm neugierig ins Gesicht. „Warum schläfst du so lange, Onkel?"
„Ich habe nichts zu tun".
Lore-Lies begriff nicht, wie man nichts zu tun haben konnte. Sie war immer in Tätigkeit, vom frühen Morgen bis in die dämmernde Nacht, das Stündchen ausgenommen, in dem ihr nachmittags die Augen zufielen. „Wenn du nichts zu tun hast, Onkel, dann kannst du mir ja helfen!"
„Helfen! Wozu?" fragte er lächelnd und zog sie auf den Rand seines Bettes.
Sie hob die Füßchen und lag nun Seite an Seite mit ihm. Ihre Händchen spielten um sein Gesicht. Und er fühlte das Geringe! ihrer dunklen Locken an seinem Halse. „Es gibt so viel Erdbeeren gleich hinten im Wald. Ich war heute schon dort. Mutter Dorfbach macht uns einen Kuchen davon,, wenn ich sie hole. Allein darf ich aber nicht gehen. Komm mit!" Sie zog ihn am Halse hoch. „Du wirst sehen, es ist schön dahinten. Noch viel schöner als unter dem Nußbaum".
„Ich muß aber langsam gehen", erklärte er, unschlüssig, ob er willfahren solle.
„Ich brauche ja nicht zu laufen," gab sie zurück. „Wenn es dir zu rasch ist, brauchst du nur sagen: Mädel stopp!"
Max lachte hell auf. „Wer sagt denn so?"
„Der Großpapa!"
Eine Falte lagerte sich um seine Stirn. Zu beiden Seiten des Mundes standen sie zu zweien, tief eingegraben.
„Mach kein so schlimmes Gesicht, sonst fürchte ich mich!" Die Kinderhände fuhren streichelnd üher seine Wangen. „Kommst du bald? Sonst wird der Kuchen nicht mehr fertig. Dann gibt es nur Schlagsahne allein zum Kaffee, hat Tante gesagt".
„Dann will ich's versuchen!" Die Fältchen in dem klugen Gesicht leuchteten alle mit, als sie ihm die Hand über den Tisch reichte. — Sie hatte recht gehabt. Lore-Lies würde ihm das Gleichgewicht wiedergeben. Solch ein Kind vermochte wirklich Wunder zu vollbringen. Vielleicht, wenn er auch ein Kind gehabt hätte? — Vielleicht? — —
Die Hand über die Äugen geschaltet, sah sie nach einer Viertelstunde den beiden nach, wie sie einträchtig nach dem Walde gingen, Hand in Hand. Feldmann, der Hühnerhund, jagte in großen Sprüngen voraus, kam wieder zurück und umkreiste sie. Eilig lief sie ins Haus, als die Sträucher und das Hohe Korn, das den Rain entlang lief, sie ihren Blicken entzog.
Als die Glocken vom Dorf her zu Mittag läuteten, kw men sie, Lore-Lies mit glühenden Backen, Max Ebrach mit einem großen Kranze von Ginster und Glockenblumen auf dem Kopf. Vergebens sah die Dorfbacherin nach den Beeren „Ihr habt wohl keine gefunden?" staunte sie.
Die beiden lachten unbändig.
„Wir haben sie alle gegessen". Lore-Lies hatte Mäulchen und Äugen offen vor Wonne.
„Da Hab ich also den Schlagrahm umsonst gemacht!
„Schlagrahm!" Max machte es wie die Kleine, fuhr mit der Zunge über die Lippen und drückte die Augen zu. Sie schielten sich gegenseitig an.
Der alte Dorfbacher kam eben nach Hause und sah seinen East unter der Türe stehen. „Wahrhaftig, der Ebra- cher konnte lachen!" Aber lange hatte es gedauert. Wenn er aber einmal das Lachen wieder probierte, dann gings auch wieder bergauf mit ihm. Wenn's bergab mit emmn geht, dann lacht man zuweilen auch — aber anders! Es kam eben immer darauf an: wie man lachte.
„Lauf voran! Ich komme gleich!" Er hob sie von ssch, sah, ob sie auch heil zu Boden kam — da war ste scho" aus der Türe. (Fortsetzung folgt)