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Mit den illustrierten Beilagen „Feierstunden" „Unsere Heimat", „Die Mode vom Tage".
Bezugspreise: Monatlich einschließlich Trägerlohn rit 1.60; Einzelnummer 10 — Erscheint an
jedem Werktage. — Verbreitetste Zeitung im O.-A.-Bezirk Nagold. — Schristleitung, Druck und Verlag v. E. W. Zaiser (Karl Zaiser) Nagold
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Mit der landwirtschaftlichen Wochenbeilage: „Hans-, Garten- und Landwirtschaft"
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Nr. ISS
Gegründet 1827
Mittwoch, den 10. Juli 1S2S
Fernsprecher Nr. 29
103. Jahrgang
«itt»
Am die Rheinlandräumnng
Stresemann fordert! Erledigung der Räumungsfrage vor dem Doung-Plan
Reichsminister Dr. Stresemann, der sich zur Zeit zum Kuraufenthalt in Bühlerhöhe bei Baden-Baden befindet, empfing den bekannten Außenpolitiker des „Matin", Jules Sauerwein, zu dem er sich über di« bevorstehende Regierungskonserenz folgendermaßen äußerte: Die Weltöffentlichkeit kann es nicht gerade als einen glücklichen Auftakt zur Konferenz empfinden, wenn die Ansichten über Ort und Zeit noch immer hin und her gehen. Wir stehen vor Aufgaben, die die
höchsten Lebensinkeressen der Völker
berühren, und da scheint es mir nicht gut, die starke politische Spannung, unter der in dm einzelnen Ländern Oes- fentlichkeit und Pariamente nun schon seit mehr als einem halben Jahre stehen, ohne Not zu verlängern. Auch die Wirtschaft hat einen Anspruch darauf, daß die auf ihr lastende Unsicherheit von ihr genommen wird. Ich halte es deshalb auch nicht für zweckmäßig, die Regierungsverhandlungen in mehrere Abschnitte zu zerlegen. Die haupt- beteiligten Regierungen sind nun im Besitz der von den Sachverständigen einstimmig beschlossenen Vorschläge. Die ernsten Bedenken,
di« in Deutschland gegen die Bemessung unserer künftigen Lasten laut geworden sind, können nur als ein Beweis dafür verstanden werden, daß wir es mit der Durchführung unserer finanziellen Verpflichtungen ernstnehmen. Es ist aber klar, daß der Erfolg unserer Bemühungen um Erfüllung des Sachverständigenplans nicht allein von uns abhängen wird.
Es wird davon abhängen, ob die internationale Zusammenarbeit die anderen Mächte zu einer Wirtschaftspolitik gegenüber Deutschland führt, die eine Steigerung der deutschen Ausfuhr zuläßt.
Es wird ferner aber davon abhängen, daß der Noung-Plan uns in der politischen Entwicklung einen Schritt vorwärts bringt. Das ist der Sinn des bekannten Beschlusses.
in dem das Relchskabineti zu dem SachverstänKgenberichi Stellung genommen hat. Jeder weiß, daß wir damit di« Regelung der Rheinland- und der Saarsrage
gemeint haben. Die letzte Reichstagsaussprache hat der Oeffentlichkeit auch gezeigt, daß in diesem Punkt das Parlament geschlossen hinter der Regierung steht. Wir haben stets betont und halten auch jetzt daran fest, daß wir die Erfüllung dieses Anspruchs unabhängig von der Regelung anderer Fragen fordern dürfen. Nachdem sich aber die uns gegenüberstehenden fremden Regierungen ihrerseits zu einer Erfüllung jener deutschen Forderungen vor der Regelung der R^paral-ionsfrage nicht bereit gesunden haben»
ist es für Deutschland eine Selbstverständlichkeit, daß ihm jetzt umgekehrt nicht zugemuket werden kann, bei der Regelung der Reparalionsfrage auf die Berücksichtigung jener längst erhobenen politischen Forderungen zu verzichten.
Wenn die Konferenz wirklich eine Gef am tbersinignng der noch aus dem Kriege schwebenden Fragen bringen soll, kann sie keinesfalls an der Saarfrage Vorbeigehen. Das Saargebiet stellt unter dem jetzt geltenden Sonderregime nicht etwa eine Brücke zwischen Deutschland und Frankreich, sondern im Gegenteil eine Reibungsfläche dar, die durch Befreiung des Rheinlands ihre Gefahr nicht verlieren wird. Andererseits soll doch das gegenwärtige Sonderregime des Saargebiets nach dem Vertrag von Versailles Frankreich einen Ersatz für die Zerstörung feiner Kohlengruben sichern. Die Saarfrage steht also mit den Reparationen in unmittelbarem Zusammenhang.
Wenn sich deutsche und französische Vertreter mit gutem Willen an den Verhandlungstisch setzen, so braucht
eine alle Teile befriedigende Lösung durchaus nicht aus große Schwierigkeiten zu stoßen, da eine Erfüllung der deutschen Wünsche vollständig eine Berücksichtigung berechtigter französischer Interessen zuläßt.
Mae Donald kann auch anders
Wir meinen in der R ä u m u n g s f r a g e. „Selbstverständlich kann man sich auf Mac Donald und Henderson und die ganze Arbeiterregierung bombenfest verlassen" — liest man in einem großen Teil der deutschen Presse. Wahr ist, daß von jeher Mac Donald und seine Freunde die Forderung der sofortigen Räumung der Rheinlande, solange sie sich in der Opposition befanden, mit Engelzungen vertreten haben. Wahr ist ferner, daß die öffentliche Meinung Englands fast ausnahmslos heute sich auf diesen Standpunkt stellt. Es liege, konnte man hören, im Sinn von Locarno und Genf, in der Konsequenz des Kelloggpaktes, des Dawes- und jetzt des Boungplans» daß endlich mit dem Krieg Schluß gemacht, die sog. „Eesamt- liquidation des Weltkriegs" erfolge und alle üblen Reste aus jener unglückseligen Zeit aufgeräumt werden.
Aber der Mensch denkt, und — Poincarä lenkt. Schon die englische Thronrede vor acht Tagen brachte eine unangenehme Enttäuschung. So lang sie auch sonst war, so überraschend kurz waren ihre Worte über die Räumung. Da standen nur die paar Worte: „Eine Regelung der Reparationsfrage wird die Besatzungsmächte in die Lage versetzen, mit der Räumung des Rheinlands zu beginnen" oder wie der englische Text richtiger lautet: „in der Räumung sori- zufahren". Also nur eine „stufen- und staffelweise Räumung"? Und wenn das nicht, so doch jedenfalls eine sofortige Räumung „in U Übereinstimmung mir den andern B e s atz u n g s m ä ch te n Frankreich und Belgien". Ja, der Außenminister Henderson meinte sogar in der Freitagssitzung des Unterhauses, es liege gar nicht im Interesse Deutschlands und wäre wohl auch mcht im Sinn der dentsechn Regierung, wenn nur England räume, die andern aber am Rhein blieben.
Was nun dieses Bedenken betrifft, so befinden sich Mac Donald und Henderson doch in einem großen Irrtum. Ge
wiß war beispielsweise Wiesbaden seinerzeit sehr froh, als es die Franzosen los wurde und möchte sie auch heute nicht wieder haben, wenn die Engländer abziehen. Dennoch wäre ein Abmarsch der britischen Besatzung für sich ein großer Aktivposten für die englische Außenpolitik. Dieser mutige Schritt würde der Welt zeigen, daß England nun endlich einmal ernst machen will mit der schon längst versprochenen „Befriedung Europas", und daß andererseits Frankreich eigensinnig seine Rolle als „Störenfried Europas" fortspielen will.
Aber warum dieses abermalige Zurückweichen vor Poin- care^ Darüber darf kein Zweifel sein, daß der gute Wille bei Mac Donald da ist. Er wie sein Mitarbeiter Henderson haben feit 15 Jahren in unzähligen Reden sich als aufrichtige Freunde des Friedens bezeugt. Wir erinnern nur an die Rede, die Mac Donald vor einigen Monaten, also vor seiner Ministerpräsidentschaft, in der Frage des Minderheitenschutzes und der Abänderung der Friedensvcr- träge gehalten hat. Gewiß alles recht und schön, wenn nur nicht Großbritannien immer noch an jene verhängnisvolle Entente mit Frankreich gefesselt wäre. Und so kommt es, daß die heutige Arbeiterregierung in London genau so von Poincare abhängig ist wie 1919 Lloyd George und wie 1914 Sir Edward Grey. Wie Mac Donald oder Henderson oder Locker Lampson am Freitag im Unterhaus sprachen, genau dasselbe hätte Austen Cham- berlain auch sagen können. Kein Wunder, daß das außenpolitische Programm der jetzigen Arbeiterregierung deshalb die Zustimmung der beiden übrigen Parteien gefunden hat. Ja, Mac Donald wird sicherlich den Vorschlag Briands von der Ueberwachung der entmilitarisierten Zone (der „Feststellungs- und Versöhnungskommis» s i o n") auch schlucken. London steht nun einmal im Bannkreis Poincares.
Neueste Nachrichten
Der Kamps um das Pren^enkonsordat
Berlin, 9. Juli. Während der dritten Beratung des Konkordats im preußischen Langtag gab der bisherige deulsch- nakionale Abgeordnete Goldau die Erklärung ab, daß er >m Gegensatz zu den Deutpchnationalen für das Konkordat stimmen werde. Namens der deutschnationalen Fraktion erklärte darauf Abgeordneter Steinhoff, daß Goldau heute aus der Fraktion ausgeschlossen worden sei, weil er gegen die katholischen Fraktionsmitglieder eine beleidigende Redewendung gebraucht habe, indem er ihnen entehrende Haltung vorwarf.
DieAbstimmungen im Ausschuh derLänderkonferenz
Berlin, 9. Juli. Bei den Abstimmungen über den Bericht des Unterausschusses der Länüerkonferenz, Ser d«e Frage der Zuständigkeiten regelt, und der mit ö gegen 2 Stimmen ailgenommen wurde, haben der bayrische Ministerpräsident Held und der Reichspostminister Schätze! gegen diesen Bericht gestimmt. Bei der Frage der Ueber - nähme der Justiz auf das Reich sind die Vertreter der Verweichlichung in der Mehrheit gewesen. Gegen die Schaffung einer Neichsjustiz haben sich ausgesprochen der gegenwärtige volksparteiliche Ministerpräsident von Sachsen, Bänger, Minister Schmitt (Baden) und — neben den beiden bayrischen Vertretern — der Zcntrumsabgeord- nete Brüning.
Tagesspiegel
Im preußischen Landtag wurde 8 1 Artikel 1 des Kon- lrordaksgeictzcs mit 324 Stimmen der Regierungsparteien, der Deulschnakionalen. der Wirlschaftspariei und kleinen Gruppen gegen 92 Stimmen der Kommunisten, Nationalsozialisten und der Deutschen Volkspariei angenommen. — In der Schlußabstimmung wurde der Vertrag mit 243 Stimmen der Regierungsparteien und der Wirtschaftspakte! gegen 172 Stimmen angenommen.
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Die aus drei Ministern bestehende Linksregierung von Mecklenburg-Schwerin zeigte am 9. Juli dem neugewählten Landtag ihren Rücktritt an. Die neue Regierung wird von der Rechten gebildet, soll aber nur aus zwei Ministern bestehen. Ais Erstminister ist der Präsident der Landwirt- schafkskammer, Eschenburg, in Aussicht genommen.
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König Fuad ist zu etwa 14tägigem Aufenthalt in Paris eingetroffen. Von dort wird er nach London reisen.
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Anker dem General Jvcns Ferraz als Erst- und Innenminister ist in Portugal ein neues Kabinett gebildet worden.
Vas SpEgesey in Krasr
Berlin, 9. Juli. Reichspräsident v. Hindenburg hat das sogenannte Sperrgesetz, das die Aussetzung von Streitigkeiten über die Renten der Standesherren anordnet, unterzeichnet. Das Gesetz ist bereits im Reichsgesetzblatt veröffentlicht. Die Frage, ob das Gesetz verfassungsmäßig zustande gekommen sei, soll nach dem D. Z. durch Sachverständigen- Gutachten bejaht worden sein.
Der Ort der Regierungskonferenz
Paris, 9. Juli. Die Pariser Blätter melden übereinstimmend, Briand habe dem ihn besuchenden deutschen Botschafter v. Hoesch von dem Inhalt der letzten Londoner Note Kenntnis gegeben und zugleich von der Antwort, die er (Briand) darauf vorbereite. Briand schlage noch einmal eine Schweizer Stadt als Ort für die Regierungskonferenz, die elwa am 5. oder 6. Aug. stattfinden solle, vor; außerdem sollen die kleinen Gläubigerstaaten und die Organisationsausschüsse für den Poungplan zugegen sein, weil dies die Arbeit erleichtere. Hoesch habe erklärt, die Reichsregierung werde den Ort annehmen, den die Mehrheit wünsche.
Hoesch hat Briand den deutschen Vorschlag vorgelegt, die Organisationsausschüsse zum Poungplan möglichst schon am 15. Juli in Berlin zusammentreten zu lassen.
Der Londoner „Daily Telegraph" berichtet, alle britischen Dominien werden auf der Konferenz vertreten sein, ebenso sei es billig, Serbien, Rumänien, Griechenland und Portugal beizuziehen. Einen lebhaften Meinungsaustausch werde die Frage Hervorrufen, welche Stadt der Sitz der neuen BankfürinternationaleZahlungen sein solle. Die französische Regierung wolle anscheinend London dieses Vorrecht nicht einräumen. Aber London, der finanzielle Mittelpunkt Europas, sei der geeignetste Ort: die andern etwa in Frage kommenden Städte wie Paris oder Rom seien auch zu politisch.
Benoik freigesprochen
Paris, 9. Juli. Der Elsässer George Benoik, der im Dezember v. I. auf den Generalstaatsanwalt im Kalmarer Prozeß, Filchok, mehrere Revolverschklsse abgegeben hatte und sich ^swegen vor dem Pariser Schwurgericht verantworten mußte, ist freigesprvchen worden.
Lin Plan zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeik in England
London, 9. Juli. Im Arbeitsministerium (Thomas) wird gegenwärtig ein Plan zur Lösung der Arbeitslosenfrage geprüft. Danach soll eine Londoner Untergrundbahn für Güterbeförderung von etwa 120 Kilometer Länge mit 54 Stationen und Laderampen gebaut werden. Die Kosten werden auf 800 Millionen Mark veranschlagt. Der Bau würde 60 000 Arbeitern für mindestens 4 Jahre Beschäftigung geben.
Aus dem Finanzausschuß des Landtaqs
Stuttgart. S. Juli.
Der Finanzausschuß hat ein« Eingabe der Heilanstalt Hirsau um «ine staatliche Beihilfe zur Erforschung der dauernden Kopfgrippe abgelehnt: eine Eingabe der Gemeind« Schwaikheim um einen Staatsbeitrag von 25 000 ^ .zu Bachverbesserungen wurde der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen. Für die Einrichtung einer selbständigen Fernsprechvermittlung im Alten Schloß in Stuttgart wurden 300 000 bewilligt und die Ueberschreitung des Plansatzes für Rebenveredelung und Reblausbekämpfung für 1928 in Höhe von 277 000 -.st genehmigt. Von der Regierung wurde mitgeteilt, daß im vorigen Jahr 130 Reb- lausberd« sestaestellt worden seien. Groß- und Klein-