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Mit den illustrierten BeilagenFeierstunden" Unsere Heimat-,Die Mode vom Tage-,

Bezugspreise: Monatlich einschließlich Trägerlohn 1.60; Einzelnummer 10 -Z. Erscheint au jedem Werktage. Verbreitetste Zeitung im O.-A.-Bezirk Nagold. Schriftleitung, Druck und Verlag v. E. W. Zaiser (Karl Zaiser) Nagold

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Mit der landwirtschaftlichen Wocheubeilage: Haus-, Garten- uud Landwirtschaft-

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Sk. ISS

Gegründet 1827

Freitag, den S. Juli IMS

Fernsprecher Nr. 29

tvs. Jahrgang

Der deutsche Parlamentarismus im Zustand

der Auflösung

Daß der deutsche Parlamentarismus sich selbst zugrunde richtet, ist eine Tatsache. Neuerdings sieht es freilich so aus, als seien Warnungen völlig zwecklos. Diese letzten

Tage des Reichstages vor den Ferien haben den deutschen Parlamentarismus in einem Zustande der Auflösung ge­zeigt, gegen den kaum mehr anzukämpfen ist. Man wird ihn sich selbst überlassen müssen, bis eines Tages der Punkt erreicht ist, da die Hoffnungslosigkeit des Falles zu Maß­nahmen zwingt, die die Selbstsucht der Parteien bisher hintangehalten hat.

Wozu wir eigentlich die Große Koalition haben, weiß heute kein Mensch mehr zu sagen! Die Parteien im Reichstag stimmen durcheinander und gegeneinander, wie es ihnen beliebt, und von irgendwelcher Führung durch Las Kabinett kann keine Rede sein. Dreimal an einem Tage wechselt die Mehrheit, womit die folgenschwersten Beschlüsse gefaßt werden. Langt es zur erforderlichen Zweidrittelmehrheit nicht, so beschließt eben vorher eine einfache Mehrheit, daß die Zweidrittelmehrheit in diesem Falle überflüssig sein soll! Aber gelegentlich vergißt man das auch, dann gibt es einen Scherbenhaufen. Im nächsten Augenblick geht dann wieder alles drunter und drüber, und so rumpelt und humpelt der lahme Klapperkasten des deut­schen Parlamentarismus mit Mühe und Not in die Ferien hinein. Man muß schon sagen: Ein so unwürdiges Schau­spiel, wie es der Deutsche Reichstag in diesen letzten Tagen geboten hat, hat die Welt lange nicht mehr gesehen.

Fragt man nach der Ursache, weshalb der Verfall seit Abschluß der Großen Koalition ein so unheimliches Tempo eingeschlagen hat, so kann die Antwort nur lauten: Die stärkste Partei des Reichstages, die Sozialdemokratie, hat mit ihrer doppelten Moral den ganzen Parlamentaris­mus korrumpiert. Auf Befehl des Magdeburger Partei­tages stimmte die sozialdemokratische Reichstagsfraktion in zweiter und dritter Lesung gegen die zweite Baurate für den Panzerkreuzer. Mit Genehmigung desselben Partei­tages stimmten die sozialdemokratischen Minister die als Beauftragte der Partei in der Regierung sitzen beide Male für die zweite Rate des Panzerkreuzers, und aber­mals aus Befehl des Magdeburger Parteitages stimmte die Reichstagsfraktion dann für den Haushalt im ganzen, der die von ihr abgelehnte Rate für den Panzerkreuzer ent­hielt. Die Sozialdemokratie glaubte, sich dieses dreiste Epiel mit d»rregierenden" Koalition gestatten zu können, weil sie fest^damit rechnete, daß die deutschnationale Oppo­sition in dem Augenblick für sie einspringen würde, da sie selbst ihr« Extratour tanzte und aus der Koalition aus­trat, um ihrer Feindschaft gegen den Wehrgedankcn agi­tatorisch Ausdruck zu geben.

Durch das Einspringen der Deutschnationalen für die zweite Rate des Panzerkreuzers ist in der Tat verhindert worden, daß die Koalition in offener Reichstagssitzung ver­krachte. Die Sozialdemokratie aber hat sich mit der dop­pelten Moral, die sie für sich in Anspruch nimmt, in eige­ner Schlinge gefangen. Was der Sozialdemokratie billig ist, muß doch den anderen Koalitionsparteien recht sein! 8o leistete sich die Wirtschaftspartei, verärgert wie sie war, das Vergnügen, gegen die Verlängerung des Republik- schutzgesetzes zu stimmen. Nun langte es nicht mehr zur Zweidrittelmehrheit, und das Gesetz war gefallen! Severing der von allen Ministern zwar die meisten Reden hält, dem aber jede Befähigung, die regierende Koalition zu sichren, abgeht hielt die Grabrede und verkündete dabei seine Wiederauferstehung im Herbst. Schön aber »"mn diese Herbsttagung all das leisb-n soll mo? 'br !>sc

zugemuret wirs, wird sie sich wohl bis tief >n« nächste Jahr hinein erstrecken. Und wenn sie ihr Pensum io zuchtlos angreift, wie es der Reichstag im verflossenen Tagungsab- schnitt getan hat, so wird sie überhaupt nicht damit fertig.

Ganze Wochen hat der Reichstag mit Geschwätz und Ge­zänk vertrödelt. Reden zum Fenster hinaus wurden vor leeren Bänken gehalten. Und dann in der letzten Woche gab es diese unwürdigen Sitzungen von 10 Uhr vormittags bis 10 Uhr abends und noch darüber hinaus, die nichts anderes sind als eine offene Verhöhnung des Koben Amtes der Gesetzgebung. Wenn das Volk eines Tages vom Ekel geschüttelt wird vor dieser Art von pflicht­vergessenem Parlamentarismus, und wenn es in einem sol- chen Anfall den ganzen Parlamentarismus abschüttelt der Reichstag wird sich dann gewiß nicht beklagen dürlen, er hat sich sein Schicksal redlich verdient. Er und die Re­gierung, die auch nicht den leisesten Versuch gemacht hat, führend einzugreifen und Ordnung in das parlamentarische Chaos zu^ bringen. Wenn der Schacher um die Minister­posten glücklich beendet ist, wozu sich dann noch ern^"!ch mit den Problemen der schleichenden Krankheit zu befass ' -wn der Deutschland seit zehn Jahren heimgesucht wird? Dann wird ebenfortgewurstelt"! Nur Hilferdings leere Kaffen machten der Regierung zeitweise böse Tage. Aber Hilfer- ding der von demselben Bank- und Börsenkapital bei seiner Anleihe schmählich im Stiche gelaffen wurde, das mit Hilfe der Sozialdemokratie und des Demokraten Bernhard die Annahme des Pariser Gutachtens erzwungen hatte hat seine Kaffen mit Hilfe eines amerikanischen Pumps vor­übergehend wieder aufgefüllt. Wozu sich da noch mitFüh­rung" und Entwirrung des Chaos und derartigen unmög­lichen Dingen plagen? Nach uns die Sintflut!

Was dem Reichstag selbst den Rest von Besinnung ge­raubt hatte, war die Ängst vor dem 28. Juni, dem zehnten Jahrestage der Unterzeichnung des Versailler Diktats. Und so seltsam es klingt, man muß schon zugestehen: diese Angst ehrt die haltlose Körperschaft immerhin. Es ist eine beschei­dene Ehrung, aber es ist immerhin bester, als wenn der Reichstag ahnungslos drauflos gewirtschaftet hätte. In die­ser Körperschaft, die selbstbewußten Eigenwillen, ein Per- sönlichkeitsqefühl sonst nicht hat. lebte gleichwohl ein sehr be­stimmtes Feingefühl dafür: wenn wir am 28. Juni noch beisammen sind, gibt's einen Wcltskandal. Der kann nur dadurch vermieden werden, daß wir uns Hals über Kopf

in die Ferien flüchten. Eine Kundgebung, wie sie der Ver­tretung des seit zehn Jahren mißhandelten deutschen Voltes allein würdig gewesen wäre, war in diesem Reichstage un­möglich. Das liegt auf der Hand. Die paar kümmerlichen Worte des Gedenkens, die Präsident Löbe am Schluß der Mitternachtssitzung rasch noch hinnmrmelte, zeigen am besten, was hier allenfalls noch möglich und was unmöglich ist.

Unmöglich war die Zusammenfassung besten, was das deutsche Volk an diesem schwärzesten Tage seiner Geschichte bewegte, zu einem geschloffenen, starken, über die Welt hin- hallenden Ausdruck. Das hat der Reichstag in richtiger Selbsterkenntnis gefühlt. Und um den Versuch zu solch einer Kundgebung, der schwerlich ausgeblieben wäre, nicht in das landesübliche Gezänk und Geschimpfe, in den unvermeid- liehen Kampf aller gegen alle ausarten zu lassen, darum ist er vor sich selbst Hals über Kopf in die Ferien geflüchtet. Erhebend ist das Schauspiel, das er damit bietet. Nicht. Aber schließlich müssen wir noch froh sein, daß er soviel Einsicht gehabt hat und uns vor einem noch viel demütigenderen Schauspiel wenigstens bewahrt hat.

Neueste Nachrichten

Die Feier des amerikanischen Unabhängigkeitstags

Großfeuer und llnglücksfälle

Ncuyork, 4. Juli. Die Feier des Unabhängiakeitstags hat gestern begonnen. Ungeheure, in die Millio- n-en gehenden Menschenmassen strömten nach den Seebädern in Neu-England und Kanada. Zur Bewältigung des Verkehrs waren 1500 Eisenbahnzüge, mehrere tausend Omnibusse, Dampfer und Flugzeuge in Bewegung. Besondere Vorschriften regelten in diesen Bä­dern den Verkauf von Spirituosen an Amerikaner. Kein Tourist durfte mehräls zwei Flaschen i W hi s k y (!) k a u fen.

! Wie in früheren Jahren ereigneten sich ein« Reihe von ! llriglücksfällen infolge leichtsinnigen Umgehens mit Feuerwerkskörpern. Der Leiter der Neuyorker Feuerwehr mußte im Rundfunk eine von chm gehaltene Ansprache über die Gefahren des Umgehens mit Feuer- . werkskörpern unterbrechen, um das Kommando bei der I Bekämpfung eines Großfeuers zu übernehmen, zu dessen ; Löschung 21 Feuerrvehrzüge aufgeboten werden mußten. Das Feuer war in einem Brooklyner Holzlager ausgebro- chm. das von Kindern durch Feuerwerkskörper in Brand befleckt worden war. Das Feuer griff auf mehrere Fabri­ken und Lagerhäuser über und verursachte einen Scha­den von einer balben Million Dollar. Zeit­

weilig bestand di« Gefahr, daß infolge der sich entwickeln­den Hitze ein in der Nähe des Brandherdes gelegener Gas­behälter in die Luft fliegen würde.

In Omaha (Nebraska) setzte eine Explosion in einem Feuerwerksladen das ganze Haus in Brand. Drei Perso­nen kamen ums Leben. In Massachusetts wurden d' » Straßen an der Landesgrenze von der Polizei besetzt, um zu verhindern, daß Feuerwerkskörper eingeschmuggelt würden.

Der amerikanische kreuzerbau

Reuyork» 4. Juli. Das Marineamt gibt bekannt, daß die Verträge über den Bau der fünf ersten Kreuzer des amerikanischen Bauplans für die 10 000-Tonnen-Kreuzer -abgeschlossen und daß die Lieferungen dementsprechend ver- geben worden seien. Außerhalb dieses Programms ist gestern auf der Schiffswerft von Camden im Staat New Uersey der KreuzerChester", der dritte des 15-Zehntausend- tonnen-Kreuzer-Programms, vom Stapel gelassen worden.

Kirchliche Feiern am Verfassungskag

Berlin, 4. Juli. Auf Anordnung des AeichSministerS des Innern Severing hat der Präsident des evang. Kirchenausschusses den Landeskirchen empfohlen, den Verfassungstag nach ihren kirchlichen Ver­hältnissen zu begehen, sei es durch Veranstaltung besonderer Festgokkesdienste oder dadurch, daß gelegentlich des täglichen Gottesdienstes des Verfassunastages in den Ansprachen und

Lagesspieiel

Die lm letzten Herbst verschobenen preußischen Ge­meindewahlen sollen voraussichtlich am 10. oder 17. Non. ds. Js. nachgeholt werden.

Die Wahlen in Holland haben nach den bis jehk vor­liegenden Meldungen keine wesentlichen Veränderungen er­geben. Angenommen haben die Stimmen der Katholiken, der Sozialdemokraten und der Christlich-Historischen (Calvini- schen) Partei, während die Anti-Revolutionäre Partei «ad die Liberalen Verluste haben. Die in zwei Lager gespalte­nen Kommunisten dürften zwei Sitze erhalten.

im Gebete gedacht werde. Der Fürstbischof von Breslau hat, wie in den Vorjahren, der Pfarrgeistlich- keit empfohlen, am Verfassungstage ein feierliches Amt zur Erstehung des inneren und äußeren Friedens zu veranstal­ten. Die israelitischen Religionsgemeinschaften haben bei den ihnen angeschlossenen Kultusgemeinden auf die Ver­anstaltung besonderer religiöser Feiern hingewirkt.

Der Mord an dem Primaner Kleier

Berlin, 4. Juli. Am 22. Februar ds. Js. wurde in Pan­kow bei Berlin der Primaner Herbert Kleier von dem kommunistischen Arbeiter Karl Schultz ohne jede Veran­lassung auf der Straße erschossen. Das Gericht verurteilt« den Schultz wegen Totschlags zu 5 Jahren Gefängnis.

Ein französisches Schandurteil

Berlin, 4. Juli. Das Strafgericht in Nancy hat gestern zwei deutsche Staatsangehörige, den 55jährigen Karl Betz und einen gewissen Kneip aus Mittelbexbach im Saar­gebiet zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, weil sie vier jungen Deutschen, die sich zur Fremdenlegion haben anwerben lassen, zur Flucht oerhalfen. Unter den Rekruten befand sich auch der Sohn des Betz. Der Vater war mebrere- mal bei dem zuständigen Werbebüro in Toul vorstellig geworden, um die Entlassung seines leichtsinnigen Sohnes zu erreichen: er war jedoch abgewtesen worden.

kein« Skaaksvereinfachungsvarlage in Bayern

München, 4. Juli. In der heutigen Besprechung dev Koalitionsparteien des bayerischen Landtags kam ein« Einigung dahin, daß die Staatsregierung die geplante Vor­lage über die Staatsvereinfachung noch in dieser Session einbringen soll, nicht zustande. Die Staatsregierung wird deshalb von der Einbringung der Vorlage absehen.

Nochmalige Anfechtung der mecklenburgischen Landtags- '

wähl?

Schwerin (Meckl.), 4. Juli. Wie veÄautek, wird der Ver­treter der Volksrechtspartei in Mecklenburg, Geheimrat Gehrcke, die letzte mecklenburg-schwerinische Landtags­wahl apzufechten, weit sein Wahlvorschlag vom Wahl­ausschuß nicht zugelassen wurde. Die Ablehnung wurde da­mit begründet, daß die erforderlichen Unterschriften nicht gleichzeitig mit dem Wahlvorschlag eingereicht wurden, son­dern erst in der entscheidenden Sitzung -es Wahlausschusses dem Ministerium vorgelegt wurde. Die Ablehnung des Wahlvorschlags der Volksrechtspartei ist mit großer Mehr­heit erfolgt. Auch ein Vertreter der Linken hat für die Ab­lehnung gestimmt, ein anderer sie durch Stimmenthaltung mitgewirkt.

Die Frage der Teilnahme an der Regierungskonferenz

Paris, 4. Juli.Petit Parisien" will misten, daß ein Meinungsaustausch zwischen den verbündeten Regierungen darüber stattfinde, ob zur Regierungskonferenz auch die we­niger interessierten Staaten, wie Rumänien, die Tschechoslo­wakei, Südstawien und Griechenland zugelaffen werden sollen. In einigen Kreisen ,(d. h. in Paris) vertrete man den Standpunkt, daß es sich beim Doungplan ebenso wie 1924 beim Dawesplan auch um Interessen dieser Staaten handle. Doch würden diese Länder bei den Beratungen der politi­schen Fragen (Rheinlandräumung usw.) nicht vertreten sein.

Die Reichsbahndirektion Karlsruhe rechtfertigt den Kapitän des DampfersBaden"

Die Reichsbahndirektion Karlsruhe veröffentlicht ein« Erklärung über das Ergebnis der Untersuchung über das Verhalten des Kapitäns des DampfersBaden" bei dem schweren Flugzeugunglück auf dem Bodensee. In der Er, klärung wird gesagt, dem Kapitän und den beiden An­gestellten im Steuerhaus des Dampfers seien die Vorgänge an der Unglücksstelle nicht sichtbar gewesen; Andeutungen über das Unglück habe er zwar durch Zurufe aus einem Ruderboot erhalten, aber erst nach dem Anlegen in Bad Schachen habe er Näheres über das Unglück erfahren können. Der Kapitän stehe 42 Jahre im Dienst und habe schon oft bei der Rettung Schiffbrüchiger mitgewirkt. Er sei alsbald wieder zur Unglücksstelle gefahren, wo er etwa 12 Minuten später eingetroffen sei, als wenn er sofort zur Hilfe geeilt wäre. Auch bei sofortiger Hilfeleistung hätte aber das Leben der Verunglückten nicht gerettet werden können, insbesondere weil die technischen Einrichtungen de^ Dampfers nicht ausreichend gewesen seien, das 50 Zentner ,chwere Flugboot aus dem Master zu heben, um das Inner», drs Boots zugänglich zu machen. Den Kapitän treffe daher' kein Vorwurf.