Seite 2 Nr. 138

Nagoldcr TagblattDer Gesellschafter

Montag, 17. Juni 1829.

Für die Freiheit der Rheinlands

Kundgebung der Rheinländer in Stuttgart

Skuttgark. 18. Juni.

Die am Sonntag mittag 12 Uhr vom Reichsverband der Rheinländer anläßlich der 8. Iahrestagung veranstaltete Kundgebung sah Taufende von Männern und Frauen, wurde ein erhebendes Treübekennknis für die befehlen, Rheinlands und war ein eindringlicher Appell an die früheren Feindländer, an das Weltgewissen und an die deutsche Regierung, daß Rhein und Saar bald frei sem

^Ein"bunkes. farbenfrohes Bild bot sich bald auf dem Schloß­hof, als die Vertreter der Vaterländischen Verbände, die studentischen Verbindungen in Wichs, vor dem Portal des Neuen Schlosses Aufstellung genommen hatten. Das Musik- Korps des 1. Bataillons des Aeichswehr-Inf.-Regts. 13 un­ter Leitung von Obermusikmeister Müller hatte auf dem vor dem Portal errichteten Podium Aufstellung genommen und eröffnete die Feier mit einer musikalischen Darbietung, worauf die Kapelle im Verein mit dem Stuttgarter Lieder­kranz unter der trefflichen Stabführung ihres ersten Lhor- meislers Kies Beethovens .Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre" zum Vortrag brachten. Darauf nahm mit lebhaftem Beifall begrüßt, der württ. Staatspräsident Dr. Bol z. das Work zu seiner politischen Rede. Feierliche Stille lag auf dem Platz, als sodann die Reichswehrkapelle Wagners «Rheingold' trefflich zu Gehör brachte. Nach einem weiteren Gesangsvortrag des Stuttgarter Liederkranzes hielt der Vor­sitzende des Reichsverbanües der Rheinländer, Präsident Dr. Kaufmann, die Hauptrede. Schließlich wurde unter den begeisterten Zurufen der versammelten Männer und Frauen eine

Entschließung

angenommen, in der es heißt: .Zehn Jahre nach Verhängung des Friedensdiktats empfinden wir tief und bitter, wie stark auch heute noch der Geist eines harten und grausamen Rache­

friedens auf dem deutschen Volke lastet. Das Ergebnis der ln Paris zum Abschluß gebrachten Verhandlungen der Wirtschaftssachverständigen mit seinen uns auf das schwerste bedrückenden Forderungen werden wir nur dann mit gutem Gewissen gegenüber der Zukunst des deutschen Volkes auf uns nehmen können, wenn es seine Ergänzungen durch politische Verhandlungen findet. Diese müssen in gleichvec- söhnlichem Sinne wie jene geführt, Deutschland die Gleich- berechtigung unter den übrigen Kulturvölkern wiedergeben und ihm mit dem Vertrauen enkgegenkommen, das es nach seinen bisherigen Leistungen für die Wiederherstellung des Völkerfriedens verdient. Wir fordern als deutsches Recht die sofortige bedingungslose Räumung: die Ablehnung jeder Gegenleistung für den Abzug der Besetzung: die Ver- Weigerung jeder Art Sonderkontrolle.

Wir erwarten die sofortige Rückkehr des Saargebietes; die Zurückweisung jedes Gedankens an einen Saarfrei- staat nach Danziger Muster; die Verwerfung jeder wirt- schafts- und zollpolitischen Bindung des Saargebieles an Frankreich.

Wird so nach mehr als einem Jahrzehnt nach Niederlegung der Waffen ein wirklicher Anfang mit der Beendigung des Kriegszustandes gemacht, der in vollem Umfang spätestens im Jahre 1938 kommen muß, so wird damit ein großer und bedeutsamer Schritt zu einer wahren und dauernden Befrie­digung Europas zum Segen der Menschheit getan sein.'

Anschließend fand ein Empfang der Vorstände durch die Staatsregierung im Gebäude des Staatsministerium. Villa Reitzenskein, statt. Ein gemeinsames Mittagessen im Kur­saal Stuttgart-Cannstatt vereinigte die Festteilnehmer, die darauf eine Besichtigung der Schlösser Rofenstein und Wil­helms und der Gewächshäuser Vornahmen. -

legt, betont, daß sie der Negierung für jede andere Lösung der Finanzfrage dankbar sei.

Das Reichskabinett hat sich noch nicht mit dem Antrag beschäftigt. Vielleicht zögert man absichtlich mit den Be' ratungen, da Generaldirektor Dorpmüller erst Ansanz nächster Woche wieder in Berlin erwartet wird.

Zusammenbruch der Anklage gegen Roos

Besancon, 15. Juni. Mit der Vernehmung der Be- lastungszeugen, die am Freitag nachmittag fortgesetzt wird, will der Vorsitzende unter Beweis feststellen, daß der An- eklagte Roos den Pfarrer Gieflnger überhaupt nicht ge- annt habe, sondern daß sich der Briefwechsel nur zwischen Roos und Bongartz abgespielt habe, daß mithin die Aussage von Roos, Bongartz sei der Schreiber von Giesinger ge­wesen, erfunden sei. In der Reihe der Zeugen erregt mit seiner Aussage höchstes Aufsehen der Zeuge Friede!, ein Neffe Giesingers, er habe persönlich mit feinem Onkel, dem Pfarrer Giesinger, Bongartz einen Besuch abgestatket. Da­mit ist einwandfrei erwiesen, daß Gieflnger Bongartz sehr wohl kannte.

3m Saal bemerkt man bei den Aussagen Friedels all­gemeines Erstaunen. Der Staatsanwalt weiß sich selbst nicht mehr zu helfen. Rechtsanwalt Fourrier macht mit irom- fckem Lächeln den Geschworenen die ganze Tragweite dieser Aussage des von der Anklage geladenen Zeugen klar. Man hat den Eindruck, als ob die ganze Anklage allmäh- lich in sich zusammenfäll t.

Unter den weiteren Belastungszeugen, die am Freitag nachmittag vernommen wurden, ist H a e n g g i zu erwähnen. An den Ausspruch des Angeklagten Roos vor dem Schwur­gericht in Besancon: .Ich möchte jetzt gern wissen, worin das Komplott besteht, weswegen ich verfolgt werde?' anknüpfend drahtet der Berichterstatter des Pariser .Soir': Wo ist bei der ganzen Geschichte das Komplott? Am Freitag morgen erwartete man die Enthüllungen des berühmten Kommissars Bauer, der stundenlang im ersten Lolmarer Prozeß ge­sprochen und angeklagt hak. Bauer hak nun ausgrsagt, aber die einzige Ueberraschung. die er bereitet hak, war die Tatsache, daß er in vollkommener Ruhe seine Ueberflcht über dt« Heimakrechtsbewegung gab. Von der Rolle Roos', der immerhin hier Angeklagter ist, war kaum die Rede, von dem Komplott überhaupt nicht. - - -

Wirtschaftsfragen im Landtag

Stuttgart, 15. Juni.

In der Samstags-Sitzung des Landtags wurden die Kap. 6568 mit den Ausschuhanträgen angenommen. Nament­lich abgestimmt wurde ülvrr einen Ausschußantrag, die Ein­gabe der Südd. Siedlungsgenossenschaft betr. Bereitstellung staatlicher Mittel zur Erfüllung gemeinnütziger Siedlungs­aufgaben dem Staatsministerium mit dem Ersuchen zu über­geben, es möge mit der genannten Genossenschaft sofort Ver­handlungen aufnehmen und über das Ergebnis dem Land­tag berichten. Der Antrag wurde mit 33 gegen 26 Stimmen bei 6 Enthaltungen angenommen.

Die Aussprache galt heute hauptsächlich dem Kap. 67 (L an d e s g e w e r b e a m t). Der Abg. Weimer (S.) wünschte, daß das Reich bald ein Berufsausbildungsgefeg einbringe. Der Abg. König (Z.) sprach über die Bedeu­tung der milchwirtschaftlichen Lehr- und Forlchungsanstalt in Wangen, der Abg. Roth (Dem.) wünschte weitere finan­zielle Hilfe für das Technikum für Textilindustrie in Reut­lingen; der Abg. Herrmann (BB.) wandte sich gegen die Schikanen gegenüber den Landwirten bei den Nacheichungen. Wirtschaftsminister Dr. Beyerle erklärte, daß die Regie­rung die Förderung der heimischen Industrie und des Ge­werbes als eine hochwichtige Aufgabe anfehe und der ge­werblichen Weiterbildung volle Aufmerksamkeit schenke. Der Abg. Maier (DVp.) trat für den Handwerkerstand ein und geißelte scharf die Schwarzarbeit. Der Abg. Schef- fold (Z.) begründet einen Antrag, der sich gleichfalls gegen die Schwarzarbeit wendet. Auch der Abg. Dr. Hölscher (BB.) erklärte, daß dieser Unfug energisch bekämpft werden nnüsse, weil er das Gewerbe schädige.

Staatsrat Rau erklärte, die Bekämpfung dev Schwarz­arbeit sei sehr schwierig und könne nur durch das Zusam­mengehen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern unterbun­den werden. Die Anträge gegen die Schwarzarbeit wurden angenommen. Man trat dann noch in die Beratung von Kap. 6973 ein. Es gab dabei noch eine lange Aussprache über Fragen der Gewerbe- und Handelsaufsicht, der Sozialen und der Arbeitslosenfürsorge, wobei im großen und ganzen der Haltung des Wirtschaftsministeriums und der Nnter- behörden zugestimmt wurde. Die Beratung wird am Diens­tag nachmittag fortgesetzt.

Württemberg

Leichte Besserung am Arbeitsmarkt

Auch in der Berichkswoche hat sich eine geringe Entlastung des Arbeik-jmarkts fortgesetzt. Das Baugewerbe forderte in mäßigem Umfang Maurer an, der Bedarf konnte völlig ge­deckt werden. Bei den Bauhilfsarbeitern überwiegt das An­gebot von Arbeitskräften. Das Malergewerbe ist nicht sehr gut beschäftigt: di« Zahl der Stellesuchenden hat eine leichte Zunahme erfahren. In der Holzindustrie ist der Geschäfts­gang nach wie vor unbefriedigend. Verlangt werden tüch­tige Glaser (Rahmenmacher), außerdem besteht Nachfrage nach jüngeren Wagnern. Die Möbelindustrie forderte ein­zelne Spezialarbeiter an. Die Metallindustrie war nur auf­nahmefähig, soweit es sich um Flaschner und Installateurs handelt. In der Bekleidungsindustrie äußerte sich, soweit die Maßschneiderei in Frage kommt, ein faisonmäßiger Rück­gang der Aufträge, der Geschäftsgang in der Großkonfektion ist wenig belebt. Im Schuhmachergewerbe ist der Arbeits­markt etwas belebt, während der Geschäftsgang in der Schuhindustrie als durchaus schlecht bezeichnet werden muß. Die Karosseriesattlerei ist gut beschäftigt. Das Friseurgewerbe hat immer noch Bedarf an tüchtigen Damenfriseuren auf- zuweisen. Im Verkehrsgewerbe besteht kein nennenswerter Bedarf an Arbeitskräften, tüchtige zuverlässige Kraftfahrer

jlno gejucht. Das graphische Gewerbe ist in allen Berufen schlecht beschäftigt. Im Hotel- und Gastwirtsgewerbe hält die saisonmäßige Belebung des Arbeitsmarkts an, jüngere geschulte Köche wurden lebhaft verlangt. Kellner mit Sprachkenntnissen werden gesucht. Geschulte Servierfräu­lein sind ebenfalls gesucht. Die Arbeitsmarktlage im Nah­rungs- und Genußmittelgewerbe ist wenig belebt, die Zahl der Stellesuchenden überwiegt in allen Berufen. Die Land­wirtschaft hat stärkeren Bedarf an geschultem Personal auf­zuweisen, der nicht gedeckt werden konnte. Die Gärtnerei ist aufnahmefähig, soweit es sich um junge Gehilfen handelt, während ältere und verheiratete Gärtner äußerst schwer unterzubringen sind. Bei den weiblichen Angestellten war eine Nachfrage nach jugendlichen Kontoristinnen mit Büro­praxis zu beobachten. Sonstige weibliche Arbeitskräfte sind überwiegend vorhanden. Es herrscht in der Hauptsache Nachfrage nach Büglerinnen und Anlegerinnen für Buch­druck. Insgesamt ergaben sich 3818 Unterstützungs­empfänger

Skukkgark, 16. Juni.

Zweite Dienstprüfung für kakh. Volksschullehrer. Aus Grund der anfangs Juni abgehaltenen 2. Dienstprüfung für kath. Volksschullehrer sind zur Anstellung auf ständigen Lehrstellen für befähigt erklärt worden: 28 Lehrer und 13 Lehrerinnen.

Die erste deutsche Eigenheim-Tagung veranstaltet am 11., 12. und 13. Juli in Stuttgart derDeutsche Eigenheim- Verein der Gemeinschaft der Freunde', Wüstenrot, der in diesem Frühjahr auf eine fünfjährige Vereinskätigkeit zurückblicken kann.

Tübingen, 16. Juni. Von der Universität. Der Privatdozent für Pädagogik und Psychologie und Assistent am pädagogischen Seminar, Dr. Gerhard Pfahler, hat einen Ruf auf die erledigte Professur für Psychologie am Mecklenburg-Schwerinschen Päd. Institut in Rostock erhalten und angenommen.

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(Nachdruck verboten).

(Fortsetzung 19)

Sie kommt! Trotz allem, Trude zuliebe und im An­denken an Mutter, und auch für Vater würde sie dieses Opfer bringen, unserer Schwester dienstbar zu sein. Such sie! Vielleicht ist sie noch hier in der Stadt. Und dann besorg einen Wagen und laß sie hierherfahren. Ich glaube nicht, daß du sogar dazu fähig wärest, eine Güte, die sie unserer Schwester erweist, mit einer unschönen Handlung deinerseits zu vergelten."

Nein, nein! Darüber sei ganz beruhigt. Ich geh sie also holen, das heißt, zuerst suchen, und dann soll die Trude sie haben".

Aber alles Suchen war vergeblich. Vis spät in die Nacht wartet Trude Marbot aus die Frau ihres Bruders. Es blieb Ernst von Ebrach nichts anderes übrig, als ihr den wahren Sachverhalt mitzuteilen. Sie weinte leise und lehnte sich schutzsuchend an seine Schulter.

Nun ist Max verloren! Sie war sein guter Geist. Ohne daß er es wußte, war sie ihm der einzige Halt in all seinem Tun. Was noch Gutes an ihm war, das hat er nur ihr zu verdanken. Nun wird es abwärts mit ihm gehen. Denke daran, Ernst, daß ich es gesagt habe, daß es abwärts mit ihm geht."

Es brauchte langen Redens, bis Ernst die Schwester beruhigt hatte.

Erst gegen den frühen Morgen fanden sie beide Schlaf.

6 .

Die kleine Lore-Lies ging auf den Zehenspitzen. Karl von Ebrach hatte im Hofe eine Schütte Stroh auflegen lasten, damit das Gerassel der Wagen weniger hörbar wurde. Die Knechte waren beauftragt worden, jedes Peit­schenknallen und alles unnütze Rufen und Schreien nach Möglichkeit zu vermeiden. Der General klappte die Türe lautlos ins Schloß, und die Kathrin stellte den Kinder­wagen unter die äußersten Bäume des Gartens, damit das Weinen des Jungen nicht durch das Haus klang.

Denn droben im Giebelzimmer lag ein schwerkranker Mann: Heinz Marbot.

Auf dem Wege zur Station hatte ihn ein Blutsturz ! getroffen und dann noch einmal. Sein Leben war im Ver- s flattern. Die Aerzte es waren ihrer drei die Karl > von Ebrach zugezogen hatte, gaben jedwede Hoffnung auf. !

Die Kathrin ballte die Fäuste, wenn sie davon hörte. So oft die weiße Schwesternhaube über die Treppe nach der Küche herabgeflattert kam, um für den Kranken Milch oder Eis zu holen, hielt sie dieselbe fest.Eeht's bester heute Schwester Maria?"

Wie immer". Die Güte, welche in diesem Tone lag, war unerschöpflich.

Ist alles umsonst?"

Man darf nie zu hoffen aufhören".

Da haben sie recht", sagte die Kathrin und knüllte die Enden ihrer Schürze zusammen.Wenn's zu Ende ist, ist's zu Ende. Sieht jeder selbst, wenn's Schluß ist".

Lena ruhte seit zwei Tagen in einem großen, beque­men-Liegestuhl, den man unter den Schatten der Obst­bäume gestellt hatte. Immer mußte sie den Blick nach der Giebelstube richten. Woran mochte der arme Mensch den­ken? Wie mochte ihm zumute sein? Man hatte ihm nichts gesagt, daß Trude einen toten Knaben geboren hatte. So oft jemand zu ihm ins Zimmer trat, frugen seine Augen. Das Sprechen hatten ihm die Aerzte unter­sagt.Es ist alles beim alten, war die ewig gleiche Aus­kunft, die man ihm gab".

Ob er ihr Glauben schenkte. Ob ihn nicht eine innere Angst verzehrte, die seinem Zustande eher schädlich als nützlich war.

Der Schrecken, als man ihn von der Station herüber­brachte, wirkte heute noch in ihr nach. Es war gewesen, als hätte sein ganzes Herzblut den Weg durch seinen schmalen, bleichen Mund genommen. Die Türe ihres Zim­mers hatte zufällig offen gestanden, da sah sie ihn vor­beitragen, die Treppe hinauf nach der Giebelstube.

Sie hatte ihren Mann gebeten, ihm ein Zimmer im ersten Stock zu geben, aber der General war auf der Gie­belstube bestanden. Der Ruhe und der Absonderung we­gen.Du hast auch Rücksicht auf deine Kinder zu nehmen", war seine Erwiderung gewesen.

Eine komische Familie, die Ebrachs," pflegte die Kathrin zu sagen. Aber in den Stunden der Not waren sie doch eins. Sogar Karl sprach mit Güte und Nachsicht von dem Schwager und ging tagtäglich die drei Treppen hinauf, obwohl er sonst monatelang nicht nach der Gie-

I belstube gekommen war. Der General besuchte den Schwie- s gersohn dreimal des Tages. Durfte dieser auch nicht spre- > chen, so wollte er ihm doch zeigen, daß er nicht als frem- j der Mann einsam und verlassen unter seinem Dach lag. Gerda schickte Blumen in Uebermaß. Das ganze Haus duf­tete nach all den Blüten, die der Bediente täglich vom Mooshofe herüberbrachte.

Trotz alledem: das Schicksal Marbots war erbarmens­wert. Sie gaben ihn alle verloren. Man behandelte ihn bereits wie einen Sterbenden, dem man die letzten Le­benstage noch nach Möglichkeit verschönte.

Die Kathrin hatte wohl recht gehabt damals.Der Strick liegt ihm um den Hals. Immer ein bißchen weiter zu, bis er nicht mehr aus der Schlinge kann". Was würde Trude tun, wenn sie ohne jeden Schutz in der Welt stand ? Man mußte sie bitten, hierher zu kommen. Das Haus war groß, und Hunger brauchte sie keinesfalls zu leiden.

Lena sah ihren Mann über die Stufen kommen. Er bog die Zweige der Aprikosenspaliere zurück, die sich weit zur Seite neigten. Als sie nicht hielten, nahm er ein Stück Bast aus der Tasche und befestigte sie.

Sie hob beide Hände gegen ihn, daß sie ihn sprechen wolle.

Er ging trotzdem an ihr vorüber.Hernach, Lena! Der Kerl dort drüben hackt mir das Gras aus dem Ron­dell. als ob er einen Eichenwald auszuroden hätte, der Esel.".

Eine schwere Falte Zorns stand zwischen seinen Brauen Sie kannte das. In der Tat klang gleich darauf seine scheltende Stimme in scharfem Hellem Ton zu ihr her­über. Sie sah, wie er sich büate und dem Burschen An­weisung gab, wie es zumachen sei. Er war manchmal lä­cherlich kleinlich in Dingen, die so ganz und gar ohne jede Bedeutung waren, und sah etwas durch die Finger, was ein anderer scharf gerügt haben würde.

Der Bauer lag ihm nicht im Blute und war ihm nicht angeboren. Die Ebrachs waren nie hinter dem Pfluge hergegangen und nahmen sich im Sattel entschieden bester aus, als wenn sie in Hemdärmeln die Ernte auf die Wa­gen luden. Aber er hatte sich gut dareingefunden. Der Besitz blieb auf der Höhe. Er verlotterte nicht, wie sie wi Anfänge gefürchtet hatte. Dafür war sie ihm dankbar. Er sollte das Dutzend Söhne und Töchter haben, das er sich von ihr wünschte. Dann hatte er stets ein Ziel vor Au­gen und jemand, für den er schaffte.

Fortsetzung folgt.