Seite 2 — Nr. 134
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
Dienstag, 11. Juni 192g
gesehen, während jetzt der katholischen Kirche sehr weitgehende Sicherungen inForm eines Staaksvertrags gewährt werden sollen. Wese Sicherung ist von der evangeli- Ahen Kirche schon vor mehreren Jahren gefordert, von der preußischen Regierung aber verweigert worden. Der Ministerpräsident verschweigt ferner die Tatsache, daß der evangelischen Kirche durch die Staatsgesetze Bindungen Quferlegt wurden, die die katholische Kirche nicht kennt. Ferner übergeht Braun die Frage, inwieweit in dem Konkor- hat der katholischen Kirche über den Rahmen der Staaks- jbeiträg« für di« neu zu errichtenden zwei Bischofssitze und Her zwei Erzbischofssitze hinaus andere Sicherungen gewährt «er-en, für die auf evangelischer Seite die Parität fehlt.
^ henderson über bi« Politik der neuen Regierung
' London, 10. Juni. Außenminister Henderson erklärte einem Vertreter des „Daily HeraL" das Fe st halte« am Völkerbund sei einer der wesentlichsten Bestandteile der Politik der neuen Regierung. Mae Donald werde selbst auf der nächsten Versammlung in Genf erscheinen. Die Bande zwischen England und den LereinigtenStaa- ten sollen möglichst gestärkt und derKelloggvertrag voll wirksam gemacht werden. Die englische Regierung wünsche «ine möglichst bcttdig« Räumung des deutschen Gebiets, es müsse aber sorgsam erwogen werden, wie dies geschehen könne. — So ähnlich pflegte sich Chamberlajn auszusprechen. ,
Der Aufstand iu Persien
London. 10 Juni. „Times meldet aus Schivas ln Persien, daß die Stadt von aufständischen Stämmen so gut wie ein- geichlosien sei. Innerhalb der Stadt sind Regierungsstreit- kräfte zusammengezogen. Truppenverstärkungen seien im Anmarsch. — Der persische Aufstand richtet sich wie in As- ghanistan gegen übereilige europäische Reformen des Schahs.
Württemberg
Anrufung des Reichsstaalsgerichtshofs gegen die würtiembergische Regierung Stuttgart, 10. Juni. Die soz. Landtagsfraktion hat den
Staatsgprichtshof für das Reich angerusen und den Antrag gestellt, für Recht zu erkennen:
1. Es wird festgestellt: a) Das am 8. Juni 1928 von dem Staatspräsidenten Dr. Bolz gebildete Württ. Staats- Ministerium ist seit diesem Tag im Widerspruch mit der Vorschrift des 8 27 der württembergischen Verfassung vom 25. Sept. 1919 bzw. im Widerspruch mit Art. 17 Abs. 1 Satz 3 der Reichsoerfassung vom 11. August 1919 im Amt; eventuell: Das bezeichnet« Staatsministerium ist seit dem 19. April 1929 im Widerspruch mit den sogenannten Bestimmungen der Landes- und der Reichsverfassung im Amt. d) Der Kultminister Dr. Bazille ist seit 8. Juni 1928 im Widerspruch mit § 27 der württ. Verfassung bzw. im Widerspruch mit Art. 17 Abs. 1 Satz 3 der Reichsverfassung im Amt; eventuell: Der bezeichnete Minister ist seit 19. April 1929 im Widerspruch mit den genannten Versassungs- bestimmungen im Amt.
2. Es wird festgestellt: a) Der Abs. 3 der Geschäftsordnung des Württ. Landtags vom 26. Juni 1926 verstößt gegen § 19 der württ. Verfassung; eventuell: Die Anwendung des § 76 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Württ. Landtags verstößt bei Abstimmungen über Vertrauensvoten und Mißtrauensvoten gegen § 19 Abs. 1 Satz 2 dev Landesverfassung in Verbindung mit § 27 der württ. Verfassung und Art. 17 Satz 3 der Reichsverfassung, eventuell in Verbindung mit 8 28 der Landesverfassung, b) Das Abstimmungsergebnis über den Mißtrauensantrag der Deutschen Demokratischen Partei und der Deutschen Volkspartei gegen den Kultminister Dr. Bazille am 8. Juni 1928 bzw. am 19. April 1929 ist die Annahme des Miß- trauensantrags durch den Landtag.
3. Es wird festgestellt: Die von dem Mitglied des Landtags, Dr. Bazille, bei den Abstimmungen über die Mißtrauensvoten gegen den Kultminister am 8. Juni 1928 und am 19. April 1929 abgegebenen Stimmen werden nicht gezählt; eventuell die Stimmabgabe des Abgeordneten Dr. Bazille bei diesen Abstimmungen verstößt gegen die guten Sitten und ist nichtig.
Stuttgart, 10. Sunt. Neuverteilung der Landtagssihe. Der Landeswahlausschuß trat heut« vorm, unter dem Vorsitz de» stellv. Landeswahlleiters Regierunasrcrt Dr. Fetzer im Innenministerium zusammen, um auf Grund des Urteils des württ. Stoatsgerichtshofs vom 6. Juni ds Js. in der Wahl- «mfechtungssacke der Nationalsozialistischen Deutschen Arbei- terpartet und der Bolksrechtspartei (Reichspartei für Volks- recht und Aufwertung) das endgültige Ergebnis der württ. Landtagswahl vom 20. Mai 1928 neu festzusetzen. Die Prü- fung der Wahlziffern ergab die Notwendigkeit einer Neuverteilung der 50 Bezirkssitze, während sich bei den «rs die Landesvorschlagslisten zugeteiltetr 24 Sitzen keine Aenderung ergab, da die zum Zug kommenden neuen Parteien' die auf die Landessitze entfallende niedrigste Höchstzahl von 38 153 nicht erreichten. Von den 56 Bezirkssitzen erhiel- ten die Nationalsozialisten den 50., also einen Sitz, und die Volksrechtspartei den 26. und 56., also zwei Sitze. Darnach treten neu in den Landtag ein von den Nationalsozialisten Studienrat Eugen Mergenthaler in Korntal. gewählt in den verbundenen Bezirken Stuttgart-Eßlingen-Geislin- "ien- Kirchheim, und von der Bolksrechtspartei Rechtsanwalt
Eugen Hagel in Stuttgart, gewählt im Bezirk Tuttlingen, und Oberstudiendirektor Adolf Baus er in Nagold, gewählt im Bezirk Stuttgart. Aus dem Landtag scheiden dafür aus der Äbg. Christian Schepperte (Soz.), Sekretär
in Göppingen, der Abg. Jakob Hermann (Ztr.), Guts Achter in Hohenmühringen O.-A. Horb und Ernst Lückert (BB.), Laicknoirt in Winnenden.
Sind welkere Bestimmungen de, würkt. Landtagswahl, gesehe» verfassungswidrig? In der heutigen Sitzung des Landeswahlausschusses machte der Vorsitzende der Stuttgarter Zentrumspartei, Regierungsrat Walter, als Bei- itzer die bemerkenswert« Anregung, der Landeswahlaus- chuß möge bei der Staatsregierung darauf hinwirken, daß Las derzeitige Landtagswaylgesetz genau darauf durchgesehen werde, ob nicht noch sonstig^ Bestimmungen oor-
yanoen gmo, oie gegen rne plercysoersatzung verstoßen, damit bei einer künftigen Wahl es dem Land Württemberg erspart bleibe, evtl, eine Neuwahl vorzunehmen, die auch diesmal gedroht habe. Sehr zweifelhaft sei vor allem, ob es nach Reichsrecht zulässig ist, Landeslisten aufzustellen, die doch auch gegen die Unmittelbarkeit der Wahl, die durch Reichs- Verfassung verankert sei, verstoßen. Die 24 auf den Lan- deslisten gewählten Abgeordneten seien weniger gewählt, sondern mehr von den Parteien ernannt. Der stellv. Landeswahlleiter. Regierungsrat Dr. Fetz er, erklärte hiezu, daß die StaatsregierunH das Landtagswahlgesetz zur Zeit von sich aus auf seine Verfassungsmäßigkeit nachprüfe.
* Skuttgark, 10. Juni. Eine große Kundgebung gegen die Kriegsschuldlüge wird am 28. Juni (Unterzeichnung des Versailler Diktats) im ganzen Reich veranstaltet. Das Land Württemberg und die Stadt Stuttgart werden sich nach einem im Landtag von Vertretern der Regierung, des Parlaments, der Stadt, verschiedener Verbände einstimmig gefaßten Beschluß beteiligen. Im Schloß- hos findet abends 8 Uhr eine würdige Kundgebung statt.
Lage de, Arbettsmarkte» in Südwestdeutschland. Der Stand der Hauptunterstützungsempfänger am 5. Juni war folgender: In der oersicherungsmäßigen Arbeitslosenunterstützung 40962 Personen, in der Krisenunterstützung 9454 Personen. Die Gesamtzahl der Unterstützten fiel um 2437. Davon kamen auf Württemberg 12 621 gegen 13189, auf Baden 37 297 gegen 39 166. Im Gesamtbezirk des Landesarbeitsamts kamen am 5. Juni 1929 auf 1000 Einwohner 9,9 Hauptunterstützungsempfänger gegen 11,3 am 15. Mai und 10,4 am 29. Mai.
Deutsches Zimmerschühen-Bundesschießen. Am Sonntag fand die Preisverkeilung aus Anlaß des Deutschen Zimmer- schühen-Bundesschießens statt. Ein großer Teil der Ehrengaben ging nach München. Das nächste Bundesschießen im Jahr 1932 findet in Nürnberg statt. Die ersten Sieger find auf der Festscheibe Stuttgart Geiger- Schorndorf, bei den Meisterschaften für Zimmerstuhen Robert Kurz-Altbach, beim Gruppenschießen S ch i l l i n g - Schützen München, bei der Meisterschaft für Kleinkaliber Georg Paul- Stuttgart. . - .
Einweihung des Ehrenmals für die Kraftfahrkruppen. Zu den württ. Truppenverbänden und Waffengattungen, deren Gedächtnis in dem Ehrenhain der württ. Armee auf dem Waldsriedhof Gedenkzeichen gewidmet sind, gehören nun auch di« württ. Kraftfahrtruppen, für deren Gefallene am Sonntag vormittag unter großer Beteiligung ein schlichter Gedenkstein enthüllt wurde. Der Kriegskommandeur der württ. Kraftsahrertruppen, Hauptmann der Ldw. a. D. Teichmann, hielt die Festansprache. Als evangelischer Geistlicher sprach Kirchenrat M a u ch-Ludwigsburg, als katholischer Garnisonspfarrer Dr. Anker-Ulm. Direktor Aldinger übernahm das Denkmal in den Schutz und die Obhut der Stadt Stuttgart. Am Nachmittag trafen sich die Angehörigen der ehemaligen württ. Kraftfahrtruppen zu einem kameradschaftlichen Zusammensein in den Räumen des Parkrestaurants Silberburg.
Juuy« Schwanen. Seit Samstag tummeln sich auf dem Fenerse, drei niedliche „neugeborene" Schwanen, sorgsam bewacht von dem zärtlichen Elternpaar. Auch das Wildentenpaar hat seit etwa 14 Tagen drei Nachkommen zu betreuen.
Cannstatt. 10. Juni. Zwei Selb st morde. In einem Hause der Brunnenstraße wurde ein 47 Jahre alter Mann erhängt anfgefunden. Es liegt Selbstmord vor. — Heute vormittag verübte in einem Hause der Waiblinger Straße ein 56 Jahre alter Mann durch Einatmen von Gas Selbstmord.
Aus dem Lande
Heilbronn. 10. Juni. Todesfall. Am Sonntag vor- mittag ist der Senior der württembergischen Sozialdemokratie, Gustav Kittler, im Alter von nahezu 80 Jahren gestorben. Als erster Sozialdemokrat zog Kittler auf dem Hellbrauner Rathaus ein. Fast hatte er schon das 70. Lebensjahr erreicht, als ihn die Heilbronner in die Verfassunggebende Landesversammlung sandten, die Kittler als Alterspräsident eröffnete.
TKaichlngen. OA. Böblingen, 10. Juni. Stall glück. Im Stall des^Gottlieb Speer hat eine Kuh 3 gesunde Kälber zur Welt gebracht.
Kirchentellinsfurt O.-A. Tübingen, 10. Juni. Wahl. Bei der Wahl am Sonntag haben von 1377 Wahlberechtigten 1187 abgestimmt — 86,2 Prozent. Davon erhielt der bisherige Schultheiß Falch 1066 Stimmen. Unter Protest haben 94 abgestimmt. Ein hiesiger Bürger und ein bekannter deutscher Dichter erhielten je eine Stimme.
Freubenstadk, 10. Juni. Altschanzenwirt Gaiser ist seinen schweren Verletzungen erlegen.
Kleinschafhausen, OA. Laupheim, 10. Juni. Hier schlug der Blitz in das freistehende Stall- und Scheuergebäude von Wendelin Haus. Das Gebäude wurde vollständig zerstört, nur das Vieh konnte gerettet werden.
Derdingen. OA. Maulbronn, 10. Junk. Bilderfnnd. Der hiesige Orksgeistliche, Pfarrer Bosch, hak eine sehr wichtige Entdeckung gemacht. Schon seit langem vermutete erdaß im Chor der Kirche in Ilnterderdingen unter den über- tünchken Wänden alle Gemälde versteckt seien. Er setzte sich mit dem Landesamk für Denkmalspflege ln Skuttgark ln Verbindung. Nachdem ein Sachverständiger die Kirche besichtigt hatte, wurde Klrchenmaler Mayer aus Neuhausen beauftragt, die Gemälde bloßzolegen. Das Landesamk erklärte sich bereit, die anfallenden Kosten zu kragen. Mansch etwa sechswöchiger, mühevoller Arbeit zutage trat, war mehr, als man gehofft hatte. Der ganze Chor ist mit Gemälden eines Künstlers von hohem Rang ausgestattet. Sie sind zum größten Teil gut erhalten. Zu sehen ist die Verkündigung Christi, di« Begegnung der hl- Maria mit der hl. Elisabeth, die Geburt Christi, der bethlehemitische Kindermord, die Kreuzigung Christi u. a. Christi Grablegung ist nur noch teilweise zu sehen; ein anderes großes Bild, vermutlich die Gefangennahme Christi, ist verloren. Die Bilder stammen, wie die ebenfalls erhaltene Jahreszahl ausweist, aus dem Jahr 1380. In der Zeit der Bilderstürmer verlor man die Freuöe an den bunten Gemälden. So fuhr
der Pinselstrich des Malers auch über die Schöpfungen des Künstlers in der Unkerderdinger Kirche. Wie gut, daß er nur verbergen, aber nicht zerstören konnte.
Geislingen a. St.. 10. Juni. DieStadtvorstands- wähl ungültig. Wie die Geislinger Zeitung berichtet, ist die Stadtvorstandswahl von Geislingen von der Ministe- rialabteilung für Bezirks- und Körperschaftsverwaltung für ungültig erklärt worden.
Tübingen. 10. Juni. Chirurgenkagung. Die unter dem Borsitz von Prof. Kirschner in Tübingen stattfindende Tagung der Mittelrheinischen Chirurgenvereinigung wurde am 7. Juni eröffnet. Der erste Tag war ausgefüllt mit der Vorführung einer Reihe von Operationen durch Pro,i Kirschner aus den verschiedensten Gebieten der Chirurgie, wobei auch einige von Kirschner selbst angegebene operative Verfahren zur Geltung kamen. Der wissenschaftliche Teil der Verhandlungen, für den 26 Borträge angemeldet sind, fand am Samstag statt.
Pfullendorf, 10. Juni. (Schweres Omnibusunglück.) Auf der Rückfahrt von Ueberlingen nach Pfullendorf (Baden) fuhr ein mit einer Reisegesellschaft besetzter Omnibus eines Privatunternehmens auf einen Randstein und stürzte eine
Meter hohe Böschung hinab. Sämtliche 19 Insassen wurden verletzt. 5 schwer Verletzte wurden in das benachbarte Pfullendorfer Krankenhaus überführt, während die 14 leichter verletzten Personen von einem gerade unterwegs befindlichen Omnibus aus Kirchheim u. Teck nach Anlegung von Notverbänden in ihren Heimatort Grabenstetten befördert wurden. Der Führer selbst, der Schultheiß von Grabenstetten, blieb unverletzt. Der Wagen wurde beschädigt.
Böblingen, 10. Juni. Stadtvorstandswahl. Die Neuwahl des Stadtvorstandes hatte folgendes Ergebnis: Von 4845 Wahlberechtigten haben 3092 ab gestimmt, wovon 57 Stimmen ungültig sind. Der seitherige Stadtvorstand Kraut wurde mit 2770 Stimmen wiedergewählt. Der kommunistische Gemeinderat S ch r e i b e r - Stuttgart erhielt 265 Stimmen.
Friedrichshofen^ 10. Juni. Der Bodensee-Urmensch. Dr. Reinerth, Privatdozent am Urgeschichtlichen » Forschungsinstitut Tübingen, der zurzeit die vorgeschichtlichen Bodensee-Pfahlbausiedlungen bei Sipplingen zum erstenmich methodisch erforscht, konnte nun unzweifelhaft feststellen, daß das Binnenland des Schwäbischen Meeres schon um 8006 v. Chr. besiedelt war, also lange, bevor die Pfahlbauer am Bodensee Fuß faßten. Auf seinen planmäßig wissenschaftlichen Exkursionen ins Innere des Bodenseegebiets fand er Werkzeuge und Geräte aus Feuerstein, die nach der Technik ihrer Bearbeitung, wie nach Lage und Art der Fundstellen die gemachten Feststellungen beweisen.
Au- Stadt und Land
Nagold, den 11. Juni 1929.
Nicht auf Kerzen und Lampen kommt cs an, noch auf Sonne und Mond, sondern was nottut. ist einzig und allein, daß wir die rechte« Auge« haben, Gottes Herrlichkeit zu sehe«. Selma Lagerlös.
Dienftnachrichten.
Der Herr Staatspräsident hat auf das Forstamt Bietigheim den Forstmeister Rühm in Simmersfeld seinem Ansuchen entsprechend versetzt. — Die Bewerber um das Forstamt Simmersfeld haben sich binnen 14 Tagen bei der Forstdirektion zu melden.
Lerne Schwimmen!
Nachdem endlich der Frühling mit fast sommerlicher Wärme auch bei uns seinen Einzug gehalten hat, ist es an der Zeit, auf einen Sport zu verweisen, der wie kein anderer es verdient, während der warmen Jahreszeit gepflegt zu werden. Denn durch nichts wird die harmonische Ausbildung von Körper und Geist in dem Grade gefördert, wie es beim Schwimmen der Fall ist. Den meisten anderen Sportarten haftet der Nachteil an, daß sie nur einzelne Muskelpartien beanspruchen und ausbilden, was leicht zu einer gewissen Einseitigkeit führen kann. Dies fällt beim Schwimmen völlig fort, denn hier muß jeder Muskel des ganzen Körpers betätigt werden. Ist man über das Anfangsstadium der Schwimkunst hinaus gelangt, so wird man bald inne werden, wie das Schnellschwimmen. die Wasserspiele und dergleichen die Geschicklichkeit und Gewandtheit fördern.
Ein weiterer Vorteil liegt darin, daß dieser Sport infolge der dabei erforderlichen Entfernung aller lästigen Hüllen den Körper'mit der frischen Luft und dem kalten Wasser in unmittelbare Berührung bringt und Licht und Sonne direkt auf ihn einwirken läßt. Jedes dieser Momente führt zu größerer Abhärtung, Erhöhung des allgemeinen Wohlbefindens und Steigerung der Gesundheit überhaupt. Vor allem wichtig ist ,daß Herz und Lunge besonders beansprucht, dafür aber auch in erhöhtem Maße gestärkt werden. Der Sport führt zwangsläufig zu einer systematischen Atemgymnastik und zu dem so gesundheitsfördernden Tiefatmen und wirkt dadurch besonders wohltuend, daß dies dicht über der Wasseroberfläche erfolgt, wo die Luft frei von Bakterien und besonders sauerstoffreich ist. Mit Recht hat man das Schwimmen als den besten Helfer im Kampfe gegen Tuberkulose und Bleichsucht gepriesen.
Auch für die Entwicklung geistiger und seelischer Eigenschaften ist der Schwimmsport bedeutungsvoll. Die ersten Versuche des auf sich selbst gestellten Schwimmers verlangen Mut und Entschlossenheit. Sein Selbstvertrauen wird gestärkt werden, wenn er sieht, daß er den Gefahren des feuchten Elements gewachsen ist und sie durch Ausdauer und Geschicklichkeit zu überwinden vermag. Daneben ist die Gewöhnung an den Anblick des nackten Körpers in seiner Kraft und Gewandtheit, seiner Schönheit und Anmut geeignet, unser ästhetisches Empfinden zu entwickeln und auf eine höhere Stufe zu führen.
So gibt es mannigfache Gründe, die für die Ausübung und Forderung des Schwimmens sprechen und jedem dre Mahnung ans Herz legen: Lerne Schwimmen!
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