23. Mai 1S2S
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Freitag, dE 24. Mai 1929
F»r»lpr echer Nr. 2>
10S. Jahrgang
„Graf Zeppelin" wieder in Friedrichshafen
„Graf Zeppelin" zur Rückfahrt nach Friedrichshafen gestartet.
Toulon, 23. Mai. Nachdem sich die Passagiere um 19.30 Uhr an Bord des Luftschiffes „Graf Zeppelin" begeben hatten, erfolgte um 20.19 Uhr der Start, der glatt vonstatten ging. Das Luftschiff erhob sich bei gutem Wetter leicht und nahm Kurs auf Marseille. Zur Zeit weht ein leichter Südwind. Um 21 Uhr befand sich das Luftschiff bereits 20 Km. südlich von Toulon mit Kurs auf Marseille.
Seit den frühen Morgenstunden herrschte auf dem Flugplatz und in der näheren Umgebung ein gewaltiger Andrang von Schaulustigen, die mit Automobilen, Motorrädern, Rädern und zu Fuß von nah und fern herbeiströmten. Die Flugleitung hatte etwa 1000 Matrosen und Soldaten für die Abfahrt und den Ordnungsdienst bereitgestellt. Die Motoren wurden ausprobiert und arbeiteten zufriedenstellend. In den frühen Nachmittagsstunden lag das Luftschiff startbereit in der Halle. Um 5 Uhr traf Dr. Eckener auf dem Flugplatz ein. Um 6 Uhr hat die Besatzung des „Graf Zeppelin" unter Führung des 1. Offiziers Lehmann einen Kranz am Denkmal der Toten der „Dixmuiden" niedergelegt.
Friedrichshafen, 24. Mai. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" überflog um 1.05 Uhr Genf, um 1.35 Uhr Lausanne mit Kurs auf Freiburg in der Schweiz.
„Graf Zeppelin" in Friedrichshafen glatt gelandet.
Friedrichshafen, 24. Mai. Vorm. 7.30 Uhr. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" ist nach g-stiindiger Fahrt über Siidsrankreich und die Schweiz um 5.10 Uhr glatt in Friedrichshafen gelandet.
^ Die Württ. Regierung zur Frage des Lustschiffverkehrs
Skukkgo'k, 23. Mai 1929.
Im Finanzausschuß des württembergischen Landtags gab bei der Beratung über die Gewährung von 2 Millionen Mark durch den württ. Staat zum Bau einer neuen Luftschiffhalle in Friedrichshafen Wirtschaftsminister Dr. Deyerle folgende Erklärung ab: Wir wollen nicht leugnen, daß wir das Mißgeschick des „Graf Zeppelin" schmerzlich empfunden haben und daß manche in der Zu- verficht auf die Zukunft des lenkbaren Luftschiffes wan
kend geworden find. Aber wir haben kein Recht, wegen des Ausgangs dieser Fahrt an der Zukunft des Luftschiffs zu zweifeln. Es gibt kein Werkzeug des Verkehrs, das nicht Jahrzehnte gebraucht hätte, bis es zu einem zuverlässigen sicheren Verkehrsmittel entwickelt war. Und gerade auch die Entwicklung des Zeppelin-Luftschiffs zeigt über manche Rückschläge hinweg die unverkennbare Dorwäkrs- bewegung zu immer größerer Leistungsfähigkeit. Auch der Kampf, den am letzten Freitag das Luftschiff „Graf Zeppelin", seiner Maschinenkraft zum großen Teil beraubt^rmt schwerem Sturm zu bestehen hatte, darf trotz allem Mißgeschick als Probe seiner Bewegungsfähigkeit, seiner Widerstandskraft und seiner Sicherheit angesprochen werden. Voll höchster Achtung schauen wir auf die ausgezeichnete Leistung, die Führer und Mannschaft während des Schiffes während der Skurmsahrt bis zur endlichen glücklichen Landung bewiesen haben. Vorbildlich war das Verantwortungsbewußtsein, die Geschicklichkeit und zuversichtliche Ruhe des Führers Dr. Eckener und seiner Offiziere und ebenso vorbildlich die tapfere und treue Haltung der gesamten Schiffsmannschaft. Wir ehren Führer, Offiziere und Mannschaften des Schiffes ob ihrer ausgezeichneten Haltung und Leistung. Wir schließen uns auch dem Dank an, den die Reichsregierung durch den Reichsverkehrsminister Frankreich für die menschliche Anteilnahme und die tatkräftige großzügige Hilfe bei der Sturmfahrt des Luftschiffes abgestattet hat.
In unserem unbedingten Vertrauen auf die Zukunft des Werkes des Grafen Zeppelin wollen wir uns nicht erschüttern lassen. Wir wissen, daß alle Fortschritte, die die Menschheitsgeschichte aufweist, mit bitteren Opfern und Rückschlägen erkauft werden mußten. Ein anderes dürfen wir auch bei der Bezwingung der Luft nicht hoffen und nicht erwarten. Wir wollen, wie seither, tun. was an uns ist. um dem Werk des Grafen Zeppelin zum endgültigen Erfolg zu verhelfen.
Der Finanzausschuß hat den Beitrag von 2 Millionen Mark für den W e r f t e h a I l e n b a u in Friedrichshafen genehmigt und die Regierung ermächtigt, sofort einen Vorschußvon 600000 Mark aus- zubezahlen. Nach einer Mitteilung des Ministerialrats Dr. Staiger hält dos Reich seinen Beitrag von 4)4 Millionen Mark aufrecht. Davon werden 2)4 Millionen für 1929 und 2 Millionen für 1930 aufgebracht.
Der Kniff der Gläubiger
Die Pariser Sachverständigenkonferenz hat durch die Antwortnote der Gläubigergruppe wieder eine außerordenilich kritische Entwicklung genommen. Nicht mehr die Zahlungsbedingungen stehen im Vordergrund, sondern wieder die Summen, die Deutschland jährlich leisten soll. In der Unterredung Dr. Schachts mit dem zweiten französischen Sachverständigen Guesnay, einem sehr ehrgeizigen und eitlen Mann, am Dienstag war es dem letzteren noch nicht gelungen, Dr. Schacht für den inzwischen von den Verbandssachverständigen ausgeheckten Roßtäuscherkniff zu gewinnen.
Der Plan Owen Youngs war auf der Voraussetzung aufgebaut, daß er vom 1. April 1929 an gültig sein sollte. Das Kunststück besteht nun darin, daß dem Buchstaben nach zwar der Young-Plan von diesem Tag an laufen solle, in Wirklichkeit soll aber Deutschland noch bis 1. Januar 1SZ0 gemäß dem Dawesplan 2500 Millionen Goldmark weiter- bezahlcn, während die erste Poungsche Jahreszahlung nur 1675 Millionen betragen würde. Vom 1. Januar 1930 ab solle dann mit der zweiten Jahresleistung des Youngschen Plans begonnen werden. Da die erste Jahresleistung aber nicht ganz gedeckt wäre, würden die restlichen etwa 8Z0 Millionen Goldmark auf die verbleibenden 36 Jahresleistungen umgelegt. Mit anderen Worten: am 1. Januar 1SZ0 hätte auf diese Weise Deutschland etwa 850 Millionen mehr bezahlt, als es zu diesem Zeitpunkt nach dem Young- Plan zahlen müßte. Es blieben ihm aber zur vollständigen Abdeckung der ersten von den 36 Jahresleistungen (also der zweiten Youngzahlung, denn es sind ja im ganzen 37 Reparationsjahre vorgesehen) noch gleichfalls etwa 850 Millionen Goldmark zu zahlen übrig. Diese wären auf die 36 verbleibenden Jahresleistungen zu verteilen.
Durch diesen Schlich suchen die Gläubiger die 40 bis 50 Millionen jährlich mehr herauszubekommen, die sie zur Verteilung ihrer Beute nötig zu haben glauben. Die durchschnittlichen Youngschen Jahresleistungen von 2050 Millionen würden durch das Taschenspielerkunststück auf 2130 Millionen durchschnittlich erhöht. Außerdem bekämen sie eine große Summe für die sofortige Verteilung über die Möglichkeiten des Doung-Plans hinaus. Deutschland müßte also so die erste Jahre^leipung zur hülste doppelt zahlen. Der Hauptgrund, der für die Deutschen für ihre Annahme des Young-Vorschlags in Betrackt käme, wäre damit hinfällig: nämlich die gewünschte Enl- tastung für eine Reihe der ersten Leistunasiahre. um der
deutschen Wirtschaft und dem Staatshaushalt zunächst etwas Lust zu schaffen.
Die Sachlage ist nun die: die Gegner wollen tatsächlich die im Vorschlag Youngs angesetzte Entschädigungs- summenicht annehmen und sie bemänteln diese Tatsache durch die vorgenannten Klauseln und in der Hinterhand mit der Behauptung, die wesentlichen deutschen Vorbehalte seien für sie unannehmbar. Es herrscht auch noch keineswegs Klarheit über die Mark- forderungen der Belgier. Die Deutschen stehen auf dem Standpunkt, daß sie durch den Young-Plan mit erledigt seien, während die Verbündeten für diesen Zweck noch jährlich 25 Millionen Goldmark Herauspressen wollen. Eine weitere sehr schwierige Frage stellen die von Deutschland zu leistenden Beiträge für die geplante Zentralbank dar.
Die Forderungen der Gläubiger
Havas meldet, die Vertreter der Gläubigerstaaten haben sich bereit erklärt, folgende deutsche Leistungen anzunehmen:
1. 37. Jahreszahlungen von je 2050 Millionen für Reparationen (aber mit der Klausel des Fortbestehens des Dawesplans im ersten Jahr);
2. die Bezahlung der Verbandskriegsschulden in weiteren 22 Jahren;
3. Ersatz der während der deutschen Besetzung in Belgien ausgegebenen Markbanknoten:
4. Beitrag Deutschlands zur „Bank für internationale Zahlungen".
Die Gesamtzahlungen Deutschlands in 59 Jahren werden bei einem Zinssatz von 5)4 v. H. auf rund 37 000 Millionen Goldmark berechnet mit 37 Durchschnittsjahreszahlungen von 1988 Millionen (20,6 Milliarden für die Kriegsschulden und 12,3 Milliarden für Reparationen). Der „mobilisierbare" Teil soll in Kapstalswert 11 Milliarden Mark betragen.
Für die letzten 22 Iahre sollen die Jahreszahlungen (für Kriegsschulden) mit 1550 Millionen beginnen und bis 1700 Millionen im 19. Jahr ansteigen. In den letzten drei Jahren soll die Jahreszahlung auf 900 Millionen zurückgehen.
Die Befreiung der Reichsbahn von der Pfandbürgschast haben die Verbündeten abgelehnt, allerdings verlangen sie nur noch die zweite Hypothek. Angenommen ist der
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Am Freitag mittag werden im Reichsarbeiksministerium Schlichtungsverhandlungen im Lisenbahnerlohnstreit stattfinden. Da mit einer Einigung kaum zu rechnen ist. ist Vorsorge getroffen, daß sofort eine Schlichlungskammer mit je vier Vertretern der beiden Parteien zusammentreten kann.
Bei den Wahlen zu den Beamtenausschüssen der preußischen Schutzpolizei fielen in Berlin aus den republikanischen „Schcadec-Verband" 152. auf die freigewerkschafklichs Liste 32 Sitze. Zu den Ausschüßen der Polizeiossiziere und Polizeimeister fielen aus den Schraderverband 79, auf die Offiziersvereinigung und den Verband der mittleren Beamten 35 Vertreter.
40 reichsdeutsche Journalisten haben am 22. Mai von Berlin aus über Stettin eine Pressestudienfahrt nach Ostpreußen angetreten. ^
Bor dem Schiedsgericht in Washington begannen am 22. Mai die Verhandlungen über die Höhe der Entschädigungen für die im Krieg von den Amerikanern beschlagnahmten deutschen Handelsschiffe.
Die kleine Entente (Tschechoslowakei, Südslawien und Rumänien) hielt dieser Tage eine Besprechung ihrer Außenminister ln Belgrad ab. ln der u. a. das Verhältnis zu Sowjetrußland und ein engeres wirtschaftliches Zusammengehen der drei Länder zur Erörterung kam. Ende September d. I. sollen ihre wirtschaftlichen Sachverständigen in Prag zur Weiterberakung zusammenkreten.
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Der polnische Außenminister Zaleski ist am Donnerstag von Budapest nach Warschau zurückgereist. Zeitungsver- kretern gegenüber erklärte er. Polen habe niemals beabsich- tigt, dem kleinen Verband beizulreten, es wolle seine Selbständigkeit wahren. Aber es bestehen zu dem Verband die bestehen Beziehungen.
Der Führer der früheren Kroatischen Bauernpartei, Dr. Matschek, soll von der Belgrader Regierung in Agram verhaftet worden sein. Die allgemeine politische Lage wurde von den Ministern optimistisch beurteilt.
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In Berlin wird die Lage der Reparationskonferen; als sehr ernst betrachtet. Es sei anzunehmen, daß die deutsche« Sachverständigen die Forderungen der Verbündeten ablehnen werden, wenn nicht wesentliche Aenderungen vorgenommen werden. Zum Rachfolger Dr. Vöglers wurde Geheimrat Dr. kasil bestellt.
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Der amerikanische Senator Borah erklärte, Deutschland werde die Reparakionsanforderungen ohne neue Anleihen nicht ausbringen können, das müßte von Deutschland jetzt ausgesprochen werden.
Die Gesandten von Japan, Frankreich, England und Amerika haben dem Marschall Feng mitgeteilt, daß sie mit der von ihm in Peking eingesetzten Regierung keine Beziehungen unterhalten können, nachdem von ihre« Regierungen die Regierung in Ranking als chinesische haupt- rcgierung anerkannt worden sei.
Transferschutz, der Aenderungsvorbehalt für den Fall einer deutschen Wirtschaftskrise. Die andern Vorbehalte wurden größtenteils abgeändert, weitere sind offengelassen. Nichtzuge st anden wurde die deutsche Forderung, daß der transferfreie Teil der Zahlungen, der nach dem Youngplan mit 750 Mill. beginnen und bis 1000 Millionen fortschreiten soll, auf durchgehend 660 Millionen Mark herabgesetzt werde.
lieber die Zahlenfrage haben sich die Verbündeten absichtlich sehr unklar ausgedrückt: die deutsche Abordnung hat um Aufklärung ersuchr.
Dr. Vöqler tritt zurück
, Von Berlin wurde gestern halbamtlich in Abrede gestellt. ! daß der Hauptvertreter der Industrie in der deutschen Sach, s oerständigen-Abordnung, Generaldirektor Dr. Bögler, i seinen Auftrag niedergelegt habe. Es ist aber doch so. Dr. i Lögler ist von seiner Pfingstreise nicht mehr nach Poris zurückgekehrt. Er ist der unerschütterlichen Ueberzeugung, daß das deutsche Angebot von 1650 Millionen Mark Jahreszahlung auf 37 Jahre das äußerste darstelle, was Deutschland vielleicht unt 2 r größten Anstrengungen zu leisten imstande sei. Er glaubte, es mit seinein Gewissen . nicht mehr vereinbaren zu können, an Verhandlungen über s Forderungen teil.zunehmen, wie sie in der Antwort der > Gegner zutage getreten sind.