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Poftsch.-Kt». Stuttgart »11»

1V3. Jahrgang

Der^ wirtschaftliche

So nennt Sir Georg Paish, einer der bedeutendsten Wirtschaftsführer Englands, ehemals Ratgeber des Schatz­kanzlers und des Finanzministeriums, im Hinblick auf die neuerliche Tagung desBeratenden Wirtschafts­ausschusses" des Völkerbunds die heutige Wirt­schaftspolitik. Dieser Ausschuß bedauerte lebhaft, daß trotz der Vorschläge der Weltwirtschaftskonferenz 1927 nirgends die Zölle ermäßigt, dagegen in einer ganzen Reihe von Ländern erhöht worden sind. Die Wünsche auf Zollerhöhung spielen zurzeit auch in England eine große Rolle. Dem amerikanischen Abgeordnetenhaus ist am 7. Mai die neue Zollvorlage zugegangen, die für wei­tere Erzeugnisse eine wesentliche Zollerhöhung vorsieht (z. B. für Roheisen, obwohl Amerika herzlich wenig, näm­lich nur 0,37 v. H. seiner Erzeugung einführt).

Wie oft hat man doch vor diesem Schutzzollfimmel ge­warnt! Schon 1920 kam die Brüsseler Konferenz zu dem Ergebnis, daß man die Zollmauern abtragen müsse. Während der letzten acht Jahre hat die Internatio­nale Handelskammer in ihren Vollsitzungen in Rom, Brüssel und Stockholm immer wieder denselben Rat erteilt. Ebenso haben die großen Bankiers und Industriellen von Großbritannien, Europa und Amerika 1926 darauf hin­gewiesen, daß durch übermäßige Zölle der Handel bedenk­lich eingeschränkt werde. Dr. Leaf, der ehemalige Leiter der Westminster Bank, verspottete die Politiker Europas, sie hätten durch die Zölle und sonstigen Hemmnisse die Lahm­legung des Welthandels gründlich erreicht. Aber diese Poli­tik habe einen noch bedenklicheren Nachteil: sie bedeuteden wirtschaftlichen Selbstmord Europas".

Denn die heutige Zollpolitik führt zu immer größerer Verschuldung der Welt, zur Kreditbeschrän-

Selbstmord der Welt

! kung und Geldverknappung. Seit dem Kriege wurden nach und nach ungeheure, meist kurzfristige Kredite ausgenommen, Kredite, die nicht eingelöst werden konnten- Somit gingen die amerikanischen Kredite zurück, die Wert- ! Papiere stürzten, desgleichen die Warenpreise der Farmer, Pflanzer, Industriellen, Bergwerke gerieten immer tiefer in ! Schulden. Hätte die Welt ihre Zollschranken abgebaut, um ' oem Handel einen freieren Umlauf zu ermöglichen, als die > Kreditversorgung beschränkt wurde eine Tatsache, die seit s Jahresfrist immer deutlicher in Erscheinung tritt so wäre die gegenwärtige Lage weniger gefährlich. Wenn Güter und Arbeitsleistungen, mit Gütern und Arbeitsleistungen be­zahlt werden können, ist die Lage durch und durch gesund. Wenn man aber Güter verkaufen muß, um Kredit zu be­kommen oder einzulösen, dann wird die Lage des Käufers gefährlich.

Das gilt ganz besonders von der Landwirtschaft. Die Landwirte aller Länder, nicht nur Deutschlands, sind schwer verschuldet. Wenn sie nun ihre Erzeugnisse nicht in dem bisherigen Umfang verkaufen können, werden sie in große Schwierigkeiten geraten. Sie können nicht einmal den Industrien ihrer eigenen Länder abkaufen. Paish meint deshalb:Aus der Lage, in der wir uns jetzt befin­den, gibt es nur einen Ausweg: nämlich, es müssen die Vorschläge der W e l t w i r t s ch a f t s k o n f e r e nz ohne den geringen Aufschub in die Tat um­gefetzt werden, so d?.ß jedes Hindernis für den Handel beseitigt wird." Gewiß! Aber Deutschland kann nicht allein den Anfang machen. Sonst könnte es ihm in der Zollpolitik ^enau so ergehen, wie in der Rüstungsfrage. Da haben wir gründlich abgerüstet, aber die andern machen es uns nicht nach.

Neueste Nachrichten

Agrarische Anträge im Reichstag

Berlin, 20. Mai. Dem Reichstag sind vier gemeinschaft­liche Anträge der Deutschnationalen Volkspartei, der Christ­lich-nationalen Bauernpartei und der Gruppe Fehr zu­gegangen. Der erste Antrag verlangt die Herauf­setzung des Zollsatzes für ein Dz. Lebendgewicht bei'Rindvieh aui 38.50, bei Schafen auf 35, bei Schweinen auf 56 Mark, sowie eine entsprechende Heraufsetzung der Zollsätze für frisches und zubereitetes Fleisch: in Handels- vertragen sollen die Sätze mindestens betragen: 24.75, 22.50, 36 bezw. bei Fleisch 45 Mark. Der zweite Antrag fordert die volle Wiederinkraftsetzung des tz 12 desFleischbeschaugesetzes vom Jahr 1908. der >m Krieg wegen der Fleischnot außer Kraft gesetzt worden war und der eine scharfe Überwachung des Auslandviehs we- gen der Seuchengefahr anordnete. Der dritte Antrag ver­langt schärfere Durchführung bestehender Ueberwachungs- vorschriften in den Seegrenzschlachthäusern. Der vierte An­trag fordert die Aufhebung der gegenwärtig geltenden Zwischenzöllen für Getreide. Speck und Schmalz.

Verhandlungen im Reichsbahnkonflikt am 24. Mai

Berlin, 20. Mai. Die Besprechungen der Tarifparteien im Reichsbahnlohnstreik vor dem Schlichter Dr. Bölckers endeten damit, daß beschlossen wurde, am 24. Mai, vormit­tags 11 Ahr, im "Reichsarbeitsministerium noch einmal Zu­sammenkommen. In der Zwischenzeit wird jede Partei vier Beisitzer ernennen- damit, wenn in den neuen Verhand­lungen keine Einigung erzielt wird, sofort eine Schlichtungs­kammer eingesetzt werden kann.

Burgfrieden für den 28. Juni

Berlin. 20. Mai. Der Arbeitsausschuß Deutscher Ver­bände, der auf überparteilicher Grundlage Aufklärungs­arbeit über das Versailler Diktat und die Kriegs- fchuldlüge betreibt, hatte die mit ihm .zusammenarbei- tendsn Verbände zu einer Besprechung ringelnden, um die Einheitlichkeit und Ueberparteilichkeit der zum 28. Juni ge­planten Kundgebungen gegen das Versailler Diktat zu sichern. In der Aussprache würde Einmütigkeit darüber festgcstellt, daß dieser Tat die einheitliche Haltung des deut­lichen Volks dem Diktat gegenüber erkennen lassen müsse. Daber soll für die Veranstaltungen der sogenannteBurg­frieden" gelten, d. h. es sollen alle innerpolitischen, organi­satorischen oder persönlichen Angriffe in Reden und Ent­schlüssen vermieden werden. Am 28. Juni müsse jeder in­nere StreO vor der Bekundung des deutschen Willens nach außen zurücktreten.

Die neue Strafbestimmung für kindslötung

Berlin. 20. Mai. Der Strafrechtsausschuß des Reichs­tags hat den Paragraphen 252 der Strafprozeßordnung (Kindstötung) in folgender Fassung angenommen:Eine Mutter, die ihr Kind in oder gleich nach der Geburt tötet, wird mit Gefängnis nicht unter 6 Monaten bestraft. Der Versuch ist strafbar. In besonders schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus bis zu 10 Jahren."

Schwerer Elsenbahnunfall bei Würzburg

Zwischen Würzburg und Zeidingsfeld fuhr am Samstag abend 9.10 Ahr ein Schnellzug auf einen auf freier Strecke abgerissenen Züglest eines Gükerzugs auf. Die Maschine des Schnellzugs stürzte um. der Packwagen und ein Personen­wagen entgleisten. Vom Güterzug entgleisten 8 Wagen und wurden zum Teil umgestürzk, vier Wagen gerieten in Brand. Das Gleis wurde auf 150 Meter zerstört. Der Lokomotiv­führer des Schnellzugs und eine Reisende wurden leicht ver­letzt. Der Anfall ist dadurch entstanden, daß der betreffende Bahnbeamke -je Strecke vorzeitig freigegeben hatte.

Streik der Gemeindearbeiler in Frankfurt a. M.

Frankst,rt a. M., 20. Mai. Die Gemeinde- und Staats- arbeiter im Bereich des Rhein-Mainischen Bezirksarbeit­geberverbands haben den Schiedsspruch, der eine Lohn­erhöhung von 3 -Z pro Stunde vorsah, abgelehnt und sind am Samstag früh in den Streik getreten. Bon den 12 000 städtischen Arbeitern in Frankfurt streikten rund 75 Prozent. Die lebenswichtigen Betriebe werden bis jetzt noch nicht bestreikt, dagegen die städtischen Theater.

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, Lhamberlain will Außenminister bleiben

London. 20. Mai. In einer Wahlrede in Birmingham sagte Chamberlain, Erstminister Baldwin habe ihn gebeten. Außenminister zu bleiben, wenn die Konservativen bei der Wahl wieder siegen sollten. Er habe zugesagt.

Baldwin Sohn gegen Baldwin Baker

London, 20. Mai. Die Arbeiterpartei hat den Sohn des konservativen Erstministers Baldwin, Oliver Baldwin, für den Wahlkreis Dudley als Bewerber aufgestellt.

Für Deutschland bedauerlich

London, 20. Mai. Eine der führenden politischen Per­sönlichkeiten Englands sagte in einer Gesellschaft von Po­litikern verschiedener Länder:Für Deutschland ist die letzte Entwicklung der Abrüstungsfrage ja wohl bedauerlich. Aber wenn Deutschland versuchen sollte, aus dem eigenen Ab­gerüstetsein die gleichen Verpflichtungen für die Verbünde­ten herzuleiten, dann muß man mit einer brutalen Tatsache antworten. Nicht die Deutschen haben abgerüstet, sondern wir Verbündete haben sic abgeröfiet unter ungeheuren Op­fern an Menschenleben und Geld. Diese Opfer wollen wir nicht umsonst gebracht haben."

Die Engländer halten es also nicht mehr für nötig, die ohnedies nicht mehr haltbare Kriegsschuldlüge vor­zuschützen, sie arbeiten mitbrutalen Tatsachen", sei es bei der Abrüstungskomödie in Genf oder bei den Reparations- Verhandlungen in Paris.

Zur Lage in Kanton

London, 20. Mai.Times" berichtet: Widersprechende Meldungen sind über die Lage inKantonim Amlauf. Die Nachrichten aus Hongkong besagen, daß die Kantontruppen Erfolge an der Ostfront davongetragen haben. Aus Peking kommt jedoch der Bericht, daß die Kwangsitruppen Kanton besetzt haben.

Württemberg

Stnkkgark. 18. Mai.

Eingaben an den Landtag. In der Zeit vom 17. April bis 10. Mai sind beim Landtag 44 Eingaben eingekommen

Pressejubiläum. Der Landesverband der Presse Würt­tembergs und Hohenzollerns (Württ. Journalisten- und Schriftstellerverein) E. V. feiert am Samstag, den 1. Juni, abends 7.30, das 25jährige Bestehen durch einen Festabend im Kunstgebäude mit Aufführungen und Ball.

AusstellungFilm und Foto". Der Deutsche Werkbund veranstaltet vom 18. Mai bis 7. Juli in den Ausstellungs­hallen am Jnterimstheaterplatz eine Internationale Aus­stellungFilm und Foto", die aus Deutschland, Amerika, Frankreich, Holland, Rußland und der Schweiz beschickt wird.

Stuttgart. 28. Mai. Prüfung des Reisever­kehrs. Am die Zugstürke genau zu überwachen und sie dem stetig wechselnden Verkehrsbedürfnis schnell anpassen zu können, haben die Zugführer Anweisung erhalten mit An- terstützung der Schaffner ab 18. Mai 1929 Snmskaas. Sonn­tags und Dienstags regelmäßig bei ollen der Personen­beförderung dienen Zügen in dem Fahrberichk die Höchst­besetzung oorzukragen.

Ein gefährlicher Wohnungseinbrecher seslgenommen. Seit vorigen Sommer wurden in Stuttgart zahlreiche größere Wohnungsoinbrüche verübt. Die Kriminalpolizei er­mittelte nun kürzlich den Täter in der Person des 40jähri° gen geschiedenen Kaufmanns und ehemaligen Bankdirettors Iaroslaw Zahradnik aus Prag, der dann in Pforz­heim verhaftet werden konnte. Zahradnik hat in Stuttgart mindestens 10 Einbrüche, bei denen er größere Geldbeträge, Schmucksachen und dergl. stahl, eingestanden. Weitere Ein­brüche hat er in Pforzheim, Karlsruhe, Heidelberg, Mann­heim und Frankfurt a. M. verübt und zugegeben. Den größeren Teil der Diebesbeute hat er in Stuttgart abgesetzt. Zwei Hehler wurden verhaftet

In 24 Fällen Hot der 38 Jahre alte Gipser Karl Scharf aus Obereßlingen in Stuttaart und Umgebung Eindrücke in Sommer-, Garten- und Wockenendhäuschen verübt. Er konnte nun verhaftet werden. Von den gestohlenen Gegen­ständen war nur ein geringer Teil wieder beizubringen.

Göppingen, 17. Mai. Ausstellung Handwerk. In den Tagen vom 8. bis 24. Juni d. I. veranstaltet die Be­zirkshandwerkervereinigung in Göppingen eine Ausstel­lungHandwerk", ergänzt durch Kunstgewerbe, In-- ^ustrie und Handel der Stadt und des Bezirks. Das Hand­werk will mit erstklassiger Arbeit zeigen, daß es in der Lage ist, allen Ansprüchen in qualitativer und geschmacklicher Hin­sicht Rechnung zu tragen. Die Zahl der Aussteller beträgt heute schon etwa 250300. Während der Ausstellung fin­den ein Handwerkerfestzug und die Der bands­tage der Schmiede, sowie der Sattler, Polsterer und Ta­peziere in Göppingen statt. Außerdem sind vorgesehen em großes Feuerwerk, in sportlicher Hinsicht ein großer Städte­wettkampf, und schließlich wird auf der Freilichtbühne Göp­pingenDer Sonnenwirtle vno Ebersbach" gespielt.

Heilbronn, 18. Mai. Pfingsttrefsen der Padd­ler. Das Pfinasttreffen südwestdeutscher Paddler hat am Freitag seinen Anfang genommen. Etwa 70 besetzte Boote kamen den Neckar herab und machten hier Halt, lieber Pfingsten dürfte sich diese Zahl auf etwa 1500 erhöhen. Die Kanuleute nächtigen unter Zelten.

Oberkessach, OA. Künzelsau, 18. Mai. Schlechte Lage derLandwirtschaft. Ganz besonders stark wurde ein Erzeugnis unserer Gegend, der Grünkern, von einem Kon­junkturumschlag betroffen. Ein Anfangspreis von 40 RM. für den Zentner war Ursache einer Ueberproduktion. Aber bald war der Handel lahmgelegt. Der Preis sank um die Hälfte und der Grünkern wurde zurückgehalten. Durch be- oentlich wachsende Schuldenlast, zu der sich noch Zahlungs­aufforderungen für den Gemeindehaushalt gesellten, ge­zwungen, wurde in den letzten Tagen eine größere Menge um 20 RM. der Zentner verkauft.

Kochendorf OA. Neckarsulm, 20. Mai. Leichenlän- dung. Gestern wurde im Neckarkanal in einer Pappschach­tel ein neugeborenes Kind aus dem Wasser gelandet.

Friedric^hafen. 20. Mai. Leichenfund. In einer Tannenkultur im Seewald ist eine männliche, teilweise schon in Verwesung übergegangene Leiche aufgefunden worden, neben der ein Revolver lag. Die Ermittlungen haben er­geben, daß es sich um den 53 I. a. verh. Restaurateur Anton Hopfensitz aus Gmünd handelt, der seit Anfang April von dort bagängig ist.

Ostrach i. Hohen;., 20. Mai. Tödlicher Sturz. Philipp Bär. der am Blutfreitag zur Teilnahme an den Feierlichkeiten in Weingarten verweilte, stürzte bei der Heimfahrt m" seinem Fahrrad. Nach zeitweiliger Bewußt­losigkeit konnte er dann heimsahren. Inzwischen ist er an den Folgen des Sturzes gestorben. Er hinterläßk eine Witwe mit fünf unmündigen Kindern.