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Mit bell illustrierte» Beilage» „Feierstunde«"
.Uuiere Heimat". .Die Mode vom Tage"
8«jug«Prrise: Monatlich einschließlich Trägerlohn i.6g; Einzelnummer 10 -Z. — Erscheint an -idem Werktage. — Verbreitetste Zeitung im O.-L.-Bezirk Nagold. — Echriftleitung. Druck und Lerlag v. E. W. Zaiser (Karl Zaiser) Nagold
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Nr. 81
Gegründet 1827
Der Prozeß Langkopp
Berlin, 6. April. Die heutige Verhandlung im Prozeß Langkopp begann init einer scharfen Erklärung des Staatsanwalts. Der Sachverständige des Reichsfinanzministeriums, Dr. Lazarus, sei in den Gängen des Gerichtsgebäuves zu wiederholten Malen auf das schwerste beschimpft werden. Er müsse fordern, daß alle Beamten, auch die Sachverständigen, davor geschützt werden, daß die Ausübung ihrer Pflichten in irgend einer Weise beeinträchtigt werde. Nacy Pressemeldungen feie» in einer Sitzung von Ausländsdeutschen am Freitag wiederum die schwersten Beleidigungen gegen Dr. Lazarus ausgesprochen worden. Dabei seien auch die beiden von der Verteidigung genannten Sachverständigen Krapp und Major Schasfitzel beteiligt gewesen, was ihn veranlasse, diese beiden Sachverständigen abzulehnen. In der Versammlung solle ferner der Vorsitzende geäußert haben, das Urteil im Langkopp-Prozeß sei ja bereits fertig. Die beiden Sachverständigen hätten diesen Satz nicht nur durchgehen lassen, sondern ihn durch Kopfnicken bestätigt.
Major Schasfitzel und Herr Krapp erklärten übereinstimmend die Zeitungsberichte für falsch und absichtlich irreführend. Sie haben der Versammlung zwar beigewohnt, aber mit Rücksicht auf ihre Sachverständigentätigkeit sich besondere Zurückhaltung auferlegt und in ihren Aeußerungen auch daraus hingewiesen. Von den beanstandeten Aeußerungen sei ihnen nichts bekannt.
Der Vorsitzende bemerkte, es sei zweifelhaft, ob es zweckmäßig gewesen sei, während des Prozesses eine Versammlung des Reichsverbands der geschädigten Ausländsdeutschen abzuhalten. Der Zwischenfall war damit beigelegt unv es wurde in den Vernehmungen fortgesahren.
Evangelischer Reichs-Llterntag
Zn Breslau begann am 5. April der Evang. Aeichselkern- tag. Am Tag vorher fand unter starker Beteiligung der Erzieherkreise von der Dorfschule bis zur Hochschule und iu Anwesenheit zahlreicher Vertreter von Behörden und Bereinigungen auch des Auslands die religionspädagogische Konferenz der Gesellschaft für evangelische Pädagogik statt.
Die Verhandlungen, die Vizepräsident Dr. Wassner- Magdeburg leitete, beschäftigten sich mit der Bedeutung des Unbewußten für Lebensgestaltung und Erziehung. Professor O. G r u e h n - Berlin legte dar, in welchem Ilmfang das Unbewußte seine Herrschaft übt, nicht zum wenigsten aus dem Gebiet des religiösen Glaubens und der praktischen Wertung. Lic. Dr. D e l e k a t - Berlin ging in einem zweiten Vortrag der besonderen Frage nach, welche entscheidende Bedeutung dem Unbewußten im Bildungsprozeß znkomme.
In der Aussprache wurden insbesondere die Folgerungen erörtert, die sich vom Standpunkt der Tiefenpsychologie für pädagogische Grundfragen, wie Wachstum, Gemeinschaft, Lehrstoff, Disziplin usw. ergeben.
In dem Hauplkonvent berichtete der Geschäftsführer, Studienrat H e t e n b n r g - Berlin über die ausgebreikeke Vortragstätigkeit der Gesellschaft, ihre Wirksamkeit auf dem Gebiet der erzichungswissenschafklichen Beratung, ihre literarischen Veröffentlichungen usw. Er wies darauf hin, daß die Bestrebungen der Gesellschaft eine wachsende Förderung und Ausnahme i» der Öffentlichkeit finden.
Neue Nachrichten
Zar Boris in Berlin
Berlin, 7. April. König Boris von Bulgarien ist gestern inkognito in Berlin eingekroffen. — Der König sucht bekanntlich Heilung eines Ohrenleidens bei deutschen Aerzken.
Die Große Koalition — Umbildung der Rcichsregierung
Berlin, 7. April. Nachdem sich die Regierungsparteien über den Haushaltplan und die Deckung des Fehlbetrags geeinigt haben, wird Aach dem Lokalanzeigcr ein Ausschuß der fünf Fraktionen eingesetzt werden zur Durchführung der Großen Koalition, durch die das Zentrum wieder drei Reichsministerien erhalten soll. Osten vliebe noch die Forderung der Deutschen Volkspactei auf Ausdehnung der Großen Koalition auf Preußen.
Große Koalition in Mecklenburg-ölrelitz
Beu-Ltrelih, 7. April. Die Bildung einer Koalition zwischen Sozialdemokratie, Arbeitsgemeinschaft der Mitte (Handwerker und Demokraten) und Deutscher Bolkspartei ist grundsätzlich vereinbart. Es sollen zwei neue Armier geschaffen werden und je ein Demokrat und ein Volksparteiler als Staatsräte dem bisherigen alleinigen Staatsminister v. Reibnitz beigegcben werden.
Die Reichshilse für Ostpreußen
Berlin, 7. April. Die von der Reichsregierung vorgesehenen Hilfsmaßnahmen für Ostpreußen bestehen nach den Entwürfen, die noch der Zustimmung des Reichstags und des Reichsrats bedürfen, u. a. in Frachter mäßigun-
Montag, den 8. April 1S2S
Fernsprecher Nr. 2»
1V3. Jahrgang
Verrückte Forderungen
122,65 Milliarden Goldmark
Paris, 7. April. „Echo de Paris" giaubr über die Freitags-Verhandlungen der Sachverständigen Frankreichs, Englands, Italiens und Belgiens init Dr. Schacht berichten zu können, daß die Franzosen an ihrer Forderung auf Zahlung ihrer Schulden zuzüglich 50 Milliarden Franken als Entschädigung für den „Wiederaufbau" sesthielke». Dr. Schacht sei, als diese Ziffern der Franzosen mitgeteilt worden seien, aufs höchste erstaunt gewesen. Es sei wenig wahrscheinlich, daß die Deutschen und die Hauptgläubiger sich von selbst verständigen; der Unterschied sei zu groß. Der amerikanische Schiedsrichter Owen Aoung werde nun folgenden Plan empfehlen: Zwei Iahreszahlungen von je 1700 Millionen Goldmark, drei Jcchreszahlungen von je 1900 Millionen Goldmark. 32 Iahreszahlungen von je 2100 Millionen Goldmark. Durch diese S7 Zahlungen im Gesamtbetrag von 87,2 Milliarden Goldmark würden aber nur die Forderungen der Gläubiger wegen der Reparationen im eigentlichen Sinn des Worts getilgt werden. Vom 37. bis zum 5 9. Jahr würde man von Deutschland die Begleichung der an Amerika zu lei st enden Zahlungen verlangen.
Die Summe, die die vier Gläubigerstaaten fordern,
wird vom Matin angegeben, der erklärt, man >ehe nicht ein, wie die verbündeten Sachverständige» die Regierungen und Parlamente ihrer Länder veranlassen könnten, eine Jahreszahsting von weniger als 1300 Millionen Mark anzunehmen, wovon 900 Millionen Mark als Reparation dienen, eine Summe, die nach 37 Jahren in Wegfall käme. Die andern 900 Millionen Mark würden die Iahreszahlungen zur Tilgung der Verbandsschulden darstellen. Diei'c letzteren Zahlungen würden in 12 Jahren auf 1700 Millionen steigen und 53 Jahre lang zahlbar sein, falls nicht, wie wahrscheinlich, vorher eine Regelung mit Amerika getroffen werde. Diese Zahlen seien nicht dazu angetan, die deutsche Oefiemlichkeii in Bestürzung zu versetzen (!). Im Gegenteil, sie lägen „merklich unter den Ziffern des Dawesplans". Sie stellten während der ersten 37 Jahre eine durchschnittliche Iah-cszahl von etwa 2 350 Millionen Mark und während der letzten 21 Jahre eine solche von 1 7 0 0 Millionen Mark dar.
Die vom „Matin" angeführten Zahlen stellen ohne Zweifel die tatsächlichen Forderungen Frankreichs und seiner Verbündeten Lar; sie machen zusammen 122,65 Milliarden Goldmark aus.
Wieder General Le Rond
Mit den Stimmen Englands, Frankreichs und Polens ist General Le Rond, der französische Parteigänger Polens in den Abstimmungskämpfen um Oberschlesien, zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Dan- ziger Werft gewählt worden. Die Danziger Werft, die aus der ehemaligen kaiserlichen Werft hervorgegangen ist und unter dem Druck des Versailler Diktats „internationalisiert" wurde, ist das wichtigste marinetechnische Unternehmen Danzigs. Sie ist zu -10 Prozent in den Händen Frankreichs und zu 40 Prozent in den Händen Englands; Polen ist mit 60 Prozent beteiligt und Danzig, dem eigentlich die Werft gehören sollte, muß sich mit den restlichen 10 Prozent begnügen. Es ist wohl nicht daran zu zweifeln, daß General Le Rond nicht an die Spitze des Aufsichtsrates auf Grund irgendwelcher wirtschaftlicher Befähigungen gestellt worden ist. Es handelt sich mehr um einen politischen Akt. Le Rond gilt als ein französischer Offizier mit besonderen diplomatischen Talenten. Er ist auch nach seiner verhängnisvollen Tätigkeit als Kommandeur der französischen Besatzungstruppen in Oberschlesien im Osten tätig gewesen. Er ist zwischen Warschau, Prag, Bukarest und Belgrad viel hin- und hergereist. Er war an dem Zustandekommen des polnisch-rumänischen Militäroertrags beteiligt, der durch genaue Angaben über die Hilfe ergänzt ist, die Frankreich in den Fällen eines Zusammenstoßes der beiden Oststaaten mit Deutschland oder Rußland zu gewähren verspricht. Die Tätigkeit Le Rands in den Oststaaten ist besonders genau von Moskau aus verfolgt worden. Die größte sowjetrussische Militärzeitung glaubt auch geheime Verträge über Aufmarschpläne veröffentlichen zu können, deren weitere Ausarbeitung unter der Oberleitung des Generals Le Rond vor sich gehen sollte. Man kann ihn als den Sachverwalter der französischen Militärpolitik im Osten bezeichnen. Als solcher ist er jetzt auch an die Spitze des Aufsichtsrats der Danziger Werst gewählt worden.
Was in Polen „staatsfeindlich" ist
In den Minderheikenskreit in Polen ist eine ganz neue Sache hineingetragen worden. Es gibt in Polen ein Gesetz, das die einzelnen Gemeinden ermächtigt, ihr Gebiet trocken zu legen", d- b- den Verkauf von alkoholhaltigen Gekränken
M verbieten, wenn die Mehrheit der Einwohner in einer Abstimmung diesen Wunsch ausdrückt. Von diesem Recht haben in den letzten Monaten u. o. 78 Gemeinden eines ukrainisch-galizischen Bezirks Gebrauch gemacht und die Mehrheit stimmte für die .Prohibition", d. h. das Alkoholverbot. Di« fast ausschließlich polnischen und jüdischen Inhaber der Schankstäkten erhoben aber bei -er Bezirkshauptmannschaft Klage. Der Bezirkshauptmann berief eine Versammlung der Gemeindevorsiände ein und erkärte, daß er die Trockenlegung bekämpfen werde. Das Verhalten des Bezirkshaupkmanns gab der Ilndo — Ukrainische nationaldemokratische Organisation — Anlaß zu einer Anfrage im Sejm (Landtag). Der Minister des Innern roch den Braten, den die wässerigen ukrainischen Gemeinden dem polnischen Staat da zubereiten wollten, und er antwortete so:
Die Prohibitionsbestrebungen in den ukrainischen Gegenden seien als staatsfeindliche Handlung zu bewerten, da sie dem Staat die Monopolerträge entzögen und die vornehmlich nichtukroinischcn Konzessionsinhaber ihrer Einnahmen beraubten. Die Abstimmungen in den Gemeinden seien unter den: Druck der ukrainischen nationalen Vereinigungen erfolgt und seien durch die Werbearbeit der ukrainisch-nationalen Presse vorbereitet worden. Dadurch erhalte die Angelegenheit ein national-politisches Gesicht. Der Bezirkshauptmann sei im Recht, wenn er die Prohibition im Interesse des Skaates unterdrücke.
Dazu wäre zunächst zu sagen, daß das polnische Parlament, als es dem bewußten Gesetz zustimmke, offenbar eine .staatsfeindliche" oder zumindest .den Staatsfinanzen abträgliche Handlung" begangen hak; damals scheint das ganze Ministerium nichts dergleichen empfunden zu haben. Die Bekämpfung des Alkoholismus war ihm offenbar wichtiger als der Ausfall an Erträgnissen des Spirikusmvnopols, zumal diese Einbuße ausgewogen werden kan» durch Ersparnisse bei der Fürsorge für die Alkoholiker usw. Rach der Ansicht des Ministers des Innern und auch des Ministers des Aeußern müssen sich die Fremdvölker in Polen dem Skaatsvolk assimilieren. Huldigen die Polen dem Schnaps, so haben die Muß-Polen die Pflicht, ihrem Beispiel nachzueifern. Schnapskrinken ist ein Zeichen von Ergebenheit für den polnischen Staat!
gen auf drei Jahre (jährlich 10 Millionen Mark), Erleichterungen der Secsahrtabgaben, ebenfalls auf drei Jahre (je 300 000 Mark), in einer 'Aufwendung zur Stützung der Kleinbahnen von rund 1,7 Million Mark. Von den vom Reich gewährten Siedlungsbeihilfcn im Gesamtbetrag von -50 Millionen Mark sollen 20 Millionen Mark für Ostpreußen vorweg flüssig gemacht werden: außerdem zusätzlich weitere 13 Millionen Mark hauptsächlich für Anliegersiedlungen; für den Betriebserhaltungsfonds 3 Millionen Mark, für Zinserleichterungen 3 Millionen Mark, für die Erleichterung der Kammun allast en 7 Millionen Mark Der weiteren find Garantien in Höhe von 70 bis 80 Millionen Mark ausgewiesen zur Umschuldung für das Handwerk, die Kleinbauern und die Fisä-erei.
Für konfessionellen Frieden
Berlin, 7. April. Unter Beteiligung namhafter Persönlichkeiten aus dem evangelischen und aus dem katholischen Lager ist ein paritätischer Ausgleichsausschuß ins Leben getreten, der die Aufgabe hat, bei Grenz- oder Streitfragen zwischen den beiden großen christlichen Konfessionen seinen vermittelnden Einfluß geltend zu machen. Den: Ausschuß
gehören an von evangelischer Seite: Studiendirektor O. Fahrenhorst-Berlin, Prof. 1). Hermelink-Marburg, Kirchenrat v. Kübel-Frankfurt a. M., Prof. O. Mulert-Kiel, Prof. O. Rade-Marburg, Pfarrer l). Schubert-Berlin, Prof. Dr. Siegmund Schultze-Berlin, Reichsgerichtspräsident a. D. Dr. Simons-Leipzig, Geheimer Regierungsrar Titlich-Berlin. Von katholischer Seite: Reichsminister a. D. Dr. Brauns-Berlin, Reichsminister a. D. Dr Giesberts-Verlin, Regierungsdireklor Dr. Heß-Ahrweiler, Schriftsteller Ioos- M.-Gladbach, Prälat Prof. Dr. Lauscher-Bonn, Dompropst Prof. Dr. Mausbach-Münster. Ministerpräsident a. D. Dr. Stegerwaid-Berlin, Reichsgeneralsekretär Dr. Wockel-Bertin, Frl. Dr. Wingerath-Köln, Frau Oberstudienrätin Wronka- Allenstein. Wie verlautet, wird der Ausschuß noch im Lauf» dieses Monats seine Tätigkeit aufnehmen.
Reue Anschlußverhandlungen Lippes
Bückeburg, 7. April. Der Schaumburg-Lippesche Landtag hat in einer Entschließung die Regierung ermächtigt, mit der preußischen Regierung neue Verhandlungen über den Anschluß des Landes an Preußen aufzunehmen. — Bei den ersten Verhandlungen Halle Schaumburg-Lippe seinerzeit gr-