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Nagold« r TagblattDer EejrÜschajter"

Freitag. 5. AprU 1S2L

Heimatabend, veranstaltet i» ö^r Stadt. Turn- und Fest­halle von der Uracher HeimatzeitungDer Ermstalbote", die in diesem Jahr auf ein lOOjähriges Bestehen zurückblickt. Alle diese Veranstaltungen werden umrahmt und durchfloch­ten sein von Darbietungen der hiesigen Turn- und Sport­vereine, der Gesangvereine und der Stadtkapelle, sowie van Feuerwerken. Häuserbeleuchtungen und Schaufensterwett­bewerben. Alles in allem genommen ein Programm, das sich neben dem in anderen Städten, die im letzten Jahr derartige Heimatwochen veranstalteten, wohl sehen lassen darf. Zieht man dazu noch in Betracht, was Urach und seine Umgebung an Naturschönheiten bieten, so darf sicher an diesen Tagen mit einer großen Besucherzahl aus allen Kauen unseres Landes im schönen Ermstal gerechnet «erden. ,

M». 4. April. Kart,. L e h r e r v e r e i n. Gestern nachmittag begann die 29. Vollversammlung des Kath. Lehrervereins unter dem Borsitz des Mittelschuloberlehrers May er. Stuttgart. Hauptlehrer Schweizer-Degen- seld berichtete über die LgMehrerfroge. Er verlangte haupt­sächlich die Uebernahme der Schullasten aus den Staat.

Die Eingemeindungssrage und der 1. April. Ein Neu- Ulmer Blatt hatte auf den 1 Avril eine öffentliche Ver­sammlung zur Erörterung der Eingemeindungssrage an­gekündigt. Es handelte sich jedoch um einen Aprilscherz. Es »aren Äer nicht nur zahlreiche Einwohner von Neu-Ulm «schienen, sondern auch solche aus den Bororten und sogar einige Ulmer Gemeinderäte.

»eutllngen. 4. April. Ein Hochhaus. Das von Architekt Knecht projektierte Hochhaus am Albtorplatz hat nun »ie Genehmigung des Gemeinderats und des Landesamts !sür Denkmalpflege gesunden. Der Bau wird 27 Meter hoch vnd erhält im Erdgeschoß Ladenräumlichkeiten und in den sieben Stockwerken Räume für Büro- und Wohnzwecke.

hechingeu. 4. April. Ein begehrter Posten.

S7 Bewerber um den Bürgermeisterposten in Hechingei/i ^aben sich gemeldet, darunter 5 aus Hohenzollern: Verlegei ' riedrich Wallishauser -Hechingen, Filialdirektor Will» ia u r-Hechingen, Bürgermeister B a u s i n g e r - Haiger loch. Diplom-Bolkswirt Beck-Bisingen und Diplom-Bolks- »irt G S g g e l - Hechingen.

Aus Stadt und Land

Nagold, den 5 April 1929. Der Versucher geht um: Verkaufe mir deine Ge­sinnung. und du bekommst ein Amt.

Ewigkeit tut not"

ep. Unter dieser Spitzmarke wurden folgende bemerkens­werte Ausführungen von Prof. Dr. Hellpach, dem be- kannten Politiker und ehemaligen badischen Staatspräsiden­ten, der Oeffentlichkeit übergehen:

Ewigkeit tut not. Dies Dasein, an sich betrachtet, ist gänz­lich sinntos und damit wertlos, und keine noch so gespreizte .Lebensphilosophie" vermag daran das mindeste zu ändern. In diesem Leben gehen viele Gute und Redliche zugrunde, nichi nur obwohl, sondern ost auch, weil sie gut und redlich sind. Wertvolle Geister werden mitten aus dem reichsten Schassen durch den Stich eines Insekts, durch die Unachtsam­keit eines Kraftwagens, durch eine zufällige Grippekompli- kation in den Tod gerissen. Ehen zwischen Menschen, die nur Bestes zu vererben hätten, sind mit Unfruchtbarkeit ge­schlagen, aber Säufer und Schwachsinnige, Syphilitiker und Narren pflanzen sich zehnfültig fort. Kleinhirnige Stre­ber sind in hohen Stellungen, Gesinnungslumpen bringen es zu Geld und Geltung, leere Modepuppen heiraten, wäh­rend neben ihnen edelste Frauennaturen in einer beruflich mühsam verschleierten Altjungfernschaft verblühen. Die Sinnlosigkeit des Lebens, seine Zufälligkeit und Gemeinheit wird um so erschütternder, je näher und je kundiger man es betrachtet: wieviele Aerzte und Anwälte, die stündlich in die letzten Tiefen des Morastes blicken und greifen müssen, wissen sich dem chronischen Erlebnis nur durch einen alles verachtenden und belächelnden Zynismus zu entziehen! Ts gibt keinen Sinn, der in dieser Daseinswirrnis selber liegen könnte, einen solchen ausgraben zu wollen, ist verlorene Liebesmüh', er muß irgendwo darüber walten, jenseits de« Irdischen. Nur die Gewißheit des Ewigen stellt den Men­schen fest in die Zeitlichkeit und rüstet ihn mit den Kräften aus, in dieser Zeit übers Einzelne und Kurzlebige hinan» p» wirken.

Vom Rathaus

Zur Wahl eines neuen Stadtbaumeisters.

Wer die Wahl hat, hat die Qual" konnte wohl ge­stern der Eemeinderat als Motto über seine Sitzung schrei­ben, in der sich von den 22 Bewerbern um die Stadtbau­meisterstelle die 5 Herren der engsten Wahl persönlich vor­stellten. Entsprechend der Vielseitigkeit des Amtes und der Verantwortung, die auf ihm lastet, hatten sich für den Po­sten auch nur die besten Kräfte beworben, unter denen die Auswahl zu treffen, keine Kleinigkeit war, wenigstens wenn man sich vornimmt, unbedingt gerecht gegenüber den Persönlichkeiten und dem Können der Bewerber zu sein. Und doch kann man bei dem Eegenüberstellen aller Ein­zelheiten nicht mathematisch behaupten, dieser ist der Ge­eignetste od. jener, ein wenig Glück gehört zweifellos dazu. Der Lebens- und Werdegang der einzelnen Bewerber sei hier kurz u. auszugsweise skizziert: Baumeister Benz, Eottl., 35 2. alt, cv., verh., v. Aidlingen OA. Böblingen ist z. Zt. beim Straßen- u. Wasserbauamt in Gmünd tätig. Er legte seine Examina (Baum. u. Wasserbau) mit 3a und 2b ab, war teilweise selbständiger Architekt, sodann als Bauingenieur einige Jahre in Südamerika, wo er reichste Erfahrung in allen Zweigen des Bauberufes sammelte und hielt sich 3 Monate studienhalber in Nordamerika auf. Note: besonders erfahren im Straßen- und Tiefbau, im Hochbau soweit er als Architekt damit zu tun hatte. Baumeister Mergenthals r, 33 Jahre alt, evang., verheiratet, Sohn des Ecmeindepflegers in Mühlhausen OA. Stuttgart, besuchte die Volksschule, lernte das Stein­hauerhandwerk, war während der Krieges Pionier, legte seine Examina mit 3b und 2b, arbeitete 6 Jahre bei Reg.- Baumeister Hausmann-Stuttgart und ist seit 1 Jahr in Heilbronn tätig, wo er sich imbesonderen im Straßen- und Kanalbau betätigte. Baumeister Oelmeier, 33 Jahre alt, evang., verh., Sohn eines Baumeisters in Bi- berach, praktizierte als Maurer, mittl. Reise Examina 1K und 1 a. arbeitete im väterl. Geschäft und bei anderen Ar- chlterren und ist nunmehr 7 Jahre im Eemeindedienst Bi- berach. Baumeister Häusermann, 30 2. alt, ev.. verh., besuchte die Realschule, war tätig beim Vermessungs­amt und Tiefbauamt in Heilbronn, Forstdirektion Stutt­gart, Bez.-Bauamt Heilronn, versah verschiedene Stellun­gen in privaten Geschäften und ist seit 1928 beim Stadt­bauamt in Urach im Dienst. Prüfungen mit 3s. Bau­meister Weber, 32 2ahre alt, ev., verh., besuchte die Re­alschule, war im väterlichen Geschäft (Königsbronn) tätig, diente während des Krieges als Pionier, bestand seine Prüfungen mit 2b, arbeitete beim Oberamtsbaumeister in Großbottwar, war außer bei Fabrikneubauten auch bei Ei­senbahnbauten tätig und ist seit 1926 bei der Kurverwal­tung Mergentheim als leitender Baumeister angestellt.

In geheimer Sitzung wurden die einzelnen Bewerber nochmals durchgesprochcn. Gewählt wurde in geheimer Wahl Baumeister Benz aus Gmünd. Die Tätig­keit des nunmehr Gewählten besteht vorerst in einer halb­jährigen Stellvertretung des Stadtbaumeisters. Nach des­sen Pensionierung im Herbst dieses 2ahres rückt der Stell­vertreter bei Eignung und Bewährung in die Stelle des Stadtbaumeisters auf. Wir gratulieren Herrn Baumeister Benz und wünschen, daß der Eemeinderat einen glückhaf­ten Griff getan hat zum Wähle unserer Vaterstadt Na- gold.

Der Hagelschaden im Oberamt Ragold im Jahre 1828.

Bis auf 12 Bezirke, davon 8 im ehemaligen Neckar­kreis, sind im 2ahre 1928 alle württembergischen Ober­ämter einschl. Stuttgart-Stadt von Hagel betroffen wor­den. 2n ihnen find 482 Gemeinden und Teilgemeinden vom Hagel heimgesucht worden. Die verhagelte landwirt­schaftliche Fläche beträgt 63814 Hektar oder 5,6 Proz. der gesamten landwirtschaftlichen Fläche Württembergs. Der Geldwert des im Jahre 1928 entstandenen Hagelschadens

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berechnet sich aus 8 594118 ^ (1927: 12500 900 -4t. Durch­schnitt 1924/26: 8197 600 -tt), oder 135 -4t (1927: 162 -4l 1926: 227 -4t. 1925: 129 1924: 183 -4t) auf einen Hek­

tar betroffene Fläche.

2n 25 der 62 Oberamtsbezirke einschl. Stuttgart-Stadt betrug der Geldwert des Hagelschadens 50 000 -4t und mehr, während dies 1927 in 41 Oberämtern der Fall war Zu diesen schwerer betroffenen Bezirken gehört auch das Oberamt Nagold wo von der gesamten landwirtschaft­lichen Fläche von 13 240 Hektar (ha) 1258 Hektar oder 9,51 Proz. der landwirtschatflichen Fläche verhagelt wor­den sind. Der Geldwert des Hagelschadens berechnet sich in unserem Bezirk auf 189110 oder 134 -4t auf 1 Hektar verhagelte Fläche. Hinsichtlich des Prozentsatzes der verha­gelten Fläche zur gesamten landwirtschaftlichen Fläche steht das Oberamt Nagold an 10., hinsichtlich des Geldwertes des gesamten Hagelschadens an 13. Stelle unter den würt­tembergischen Bezirken.

Vom Sternenhimmel

Im Monat April werden die Tage schnell länger und die Zeit des Beginns der abendlichen Sternbeobachtung immer mehr hinausgeschoben. Vom Glanz der Wimerstern- bilder ist nicht mehr viel übrig geblieben. Der Große Bär ist noch reich besät mit Sternen aller Größen, aber südlich von ihm nimmt die Zahl schon ab. Auf einen höchst merk­würdigen Stern in der Nachbarschaft des Großen Bären (oder Großen Wagens) sei besonders hingewiesen: der Kopf des Bären bezw. die Deichsel des Wagens, als gerade Linie gedacht, zeigen seinen Standpunkt. Es ist dies der rote Riesenstern Arkturus im Sternbild des Bootes, einer der hellsten Sterne des Himmels. 33 Jahre braucht der blitz­schnelle Lichtstrahl von ihm. um unser Auge zu erreichen. Wenn man bedenkt, daß der Lichtstrahl in einer Sekunde rund 310 000 Kilometer durcheilt, so kan.' man sich ungefähr «ine, oder eigentlich keine Vorstellung davon machen, in welch ungeheurer Entfernung sich dieser Stern von der Erde befindet. Und dabei ist er einer der größten Schnelläufer am Himmel, der in einer Sekunde rund 100 Kilometer zu­rücklegt. Welche geheimnisvolle Kraft treibt ihn vorwärts? Wohin? Woher kommt er? Steht er mit andern Sternen in Verbindung oder durcheilt er den unermeßlichen Welt­raum allein? Niemand weiß es.

Von den Planeten nähert sich Venus schnell der Sonne; am 20. April wird sie Morgenstern und geht dann eine Stunde vor der Sonne auf. Auch Mars nähert sich der Sonne immer mehr, sein Licht nimmt ab. Jupiter geht am 30. April eine Stunde nach der Sonne unter-, sein Glanz kommt in der Abenddämmerung nicht mehr zur Geltung.

Sternschnuppen. In den Nachten vom 18. bis 24. April zeigen sich am Himmel bedeutend mehr Sternschnuppen als in andern Nächten. Die Erde kreuzt zu dieser Zeit auf ihrer Bahn um die Sonne den Meteorschwann der Lyriden, so genannt nach dem Sternbild der Leier (Lyra), das abends jetzt tief im Nordosten steht. Hier liegt nämlich der Aus- Prahlungspunkt der Sternschnuppen zur angegebenen ZeiH Die Lyriden sind Teile des Kometen 1861 I.

Der Planet Saturn zeigt uns jetzt seine volle Ring- öffuung, ein Anblick, den das Saturnsystem nur alle 14!4 Jahre eine Zeitlang darbielet. Er wendet uns gegenwärtig die Nordstäche der Ringe zu. Der Saturn ist der merk­würdigste unter den Planeren unseres Sonnensystems. Sein Aequatordurchmesser übertrisst den der Erde 9,5mgl, seine Oberfläche 90.8mai, sein Umsang 865mal, seine Masse aber nur lOmal, er ist also nur 0,64mal so dicht als Wasser. Der Planet ist nach den Polen stark abgeplattet, und er bewegt sich sehr rasch um seine Polarachse, nämlich in 10 Stunden 15 Minuten. Seine mittlere Entfernung van der Sonne be­trägt 190.7 Mili. geogr. Meilen zu je 7420.4 Meter (im größten Abstand 202. im kleinsten 179 Mül. M.). Der durch­schnittliche Abstand von der Sonne beträgt vergleichsweise 20 Milk. Meilen. Die Entfernung des Saturn von der Erde schwankt zwischen 159 und 222 Mill. Meilen. Die beiden Ringe, die den Saturn sreilchwebend umgeben, wurden von Galilei (15641642) entdeckt. Beim äußeren Ring beträgt der äußere Halbmesser 19 000 Meile», bei einer Breite des Rings von 2300 Meilen. Nach einem Zwifi-benraum von 380 Meilen folgt der zweite innere Ring, der 3700 Mellen breit ist, der Abstand von der O^-rsläche des Planeten beträgt 4100 Meilen. Die Dicke der Ringe übersteigt wahrscheinlich nicht 20 Meilen, ihre Gesamtmasse b»trägt ungefähr schwach den hundertsten Teil der Saturnmasse.

Der Saturn geht derzeit im Sternbild des Schützen zu­erst um 1.30 Uhr, zuletzt kurz vor Mitternacky auf. Mit einem Fernrohr sind dann bei Narem Himmel die Ringe zu erkennen.

Prozeß

^ Berlin. 4. April. Im Langtopp-Prozeß begann heute die Vernehmung der Zeugen, die über ihre Erfahrung mit dem Reichsentschädigungsamt berichten sollen, wobei es mehrfach zu bewegten Auftritten kam. So rief ein junger Mann im Saal:Die fünf sozialdemokratischen Minister, die 2K Milliarden jährlich an das Ausland zahlen, die Freunde Varmats, gehören vor den Gerichtshof, nicht Langkopp!" Der Mann wurde aus dem Saal entfernt und darf ihn nicht mehr betreten.

Als erster Zeuge wurde dann der frühere Justizrat Ruhland vernommen. Es handelt sich um einen ^jäh­rigen, schwer leidenden Mann, der von Justizwachtmeistern gestützt auf Krücken den Saal betrat. Er war früher Rechts­anwalt am Oberlandesgericht inKolmar. Nach dem Krieg wurde sein Haus von den Franzosen beschlagnahmt und ver­kauft, ohne daß er einen Heller bekommen hätte. Auch sein Vermögen von 450 000 Mark ist und zwar durch die Inflation verloren gegangen. Auf Befragen durch die Verteidigung äußert sich Rußland sehr erregt über seine Erfahrungen mit den Entschädigungsbehöcden. Seine Ansprüche seien bisher nur in ungenügender Welse befriedigt worden. Im Zuschauerraum wurden Pfui­rufe laut. Er solle erst im Jahr 1940 20 000 Mark er­halten, habe aber bis jetzt nur kleine Abschlagszahlungen bekommen die etwa 18 000 Mark erreichen und zum großen Teil zur Abdeckung neuer Schulden Verwendung finden mußten. Der Zeuge brach wiederholt in Tränen aus und erklärte: ,/Ich habe oft gehungert!" Der Zeug« hat im Interesse eines anderen Geschädigten wiederholt versucht, beim Entschädigungsamt vorstellig zu werden, ist «der schroff abgewiesen worden, als er versuchte, den Präsidenten Karpinski persönlich zu sprechen.

Als der Verteidiger Dr. Frey an den Zeugen schließ- Uch die Frag« richtet«:Haben Sie monatelang mit dem Gedanken des Selbstmords gespielt?" bricht der Zeuge er- neut in Tränen au» und erklärt:Ich habe nur aus Rück­sicht aus mein- Tochter von diesem letzten Schritt Abstand

Langkopp

genommen. Schließlich hat mir der Reichspräsident eine Monatsrente von 100 Mark aus seinem Dispositions­fonds bewilligt. So bin ich am Leben geblieben, sonst hätte ich mich erschossen. Ich weiß fünf Selbstmorde.

Als hier der erste Staatsanwalt, den Zeugen unter­brechend. sich an den Vorsitzenden wenden wollte, erklärte der Verteidiger Dr. Frey:Vielleicht haben Sie die Güte, Herr Staatsanwalt, den Zeugen bei dieser erschüt­ternden Aussage doch nicht zu unterbrechen. Seine Worte sind für uns und auch für das Gericht von entscheidender Bedeutung."

Nachdem dann der Zeuge sein Verständnis und Mit­empfinden für Langkopp zum Ausdruck gebracht hat, regte der Verteidiger an, daß Präsident Karpinski vom Reichsentschädigungsamt vor Gericht sich darüber äußert, warum er sich geweigert habe, seinerzeit den Zeugen persönlich zu empfangen. Auf Anregung des ersten Staats­anwalts Köhler erklärte sich Regierungsrat Lazarus vom Reichsentschädlgung-wmt bereit, aus den Entichädi- gungsakten im Fall Rußland zur Aufklärung das Nötige vorzutragen.

Der Verteidiger Dr. Freu bezeichnet es als sehr auf­fällig, daß Regierungsrat Lazarus die Akten des Falls Ruhland bei sich hat. Als das Gericht in die Vernehmung des Sachverständigen eintreten und ihn vereiden will, er­klärte der Verteidiger, daß er den Sachverständigen des Reichsentschädigungsamts, Regierungsrat Lazarus, we­gen Befangenheit ablehnen müsse.

Der Antrag der Verteidigung, den Zeugen Lazarus als befangen nicht zu vereidigen, wird vom Gericht ab­gelehnt. Dr. Lazarus gibt dann an, Ruhland gehöre zweifellos zu den am schwersten Geschädigten, denn er habe außer dem erlittenen Sachschaden auch seine Existenz ver­loren. Die Gesetzgebung berücksichtige aber nur den Sach­schaden, der in diesem Fall auf 147 000 Mark beziffert wor­den sei. Davon habe Geheimrat Ruhland bis jetzt 10 000 Mark erhalten. .. .

Pfrondorf, 4. April. Befitzwechsel. Das Gasthaus zum Adler in Pfrondorf ging heute durch Kauf an E. Renz, Küfermeister in Mindersbach zum Preis von -44 25 500 über. Die Uebernahme erfolgt am 1. August.

Vom Gäu, 4. April.Im Märzen der Bauer die Röß­lern einspannt Er setzt seine Felder und Wiese« in­stand". So singt das Kinderlieb. So schafsens die Alten. Der Bauer ist froh, daß er wieder heraus kann. Vor Wo­chen noch stand das Barometer seiner Hoffnung aufver­änderlich" und neigte nach einem bedenklichen Tiefdruck­gebiet. Es ist jetzt leicht gestiegen. Die Sonne des Früh­lings und die Strahlen des Lenzes haben mit junger Glut den Trübsinn und das Elend geschmolzen. Eine bes­sere Stimmung hat Platz genommen und die Frühjahrs­arbeit weist dem bäuerlichen Schaffen und Denken andere Wege. Mit dem hoffnungsvollen frischen Grün der gut überstandenen Wintersaat ist des Bauern gebeugter Mut aufgetaut und reckt sich in die Höhe. Er hat die Frühjahrs- saat voller Hoffnung bestellt. Die Sommerung ist in den niederen Lagen im Boden. Die Trockenheit hat mit wenig Mühe schnell arbeiten lasten. Gerste und Hafer sind so recht günstig zur Aussaat gekommen. Der fortschrittliche Bauer schafft rationell. Den Forderungen der Zeit wendet er seine ganze Aufmerksamkeit zu. Sorteneinheit und Sorten­reinheit sind ihm geläufige Begriffe, die er nicht erfolglos in die Praxis umsetzt. Will er Einnahmen schaffen, will er eine annehmbare Rente aus Grund und Boden her auswirtschaften (und er bedarf deren dringend!), so kann er an den Winken gesunder Theorie und Praxis nicht acht­los vorübergehen. Unterstützend greift auch Heuer der kleinbäuerliche Versuchsring unter Leitung der Landwirt­schaftsschule wieder ein. Nicht weniger denn 28 Ge­meindesaatgutäcker betreut er auch dieses Jahr wieder. Das entspricht einer saatwirtschaftlichen Pionier­arbeit allerersten Ranges, die sich in den einzelnen Ge­meinden auf eine Ackerfläche von insgesamt wohl über 300 Morgen erstreckt und den Landwirten den auswärts- führenden Weg für die Zukunft zeigt. Mehr als et» Schlagwort ist der Ruf des Bauernfortschritts nach Stan-