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Mit den illustrierte» Beilage» .Feierstunden .Unsere Heimat". „Die Mode »o» Tage
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Gegründet ISN
Donnerstag, den 4 April 1S29
Fernsprecher Nr. 2»
103. Jahrgang
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Prozeß Langkopp
Vor dem erweiterien Schöffengericht Berlin-Schöneberg begann ani 3. April die Hauptoerhandlung gegen den Farmer Langkopp und den Mitangeklagten Kaufmann Laos. Den Vorsitz führt Landgerichtsdirektor Dr. Zie ael, die Anklage vertritt Staatsanwalt Dr. Köhler. Den Angeklagten stehen die Rechtsanwälte Dr. Frey-Berlin and Dr. Lüekgebrune-Gölkingen zur Seite. Gegenstand der Anklage ist das bekannte Vorkommnis vom 2. März v. H-, da der durch den Krieg um Hab und Gut gebrachte deutsch- »stafrikanische Farmer Langkopp in der Entrüstung über die Verschleppung der Entschädigung durch das Aeichsent- fchädigungsamt den Präsidenten in seinem Amtszimmer angegriffen und dazu eine sogenannte Höllenmaschine, die aber nicht sehr gefährlich war, mitgebracht hatte. Loos soll sich der Beihilfe schuldig gemacht haben. Es sind vier Sachverständige und 20 Zeugen geladen. Die Verteidigung beantragt di« Ladung weiterer Zeugen aus den Kreisen der Krtegsgeschädigken. Der Staatsanwalt widerspricht, weil diese Zeugen .befangen' seien. Die öffentliche Meinung fit durchaus auf seiten der Angeklagten. Für den Zutritt im Gerichtssaal sind strenge Maßnahmen getroffen. Vor dem Gerichtsgsdäude ist ein starkes Aufgebot -er Schutzpolizei aufgeslellt.
Der Staatsanwalt erklärt, nach den bestehenden Entschädigungsgesetzen habe man Langkopp gegenüber seinem angemeldeten Schaden von über 100 000 Mark nur rund 18 000 Mark bewilligen können. Davon seien ihm nach dem
sogenannten „Gesetz Lazarus" noch 6000 Mark bis zum Ausgang seines Prozesses vorentholten, Daß die Angeklagten über ein Jahr in Untersuchungshaft bleiben mußten, erkläre sich daraus, daß die Entschädigungs- gesetze ,die von Jahr zu Jahr verändert worden seien, hätten studiert werden müssen.
Heinrich Langkopp. jetzt 52 Jahre alt, schildert seinen Lebenslauf. Der JahreSoerdienst feiner Farm habe sich auf durchschnittlich 20 000 bis 25 000 Mark belaufen. Er sei in englische Gefangenschaft geraten und in Aegypten interniert worden. Nach dem Krieg sei er ausgeliefert worden und in das deutsche Lockstedter Lager gekommen, wo man ihm den von den Engländern mitgebrachten guten Anzug abgenommen habe, uni ibm dafür Lumpen und eine Papiermütze zu geben, so daß er wie ein Verbrecher herumlaufen mußte. Er könne kein Verständnis dafür aufbri/gen. daß das Ausland all unser Geld bekomme, wir Deutsche aber für das verlorene Eigentum nichts. Was man mit den Krieosgeschädigten in Deutschland treibe, sei schleichende? Bolschewismus. Seine Verhandlungen mit den Behörden hätten schon mebr einem Pferdehandel geglichen.
Langkopp führt dann eine Reihe von Fällen an, wo die kriegsgeschöd'igten Auslanddeutschen im Reickssntlchäöi- gungsämt in Berlin die schmählichste und entwürdigendste Behandlung erfahren haben. Im Zuschauerrouw werden dabei fortwährend Aeußerungen der Entrüstung laut, die der Vorsitzen^ nicht rügt.
Einheitsfront gegen dev Kriegstribvt
Am 28. März har die Pariser Tributkonferenz zum letzten Mal getagt. Nun haben die Herren ihre Osterferien bis zum 3. April. Die paar Tage sind für sie mit Besprechungen ausgefüllt gewesen. Denn kam bis jetzt die Konferenz nur in sehr gemächlichem Tempo vorwärts, um mit Ach und Krach den Plan der Reparationsban', der einstweilen weder Fisch noch Fleisch ist, ans Tageslicht zu fördern, so wird sie sich nunmehr wohl etwas sputen müssen, um auftragsgemäß noch vor der Sommerpause der großen Politik zum Abschluß zu kommen. Der ist nun auch wieder in -weierlei Art denkbar: Entweder einigt man sich auf bestimmte Vorschläge und legt diese in Form eines Gutachtens den beteiligten Regierungen vor, oder man kommt über die bestehenden Meinungsverschiedenheiten nicht hinweg und berichtet den Auftraggebern, also den Regierungen Deutschlands und der Gläubigerstaaten, dementsprechend.
Im zweiten Fall würde es vorläufig weiter nach dem Dawesplan gehen, der ja auch so zunächst in Kraft bleibt, bis auf Grund des Gutachtens eine Neuregelung vereinbart wird. Inzwischen würde wohl eine neue Konferenz einberufen werden, damit di« Streitpunkte bereinigt werden können. Aehnlich würde auch der Fall sein, wenn das Gutachten der Konferenz zwar zustande käme, dann aber von Deutschland abgelehnt würde. Es liegt also kein Anlaß für uns vor, die Nerven zu verlieren und übereilt zuzustimmen. Die Zeit der Ultimaten ist ein sür allemal vorbei. Die Ungeduld der anderen kann uns gleichgültig sein.
Mögen unsere Sachverständigen in Paris persönlich noch so große Autoritäten in Finanz- und Wirtschaftsdingen lein, so gewinnt doch tiesere Wirkung ihr Wort erst dann, wenn man auch auf der Gegenseite weiß, daß die wache Aufmerksamkeit und der entschiedene Will« breitester Volksschichten des deutschen Volke dahinter steht. Damit hat «s bisher immer noch gehapert schon 1919 zur Zeit von Versailles, als auch 1921 während der Londoner Konferenz und 1924 beim Abschluß des Dawesplans. Die Parteipolitik, die Lieblingsbeschäftigung der Deutschen, lag ihnen näher und machte alle sür die lebenswichtigen Entscheidungen der Außenpolitik, der Reparationspolitik mehr oder weniger taub und blind.
Sollte es diesmal wieder so gehen? Gewisse Anzeichen berechtigen dazu, auf Besseres zu hoffen. Die Erkenntnis vom ungeheuren Druck des Kriegstributs, der sich heute in der Geldknapplzeil, in der Arbeitslosigkeit, im siechen Zustand des Inlandsmarktes, in der Uebersteigerung der Produktionskosten auswirkt, setzt sich nun doch in immer weiteren Kreisen durch. Man geht jetzt der Ursache der Krankheitserscheinungen im Wirtschaftsleben selbst auf den Grund. Im organifotionssreudigen Deutschland haben wir ständig Tagungen von beruflichen und wirtschaftlichen Fachoerbänden oller Art; es ist zu begrüßen, daß auf den Tagesordnungen heute nur noch selten das Referat und die Aussprache über das Reparatiansproblem fehlt. Was bedeutet die Reparationslast für jeden Einzelnen von uns, wie trifft sie jeden Berussstand, jede Erwerbsschicht? Je klarer das für uns alle wird, um so kräftiger bildet sich die allgemeine überparteiliche Bolksstimmung heraus, an die vielleicht noch einmal zu appellieren sein wird, wenn es an eine äußerste Entscheidung in der Tributfrage, an ein letztes Ja oder Nein geht.
Der deutsche Landwirt weiß jo schon längst, daß die
Notlage von Ackerbau und Viehzucht in Deutschland eng mit der Auszehrung unserer Volkswirtschaft durch den Kriegstribut zusammenhSngt. Dennoch schadet es nichts, ihm für das Verständnis der Tributlast den besonderen Maßstab in die Hand zu geben, daß man für die Iahres-Darvesrate von 2,5 Milliarden Mark reichlich zwei deutsch« Roggen- Jahresernten aufkaufen könnte. So viel Kaufkraft wird dem deutschen Markt entzogen, von dem der deutsche Bauer leben muß.
Wie sagt man's dem deutschen Industriearbeiter? In all den letzten Jahren hat Deutschland sich seine Sozialversicherung gut vier Milliarden Mark jährlich kosten lassen. Wie lange wird das aber unter dem Druck der Reparationszahlungen noch möglich bleiben? Diese Frage kann dem Arbeitnehmer, der auf mannigfache Leistungen der Sozialversicherung, sei es Krankenfürsorge, seien es Alters- und Invalidenrenten, Unfallrentcn, Arbeitslosenunterstützung, an- gewiesen ist, keineswegs gleichgültig sein. Ferner, wenn der Inlandsmarkt unternormal bleibt, der Auslandsmarkt schärfstem Wettbewerb unterliegt, welche Entwicklung wird dann auf dem Arbeitsmarkt eintreten? Was wird uns blühen, die wir schon in unserem ersten Tribut-„Normaljahr" rund 2!4 Millionen Arbeitslose haben — auf jeden Arbeitslosen tausend Mark Tribut. Herr Parker Gilbert! — die wir weiter jährlich 370 000 neue Erwerbsfähige binzubekommen, von Lenen noch niemand weiß, wie sie beschäftigt werden sollen? Deutet das nicht, zumal da auch di« Arbeitslosenversicherung fast am Ende ihrer Kraft angelangt ist, auf eineu sehr bedenklichen Tiefstand am deutschen Arbeitsmarkt hin? Auch der deutsche Arbeiter spürt heute, daß ihn der Kriegstribut nicht verschont, daß die Reparationen nicht bloß den „Kapitalisten" abossordert werden. Diese Einsicht dringt jetzt in der deutschen Arbeiterschaft vielleicht schneller vorwärts, als man noch vor einiaen Monaten annebmen durste. Bezeichnend dafür war neulich ! die Rede des Reichsarbeitsministers Wissell vor seinen Parteifreunden in Hildesheim, wo er den Druck der Reparationslast auf den Lebensstand -er deutschen Arbeiterschaft in aller Deutlichkeit feststellte. Es gibt eben keine Abwälzung des Kriegstributs. Er drückt auf alle. Daß auch der deutsche Arbeiter dies heute einsiebt, ist ein großer Fortschritt der Abwehrbewegung. So entsteht nun doch die breite Front des Widerstands, und sollte der Fall eintreten. daß Herr Schacht in Paris zu guter Letzt Nein sagen muß. so wird er hoffentlich nicht ein Führer ohne Soldaten sem. wie einst Rantzau in Versailles und Simons in London. ^
Entente fraternetk
In Cannes wird zurzeit der 25. Jahrestag der englisch- französischen „Entente cordiale" gefeiert, die bekanntlich die - förmliche Grundlage zur Einkreisung und Niederwerfung : Deutschlands war. Briand verherrlichte in einer langen > Botschaft an den Regierungspräsidenten der Seealpen das „fruchtbare Abkommen von 1904" und wies darauf hin, ! „wie sehr man die Männer (Poincare, Millerand, Grey, i Baldwin usw.) verehren muß, die die Notwendigkeit dieser s freundschaftlichen Regelung zwischen Großbritannien und > Frankreich für Europa, ja für die ganze Welt im voraus i begriffen haben. Seither haben unsere beiden Länder nickt ,
Beim Beib-Derq in Transjordanien sollen 500 Beduine« vom Stamm der Howeikak von Dahabiken aus dem Reich Ibn Sauds (Arabien) niederaemackt worden sein. 180« wahabiten sollen zum Einfall in Transfordanken bereitstehen. — Die Meldungen sind mit Vorsicht auszunehmen.
Kabinett Seipel zurückgetretcn. Die öst» reichische Regierung Seipel hat am Mittwoch Nachmittag ihren Rücktritt erklärt, und zwar infolge des Streites i« der österreichischen Metallindustrie.
ausgeyört, Seite an Seite, und zwar täglich stör- ker, sich dieser heiligen Aufgabe bewußt zu bleiben. Briand schlägt zum Schluß vor, man möge den Ausdruck Entente cordiale (kameradschaftliche Verständigung) in Entente sra- ternelle) (brüderliche Verständigung) umtaufen.
Eines der größten Verdienste Bismarcks war es, daß er in der diplomatischen Kunst die Ehrlichkeit und Wahrhafrigkeit wieder zu Ehren brachte. Heute ist wieder Lug und Trug Trumpf. In Cannes feiern sie dir Entente cordiale, die der Ausgangspunkt des Weltkriegs gewesen ist, und auf der Pariser Reparationskonferenz verlangen sie ungezählte Milliarden von Deutschland, weil es der Kriegsschuldige sei. Wenn das moralische Gefühl in der Welt nicht so entsetzlich abgestumpft wäre, sie müßte sich empören gegen eine solche Heuchelei.
^ Neue NacheWen
Ae badische Denkschrift
Berlin, 3. April- Die badische Denkschrift über die durch die Besetzung herbeigeführte Notlage geht auf die Schädigungen ein, die sich für Baden aus der Besetzung und der Aenöerong der Aeichsgrenze ergeben haben- Baden leidet besonders unter der Abtrennung Elsaß-Lothringens. die fast die gesamte badische Industrie aus das schwerste geschädigt hat- Es wird darauf hingewiesen, daß die bisherigen Schädigungen Badens voraussichtlich durch die Ausführung der Bestimmungen des Artikels 358 des Versailler Vertrags, der die Ableitung eines Seiten- kanalsdesRheins von Hüningen bis Straßburg vor- sieht, bedeutend verstärkt werden und daß die geplante Anlage des Wasserwerks die Eektrowirtschaft Badens auf das schwerste beeinträchtigen wird. Die Denkschrift schildert weiter die kulturelle Schädigung Badens durch die Grenzziehung, die sich n. a. auch in dem Verlust der stark von Badenern besuchten Universität Straßb-urg zeigt. Zuletzt wird auf die notwendigen Ergänzungen des Verkehrsnetzes, sowie die EinWrung der wirtschaftliche» Hilfsmaschinen für die Landwirftchaft hingewiesen.
Stresemann gegen Trohki
Berlin, 3. April. Wie der Sozialdemokratische Pres)»- dienst erfährt, hat sich der Reichsminister des Aeußern Dr. Stresemann von San Remo aus gegen die Einreisebewil- ügung sür Trotzki e»klärt.
Oberst Dillenburger versetzt
Berlin, 3. April. Der Berliner Polizeipräsident und der preußische Innenminister hatten vor einiger Zeit dem Kom- mandeur der Berliner Schutzpolizei, Oberst Dillenburger, gekündigt, der bei den genannten Stellen nicht beliebt ist und u. a. dafür verantwortlich gemacht wurde, daß bei einem kommunistischen Straßenkrawall der bei der Schutzpolizei sehr wenig beliebte Unterpolizeipräsident Weiß von einigen Schutzpolizisten „aus Derschen" i>«r- hauen wurde. Die Kündigung hat aber bei der Schutzpolizei in ganz Preußen scharfen Widerspruch erfahren, und der Minister hat sich nun veranlaßt gesehen, dieKLndiaung zurückzunehmen, dagegen soll Oberst Dillenburger nach Oberhausen an die holländische Grenze versetzt werden.
Lohnverhandlungen bei der Reichsbahn
Berlin, 3. April. Wie die Reichspost, so hat auch der Berwaltungsrat der Reichsbahngesellschaft ein« Lohnerhöhung der Eiscnbahnarbeiter im gegenwärtigen Zeitpunkt abgelehnt. Reue Verhandlungen sollen morgen stattfinden.
Die Bekriebsratswahlen bei Blohm «. Boß
Hamburg, 3. April. Bei den Betriebsratswahlen der Werft Blohm u. Voß wurden auf di« List« der Kommunisten 3448 Stimmen von insgesamt 6327 abgegeben. Im vorigen Jahr war der ganze Betriebsrat von den Sozialdemokraten besetzt. Jetzt haben die Kommunisten die absolute Mehrheit.
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Mussolini und Ehamberlaiu
Rom, 3. April. In der Nähe von Florenz, in der Bill» Gioisa, wo der englische Außenminister die Osterferien verbringt. fand gestern eine fast zweistündige Besprechung zwischen Mussolini und Chamderkain statt. In der üblichen Weise meldet der amtliche Bericht, in der Be-