TnrtL'Miö AnzeLseblatt kür
»-» iSitslrirrte» Vett«ge» .Feierst»»-««" ,»»(««« tzei««t", .Die Mode >,« L««c"
N«ß>»8»»rrise: Monatlich einschließlich Tritzeriehn <»»; Etnzelnumm» 1« — Erscheint «n
?»»» Werkt«»». — Verbreitetst» Zeitung im ^ « .««jirk X«,«lk. - Schriftlritun«, Druck unk ». G. S Z«is»r (Karl Z«iser) Nagold
KmGverümlsvVtrkLügors
«it k«r l«»k«irtsch,ftliche» W»ch»»»»ti«,« .-««»>, »«rten« »»K »«»-»trtschit«'
N»rri»«n»«eile: Di» l-speltia» B«rgt»t<i1, »!>»» Seren Raum 1t Femtlien-Nnjeir»» 1t ^. Rellamezrtlr 4k> -Z. 8ammrlanz«igrn i»-l Austch!
Sr Sa, Erscheine« »«n »nzeigrn in trsti«»te» turgaben unS an tesonSrren t Plätzen, st« telephonische LustrStz« un» Lhifsre-Inreiie» »irS keine Gewähr ibernommen.
Eesekscheftrr N««»lk. — In File« h-herrr Kewetr »«fleht kein »nspruch «uf Lieserun, Ser Zeitung »Ser?Itckz,»Iun, Se, Bezugspreise», — PeKjch.-Kt» tziurt,«rt »rr«
Nr. 50
Gegründet 1827
Donnerstag, den 28 Februar 1S2S
Fernsprecher Nr. » 103. Jahrgang
ragesspieael
Am Mittwoch mittag ha te Reichskanzler Müller eine Besprechung mit MikHedecn der Aeichstagsfrakkion der Deutschen Bolkspartei über die Wiederaufnahme der Koatitionsverhandlungeu. Rachmi kaqs fand eine zweite Besprechung statt, an der auch Dr. Etresemana und Dr. Scholz teilnahmen.
Die Koastnonsbesprechunqen, an denen auch Abg. Sle- gerwald teilnehmea wird, »erden Donnerstag fortgesetzt. Das Zentrum soll bereit sein, wieder in die Regierung ein- zulrelen, wenn seine bekannten Bedingungen (drei Fach- minister «sw.) erfüllt werde». Die Preußenfrage wird vorerst zurückgestellt.
Laut Vorwärts haben die Gewerkschaften das Lohnabkommen mit der Deutschen Reichsbahn zum 31. März gekündigt. Das Lohnabkommen betrifft alle Eisenbahner, die nicht im Beamten- oder AngestelllenverhällniS stehen.
Der polnische Landtag hak mit 219 Stimmen der Opposition gegen 133 Stimmen der Regierungsparteien an den Ausschuß einen Antrag verwiesen, den Finanzminister Lzechowih in Anklagezustand zu versetzen, weil er im Slaashaushalt 1927/28 809 Millionen Zloty (235 Mül. Mk.) mehr ausgegeben hak, als der Landtag bewilligt hatte. 2a der Sitzung ging es recht polnisch zu.
Der französisch-belgische Gehsinwerlrag
Auf Anfragen in der belgischen Kammer teilte Außen- lprinister Hymans mit, er habe dem holländischen Gesandten erklärt, daß es sich bei den Enthüllungen des Utrechter Tagblads um eine Fälschung handle. Die Abmachungen mit Frankreich beziehen sich auf den Fall, daß Deutschland einen „nicht heransgefordsrlen Angriff" auf Belgien oder Frankreich mache (!!), sie haben also lediglich den Charakter der „Verteidigung". (?!) Der frühere Außenminister Vandervelde (Soz.) sagte, es würde sich bei den Enthüllungen wohl um einen Fastnachtsscherz handeln, wenn die „Verleumdungsabsicht" nicht so deutlich wäre. Die, Kammer billigte die Erklärung Hymans mit allen gegen S Stimmen (4 Frontkämpfer und 1 Kommunist).
Die Ableugnungen der drei Geheimverbündeten werden wohl nirgends ernst genommen. Sie widerspreckcn sich untereinander. Das Utrechter Tagblatt schreibt denn ckuch: „Wer, wie wir, das echte Stück mit eigenen Augen aesehen hat. kann für jede erdenkliche Ableugnung nur ein Achselzucken haben. Die belgische Erklärung besagt überhaupt nichts; die französische nennt die Schriftstücke -apogryph", ein Ausdruck, der auch di« Möglichkeit der Echtheit einschließt. Die englische Ableugnnng bezieht sich nur aufeinen der beiden Verträge (vom 7. Juli 1928t. her allerdings von England noch nicht bestätigt ist; von dem anderen schweigt England. Das Blatt fordert die drei Neuerungen auf, wenn sie die Richtigkeit der Enthüllungen in weise! ziehen wollen, so sollten sie doch den Schleier des Geheimnisses lichten und ihre „echten" Urkunden bekanntgeben, mindestens das, was ihre Militärattachees und Generalstäbler angeblich ohne .offizielles Wissen" der Regierungen abgemacht hätten
Die Franzosen haben kein Glück mit der Geheimhaltung chrer Militärbündnisse. Der Inhalt des französisch- tschechischen Bündnisses wurde im März 1924 durch das „Berliner Tageblatt", der Inhalt des französisch- rumänischen Bündnisses im September 1926 durch die amerikanische Zeitung „New Bork Herald" veröffentlicht. Viesen Veröffentlichungen sind nunmehr die Enthüllungen der holländischen Zeitung „Utrechtsch Dagblad" über den Inhalt des französisch-belgischen Militärbündnisses gefolgt. Wie in den Jahren 1924 und 1926, so wird natürlich auch diesmal wieder die Richtigkeit dieser Enthüllungen von den beteiligten Ländern abgestritten.
Die Erweiterung des sranzLsisch-belgiscken Mlitärbünd- nifses durch die jetzt bekannt gewordenen Abmachungen vom Jahr 1927 bildet zweifellos das Ergebnis einer Konferenz, die im Mai 1927 zwischen dem französischen Generalstabe- chef General Debeney und dem belgischen Generalstabschef und Kriegsminister in Brüssel stattgefund»n hat. Diese K^'. fevenz erfolgte auf besonderes Drängen Frankreichs, als 'ich im Belgien Bestrebungen geltend machten, die auf eine Herabsetzung der aktiven Militärdienstzeit binausliefen. Frankreich forderte eine Neufassung der militärischen Abmachungen, die im Jahr 1923 für die Zeit des Ruhreinfalls getroffen worden waren, falls sich, wie P-uncarö erwartete, infolge des Ruhreinfalls ein neuer Krieg mit Deutschland eroeben sollte. In diesem Fall tollte eine starke belgisch-französische Heeresgruzpe aus dem Ruhrgebiet über die Weier nach den deutschen Nerdseehäfen verstoßen und diese in die Hand nehmen. S-e. sollte dadurch D-ustch» Kind von der Zufuhr von außen obschne'den und gleichzeitig damit den Hauptstoß der französischen Hauptkräfte aus den Brückenköpfen Koblenz und Mainz noch Mitteldeutschland hine-n in der Nordsee decken.
Dieser Konferenz vom Mai 1927 folgte tm September 1927 wiederum in Brüssel ein« weitere, nachdem in der
Der Angriff auf
Paris, 27. Febr. In der Sachverständigenkonferenz. die nun noch einen zweiten Unterausschuß erhalten wird, spricht man nicht mehr von einer Zweiteilung, sondern bereits von einer Dreiteilung der deutschen Tribute. Die S a ch - leist un gen würden dann, wenn sie nicht überhaupt aufgegeben und durch Barzahlungen ersetzt werden, nicht mehr zu dem transfergeschützten Teil der Tribute gehören. Der transsergcschützke Teil soll auf ein möglichst kleines Maß heruntergesetzt werden. Wenn dann ein Teil der transsergeschützten Tribute nach dem Urteil des Tronsfer-Beratunas- ausschusses (der an Stelle des bisherigen Transferrins- schusses treten soll) gestundet würde, so müßte der gestundete Betrag im nächstfolgenden Jahr nachgezahlt werden. Der „Exzelsior" stellt fest, daß die Sachverständigen bis jetzt nicht daran denken, auf den Wohlstandsindex gegen Deutschland zu verzickten. Der „Matin" sagt, Dr. Schacht habe bereits der Aushebung des Transferschutzes zu ei,rem Teil zugestimmt, sonst würden ja auch die weiteren Verhandlungen wertlos sein. Das „Echo de Paris" schätzt den nickt mehr transsergeschützlen Test des Tributs auf zwei Drittel des Ganzen.
Das Angebot Deutschlands
London. 27. Febr. Die „Times" läßt sich ans Paris berichten, Dr. Schacht werde im Sachverständigenausschuß dem Sinn nach wahrscheinlich folgendes Angebot machen:
Die von Deutschland jährlich zu zahlende Summe, die sich von Jahr zu Jahr verändern kann, wird aus drei Teilen bestehen. Der erste Teil wird eine ohne Berück- sichtigungderWirtschaftslage Deutschlands in Goldzu zahlende feste Summe sein. Für diese Summe kann eine zweijährige Zahlungsfrist gefordert werden. ebenso.wst dies die Gläubiger Deutschlands bei rhrcn
den Transferschutz
Schuldenabmachungen mit den Vereinigten Staaten vereinbart haben. Der zweite Teil wird einer Art von Transfer-Kontrolle unterworfen bleiben und infolgedessen je nach der „Wohlfahrt" des deutscken Volks höher oder etwas niedriger angesetzt werden. Der dritte Teil wirk aus Sachlieferungen bestehen. Diese Schuld wirk durch Ausgabe von Obligationen „kommerzialisiert" werden. Eine internationale Körperschaft soll da« Recht haben, Deutschland zur Ausgabe dieser Obligationen aufzufordern. Die in Aussicht genommene Ueberwachung dieser Obligationen ist noch nicht mitgeteilt worden, aber er ist wahrscheinlich, daß die Zentralbanken Europa» damit in enger Verbindung stehen werden. In diesen^ Zusammenhang ist die Anwesenheit des Gouverneurs d« Bank von England, Montagu Norman, in Paris erwähnen»- wert.
Der Berichterstatter fügt hinzu: Der Sachverständigenausschuß sei anscheinend endlich im Begriff, den Schlüssel zur Reparationslösung in die Hände zu bekommen. Es ist aber klar, daß die deutsche Regierung einer Regelung nicht zustimmen wird, die die, wenn auch nur teilweise Fortdauer der Rheinlandbesetzung gestattet. Die deutsche Re- ierung erwartet auch die gleichzeitige Regelung der Saa r- rage durch die Zurückziehung der Franzosen.
Nach dieser bis jetzt noch nicht bestätigten Meldung würde es also zutreffen, daß die deutschen Sachverständige» bzw. die Reichsregierung eine beträchtlich höhere Tributzahlung bei stark vermindertem Transferschutz und Beibehaltung des Wohlstandsinder' vorgeschlagen hätte, wogegen allerdings die Befreiung des Rheinlands se» Saargebiets gefordert würden. Man wird abwarten müssen^ ob die „T>mes"-Meldung sich bestätigt.
Zwischenzeit die Einzelheiten der im Mai grundsätzlich vereinbarten neuen Militärabmack-ungen von e uer französisch- belgischen Generalstabskommission genau festgeleqt worden waren. An ihr nabm diesmal neben Vertretern der beiderseitigen Generalstäbe und Kriegsministerien auch der- Generalinsvckkeur des lranzösischen Heeres und Oberbefehlshaber desselben im Kriegsfall, Marschall Vetain. teil, dessen Anwesenheit in Brüssel man durch Einweihung von Kriegerdenkmälern zu verschleiern suckle. Gleichzeitig damit verlautete, daß die neue französisch-belgische Militärkonv-'n- krön auch gewisse Vereinbarungen enthalten sollte, die sich gegen Holland und Italien richten sollten. Die belgische Regierung, sehr bald danach von flämischer Seite im Parlament hierüber zur Rede gestellt, mußte zugben, daß Frankreich eine Ausdehnung des französisch-belgischen Bündnisvertrags auch auf den Fall eines französisch-italienischen Kriegs gewünscht habe. Sie erklärte aber, daß dies von belgischer Seite „abgelehnt" worden sei. Die jetzigen Enthüllungen zeigen, daß diese Erklärung der belgischen Regierung unwahr gewesen ist.
Holland sollte ursprünglich im Jahr 1920 nach dem Willen Frankreichs in das französiche Bündnissystem mit eingegliedert, das französisch-belgische Bündnis durch eine französisch-belgisch-holländische Militärkonvention ergänzt werden. Die holländische Regierung hat einen diesbezüglichen Dorschlag Frankreichs, durch die belgischen Bestrebungen in der Schelde- und Limburger Frage mißtrauisch gemacht, von vornherein in schärfster Weise a b - elehnt. Gleichzeitig benutzte der damalige holländische ußenminister Karm deck die Gelegenheit, um auf der Völkerbundstagung die Veröffentlichung des französisch-belgischen Bündnisses gemäß Artikel 18 der Dölkerbundssatzung zu fordern, ohne mit dieser Forderung allerdings durchzudringen. Ihr Ergebnis war vielmehr die Feststellung, daß eine strenge Auslegung und Anwendung des Artikels 18 nicht nur unmöglich, sondern sogar gefähr- lich sei, da gewisse Verträge nun einmal nicht bekannt- gegeben werden könnten. Damit wurde die Sache „vertagt". Es wird nun weiterhin auch zu klären sein, wie weit seinerzeit im Jahr 1920 auch Luxemburg, wie die lurem- burgische Presse damals ausdrücklich erklärte, unter Anwendung von Zwang und Bedrohung von Frankreich und Belgien zu gewissen Bindungen und Verpflichtungen gegenüber diesen beiden Ländern gezwungen worden ist, die sich auf eine französische Kontrolle der Eisenbahn Esch—Luxemburg—Wasserbillig und eine belgische Kontra"? der Bahn Arlon — Kleinbettingen — Luxemburg — Ulfs,,.gen beziehen. Beide Bahnen haben bekanntlich als Aufmarschbahnen gegen Deutschland und Verbindungsbahnen zwischen Frank- reich und Belgien erhebliche militärische Bedeutung.
Poincarö und Briand sprechen viel von dem „Reglement <le In ?aix". der Regelung des Friedens, worunter alles aufgemacht wird, was der Verhinderung des Friedens, der Abrüstung, des Locarnogeistes und einer tragbaren Festsetzung des Reparationstributs dienen soll. Ueber diese „Regelung des Friedens", wie man sie in Paris, in Brüssel und in London versteht, ist den Völkern der Welt lange kein so scharfes Licht mehr aufgesteckt worden wie durch die Enthüllungen des Utrechter Blatts — an denen die holländische Regierung wohl nicht so ganz unbeteiligt ist
Große Anfrage im Reichstag
Berlin. 27. Febr. Die deutschnationale Reichstagsfraktion Hot eine Große Anfrage eingebracht, in der es u. a. heißt: ^Das Utrechter Tagblatt hat militärische Geheimverträge zwischen Frankreich und Belgien veröffentlicht, die den Charakter eines Angriffsbündnisses gegen Deutschland und Holland haben und sich in zweiter Linie gegen Italien und Spanien richten. Zugleich ergibt sich aus ihnen, daß auch England ein ähnliches, gegen Deutschland gerichtetes Abkommen mit Belgien getroffen hat. Die von seiten der französischen und belgischen Regierungen erlassene Bestreitung macht keinen überzeugenden Eindruck.
Angesichts dieser Sachlage fragen wir die Regierung: 1. Ist sie bereit, von den Regierungen von Großbritannien, Frankreich und Belgien Erklärungen über die Richtigkeit der Veröffentlichungen zu fordern und ge- gegebenenfalls die Bekanntgabe des Militärabkommens vom 7. September 1920 und des Ergänzungsabkommens vom Jahr 1927 zu verlangen? 2. Ist insbesondere der Herr Reichsaußenminister entschlossen, bis zur völligen und einwandfreien Klärung dieser Angelegenheit von einer Teilnahme an der bevorstehenden Tagung de» Bölker- bundsrat» abzusehen?"
Deutscher Reichstag
, Der Verrat -er Denkschrift Gröner»
Berlin. 27. Februar.
Zum Verrat der bekannten Denkschrift des Reichswehr- Ministers über den Panzerkreuzer ergreift sodann das Wort der Reichskanzler Müller. Er führt aus: Die Denk,christ wurde lediglich zum Zwecke der Unterrichtung de» Reichstädt netts abgefaßt und sollte deshalb nicht veröffentlicht werden. Wie sie der englischen Zeitschrift zugänglich wurde, wird vom Oberreichsanwalt untersucht. Die Denkschrift weist nach, daß Deutschland imperialistische Absichten tzar nicht haben kann. Zu den Fragen des Grenzschutzes und der Wahrung der Neutralität im Fall kriegerischer Verwicklungen anderer Staaten sich gutachtlich zu äußern, gehört zur Pflicht des Reichswehrminister». Nirgends läßt die Denkschrift die Absicht eines Kriegs gegen Sowjetrußland erkennen. Von irgendwelcher „Ausrüstungs- Politik" kann überhaupt nicht die Rede sein, denn beim Bau des Panzerschiffs handelt es sich bekanntlich nur um einen E r s a tz b a u.
Abg. Stampfer (Soz.): Bezüglich des Panzerkreuzer» halte die Sozialdemokratie an ihrem Standpunkt fest. Ob die andern Schiffe auch gebaut würden, könne man heur« noch nicht wissen. Jedes geyeime Militärabkom» 'men, wie das soeben enthüllte Abkommen der Westmächtg, sei ein Verbrechen an der Menschheit, am Völkerfrieden. Sofort nach Veröffentlichung der Panzerkreuzer-Denkschrift deutete die deutschnationale Presse an, sie könne nur von den Sozialdemokraten verraten worden sein. Die angeblich» Verräterin Frau Valentin sei Geschäftsführerin des Ausschusses für Internationale Verständigung.
Abg. General a. D. v. L e t t o w - V o r b e ck, (Deutsch- nat.): Es ist unglaublich, wie man der Denkschrift de» Reickswelirminilters eine ..Krieasadsickt" unterschieben»