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Nr. 31

Gegründet 1827

Mittwoch, den 6. jebruar 1V2S

Fernsprecher Nr. 2S

1V3. Jahrgang

tzelds Antwort an Braun

. München. 5. Febr. Vor den Vertretern der gesamten Presse Bayerns gab gestern Ministerpräsident Dr. Held zu den Aeußerungen des -preußischen Ministerpräsidenten Braun vom 2. Februar folgende Erklärung im Namen der bayerischen Regierung ab:

. 1. Die vom Reichskanzler gewünschte Vertraulichkeit der Verhandlungen vom 25. Januar schloß eine vertrauliche Be­sprechung der schiebenden lebenswichtigen Fragen im Kreis der der Landesregierung nahestehenden Presse zu deren Un­terrichtung nicht aus.

2. Die Ausführungen des preußischen Ministerpräsiden­ten von: 14. Dezember 1928 ließen xrundsätzliche Irrkümer Brauns über den Standpunkt der bayerischen Negierung erkennen. Der bayerische Ministerpräsident klärte den preu­ßischen Ministerpräsidenten bei seinem Besuch dahin auf, daß die bayerische Regierung die 3,5-Milliarden-Aorderung Preußens n-chj grundsätzlich ablehne, daß sie aber zur recht­lichen Begründung dieser Forderung, ebenso wie die Reicks- regierung, gemäß 8 35 des Kriegsleistungsgesetzes vom 11. Juni 1873 ein besonderes Reichsgesch für notwendig er­achte. Das Schreiben der Reichs regierung vom 19. Sept. 1919, worin die damalige Reichsregierung erklärte, das Reich werde für alle Schäden eintreten, die sich aus dem Friedensvertrag für die einzelnen Länder ergeben, ist nur ein Programm der damaligen Reichsregierung gewesen; un­mittelbare Rechtsansprüche konnten aus jenem Schreiben nicht abgeleitet werden. Da für diese Entschädigungsforde- rung Preußens somit ein Rechkskilel noch nicht vorliege, könne diese Forderung mit der bayerischen Forderung ans Post- und Eiseabahneuischädignng nicht aus gleiche Sbtfe gestellt-werden. Dagegen habe die bayerische Regierung für

'diese beiden Forderungen niemals ein Aarreckst, vor' der preußischen Forderung ans Eisenbahnentschädigung in An­spruch genommen. Diese Forderungen ständen sich gleich Uebrigens babe Bayern a"ch in Rücksicht auf die lmanzielle Leg- des Reichs nie das Kapital der Post- und Eisenbahn- entschädigung verlangt, sondern lediglich die in den Staats­oerträgen vereinbarte Verzinsung.

3. Bei dem erwähnten Besuch Dr. Helds bei Braun wurde vereinbart, beim Reichskanzler eine Konferenz onzu- regen zur Besprechung der Eisenbahn-, Post- und der Bier­steuerentschädigung, und zwar zwischen dem Reichskanzler und dem Reichssinanzminister auf der einen Seite und der preußischen, der bayerischen und der württemberg-scheu Re­gierung auf der anderen Seite. Es erfolgte am 19. Januar 1929 eine entsprechende Einladung der Reichskanzlei zu einer vertraulichen Besprechung im Auftrag des Reichskanzlers.

4. Es ist unrichtig, daß in der Konferenz vom 25. Januar die Vertreter Bayerns geltend zu machen versuchten, daß ih-re Ansprüche vor allen anderen rangierten und demgemäß unter Ausschaltung der Vertreter der Länder, die an der Postabfindung und der Biersteuerabfindung nicht interess srr seien; erledigt werden müßten", wie Braun behauptet, «ie haben vielmehr lediglich geltend geinacht, daß vor diesem Forum nur über die Eisenbahnentschädigung verhandelt werden könne. EinVorrecht" der Postenkschädigung vor der Eisenbahnenkschädigung haben sie weder am 25. Januar noch jemals vorher geltend gemacht. Ein solches Vorrecht haben sie ebenso wie die anderen Ländervertreter lediglich für die Eisenbahn- und die postenkschädigung geltend ge­macht gegenüber der 3)4 Milliardenforderung Preußens für die ein Rechtstitel noch nicht besteht. Es ist daher auch von niemandem dem preußischen Ministerpräsidenten zu gemutet worden, er möge sich bereitfinden lassen,anzu­erkennen, daß die bayerischen Ansprüche allen anderen vor angestellt werden müßten".

5. Der preußische Ministerpräsident hat nicht nur den Vorschlag gemacht,die Regelung der Restentschädigungen für den Uebergang der Eisenbahn auf das Reich bis zu dem Zeitpunkt hinauszuschieben, wo die Reichsbahn wieder unter die freie Verfügungsgewalt der Reichsregierung kommt", sondern er hat diess Schicksal auch der bayerischen und der württemberqischen Postabfindung zugedacht. Insbesondere hat diesen Standpunkt mit größter Schärfe der preußische Finanzminister in der Besprechung vertreten, die am 26. Januar über die Postentschädigung, die Biersteuerentichä digung und die preußische Entschädigung für einen bei Per reichlichung der Bahnen diesen gewährten Barvorfchuß unter dem Vorsitz des Reichsfinanzministers stattgefunden hat. Er hat insbesondere erklärt, wenn das Reich den süddeutschen Ländern für ihre Spezialsorderungen etwas bewillige, dann wolle Preußen seine Liicnbahnentschädigung in den Vor­dergrund stellen.

6. Wenn der preußische Ministerpräsident gegenüber der bayerischen Postcntschädigungsforderung auf die en.jcyä' digungslose Hingabe der preußischen Post im Jahr 1867 hinweist, so ist dieser Hinwois in tatsächlicher Beziehung un­begründet. Preußen erhielt durch Beteiligung an dem Reichspostüocrjchutz in Wirklichkeit eine sehr namhasie Enk schädigur.g. llcberdies ist der Wert der Post von 1867 nicht vergleichbar mit jenem von 1929. Wenn Preußen gewoll: batte, daß Bayern auf gleiche Weist entschädigt werden sollte wie Prcushn im Jahre si-67, so hätte es dies bei de: Ratifizierung des Ltaanroerrrags im Reichsrat geltem macken müssen, nicht erst jetzt, wo die verbriefte Forderung

Bayerns beglichen werden soll. Die bayerische Pr,st war niemals bloß ein Erwerbsunlernehmen, sic ha: aber dem bayerischen Staat trotzdem große Vorteile gebracht. Heute dagegen hat Bayern irl feinem Llaatshaushalt an Gebühren an die Rcichspoft 9.4 Millionen Mark in bar auszumendsn.

7. Gegenüber der Landtagsrcde des preußischen Minister­präsidenten vom 14. Dezember 1928 mit Bezug aus die preu­ßische Klage gegen das Reich vor dem Staatsgerickisbos we­gen des Gesetzes über die süddeutsche Bstrsicuerenischädignug ist zu sagen, daß es sich im vorliegenden Fall um ein der Befriedigung vertragsmäßiger Änspr.'ichs dienendes, aber nicht ordnungsmäßig zu sign de gekommenes Gesetz handelt

as, wie die Enlscheidung des Slaalsgerichtshofs beweist

nicht zu Recht bestanden hat. Trotzdem wandte sich der preußische Zir.auzmiir.sisr in der Besprechung vom 26. Ja­nuar 1929 auch gegen üie Höbe der Bicrsteuerentschädiguug, die vorläufig zu zahlen der Slaatsgerichtshof das Reich für berechtigt erklärte.

8. In Bayern besteht die allgemeine Auffassung, daß unter den deutschen Ländern und insbesondere zwischen Preußen und Bayern Eintracht bestehen müsst, wenn das Reich nicht Schaden nehmen solle. Die bayerische Re­gierung hat durch den Besuch ihres Ministerprändciue» bei dein preußischen Ministerpräsidenten in den schwebenden

- lebenswichtigen Fragen die notwendige Rabrreinsiimmung Mischen Preußen und Bayern hskzusteSer. sich bemüht. Das Verhalten der verantwortlichen preußischen Ktc.cnsmimster, insbesonderedes preußischen Finan.zmi'.iisters, das aus diesen Besuch folgte, ließ leider keine andere A'-ssassi-r,-, zu. als daß Preußen in diesen Fragen Bayerns Gegner ist.

9. Die Aeußerunqeu des bayerischen Finopzniiuifters in der Münchener Pressebesprechung ain 31. JLnÜar, die er vom ersten Augenblick an ihrer Form wegen bedauert hat, waren der Ausschrei des tief gekränkten bayerischen Rechts­empfindens, dem nur durch Erfüllung der durch Staats- vertrüge verbrieften Rechtsansprüche Bayerns Genüge ge­schehen kann

10. Nicht das Vorgehen der bäuerischen Minister i,at die Lösung des so überaus wichtigen Problems der Re­gelung der Entschädigungsansprüche der Länder g-gen das Reicherschwert", sondern die bittere Enttäuschung, dte Bayern schon bei seinem ersten Versuch, mit Preußen in diesen Fragen zusammen zu kommen, bereit wurde. Die bayerische Staatsregierung möchte aber hassen, daß es trotz allem noch gelingen wird, eine Lösung dieser Streitfragen zu finden, die dem Recht diene und damit dem Wohl des Reichs und Ser Länder, sowie dem ganzen deutschen Volk förderlich ist.

Entschuldigung der bayerischen Regierung

^Berlin, 5. Febr. Der amtliche preußische P-cfstdstnst teilt mit: Der bayerische Gesandte in Berlin. Dr. v. Pre- g e r, sprach am Montag dem preußischen Ministerpräsiden­ten das Bedauern der bayerischen Regierung über den be­kannten Münchner Vorfall und über die für die Kritik ge­wählte Form aus.

Der preußische Gesandte in München, Dr. Denk, hat sich wieder auf seinen Münchener Posten begeben.

Randbemerkungen

Aus dem unerquicklichen Streit ist nun so viel ersichtlich, daß den preußischen Ministern, vor allem dem Ministerpräsi­denten Broun und dem Finanzminister Höpker- Aschoff, in der ganzen Behandlung der Angelegenheit von Anfang an arge 3 rrtümer unterousen sind, die durch ein doch nicht mehr zu bestreikendes Ilebelwollen gegen Bayern einen Stachel bekamen, durch die Bayern sich ver­letzt fühlen mußte. Nicht nur Bayern, sondern auch Würt­temberg und Baden haben in den letzten Jahren oft genug Veranlassung gehabt, gegen unziemliches Verfahren Preußens und des Reichs sich zu beschweren. Erst kürzlich hat der --irdische Staatspräsident im Landtag für diese bedancr sichen Verhältnisse scharfe Worte gebraucht. Unter Bismarck war Preußen groß und mächtig, aber niemals haben die Landesstaaten über Hebelgriffe Preußens oder des Reichs in ihre Rechte und Belange zu Klagen gehabt; von einer st.traditionellen prenßcnfeind'ichen Stimmung in Bayern" ivar nichts zu bemerken. Die Bauern und alle Süddeutschst! standen und stehen den Preußen an Rcichskrene nicht nach.

> Aber allerdings verlangen sie, daß ihre verfassungsmäßigen Rechte vom Reich und Preußen geachtet wc den, und daran hat es in den letzten Jahren leider gar oft gefehlt. Das .muß man unbedenklich aussprcchen, wenn man die Lage mit klarem Auge und nicht durch parteipolitisch yr'ärble Brillen betrachtet, welcher Art cksich die Färbung sein mag. Daß auch in formaler Hinsicht Recht und Gesetz auf söst-n des bayerischen Standpunkts sind, geht aus den Darlegun­gen des Ministerpräsidenten Dr. Held deutlich hervor. Daß diese Tatsache einmal unzweideutig in der Oefsemlichkeii liargestellt wurde, ist zu begrüßen, da bekanntlich vor ollem auch Württemberg, Baden und Sächsin daran interessiert sind, daß jedermann im Reick weiß, daß ihre Forderungen an das Reich nicht einem Uebclkvoll'n gcgen das Re -

lagerspiegel

In Holland wurde von dem äußersten radikaleu Flügel der sozialdemokr. Partei und einem Teil der Kommunisten eine neuerevolutionär-sozialistische Partei" aus kommu­nistischer Grundlage gebildet, die aber die Diktatur Moskau» bekämpft. Die neue Partei hat politisch keine große Be­deutung.

Die britische Regierung hat beschlossen, den sür dieses Jahr geplanten Neubau vou drei Kreuzern zu verschieben.

Die Verhaftungen vou Militärs nab Politikern in Spa­nien dauern fort.

Der verhaftete frühere konservative Ministerpräsident Sauchez Guerra und sein Sohn wurden in Valencia an Bord eines Kriegsschiffs verbracht. Wie verlautet» sollen sie verbannt werden, doch ist der Ort noch nicht bekannt

Die Sorvjetregieung teilt mit, Trohki befinde «ich noch immer innerhalb des Gebiets der Sorvsemnion.

Der russisch-polnisch-rumänische Nichtangriffsvertrag soll am 7. Februar in Moskau unterzeichnet werden.

entspringen, sondern datz sie ebenso wohibegrunoet wie «i ihrer Finanzlage notwendig sind. Wenn man den süddeui schen Staaten einen Vorwurf machen könnte, jo wäre e- höchstens der, daß sie mit der Geltendmachung der bereck tigten Ansprüche so lange zugewartet haben, bis die Gefahr der Verjährung vor der Tür stand.

Daß der bayerische Finanzminister Schmelzt es be dauert, daß chm in der Erregung das WortScham losigkeit" in bezug auf preußische Minister entfahren ist vernimmt man mit Genugtuung; derartige Entgleisungen taugen nichts. Wenn man nun auch in Berlin einsieht daß man den Standpunkt korrigieren muß. so ist denn doch zu hoffen, daß die seit einigen Jahrentraditionell" gewor dsneprevßenfeindliche" und diebayernfeindliche" Stim­mung wieder dem alten guten Einvernehmen Platz macht

Deutscher Reichstag

Die Handwerksnovelle angenommen

Berlin» 5. Februar.

In zweiter und dritter Lesung hat der Reichstag die Handwerksnooellc gegen die Stimmen der Kam munisten angenommen. Gegen die Stimmen der National- sozialisten und Kommunisten wurde dann auch die Geneh migung zur Strafverfolgung des Abg. Straffer (Rat. Soz.) erteilt. Der Gesetzentwurf, der die Ehelichkeitserklä rung unehelicher Kinder erleichtern soll, wird dem Rechts ausschuß überwiesen.

Sozialdemokratie und Wehrprobkem"

Abg. Gras Westarp <Dnrl.) richtete die Aufmerksam keit des Hauses auf Vorgänge, die, wie er erklärte, mit Reckt großes Aufsehen erregt haben und ein sofortiges Einschreiten erfordern. In einer BroschüreSozial Lemokratie und W e h r o r o b l e in", deren Verfasste Angehörige der sozialdemoratischen Reichstagsfraktion sind, lind landesverräterische Aeußerungen enthalten, und es jft sogar die Dienstverweigerung für die Kriegs­führung als berechtigt hingestellt worden. Als Verlags­ort und Adresse der Herausgeber ist das Gebäude des Reichstages bezeichnet worden. (Hört! Hört!) Wir haben eine Interpellation eingebracht, in der wir die Reicks regierung fragen, ob sie es mit der Würde und der Selbst­achtung des deutschen Volkes und seiner Vertretung sür per einbar hält, daß Reichskanzler und Reichs.mlut­ster ihren Auftrag von einer Partei erhalten, in der füh rende Abgeordnete für den Landesverrat eintreten Wir bitten den Neichstagspräsidenten. die Beantwortung dieser Interpellation zu verbinden mit einer Erklärung. wgs er gegen den ungeheuren Mißbrauch, der dgffn besteht, daß man das Reichstagsgebäude z» Verbreitung landesver­räterischer Schriften benutzt, zu unternehmen gedenkt. (Leb Hafter Beifall rechts, Unruhe links.)

Präsident Loebe sagte zu, die Angelegenheit untersucheil zu wollen.

Lrrverdsloscnfürsorge

Zur Verhandlung stehen ferner Anträge und Inter­pellationen aller Parteien über die Frage der Erwerbs- losenfürsorge.

Abg. Ia-dasch (Komm.) stellte fest, daß rund 3,2 Mil­lionen Arbeitslose vorhanden sind. Der Redner begründete Anträge seiner Partei zur Erwerbslosenfrage. Danach soll die Gewährung der Arbeitslosenunterstützung allgemein von 26 auf 39 Wochen unter Wegsalk jeglicher Karrenzzeit aus­gedehnt wexden. Die Krisenunterstützung müsse sich auf alle Berussgruppen erstrecken und ohne Bedürftigkeitsprüfung in der gleichen Höhe wie die Arbeitslosenuntentützung ohne zeitliche Einschränkung gezahlt werden

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