Änrts-und Änzeiyeblatt tü«
Mit den iLllftriertr» Beilagen „Feieestnudeu" „Unsere Heimat", „Die Mode vom Tage"
Beplgopreis«: Monarlich einschließlich Trägerlohn -K 1.6»! Errrzeinummer 10 — Erscheint an
jedem Werktag«. — Verbreitetste Zeitung im O.«A.-Bezirk Nagold. — Schriftleitung, Druck und Verlag o. G. W. Zaiser (Karl Zaifer) Nagold
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den Gdemnrtsv czickKagolS
Mit der landwirtschaftlichen Wocheabeilage .Kau»-, Garten- und Landwirtschasl'
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Ar. 27 Gegründet 1827 Lreitatz, den 1. Februar 1828 Fernsprecher »r 2V 188. Jahrgang
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Reichskanzler Müller erstattete am Donnerstag dem Reichspräsidenten Bericht über die koalitionsverha >d- luunen. Das Zentrum verlangt statt -es gemeinsamen Ausschusses der Regierungssraktionen eine feste Koalition, zugleich aber drei weitere Mnisterposten, für die Zentrumspariei mindestens jedoch zwei Ministerien rmd einen Staatssekretärs Posten.
Das Reichskabinett hat beschlossen, daß Kranzspenden der Reichsbehörden und Relchsstellen in Ehren verstorbener Beamter. Angestellter und Arbeiter oder in Erfüllung sonstiger repräsentativer Pflichten mit einer Schleife in den Reichsfarben Schwarzrotgold zu versehen find.
Dr. tzaas-karlsruh« wurde zum Vorsitzenden der demokratischen Reichstagsfraktion gewühlt.
Von den Inhabern der Stahlfächer in der Depositen- bank der Diskontogesellschafi in Berlin sind bereits Geld- rüMaaea von über einer Million aagemeldet worden. Die geraubten Brillanten dürsten außerdem einen Wert von mehreren Millionen darstellen. Einer der Leiter der Allianz- Versicherung A.G. erklärte, die Versicherungsgesellschaft werde für den ganzen Schaden eintreten müssen.
Nach den Beschlüssen des hanshaltsausschustes des polnischen Landtags würde der yanskialtplan für 1S2S an Ausgabe» 2780. an Einnahmen 2SS3. somit einen Ueber- schuß von 203 Millionen Zloty ausweisea. (Ein Zloty gleich 47 Pfg.)
Der „Daily Expreß" meldet. Sir Eric Drnmmond. der bisherige Generalsekretär des Völkerbunds, sei zum englischen Botschafter in Washington ausersehen.
3m englischen Unterhaus wurde amtlich milgeteilt, daß die Kosten für de« kanaltunnel aus etwa 30 Millionen Pfund Sterling geschäht werde«.
Offener Brief
Strahburg, 31. Jan. Der von der französischen Regierung und den Gerichten verfolgte Autonomist Dr. R cki i n. bisher Mitglied der französischen Kammer und früher unter deutscher Herrschaft Präsiden! des Landtags von Elsaß- Lothringen, hat einen offenen Brief an Poincarö gerichtet. den der „Straßburger Kurier" veröffentlicht In dem Brief heißt es u. a.: Ich mache Ihnen jedes Recht streitig, in der Kammer in meiner politischen Vergangenheit als Untertan des Deutschen Reichs herumzustöbern. (Poincarä hatte in seiner Kammerrede R'-ckün als Deutschfreund verdächtigt, der Hochrufe auf den Kaiser ausgebracht habe.) Für meine Handlungen während dieser Zeit bin ich Frankreich keine Rechenschaft schuldig. Frankreich hatte durch den Frankfurter Vertrag auf Elsaß- Lothringen verzichtet und das Elsaß konnte sich nicht ewig in der Pose der trauernden Witwe gefallen. Außer dem wirtschaftlichen Aufschwung Elsaß- Lothringens unter deutscher Verwaltung eroberte es sich in hartem Kampf eine Verfassung, die uns im Rahmen des Deutschen Reichs eine Freiheit und poli-
Steuervereinheitlichungsgefctz im Reichstag
Berlin, 31 Januar. j
In der heutigen Sitzung erklär'. Abg, Eolosler (Wirtsch.) in dem Entwurf sei weder eine Vereinfachung' noch eine Vereinheitlichung zu erkennen. In dem Gesetz würden dauernd ein Schritt vor und zwei Schritte zurück gemacht. Diese Mißgeburt bedeute eine Verewigung der Ausnahinegesetzaebung, die dem deuts.7;eii Bolksstaal den Stempel des Unrechtes aufdrückt. Seine Partei verlange
eine GleichstehunSlyng aller.-Burger. Wenn man Liebe e rnlen wolle, durje man nicht Haß säen. Ter Redner lr,liierte besonders die Hauszinssteuer.
Abg. Dr. H o r l a ch e r (B- Vp.) lehnte den Gesetzentwurf als verfassungsändernd ab. Auch sämtliche Wirtschaftsverbände hätten sich dagegen ausgesprochen. Die Regierung solle ihren Irrtum bekennen und den Gesetzentwurf schleunigst zurückziehen. Das deutsche Volk brauche innerpoliti- irben Frieden. Nickt das Steuervereinbeitlichunqsqesetz
werde die Wirtschaft entlasten, sondern die Beseitigung des unerträglichen Reparationsdrucks und im Anschluß daran ein vernünftiger Finanzausgleich.
Abg. von Sybel lCkir.-Nat. Vauernp.) forderte die endliche Beseitigung der staatlichen Reallieuern. Durch einen neuen Verteilungsschlüssel für die Reichsüberweisungen müsse den leistungsschwachen Landgemeinden entgegengekommen werden. Seine Partei habe nicht das Zutrauen, daß dieser Reichstag und diese Reichsregierung den ursächlichen Zu' sämmenhang der einzelnen Gebiete der Wirtschaftspolitik erfaßt haben und ihm gerecht werden.
Abg. Arteldt lDeutsch-Hann.) lehnt" den Gesetzentwurf gleichfalls ab, da eine Gewähr für ein? Senkung der Realsteuern nicht gegeben sei.
Abg. Dr. Best tVolksr -P.) äußerte besonder? Banken gegen die Sacherhaltnngssteuer. die die ungerechteste aller Ste-ern, die Hauszinssteuer, unter anderen Namen fortsetz«» wolle.
Agnsle, die zum Hallen zwingen
Großzügige Versuche der Reichsbahn
Für das neue Eisenbahnunglück in Sünching bei Regensburg kann man weder veraltete Gleisanlagen, noch Wechten Oberbau. n«h Wagengerümpel oder unzulässige Geschwindigkeit verantwortlich machen. Man steht vielmehr vor -er kaum faßbaren Tatsache, daß drei Haltesignalenacheinander überfahren worden sind. Inwieweit eine Schuld des Führers der Schnellzugslokomotwe vortiegt, muß die Untersuchung ergeben. Immerhin zeigt der neue Ünglückssall den gefährlichen Punkt des Eisenbahnbetriebs, wo in den reibungslosen mechanischen Ablaus des Systems persönliche Verantwortung eingeschaltet mH das menschliche Hirn durch die zuverlässigere Maschine
^ ImE^>eujsthland ist man mit der mechanischen Zugsiche- rrmg bedeutend weiter als in den meisten andern Ländern. Für den lückenlosen Zusammenhang der Signaleinrichtungen uM> Weichen sind bereits alle technischen Einrichtungen vorhanden; die Sicherungen werden überall, wo sie noch nicht bestehen, beschleunigt eingebaut. Aber die große Gefahrenquelle. daß ein Führer Ws Haltesignale nicht beachtet, ist damit noch nicht beseitigt: die selbsttätige Zugbeeinflussung steckt immer noch im Bersuchsstadium, obwohl lest zwei Jahrzehnten die fähigsten Nsenbahntechniker an brauchbaren Lösungen arbeiten.
Das vergangene Jahr hat uns der endgültigen Lösung wesentlich nähergebrocht. Es gibt heute scbon eine Reihe von Augbeeinflussungssyftemen, die befriedigend arbeiten und mit denen man zurzeit Versuche im großen anstellt, um sie baldmöglichst allgemein einzuführen. Man hat dir mechanischen Sicherungen: bei Haltstellung des Signals stößt ein aus dem Zug herausrogender Notbremshebel gegen eine vom Signal bewegte Kippscküene. Der Zug wird in diesem Fall also erst am Haltesignal selbst gebremst, ein System, das sich bei den Vorortbahnen in Berlin und Hamburg bewährt hat, aber auf die großen offenen Strecken, wo die Züge infolge ihrer Geschwindigkeit nach der automatischen Bremsung noch einen längeren Auslaus haben, nicht anwendbar ist. Bei einem ankeren System, dem System Bruch sal-oan Braam, hängen von der Lokomotive Beeinslussungsbebel herab, die bei Haltestellung des Sianals gegen Auslanfschie- nen zwischen den Gleisen anstoßen. Das System wäre brauchbar. wenn die Auflaufschienen nicht bei seder Aenderung des Signals gehoben oder gesenkt werden müßten, was ziemlich umfangreiche Vorrichtungen an den Geleisen verlangt.
Ein einfacheres System bietet die elektrische Induktion in Ser sogenannten induktiven Zugbeeinflussung. Ein Elektromagnet, der bei Haltstellung vom Siqnalflügel eingeschaltet wird, beinflußt durch elektrische Induktion einen Elektromagneten an der Lokomotive, der mit einem Stromkreis gekuppelt aus die Bremsen ein-mrkt. Bon diesem Verfahren verspricht man sich bei der Reichsbahn offenbar sehr viel. Man macht »urzeft Großversucbe aus Strecken von insgesamt über 2000 Kilometer mit 44 Lokmotiven, um die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der einzelnen Teile zu prüien.
Das System, das die weitestgehende Beeinflussung des fahrenden Zugs ermöglicht, ist die optische Zugsicke- rung des Reichsbahnrats Baseler (München). Dieses System ermöglicht im ganzen kritischen Streckenabschnitt zwischen Vorsignal und Hauptsiqnal eine fortlaufende Ge
schwindigkeitskontrolle und eine von sen Lwr- schlüssen des Führers unabhängige Beschränkung der Geschwindigkeit bis zur völligen Bremsung. Dadurch wird vermieden, daß langsame Züge zu früh anqehalien werden, was eintreten muß. wenn die induktive Bremsung bereits am Vorsignal wirkt. Die induktive Bremsung auf das Hauptsignal zu beschränken, geht anderseits deshalb nicht, da ja dann schnelle Züge noch ein gutes Stück in das Gefahrengebiet durchrulschen würden. Der Nachteil des optischen Systems liegt allerdings darin, daß die Beeinflussung bei Fahrtstellung des Signals nicht ganz leicht auszuschalten und däzu einstweilen ein noch etwas umständlicher Mechanismus nötig ist Auf der andern Seite hat die optische Zugsickerung eine überraschende Störungsfreiheit bei sämtlichen Witterungs- Verhältnissen. Auch dieses System wird in großen Bersucks- reihen erprobt, und man darf wohl annehmen, daß die Versuche mit dem induktiven und mit dem optiscken Beeinflussungsverfahren in absehbarer Zeit eine so befriedigende Lösung bringen werden, daß eines der Systeme allgemein eingebaut wird und damit eine der größten Gefahrenquellen aus dem Reichsbcchnbetrieb verschwindet.
Regensburg, 31. 3an. Der Lokomotivführer des bei Sünching verunglückten Schnellzugs ist auf Grund eines Haftbefehls der Staatsanwaltschaft Regensdnrg sestgenom- men worden. »
Neueste Nachrichten
Berlin und das Konkordat
Berlin, 31. Jan. 3n der Stadtverordnetenversammlung von Berlin brachten die Kommunisten einen Antrag ein, der gegen den Abschuß eines Konkordats durch die preußische Regierung Einspruch erhebt. Namens des Magistrats wurde die Erklärung abg-zeden, daß der Magistrat gegen die Einbeziehung der Schule in das Konkordat Einspruch erheben würde. Nach längerer Aussprach« wurde gegen die Stimmen des Zentrums bei Stimmenthaltung der Deutschnationalen ein sozialdemokratischer Antrag angenommen, der den Magistrat auffordert, gegen jedes Zurückweichen der preußischen Regierung vor den kulturellen Forderungen der katholischen Kirche schärfsten Einspruch zu erheben.
60 Jahre Daweszrhlungea?
Neuyork, 31, Jan. Die „Newyork Times" bringt eine Meldung ihres Londoner Berichterstatters, di« verbündeten Mächte hätten sich u -tereinandrr geeinigt, daß Deutschland so lange Daweszahlungen an sie zu machen habe, a s sie selbst an Ihren Schulden an Amerika zu zahlen haben, nämlich 60 Jahre lang.
an Poinearö
tische Unabhängigkeit sicherte, die weit entfernt sind *»n der unwürdigen Sklaverei, in der wir jetzt gehaltenwerden. Sie; Herr Ministerpräsident, Hobe« hervor, daß ich im elsaß-lothringischen Landtag eine Reku: mit dein Ruf: Es lebe Elsaß-Lothringen, es lebe Deutschland, es lebe der Kaiser! beendet habe und haben dadurn» den Eindruck erweckt, als ob es sich um eine im elsaß- lothringrschen Parlament vor meiner Präsidentschaft ungebräuchliche Kundgebung gehandelt habe. In Wirklich keit aber schlossen auch die Reden meiner Vorgänger bei Beendigung der Tagung mit dem Ruf: Es lebe der Kaiser! Ich war es, der als erster ein Hoch für Elsaß- Lothringen hinzufügle. Elsaß-Lothringen ist entschlossen. das Schicksal Frankreichs zu teilen und bleibt ein unlösbarer Bestandteil der französischen Republik. Ich bin am 23 Oktober 1918 im Reichstag für die Trennung des Elsaß' vom Deutschen Reich eingetreten.
Die Pariser Presse tut den Brief Ricklins kurz ab al» „Lügengewebe, Anmaßung und Unverschämtheit".
Ein englisches Wahlmanöver
London, 31. Jan. Mit dem ausdrücklichen Zweck, für die nächsten Wahlen den schlechten Eindruck der Chomberlaiur- schen auswärtigen Po'itik zu verwischen, fordert der konservative „Daily Expreß" die schleunige Abberufung der englischen Truppen ausdem besetzte» Gebiet. Die englischen Truppen am Rhein seien nichts weiter als ein Sympol der ungesunden Verstrickungen in der emropäischen Politik, in die französische Hartnäckigkeit die Engländer hineingezogen habe. (!) >
Der putsch in Spanien
Madrid. 31. Jan. Das Kriegsgericht in Ciudad Real hat drei Offiziere, von der.-n einer flüchtig ist, wegen des Putsche«
zum Tod verurteilt. Die Urteilsbestätigunq durch den König ist noch nicht erfolgt.
Der frühere Führer der Konservativen Partei, Geneoai Sanchez G u e r r a, der sich den Aufständischen cm schließen wollte, ist bei seiner Landung in Valencia verhaftet worden. Die Häupter der Bewegung sollen nach dem Pariser „Journal" die zurzeit in Frankreich sich ausholtenden spanischen Politiker Alexander Leroux, Felix Gomboa und Äiba. sowie der frühere Kriegsminister Aguilera sein, welch letzterer bereits verhaftet sein soll.
Zweckmeldungea über Afghanistan
Berlin, 31. Jan. Die Nachrichten über die Vorgänge in Afghanistan sind noch sehr widersprechend. In Berlin nimmt man die zweifellos mindestens übertriebene» englisch-indischen Meldungen nur mit größter Vorsicht aus. Es ist sicher, daß der englische Gesandt« sich mit dem neuen Emir Habit, in Kabul zu weit eingelassen hat und adberusen werden muß. Zur Bemäntelung dieser Tatsache wird verbreitet, daß alle fremden Gesandten bedroht und bereit» Plünderungen, besonders an deutschen Häusern vorgenommen worden seien. Das Auswärtige Amt hat es dem deutschen Gesandten überlassen, ob er abreisen will; sollten jedoch die Deutschen und die Mehrheit der Gesandten Kabul verlassen, so solle auch er abreisen. Ms jetzt scheint kein Deutscher persönlich zu Schaden gekommen zu sein; viele hoben sich in Kabul eine dauernde Existenz geschaffen.
Ein engli,ches Militärflugzeug, das am Dienstag von Peschawar nach Kabul flog, wird vermißt
Neue Silbermünzen in Afghanistan
Emir Habid hat die Ausgabe eines neuen Silber- gelds mit seinem Bild angeordnet. (Mohammedanische Münzen sollen eigentlich kein Bild tragen.) Diese Münzen werden aus 23 Teilen Silber und einem Teil Kupfer lein 2m Gegensatz zu dem von Aman Ullah eingcsührten Sommerjahr werden die Habib-Münzen die Dolen des Mondjahres tragen.