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Nagolder TagülattDer Gesellschafter

Dienstag, 15. Januar 1928.

Stuttgart. 14. Jan. Lage des Arbeitsmartts in Südwestdeutschland. Die kritische Lage des 'Arbeitsmarkts hat sich in der Berichtszeit vom 3.-9. Januar aoch verschärft. Am 9. Januar bezogen 97 212 Personen die oersicherungsmäßige Arbeitslosenunter st ützung und 5549 die Krisenunterstützung gegen 8114l> bzw. 5396 am 2. Januar. Die Gesamtzahl der Unterstützten ist von 89 536 auf 102 761 um 14,8 v. H. gestiegen; davon waren 87 741 Männer (76126 am 2. Januar) und 15 020 Frauen (13 410). Auf die Arbeitsämter in Württemberg und Hohenzollern trafen 42 253 (36190) und auf die Ar­beitsämter in Baden 60 508 (53 346) Hauptunterstützungs­empfänger. Im Gesamtbezirk des Landesarbeitsamts kamen am S. Januar 1929 auf 1000 Einwohner 20.4 Unterstützte gegen 17,8 am 2. Januar, 7,0 am 31. Oktober und 4,7 am I. August.

Zum stell». Schlichter für Südwestdeukschland wurde Obergewerberat Hanewinkel in Karlsruhe ernannt.

Staatsbeihilfe für Obstzüchter. Nach einer Bekannt­machung der Landwirtschaftskammer sollen die Obstzüchter Württembergs für das Umpfropfen ihrer Obstbäume eine nennenswerte Staatsbeihilse erhalten. Der Antrag ist schon an» 15. Januar eimureichen.

Hochberg OA. Waiblingen, 14. Jan. Tödliche Fol­gen eines Wurfs mit dem Bierglas. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag wurde außerhalb des Orts der etwa 30 I. a. Bodenleger Ernst Sprecher aus Winnenden in einer Blutlache auf der Straße liegend bewußtlos aufgefunden. Sprecher war mit einem Motor- radanzug beksAdet, der mit Blut getränkt war. Wie die nachträglichen Feststellungen ergaben, war Sprecher mit dem led. Zementeur Witz mann von Hochdorf in einer dor­tigen Wirtschaft in einen Wortwechsel geraten, der damit endete, daß Wißmann dem eben das Lokal verlassenden Sprecher ein schweres Bierglas mit Wucht an den Kopf warf. Sprecher ist seinen Verletzungen <"tea->,i. De>- Täter ist verhaftet.

Hellbraun. 14. Jan. Fuchsjagd. Die hiesige Jagd­gesellschaft hak bei einer Jagd auf Naubwild zehn stattliche Füchse geschossen, im Lauf des Jahres acht, der Förster 24, atso im ganzen Jahre zusammen 42 Füchse. Der große. Sichte Schweinsberg hat also noch mehr Raubzeug als man vermutete.

Oberndorf a. N., 14. Jan. Bor größeren Ent­lassungen bei den Mauser werken. Die Stadk- oerwaltung wird in der nächsten Zeit wieder vor schwere Aufgaben gestellt werden. Bei den Mauserwerken stehen nSmtich größere Enklassungen bevor, die einige hundert Ar­beiter betreffen sollen. Die Gemeinde wird also wieder für Notskandsarbeiken sorgen müssen.

Crailsheim. 13. Jan. Neujahrs-Geschenk der Oberamtssparkasse. Der stetige Zuwachs bei den Spareinlagen ermöglichte es der Oberamtssparkasse, ab 1. Januar 1929 die Zinssätze für Hypothek-Darlehen, Dar- lenhen an die öffentlichen Körperschaften und Kredite im Kontokorrentverkehr um Prozent zu ermäßigen, ohne daß es nötig geworden ist, die Zinssätze für die Einlagen herabzusetzen.

Lllwangen, 14. Jan. Vom Kalten Markt. In einer hiesigen Gaststallung wurde ein Paar schwere Ochsen weggeführt und dafür ein Paar Ochsen mit drei Zentner Mindergewicht zurückgelassen. Es ist bis jetzt nicht gelungen, den Täter zu ermitteln. Die Uebung der auswärtigen Viehhändler, die Landwirte erst beim Verladen des ge­kauften Viehs auf dem Güterbahnhof auszubezahlen, hat zu unliebsamen Vorkommnissen geführt. Diese können ver­mieden werden, wenn der verkaufende Landwirt sich sofort beim Ankauf auf dem Viehmarkt ausbezahlen läßt.

Vom Schönbuch, 14. Januar. Waidmannsheil. Forstmeister Burger, Weil im Schönbuch, erlegte einen stattlichen Keiler im Gewicht von 267 Pfund.

Aus Stadl und Land !

Nagold, den 15. Januar 1929.

Neue Besen kehren aut; aber es ist besser gewesen, als bei den alten der Staub geruht. Fr. Rückert.

Bezirks-Generalversammlung des Reichsbundes der Kriegsbeschädigte« etc.

Die vorgestern imWaldhorn" in Nagold stattgefun­dene Bezirks-Generalversammlung war verhältnismäßig gut besucht. Kamerad Vezirksleiter SoulierTeinach begrüßte um ^2 die Erschienenen und gab sodann einen ausführlichen Bericht über das verflossene Vereinsjahr, aus dem zu entnehmen war, daß im Interests der Kriegs­opfer wiederum sehr viel geleistet wurde. Leider seien in finanzieller Hinsicht viele Wünsche unberücksichtigt geblie­ben. Der Mitgliederstand hat sich günstig entwickelt. Das neue Jahr brachte eine vom Eau beschlossene Beitragser­höhung um 5 Pfg., die für den Organisationsausbau ver­wendet werden soll. Um den in, Frage kommenden Mit­gliedern Gelegenheit zur Aussprache in Rentensachen etc. zu geben, soll künftig eine Sprechstunde eingeführt wer­den. Mit der üblichen Totenehrung und dem Dank an die Ausschußmitglieder schloß Kamerad Soulier seine beifäl­lig aufgenommenen Ausführungen. Der Kassenbericht gab za einer Debatte keinen Anlaß; die Kasse wird von, Ka­merad Benz in musterhafter Weise geführt. Beim Punkt Wahlen ergaben sich keine größere Veränderungen. Der alte Vorstand wurde in der Hauptsache neu bestätigt. Nach Erledigung des geschäftlichen Teils ergriff der Kreisleiter, Kamerad KalisHorb das Wort zu seinem Referat: Bericht vom Eautag in Eßlingen!" Da alle Einzelheiten hierüber imMitteilungsblatt" veröffentlicht werden, dürfte es sich an dieser Stelle erübrigen, darauf näher eiuzugehen. Kamerad Kalis erntete für seinen Vortrag großen Beifall. Gegen 5 Uhr konnte Schluß gemacht wer­den

Oberschwaudorf, 13. Jan Der hiesige Militär- und Veteranenoerein hielt heute seine Generalversammlung im Gasthaus zurRose". Vorstand Jakob Brenner, be­grüßte die Kameraden. Er gab einen Bericht über die Borständeversammlung des Bezirkskriegerbundes in Na­gold. Mit Genugtuung hörten die Mitglieder, daß Ober­schwandorf den Vezirkskriegertag erhalten hat. Derselbe sioll am 23. Juni stattfinden und unser Verein bittet den Tag für ihn freizuhalteu. Zu Ehrenmitgliedern wurden ernannt: Christian Dietle, Wagner und Johannes Bechtold, Schreiner Bier Mitglieder hat der Verein

im letzten Jahr verloren. Es find dies: Samuel Walz, ! Akziser, Josef Angster, Eemeindepfleger, Unterschwan­dorf; Gottfried Bechtold, Schwanenwirt und Eottlieb ! Schüler, Straßenwart. Die Versammlung erhebt sich zu Ehren der Verstorbenen von den Sitzen. Schriftführer Zeitler und Kassier Mohrhard gaben ihre Be­richte. Verschiedene Anregungen für den Vezirkskriegertag bildeten den Abschluß der Versammlung.

Unterschwandorf. 14. Jan. Vom Gesangverein. Am vergangenen Sonntag lud der hiesige Gesangverein seine Mitglieder in das Gasthaus zurEiche" ein, um mit ihnen, einige gemütliche Stunden zu verbringen. Auch auswärtige Gäste waren zu sehen. Der Dirigent, Herr Lehrer Mayer, hieß alle mit frohen Worten aufs herz­lichste willkommen. Der Mittelpunkt eines Abends im Gesangverein soll wohl das Lied sein. Und so war es auch hier. Gut vorgetragene Chöre zeugten von einer er­fahrenen Schulung, die von Seiten der Sänger unterstützt wurde durch die Freude am Lied. 2 TheaterstückeAlles wega 'ra Eoaß" undDie Verdienstmedaille" fanden un­geteilten und regen, Beifall, haben doch auch die Spieler in allen Teilen ihr Bestes gegeben. Die Verlosung brachte wie immer Freud und Enttäuschung, beides Erleben, aus denen unser Dasein zusammengesetzt sein muß, um lebens­würdig zu sein. Vorstand und Dirigent muß für die schö­nen und genußreichen Stunden Anerkennung und auch Dank ausgesprochen sein.

Vollmaringen, 14. Jan. Unfall beim Schlittenfahren. Ein lOjähriger Knabe des Steinbruchunternehmers Mar­tin Leichs hat am Freitag beim Schlittenfahren den Fuß gebrochen. Tanzkranzchen. Der aus 15 Paaren be­stehende und von Tanzmeister Krießler aus Calmbach geleitete TanzkursEdelweiß" hielt am gestrigen Sonntag in der Linde seinen Schlußball. Vorstand Nesch fand

schöne Worte der Begrüßung für die Gäste und an den Vorführungen der Schüler wie des Kursleiters konnte je­der sich überzeugen, daß mit viel Geschick gelehrt und mit rechtem Fleiß gelernt worden war. Viel Gefallen fanden die rhythmischen Vorführungen und die Reigen der Da­men. Flotte Musik der Nagolder Tanzkapelle hielt alle bis zum guten Schlüsse froh beisammen. Der guten Küche der Frau Lindenwirt sei noch besonderes Lob gezollt.

Herrenberg, 14. Jan. Be,z.-Notar Saug Schon wie­der wurde eine markante Persönlichkeit aus dem öffentli­chen Leben uns durch den Tod entrissen. Jakob Haug, Vezirksnotar, hat gestern nachmittag das Zeitliche geseg­net. Jakob Haug war ein überaus tüchtiger, pflichttreuer Beamter, der in seinem durch berufliche Lasten überbür deten Leben durchaus nicht einseitig wurde, sondern über­all in der Oeffentlichkeit seinen Mann stellte. Viel Aerger und Sorge brachte ihm seine politische Tätigkeit als Vor­stand der Demokratischen Partei ein,, dagegen war ihm sein anderes Vorstandsamt, das des Schwarzwaldvereins, zur Erholung und Freude geworden,. Sein Name wird un­vergeßlich bleiben bei allen, die ihn kannten.

Calw, 14. Jan. Der Landwirtschaftliche Bezirksverei» kann dieses Jahr auf sein 90-jähriges Bestehen zurückblik- ken und will diese Erinnerung durch ein landwirtschaftli­ches Fest feiern. Sämtliche Zweigvereine, wie der Bc- zirksobstbau- und der Vienenzüchterverein, der Kanin­chen- und Eeflügelzuchtverein, der Vezirksfischerverein und die Gärtnervereinigung werden, Ausstellungen veranstal­ten. Außerdem sind Prämierungen von Vieh, von Dienst­boten und auch eine Lotterie vorgesehen. Ein Festzug mit Festwagen der Landwirtschaft, der Industrie und des Handels wird die Erzeugnisse des Bezirks veranschauli­chen. Auch wird der Versuch gemacht, die alten Volkstrach­ten im Bezirk wieder vorzuführen.

Berichte aus dem kulturellen und wirtschaftlichen Leben im Oberamt Nagold aus der Zeit des Herzogs Karl Eugen

(Nachdruck auch im Auszug verboten.)

(1. Fortsetzung) j

2. Wie stand es um die Landwirtschaft? ;

Sehr eingehend beschäftigen sich die Berichte mit der !

notleidenden Landwirtschaft und untersuchten die Ursachen . der Armut, der man in den meisten Vezirksorten begeg- i net. !

Auf die Frage, was für Maßregeln zur Hebung des , Wohlstandes ergriffen werden könnten, weisen die Amts- > Vorsteher darauf hin, daß dem Wildbrettschaden gesteuert, ^ auch die Forst-, Jagd- und andere Fronen eingeschränkt § werden sollten. Es sind insbesondere die Amtsorte von, Altensteig, die sich durch eine alte, auf Jahrhunderte zu- zurückgehende Verpflichtung schwer bedrückt fühlen. Sie mußten alle im Amt anfallenden Fuhren für die fürst­liche Hofhaltung auf vier Meilen Wegs auf sich nehmen und erhielten hiefür nur eine ganz geringe Entschädi­gung. Demgegenüber konnte freilich die Regierung da­rauf Hinweisen, daß solange noch bei Hochzei­ten, Kirchweihen und anderen Volksfesten ein unverantwortlicher Luxus entfal­tet werde die Not nicht so groß sein könne. Ueber- einstimmend klagen die Amtsleute über die üppige Le­bensweise, über die Kleiderpracht, die so übertrieben, sei, daß man bald nicht mehr den Diener von dem Herrn, die Magd von der Frau unterscheiden könne. Mittlere Bür­ger, Handwerker und Dienstboten kleideten sich wie vor­mals die Honoratioren, was zur Folge habe, daß die Handwerker für ihre Arbeit höhere Löhne, die Dienstbo­ten höhere Gehälter verlangten und so die ganze Lebens­haltung verteuert werde. Doch damit ist die allgemeine Verarmung in, der Landwirtschaft' nicht erklärt. Die Ur- lachen liegen tiefer.

Die meisten Bauerngüter waren Lehensgüter, die nach dem damals geltenden Recht nicht zerstückelt werden durften. Der Hof vererbte sich, wie das im Schwarzwald heute noch vielfach üblich ist, vom Vater auf den ältesten Sohn. Dieser erhielt das ganze Anwesen zu einem außer­gewöhnlich billigen Preis. Die Geschwister wurden mit einem bescheidenen Heiratsgut abgefunden und mußten, wenn sie nicht bei ihrem älteren Bruder im Taglohn ar­beiten wollten,, ihr Brot auswärts zu verdienen suchen. Daher auf der einen Seite blühender Wohlstand, auf der andern bittere Armut. Nach der übereinstimmenden Mei­nung der Amtsvorsteher von Altensteig, Nagold u. Wild­berg, die diese Verhältnisse nach staatspolizeilichen Ge­sichtspunkten beurteilten, sollte hier eine Neuordnung platzgreifen, weniger um der enterbten Kinder, die sich in ihrem Rechtsgefühl verletzt fühlen mußten» als um des ganzen Landes willen. Das Interesse des Landes ver­langte, daß anbaufähige Flächen nicht, wie dies bei den großen Höfen vielfach vorkam, brach liegen blieben, sonc- dein daß aus dem Boden herausgewirtschaftet wurde, was nur irgend möglich war.

Der Wildberger Oberamtmann Kausler beklagt in seinem Bericht den Widerstand, den die Regierung dem Verlangen nach einer Zerstückelung der Lehensgüter ent­gegensetzt und findet eine Erklärung hiefür nur in der Bequemlichkeit der Beamten. Es müßten dann die Lagcr- bücher erneuert, für jedes Einzelstück die Eültgebühr be­rechnet, auch neue Steuer- oder Haischbücher angelegt werden. Diese Arbeiten würden jedoch reichlich belohnt dadurch, daß dann auf den Lehenshöfen nicht mehr, wie dies häufig oorkam, 30, 40 und 50 Morgen Güter unbe­baut liegen bleiben, sondern von den weniger begüter­ten Bauern aufgekauft und bewirtschaftet würden. Käme dann noch eine Aufteilung der Allmandgrundstücke in den einzelnen Gemeinden hinzu, so wäre manchem Bäuerlein, das jetzt schwer verschuldet um seine Existenz ringt, sein Auskommen gesichert. Was dadurch für die herzogliche Staatskasse an Zehnten, Handlohn, Eüterfall, Weglö­fin und wie die Abgaben alle heißen, mehr als früher anfallen würde, dürfte die Ausgaben für die Schreiber­geschäfte weit übersteigen.

Aber nicht nur in der muffigen Luft der Bureaukra- tenstube stießen die auf das Gemeinwohl bedachten Ober­amtleute auf Wiederstand. Als scharfe und mächtige Gegner der Aufteilung der Allmandstücke und der Tren­nung der Lehensgüter traten die reichen Schafhalter auf, die ihre Herden auf die wüstliegenden Aecker der Lehens­höfe und auf die Allmanden trieben. Sie saßen im Ee-

meinderat und hatten dort ihre Freunde. Nicht nur von Walddorf und Altensteig, auch von den meisten übrigen Ortschaften hatte der Amtsvorsteher berichten können, daß die reichen Bauern und Schafhalter auf ihre Rechte po chend, sich gegen die Aufteilung der Allmanden wandten und kalten Herzens Zusehen konnten, wie viele kleine Bauernfamilien am Hungertuche nagen, ja sogar auf den Vettel ziehen müssen. Nun verstehen wir es auch, wenn der Oberamtmann Abel von Nagold offen aus­spricht und klagt, daß die Lehren der christlichen Kirche dem Volk von Geistlichen und Lehrern wohl eingeprägl, aber nicht in die Tat umgesetzt werden. Die gierig raf- . sende Hand war stärker als die helfende und dienende. Man mußte also auf andere. Mittel sinnen, neue Wege suchen.

In einem Bericht vom 9. Mai 1769 macht Oberamt mann Grub der Regierung den Vorschlag zu gestatten, daß an allen Orten, wo zelglich gebaut wird, das Brach­feld mit Klee, Rüben und Kartoffeln angepflanzt wer­den darf. In allen Ortschaften sollten zwei erfahrene Männer als Feldsteußler aufgestellt werden, die auf ver­schiedenen Gütern der Markung Versuche anstellen, wie die Aecker vorteilhaft bewirtschaftet, wann geackert und gesät, was gepflanzt und gesteckt werden soll. Ein weite­rer Wunsch geht dahin, daß für die Eäuorte, für die Waldorte und dann für die Orte, die teils Gäu- teils Waldcharakter aufweisen, je ein umsichtiger und fort­schrittlicher Bauer als Inspektor ausgesucht würde, der im Frühling, Sommer und Herbst die Felder begehen und feststellen sollte, bei welcher Art der Bewirtschaftung der größte Ertrag aus den Aeckern erzielt werden kann. Wo die Erfolge in die Augen springen, soll der Besitzer des Nachbargrundstückes darauf aufmerksam gemacht und ihm Anweisung erteilt werden, wie er es angreifen muß, um dieselben günstigen Resultate zu erzielen, wie sein Nebenlieger. Gelungene Versuche sollen prämiert, der Ei­gensinn und die Starrköpfigkeit widerspenstiger Bauern durch Strafen gebrochen werden.

Die ernstlichen Bemühungen der Amtleute und He­bung und Förderung der Landwirtschaft blieben nicht ohne Erfalg. Aus der Tatsache, daß schon im Jahr 1791 der Viehstand gegenüber früher beträchtlich zu ge­nommen hat, läßt sich auch die Verbesserung des Acker­baues schließen. Der Anbau der Brachäcker mit Klee und andern Futterkräutern brachte die Stallfütterung. Die Bauern haben sich von dem Vorteil dieser Fütterungs­weise nach und nach überzeugt, und kein vernünftiger Landmann treibt sein Vieh mehr auf die Weide. Durch die zunehmende Anpflanzung der Brachfelder und den Anbau öd gelegener Plätze ist der Waldgang und gleich­zeitig die Schafzucht zurückgegangen. Die Schafhalter wehren sich immer noch gegen die Bebauung des Brach­landes, halten aber den Gang der Dinge nicht mehr auf, nachdem der Bauer die Vorurteile gegen die Dreifelder­wirtschaft aufgegeben und deren Vorteile erkannt hat. Zur Schweinezucht sind die Landwirte nicht zu be­wegen. Sie halten es für vorteilhafter, die jungen Schweine von Händlern zu kaufen und sich auf die Mast der Tiere zu beschränken.

Der Anbau der Uder vollzieht sich in den Gäuorten anders als in den Waldorten. Die Eäubauern pflanzen nur noch so viel Roggen und Haber an, als sie für ihren eigenen Bedarf u. zur Abtragung ihrer Gülten (Steuern) nötig haben. Sie haben herausgefunden, daß ihnen Dinkel und Gerste einen ungleichhöheren Ertrag abwer­fen als Roggen und Haber. Dagegen hat die Erfahrung gelehrt, daß ein Anbau von Dinkel und Gerste in den Waldgemeinden sich nicht empfiehlt. Hier wie dort pflan­zen sie Klee, mähen ihn aber zu bald und vor dem llm- pflügen zu kurz ab. was im letzten Fall nach der Einsicht der Amtleute auf Kosten der Düngung und Lockerung des Bodens geht. Mit großem Erfolg pflanzen sie auch Flachs, Hanf, Kraut und Grundbirnen an. Wenn auf den Fel­dern 56 Jahre lang hintereinander nur Getreide ge­pflanzt worden ist, läßt man sie zu Grasböden liegen. Ehe diese wieder zum Fruchtbau verwendet werden, sorgt der Landwirt für eine gründliche Düngung dadurch, daß er die Grasnarbe abhebt, sie auf Haufen von Tannenreis verbrennt und die Asche über die ganze Fläche verteilt. Doch bei aller Mühe und Sorgfalt, die der Bauer auf den Anbau seiner Güter verwendet, reichen die Erträge nicht aus. um den Bedarf im Bezirk zu decken.

Fortsetzung folgt.