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Nr. 5 Gegründet 1827 Montag, den 7. Januar 1829 Fernsprecher Nr 2 S 183. Jahrgang
Amtliche englische Ansicht über RkMNliöven
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Die ftanMsche, englische und ! astenitche Regierung haben sich nach der . Times" geeinigt, die Erneuerung der „Sachverständigen" förmlich zu einer Angelegenheit der Pariser Entschädignnqskrommission zu machen. Wir baben wiederholt darauf hingewiesen, was das für Deutschland bedeutet.
Das Befinden des Königs von England soll sich leicht gebessert haben. Man spricht davon, daß er vielleicht an die Riviera gebracht werden solle.
Der afghanische Thronprätendent Mohammed Omar Khan ist ans Andren, wo er in der Verbannung lebte, verschwunden und bei den Aufständischen um Kabul eingelrof- fen- — Den Engländern dürfte diese „Flucht" ihres Schützlings sehr gelegen sein.
Das chinesische Heer soll auf 300 Oliv Mann einschließlich der Grenzwachen vermindert werden.
Nieder emms! HMsche LmheiissrM
Die deutsche Republik ist, obwohl „gleichberechtigtes" Mitglied des Völkerbundes und Inhaber eines ständigen Ratssitzes, bekanntlich kein freies Land. Als die Kriegsgewinner darauf verzichteten, die zerrüttete und erschöpsie Wirtschaft des wehrlosen Landes durch den französisch-belgischen Militarismus vollends niedertrampeln zu lassen, da haben sie die Republik unter Kuratell gestellt. Zu ihrem Vormund wurde Mister Parker Gilbert ernannt, sin hoffnungsvoller junger Mann aus dem amerikanischen Bank- fach, dessen Name in diesen Tagen durch seinen abschließenden Bericht über die vier Jahre Dawesvivisektion zum meistgenannten der Welt geworden ist.
Dieser Weltrekord ist aber bei weitem noch nicht das höchste, was Mister Parker Gilbert erreicht hat. Er hat mit amerioknischer Smartneß etwas zustandegebracht, was bis zum Erscheinen seines Berichtes in aller Welt für schlechthin unmöglich gelten mußte: Er hat die ernst haste deutsche Presse in einer Lebensfrage des deutschen Volkes unter einen Hut gebr.acht. Selbstverständlich gibt es immer noch Unterschiede der Avs- druckssorm, starke Unterschiede sogar. In der Sache über ist die gesamte deutsche Presse von rechts bis links einmal einig: Sie lehnt Parker Gilberts Feststellung der deutschen Leistungsfähigkeit — die, wenn man sie ernst nehmen sollte, den ganzen Sachver st ändigenausschuß überflüssig machen würde — rundweg ab. Hätte Parker Gilbert recht mit seiner Behauptung, daß Deutschland zahlen kann, und daß es in Zukunft sicher noch mehr werde zahlen können als die zweieinhalb Milliarden jährlich, so brauchte man keinen Sachverständigenausschuß; sondern irgendein Banklehrling — wenn es mehr sein soll, vielleicht Herr Parker Gilbert selbst — könnte mit der Aufgabe bet-aut werden, die kapitalisierte „Endsumme" des deutschen Kriegstributs auszurechnen. Und die wäre der deutschen Republik dann nach berühmten Mustern zu „diktieren", zugleich mit den „Sanktionen", die sie — in idealer Ausführung des Locarnopaktes — zu gewärtigen hätte, wenn sie nicht prompt aus Heller und Pfennig zahlte.
In der Tat, sogar in der englischen Presse wundert man sich, weshalb denn Parker Gilbert selbst so sehr ans „Revisor," des Dawesplans gedrängt habe, wenn dort die ?eut- Khe Zahlungsfähigkeit für ihn außer jedem Zweifel -rehe. Lassen wir diese und andere Unstimmigkeiten des Be.ichts auf sich beruhen, bis der Wortlaut vorliegt, und würdigen wir lieber die für uns ungleich wichtigere Tatsache der i n- nerdeutschen Einigkeit in seiner Ableh- n u n g. Einigkeit darüber, daß der Dawesplan undurchführbar sei, bestand schon immer etwa vom Zentrum und seiner nationalen Arbeiterschaft über die Deutsche Volkspartei bis zu den Deutschnationalen, Völkischen und Nationalsozialisten. Aber auch wer die Annahme des Dawesplans befürwortete, tat es nur um des entscheidenden Grundsatzes willen, den der Plan aufstellte: Daß Deutsch, lands Tributzahlungen in der Hauptsache nur aus Ueberschüssen der deutschen Wirtschaft zu leisten seien. Die vier Jahre Dawesvivisektion unter Herrn Parker Gilberts Oberaufsicht haben lediglich dargetan, daß aus Ueberschj-ffen der deutschen Wirtschaft nicht ein Pfennig zu leisten gewesen wäre. Daraus folgert Herr Parker Gilbert, daß das Zahlungsschema des Dawesplans „sich bewährt" habe, und daß Deutschland nach Maßgabe dieses Schemas dauernd und steigend belastet werden könne.
Diese kaltschnäuzige Feststellung bringt nun aber auch die Sozialdemokratie in Harnisch. Auch der „Vorwä-ls" reiht sich in die Einheitsfront ein, und er erklärt: ,F)ie Arbeiterschaft erkennt die politische Verpflichtung zur Reparationsleistung an. Sie wehrt sich andererseits -egen eine Herabdrückung auf ein Niveau, auf dem von kultureller Existenz nicht mehr die Rede sein kann. Für sie n«gt die Grenze der deutschen Leistungsfähig- ueik da, wo unter dem Druck der Reparationsverpfliöi- wngrn sowohl olle Aufstiegsmöglichkeiten der Unterklasse «>e die Entwicklung der deutschen Volks- Ortschaft unmöglich werden".
London» 6. Januar. Die „Times" veröffentlicht einen Aufsatz, der offenbar die amtliche Ansicht in der Reparationsfrage wiederholt: Deutschland kann seine Entschä- digungsverpflichtungen, jedenfalls in der näheren Zukunft, nur erfüllen, wenn es Anleihen aus dem Ausland erhält. Seit dem Inkrafttreten des Dawesplans hat es etwa 7 Milliarden Goldmark vom Ausland, hauptsächlich von Amerika geliehen und erheblich mehr als 6 Milliarden Entschädigungen gezahlt. Die amerikanischen Geldleute sind aber zurückhaltender geworden, weil sie die durch den Dawesplan geschossenen Bürgschaften als ein Hindernis für die freie Entwicklung ihrer Geldgeschäfte in Europa betrachten und im Transferschutz eine Schädigung für Deutschlands Anleihefähigkeit sehen (!) Die Sachverständigen werden daher feststellen müssen, welche Summen Deutschland bezahlen, wenn der Transferschutz ausgehoben wird. England verlange entsprechend der bekannten Palfour- note, daß Deutschland die englischen Schulden an Amerika übernehme. Frankreich dagegen verlange nicht nur die Uebertragung seiner Schulden an England und Amerika auf Deutschland, sondern auch die Kosten für den Wiederaufbau. Die Höhe dieses Beitrages festzusetzen werde eine Hauptaufgabe der Sachverständigen sein. Die jetzigen Da- weszahlungen Deutschlands (22 Milliarden Goldmark) seien erheblich höher, alr was die Verbündeten zusammen an Amerika zu zahlen haben und was die andern Zahlungen tiusmachen. Diese Beträge machen im Jahr 1930 etwa eine Milliarde Goldmark, sie steigen bis auf 1.1 Milliarde im Jahr 1940 und erreichen ihren Höhepunkt mit etwas über 1,6 Milliarden während der Jahre 1980 bis 1987. Es bleibe also noch viel für den „Wiederaufbau in Frankreich übrig, auch wenn die Daweszahlungen ermäßigt würden. Frankreich möge daher nicht aus so Hohen Forderungen bestehen,
Ein aufrichtiger Engländer
Im Londoner „Sunday Expreß" schreibt der bekmnte Schrittsteller Alfred K. K a r d i n e r: ..Die chniintursache der
Die Gegenseite braucht unseren guten Willen, um sür sich flüssig machen zu können, was sie uns abzupressen gedenkt. Daher ist unsere stärkste Waffe ein ehrliches N e i n, das wir unerfüllbaren Forderungen entgegensetzen müssen. Aber diese Waffe ist nur dann wirksam, wenn ein geschlossener Staats- und Volkswille zur Selbstbehauptung dahinterstchk. Ein voreiliges 3a, wie es beim Versailler Diktat, beim Londoner Ultimatum, beim ersten Dawesplan und in Locarno gesprochen wurde, würde unseren Unterhändlern abermals die beste Waffe in der Hand zerbrechen.
Neueste Nschrichlen
Dr. Stresemann beim Reichspräsidenten
Berlin, 6. Jan. Reichspräsident von Hindenburg nahm gestern den Vortrag des Reichsministers des Auswärtigen Dr. Stresemann entgegen.
Eingriff in die deuischen militärischen Ausbildungsvorschriften
Berlin. 6. 3an. Die „militärischen Sachverständigen" des Feindverbands in Berlin, die die tatsächliche Fortsetzung der angeblich aufgehobenen Ueberwachungskommis- sion sind, haben die mehr als dreiste Forderung gestellt, daß die Ausbildung der Reichswehr in der Abwehr gegen Waffen, die der deutschen Wehrmacht verboten sind wie Tanks, Bombenflugzeuge, schwere Geschütze, Gasgeschosse usw. unterlassen werde. Da diese Waffen, den Deutschen verboten seien, dürften sie auch nicht in der Abwehr gegen sie ausgebildet werden. Die feindliche Methode der planmäßigen Schikamererei und Aufreizung hat sich nachgeraöe zur Perversität entwickelt.
Wieviel Leute beschäftigen die Reichsbehörden?
Berlin, 6. Januar. Dem Reichstag ist eine Uebersicht über den Personalstand der Hoheits- und Betriebsoerwal. tungen des Reichs nach dem Stande vom 1. Juli 1928 oor- gelegt worden. Danach beschäftigten am 1. Juli 1928 sämtliche Reichsbehörden mit Ausnahme der Reichspost ins- gesamt 177 659 Personen, wovon 98 281 als Beamte tätig waren. Bemerkenswert ist, daß die Reichspost allein mit ! 289 590 Beschäftigten weit mehr Beamte usw. Hot als alle > Reichsbehürden zusammen; insgesamt waren 1928 167 219 Personen in den Reichsbehörden tätig. Gegenüber dem 1. Oktober 1923 ist das Heer der Reichsarbeitnehmer insgesamt um 124 529 Beamte, Angestellte und Arbeiter geringer geworden. Das Reich selbst Kat in seinen verschiedenen Behörden zusammen etwa 40 000, die Reichspost mehr als das Doppelte abgebaut. Bei der Reichspost ist gegenüber dem Stand vom 1. Oktober 1927 ein Weniger von 2254 Beamten, 740 Angestellten und 1519 Arbeitern, sestzu- stellen. Abgesehen von der Reichspastverwaltung werden weitaus die meisten Beamten und übrigen Arbeitnebm»r beim Reichsfinanzministerium beschäftigt, das von den 98 28t
Beunruhigung Europas ist Frankrei ch. Es arbeitet mil zäher Beharrlichkeit und erstaunlicher Verschlagenheit auf sein einziges Ziel hin, seine milik ä r i s ch e Herrschaft über Europa aufzurichten, die fürchterlicher ist, als irgend etwas anderes in Europa. Unterstützt wird dieses Bestreben durch die Schwäche der englischen Politik. Abc'' nichts ist gewisser, als daß England und Europa eine französische Diktatur aus die Dauer nicht dulden werden. (Wobei Deutschland wieder das Blutopftr zu bringen haben wird. D. Schr.) Die Bürgschaft des Weltfriedens ist die englischamerikanische Freundschaft, es ist daher ein Berb.echen gegen die Zivilisation, wenn (von Chamberiain) Frank.eich zuliebe ein Trennungskeil in diese Freundschaft getrieben wird.
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„Der Unsinn der Aeporaiisnäzahlungei»"
Rom, 6. 3an. Der frühere Generalsekretär des faszistischen Großraks, Davanzati. schreibt in der „Tribuna": „Die Reparationsfrage erreicht den Höhepunkl des Unsinns in der Ernennung von Sachverständigen, die angeblich von ihren Regierungen unabhängig sein sollen. Der Grundirrtum war, daß man Deutschland, um eine barbarische Kriegsentschädigung zu vermeiden, die sogenannten Wiederherstellungen aüferlegt hat. die von dem jetzt im Gefängnis sitzenden französischen Finanzminister Klotz aus 400 Milliarden berechnet worden sind. 3n London, in Spa und im 'Dawesplan ist der Unsinn fortgesetzt worden. Die einzig richtige Lösung ist eine Verbindung der Frage der Reparationen und d,.e r Kriegsschulden. Alle Staaten zielen jetzt auf ein tragisches Ziel hin, nämlich zu der Ueberzengong, daß ein neuer Krieg notwendig ist. um die Welt von diesen lächerlichen Widersprüchen and noch lächerlicheren Fesselungen zu befreien."
Beamten der Hoheits- und Betriebsverwaltunaen des Reichs (Mit Ausnahme der Reichspost) am 1. Juli 1928 allein 76132 beschäftigte.
Die Zahl der bei den Reichsbehürden beschäftigten weiblichen Beamten beträgt 435. darunter 14 verheiratete Frauen. Sie betrug am 1. Oktober 1923 579, von denen 93 verheiratet waren. Die Zahl der weiblichen Angestellten bei den Reichsbehörden bezifferte sich am 1. Juli 1928 auf 8454, davon sind 232 verheiratet. Am 1. Oktober 1923 waren in den Reichsbehörden tätig 13 711 weibliche Angestellte, von denen 638 verheiratet waren. Bei »er Deutschen Reuhspost ist seit dem 1. Oktober 1923 ein Weniger von 46 554 Postbeamtinnen festzusteilen. Von der Gesamtzahl der Beamten sind weiblich 42 943. Die Zahl der
weiblichen Beamten hat sich seit 1. Oktober 1923 um 17 940 verringert.
Auch Bayern klagt gegen das Reich
München, 6. Jan Gleich der sächsischen und der württem- bergischen Regierung hat auch die bayerische Staatsregierung beim Staatsgerichtshof Klage gegen das Reich wegen der Ansprüche aus den Staatsverträgen über den Ueber- gang der P o st und Eisenbahn auf das Reich erhoben, um der Einrede der Verjährung zu begegnen. Die bayerischen Klagen erstrecken sich auf die Z i n s a n s p r ü ch e. die seit der Einstellung der Zinszahlungen durch das Reich seit 1. Oktober 1923 angefallen sind. Die KapitalbetrSge betragen in alter Markwäyrung 620 Millionen Mark bei der Poftabfindung und 563 Millionen Mark bei der Eisenbahnabfindung. In der Eröffnungsbilanz der Reichspost ist dSr Wert der bayerischen Post mit 152 Millionen Mark angesetzt. Diese 152 Millionen Mark sieht Bayern als das Minimum des Kapitalbetrags nach heutiger Währung an. aus dem die Zinsen zu gewähren wären. Bei der Eisen bahnabfindung wird davon ausgegangen, daß Zinsen aus einem Kapitalbetrag von 128 Millionen Mark eingeklagr werden. Der Zinsanspruch wird bezüglich des Ziniendienstes aus der Postabfindung mit 42 Prozent, bezüglich der Eisenbahnabfindung mit 4 Prozent geltend gemacht.
Ein llnterroachtmeister von einem Kameraden erschaffen
Tilsit, 6. Jan. Der Unterwachtmeister Reckiies und de>- Wachtmeister Adler kehrten gestern früh gegen 2 Uhr von einem Ausgang in die Stadt in die Kaserne zurück und begaben sich in eine Unteroffiziersstube. Kurze Zeit darauf holte sich Recklies aus dem Nebenzimmer eine Pistole, ging auf Adler zu und sagte: „Ich schieße dich totl" Adler zeigte auf die Brust und erwiderte: „Schieße, aber treffe richtig!" Hierauf krachte plötzlich ein Schuß und Wachtmeister Adler fiel tödlich getroffen zu Boden. Ob Absicht oder nur Fahrlässigkeit Vorgelegen hat. muß die Untersuchung ergeben.