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SrzugsPreise: Monatlich einschließlich Trägerlohn -k 1.60; Einzelnummer 19 L. Erscheint «» L«vem Werktage. Verbreitetst» Zeitung im O.-B.-Bezirk Nagol». Echriftleitung, Druck un» Verlag von G, W. Z «if« r (Karl Zaiser) Nagol»

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N»,eig»upreise: Die Ispaltigr Boraiszett» »»er »eren Raum 18 Familien-Lnzeigen 12 -Z, Reklamezeile 4b Eammelanzrigen 86 Ai Ausschlag Fiir das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Ausgaben un» an »esonderen Plätzen, wi» silr telephonische Austräge un» Lhifsrr-Lnzrigen wir» keine Gewähr übernommen

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Nr. 1

Gegründet 1827

Mittwoch, den 2. Januar 11

»nsprecher Nr. 29

1V3. Jahrgang

Unsere Aufgaben im neuen Jahr

Jahreswenden plegen mit Inventuren und Rückblicken ge­spickt zu sein. Schon Wochen vorher entschrauben die Berichterstatter wirtschaftlicher Verbände, die Kurvenzeichner und Statistiker ihre Füllfederhalter; kurz vor Jahresschluß folgen ihnen, in schnellerm Tempo, die Zeitungsleute, und die Frucht dieser vielfältigen Mühe ist eine Fülle von weißem Papier, eine Girlande von klugen bebrillten Nekro­logen, die das alte Jahr gewissenhaft zu Grabe tragen. Der Geschichtsschreiber künftiger Zeiten, vor allem der Wirt- j schaftshistoriker und Sozialkritiker, wird es leicht haben, im Material zu wühlen, schwer, aus ihrer etwas flachen Fülle die Belege und Urteile von Charakter und Wert auszuschei­den. Die meisten dieser Rückblicke kreisen um die gleiche Achse wie die Motten üms bannende Licht. Bei den letzten Jahresschlüssen war es üblich, stets bis auf Krieg und In­flation zurückzugreifen und die Stufenfolgen des Wieder­aufbaus, der Rationalisierung und der weltwirtschaftlichen Verflechtung vorzuführen Diesmal hat das gottlob abge­flaut; dafür fühlt alles krampfhaft der Konjunktur den Puls. Sie ist zur vielbefragten Sphinx, zur ängstlich be­schworenen Halbgöttin geworden, von deren Laune, Be­wegung und Schweigen das Schicksal einer Nation, Blüte oder Mattheit des kommenden Jahres abzuhängen scheint.

Ist dem wirklich so? Ist die Konjunktur, in weiterem Sinne die Wirtschaft, das Schicksal Deutschlands im nächsten Jahr?

Es besteht kein Zweifel, daß wir mit dem neuen Jahr in ein Wendejahr deutscher Politik und deut­scher Entwicklung treten, vor allem in wirtschafts­politischer Beziehung. Das Jahr 1929 siebt im Zeichen der Zange. Schon im Januar wird uns die Reparationszange erfassen. Entweder wir lassen uns auf eine Neuregelung ein. die uns eine Begrenzung der jetzt noch uferlosen Reparationslast und eine Herabsetzung der Jahres,Zahlungen bringt, wofür wir aber den Transferschutz opfern und unsere Schuldverschreibungen vrivaten Auslandsgläubi­gern aushändigen sollen. In diesem Fall laufen wir Ge­fahr, daß, ohne Rücksicht auf unsere Währung, unsere Wirt schaftslage und die nationale Lebenshaltungtransferiert" wird und daß eins neue Berichtigung unserer Belastung so gut wie ausgeschlossen ist.Erfüllen" wir unter diesem System nicht, so wird unser wirtschaftlicher und moralischer Kredit in der Welt zerstört. Lassen mir uns aber auk eine Neuregelung dieser Art nicht ein, *o bleiben wir auf demDawesplan sitzen und müssen zum erstenmal 2,5 Milliarden im Jahr bezahlen. Was das bed-utet? Daß wir im Planjahr 1928/29 in jeder Sekunde 48 Mark, an jedem Tag 4109 561 Mark bezahlen müssen. Auf den Kopf der Bevölkerung gerechnet, also Kind und Kreis, aesund und krank, Verdiener oder Erwerbsloser, muß jeder Deutsche im Jabr 24 Mark als Tribut abliefern.

Teilweise dieselbe Kraft, teilweise andere Hände bewegen die Steuerzange. Der Fehlbetrag im Reichshaushalt beträgt 600 Millionen, um ungefähr diesen Betrag wird die Steuerzange fester zudrücken müssen. Hier ist es aber nicht allein die Hand des Reparationsgläubigers, die den Griff hält, sondern auch inncrpolitische Kräfte, die wir meistern können und zu meistern die Pflicht haben: die Ausgabensucht der Parlamente und politischen Parteien, das offenbare Fehlen des Spartriebs in den Aemtern, die kostspielige Kurz­fristigkeit der Regierungen, die nicht zu reifen Taten und gut vorbereiteten Reformen kommen können, kurzum der feh­lende Tatsachensinn in unserem politischen System.

Eine dritte, besondere Zange erfaßt die Wirt­schaft, vor allem die industriell« Erzeugung. Den einen Hebel bilden die steigenden Selbstkosten, d.n andern die gleichbleibende oder verringerte Ertragsmöglichkeit. Kein Zweifel, dieser Zangengrisf ist für einige Industrien im obgelaufenen Jahr schon sehr eng geworden und wird im nächsten Jahr noch mehr drücken. Und hinter all dem steht eine Wirtschaftsdepression, die zwar langsam und wider­standsfähig nachgibt, aber doch deutlich abflaut. In diesem Viereck: Reparationshöchstlast, Fehlbetrag im Reichsbius- halt, starke Arbeitslosigkeit, weichende Konjunktur liegt im kommenden Jahr viel deutsches Schicksal beschlossen.

Es stecken noch viele ungehobene Gegenkräfte in unserem Volk, und vor allem eine Sorte von Kräften gibt es, die noch nicht wieder geübt worden und erschlafft sind: die Kräfte der Bescheidung, der Selbstzucht und der Begrenzung. Sie sind in der Inflation verludert, sie sind auch in den nächsten Jahren nicht wieder an die Kan­dare genommen worden. Es fing an bei der öffentlichen Hand. Während in der Wirtschaft in den Jahren 1924 und 1925 ein großes Stirb und Werde, ein strenger Reinigungs­prozeß einsetzte, flössen dem Staat gewaltige Steuergelder zu; bald fchöpste er aus dem vollen und gab noch allen Seiten, war mit der einen Hand Steuerexekutor, mit der andern Bankier, und dabei kein guter, der nur produktive Kräfte mit seinen Krediten entwickelt. Wenn man die über­flüssigen und fehlgeleiteten Ausgaben und Kredite der Re­gierungen und Parlamente in den letzten Jahren zusammen­zählt, so kommt eine ganz erkleckliche Summe heraus, die besser bei den Steuerzahlern selbst geblieben und im freien Wirtschafts- und Erwerbsprozetz produktiver, jedenfalls sorgfältiger und sparsamer angelegt worden wäre. Diese

crrscyemung, eine ungeregelte Ausgaben- u' Organisationssucht, geht aber durch unser ganzes öffentliches Leben und hat auch stark auf das private ab­gefärbt. Man denke nur an den ganzen Rummel von Aus­stellungen, Veranstaltungen, Fahrten und Tagungen, der in den letzten Jahren ausgerechnet in Deutschland angestellt worden ist, an seine unnütze Kostspieligkeit, an die Summe von nüchterner Arbeit und stiller Ruhe, die er gestohlen, an das unschöpferische Organisationsfieber, das er in Szene ge­setzt, und mit Hem er eine ganze Schicht von Menschen, non Verwaltern, Beamten, Politikern geimpft hat. Wenn inan oberflächlich vom Wiederaufbau sprach, wies man vielfach auf diesen geschäftlichen Rummel hin, und man nahm für Kraft, was doch vielfach nur unruhige Geschäftigkeit, für das Fluten einer neuen Zeit, was nur Schaumschlägerei war.

Wie kann man hier reinigen und kräftigen? Zunächst durch Kritik und Widerstand der Vernünftigen und Produktiven im Land. Diese Kritik ist heute um so not­wendiger. als die Volksvertretungen sie nicht genügend ver­körpern. Die Parteien und Parlamente stellen in diesem Sinn keine ausreichende Kontrolle der Regierungen und der Verwaltung mehr vor. Sie bedürfen im Gegenteil selbst in hohem Grad der Kontrolle, die durch eine stärker akti­vierte öffentliche Meinung und eine verantwor­tungsbewußte, im gesunden Sinn kritische Presse und freie Publizistik ausgeübt werden muß. Diese Kritik muß sich ebenso bewußt gegen eine politische Taten- und Disziplin­losigkeit richten, die aus einer gefährlichen Lage nicht die Konsequenz der Vereinfachung und Sparsamkeit zieht, wie gegen den unproduktiven Rummel aller Art im Land. Sie muß sich das Ziel stellen, den Blick wieder für das Wesent­liche zu schärfen, für eine Linienführung, für ein Werk oder einen Mann, eine Tat oder eine Grenze.

Denn das ist es, was in weitem Umfang verloren­gegangen ist: Einfachheit und Maß Diese ganze Be­triebsseligkeit ist ja auch stark in dre gesellschaftliche und private Lebensführung eingedrungen und hat sie zersplittert, unsicher und schillernd gemacht. Wir erleben hier eine Ver­drängung der Muße und Stille in bedenklichem Umfang. Diese Verdrängung geht Hand in Hand mit einer Ver­flachung und Kapitalisierung des geselli­gen Lebens: überall sehen wir den Triumph des Auf­wands. Die Folge ist Verödung des Familienlebens, Mecha­nisierung und Belastung der Freundschaften, Flucht vor der Stille, dem Gespräch, dem anspruchsvollen Buch. Die heu­tige Zeit hat eine scharfe Anspannung der Arbeit und des Erwerbslebens mit sich gebracht: als Ausgleich wäre eine breite Volksbewegung und eine planvolle, bewußte Füh­re rwelle nötig, die für Muße, Entlastung von der Be­triebsamkeit und vom Organisieren eintritt. Aber wir sehen, daß das Gegenteil der Fall ist: dem schärferen Tempo der Arbeit, das auch vielfach eine Vergröberung des Genusses, eine Beschleunigung und Massierung der Zer­streuungen. Auch hier Maschine, Jndustriealisierung, die Auslieferung des Menschen an eine neue Organisation, das laufende Band" des platten Vergnügens.

Hand in Hand mit dieser Entwicklung geht eine Ueber- fpannung der Lebenshaltung. Die Folgen dieser Haltung sind in weiten Kreisen Unehrlichkeit, Unzufrieden­heit und eine Verkrampfung des ganzen Lebensstils. Es ist klar, daß in solchem Milieu keine geraden und geschlossenen Menschen aufwachsen können Hier wird, gerade für kom­mende Geschlechter, ein Stück Kulturboden, der wertvoll sein könnte, zur öden Brache, auf dem nur Strebertum, Materia­lismus und allen Schwankungen der Tagesmeinung und des Fortschritts ausgelieferte Unselbständigkeit gedeihen können.

Diese Entwicklung, die sich deutlich abzeichnet, wird all­mählich eine ernste Kulturgefahr. Es gilt, sie zu erkennen und gegen sie anzukämpfen. Das kann nicht mit Worten utzd Ideen geschehen, die können nur den Finger auf Wunden und welke Stellen legen, sondern durch eine lebendige Bewegung des Beispiels und Vorbilds. Wir brauchen zu wenig Köpfe und Herzen, die einen einfachen Lebensstil werbend und ansteckend Vorleben. Wir sind in Deutschland mittlerweile die vielen Systeme, Einrichtungen und Ismen satt geworden. Wir organisieren zu viel und leben zu anorganisch; ein wachsendes Verlangen nach ein­fachen Lebensformen, die eine bewußte Absage an all den modernen Rummel, die lärmende und organisierte Betrieb­samkeit unserer Tage bedeuten, ist deutlich spürbar.

!l 7 / LWesspiege!

are erklärte im TNiniskerrat am Montag, er wolle ^ ^nu^ikkch sein Rücktriilszesuch einreichcn.

Der Bericht des Dawesagenken wird am 1. Januar ver- öffeutlicht.

Reichspräsident v. Hindenburg spricht in einem Reujahrs- erlah die feste Zuversicht aus. daß die deutsche Wehrmachi auch im neuen Jahr ihre Schuldigkeit tun werde, wie sie es in: alten Jahr getan hat. Reichswehrminister Gröner sagt im Erlaß an die Reichswehr. Willen und Geist zu schulen ft: der beste Dienst am deutschen Volk.

Das südslawische Kabinett koroscheh ist zurückgekreken, da sich die Koalilionsvcrhandlungcn zerschlagen haben.

Der indische Rutionalkongretz wurde am 29. Dezember in kalkistta eröffnet. Der Vorsitzende Rlolilal Rehru griff in seiner Eröffnungsrede England heftig an. Alles, was Eng­land bisher in Indien getan habe, sei zum Schaden des Lan­des gewesen. Die Entsendung des parlamenkarisäien Aus­schusses von London zum Studium für eine indische Ver­fassung sei ein «riesiger Schwindel" gewesen.

Tschangfüliang, der Sohn des verstorbenen Tschanglsolin, hat die Oberhoheit der Regierung von Nanking i« der Mand­schurei anerkannt und ist zum nordöstlichen Verleidigungs- kommissar der nationalistischen Regierung ernannt worden. Der Anschluß der Mandschurei und Iehols zum neuen chi­nesischen Reick ist für Cbma namentlich im Hinblick auf Japan und die englische Politik von großer Bedevlung.

Das chinesische Heer soll um eine Million Mann abgcbaut werden.

Kundgebung der Pfalz

Sämtliche pfälzische Zeitungen, vereinigt in der Bezirks- arbeitsgemeinschaft der pfälzischen Presse veröffentlichen fol­gende Kundgebung:

Zur Jahreswende wiederholt die Pfälzer Bevölkerung als ihren vordringlichsten Wunsch den Ruf nach Befrei­ung vom drückenden Joch einer fremden Be­satzung. Wie ein Alpdruck lieat die Bclekuna aut dem

Vsälzer Volk. Allerorts spricht man in schöne» Worten von Frieden; wir sehen ober in unserer Heimat zehn Jahre nach Kriegsende immer noch fremde Trvppent Vom Jahre 1929 erwarten wir die volle Befreiung deutschen Bo­dens ohne besondere Gegenleistungen Deutsch­lands und damit die volle Freiheit für unsere pfälzsiche Heimat. Mir erheben Anspruch aus diese Befreiung. Deutsch­land hat alle Verpflichtungen bisher trotz größter Not er- ftillt; wo aber bleibt die Vertragstreue der Gegenseite? Wir richten an die gesamte Kultur- welk die ernste Frage: Wie verträgt sich Völkerbund in Genf mit Völker z wist am Rhein, Selbstbe­stimmungsrecht mit Versklavung in Be, s a tz u n g s k e t t e n , Entmilitarisierung mit Fremdmilitarisierung, Kriegsächtung mit Fortführung der Kriegsbesetzung? Den Macht­inhabern aller ehemaligen Kriegsgegner rufen mir zu: Macht endlich im Jahr 1929 Schluß mit einer Besetzung, die euch nicht zur Ehre und zum Borteil gereicht, uns aber seelisch und wirtschaftlich niederdriickt. Nicht die 70 00V Bajonette am Ndcin geben euch die Sicherbeit euerer Gren­zen und eueres Friedens, sondern der friedliche Sinn ein?'-, aus freiem Wallen zur Verständigung bereiten deutschen' Bevölkerung. Gebt uns am Rhein und in der Pfalz, noch ede es zu spät ist, die eines europäischen Volks allein wür­dige Freiheit!

kenesle Nachrichten

Rückzug des Bischofs Ruch?

Slraßburg. 1. Jan. Aufsehen erregt die nachträgliche Mitteilung, daß der Straßburger Bischof R u ch den beiden Abbes Hägy und Schieß die Ausübung geistiger Hand- lungen nicht untersagt, sondern sieersucht" habe, die Echriftleitung der BlätterDer Elsässer" undElsässer Kurier" niederzulegen.Ere Nouvelle" erklärt, daß der Bischof tatsächlich die Ausübung geistlicher Amtshandlungen verboten habe und er richtet an Ruch die Frage, ob sein Rückzug auf ein Eingreifen des Vatikans zurückzuführen sei.

Vertagung der Regierungskrise

Paris. 1. Jan. Auf dringende Vorstellungen des Staatspräsidenten Doumergue und verschiedene Mini­ster hat sich Poincare entschlossen, sein Rücktritlsgesuch nicht einzureichen: doch hat er sich bereit erklärt, die Große Aussprache über die Gesamtpolikik der Regierung am 10. Januar zuzulafsen. Poincare weiß, daß die gegnerischen Linksparteien die Verantwortung für die Regelung der französischen Schulden an Amerika und England, wosür Poincare eine neue Auspressung und Knebe­lung Deutschlands durch die .Sachverständigen­konferenz' ins Auge gefaßt hat. nicht übernehmen und daher den Sturz des Kabinetts Poincare bis zur Erledi­gung dieser heiklen Angelegenheit aufschieben wollen.

Kammer und Senat haben den Staatshaushalt mik 45 431 Millionen Franken Einnahmen und 45 366 Milk. Ausgaben (rund 65 Mill. Ueberschuß) genehmigt.

Zur Reinigung des Parlamentarismus

Paris, 1. Jan. Der Senat hat dem bereits von der Kammer angenommenes Gesetz ebenfalls .zugestimmt, dos