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Btplgspreije:'Monatlich einschliehlich TrLgerlohn 1.60; Einzelnummer 1» -z. — Erscheint «« jedem Werktage. — Verbreitetst» Zeitung im 0.-».-Bezirk Nagold. — Schriftleitung. Druck und Verlag non E. W. Z > is« r (Karl Zaster) Nagold
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Nr. S03
Gegründet 1827
Donnerstag, de« 27. Dezember 1928
Fernsprecher Nr. SS 1ü92. )nhkANNH
lagerspiegel
Im Befinden des Königs von England ist wieder eine leichte Besserung eingelreken.
Der Herzog von Gloucester, der drille Sohn des Königs Georg, ist in London eingetroffen, nachdem auch er seine Afrikarcife unterbrochen Halle.
Der Ministerpräsident von Kanada. Mackenzie King, beglückwünschte den König Georg telegraphisch zur Besserung und leiste mit. die kanadische Regierung habe beschlossen. im Briefverkehr zwischen Kanada und den übrigen Teilen des britischen Reichs wieder den Penny-Tarif (8.3 Pfennigs für gewöhnliche Briese einzuführen, um die Bande zwischen den einzelnen Ländern zu festigen.
Der Lugano-Bericht im Reichskabinett
Am 21. Dezember erstattete Dr. S t r e s e m a n n. der übrigens den Eindruck eines gebrochenen Mannes macht, im Reichskabinett den Bericht über die Besprechungen in Lugano. Der amtliche Bericht darüber beschränkt sich auf die kurze, aber vielsagende Bemerkung: „Das Reichskabinett stimmte den Darlegungen des Ministers einstimmig zu."
Man darf aus der amtlichen Mitteilung wohl den Schluß ziehen, daß das Ergebnis von Lugano so bescheiden ist, daß es zu einer sachlichen Erklärung der Regierung nicht ausreichte. Die schönen Worte der Schlußkundgebung, auf die man sich in Lugano geeinigt hatte, stellen tatsäch - lrch denganZen Erfolg der so eifrig und lebhaft ge- führten Besprechungen dar, und man hatte sich auf sie geeinigt, weil ohne eine derartige Kundgebung der Eindruck eines glatten Mißerfolgs nicht zu vermeiden gewesen wäre. Man wollte ihn aber vermeiden, um die Stimmung der Enttäuschung. die sich über die Lugano-Politik gelegt hat, nicht noch stärker werden zu lassen. Man wollte sich die Möglichkeiten zu einer künftigen Besserung der Lage nicht noa> mehr erschweren. Wenn man will, kann man das eine günstige Wirkung der letzten Besprechungen nennen, aber man muß dazu schon einen sehr bescheidenen Maßstab an- legen.
Es wäre aber verkehrt, aus diesem Ergebnis von Lugano zu schließen, daß es für die deutsche Abordnung eine Enttäuschung bedeutet hätte. Das konnte es schon darum nicht, weil man auf deutscher Seite überhaupt nicht viel von dieser Zusammenkunft erwartet hatte. Man kennt hier die Kräfte, die sich gegen eine wirkliche Liquidation des Krieges wehren, viel zu gut, man kennt die Strömungen der internationalen Politik viel zu genau, um nicht zu wissen, daß hinsichtlich der Lösung der jetzt angeschnittenen Fragen jede Hoffnung verfrüht wäre. Das gilt sowohl von der E n t s ch 8 d i g u n g s- wie von der Räumungsfrage. Die erstere wird, nachdem die Regelung der formellen Vorfragen eine unverhältnismäßig lange Zeit beansprucht hat, nun wohl demnächst an den Konferenztisch der Sachverständigen gelangen. Aber darüber muß man sich heute schon klar sein, daß wir vor ihrer Lösung noch kritische Tage, vielleicht sehr kritische Tage, zu durchlaufen haben, und daß es noch völlig unentschieden ist, ob das ganze Unternehmen gelingt oder als Fehlschlag endet. In der Räumungsfrage aber ist zu irgendwelcher Hoffnung noch viel weniger Grund vorhanden. Wir haben in Lugano aufs neue feststellen müssen, wie zäh die französische Politik an der Besetzung deutschen Bodens hängt, wie schwer sie sich hier auch nur die bescheidensten Zugeständnisse abringen läßt. Bald will man nur die zweite Zone räumen, bald will man die Gesamt- räumungin mehrere Etappen verlegen, und vor allem will man jenen berüchtigten Untersuchungsausschuß pcherstel?n, der den Franzosen die Möglichkeit bieten soll, auch n c ch dem Jahr 1935 ihren Einfluß im Rheinland zur Geltung zu bringen.
Selbstverständlich sind alle diese Pläne in Lugano von deutscher Seite rundweg abgelehnt worden, wobei zu dem Plan des Untersuchungsausschusses treffend darauf hin- gewiefen wurde, daß die Möglichkeit, der Diplomatie vollständig genügen, um irgendwelcke Vorfälle, welche den Franzosen Anlaß zur Beunruhigung hinsichtlich der Ent- Militarisierung des Rheinlands geben könnten, aufzuklären, und datz ja auch noch bei tatsächlichen Meinungsverschieden- heilen ein schiedsrichterliches Verfahren übrig bleibe. Aber der Gegensatz zwischen dem, was wir als Grundbedingung eines wirklichen Friedenszustandes betrachten müssen, und dem. was uns die Franzosen gewähren wollen, ist eben zurt zeit noch so groß, daß noch kein Weg zur Verstän- digung sichtbar geworden ist. Die Lage, bleibt weiter- hin unbefriedigend, wenn auch zu hoffen steht, daß sie nicht durch öffentliche Reden der maßgebenden Persönlichkeiten eine neue Verschärfung erleiden.
Die Lage des Arbeiksmarkks. Infolge des Konjunkturrückgangs ist die Zahl der Arbeitslosen im Jahr 1928 wesentlich höher als im Vorjahr. In der Berichtszeit vom 13. bis 19. Dezember haben Schneefälle und Frost ein weiteres Anschwellen der winterlichen Arbeitslosigkeit bewirkt.
Eine Einigung
Berlin. 26. Dez. Amtlich wird nunmehr die Einigung über den Auftrag, unter dem die Sachverständigen für die Entschädigungsregelung einberufen werden mikgeteilt. Die Sachverständigen, je 2 für jedes der 6 Länder, sollen unabhängig ihre Vorschläge machen. Sie können von den betreffenden Regierungen oder von der Pariser Entschädigungskommission ernannt werden; die deutschen werden von der deutschen Regierung ernannt.
Die Gefahr besteh! nun, daß beide Seilen sich nicht vorher über eine Auslegung des Zusatzes geeinigt zu haben scheinen, vielmehr besteht der Eindruck, daß man, um die Verhandlungen nicht noch zu erschweren, schließlich die zweiseitige Formel gewählt hat, die jetzt in dem gemeinsamen Bericht anzutreffen ist. Man wird gespannt sein dürfen, in welcher Weise der bedenkliche Satz von der Gegenseite ausgelegt werden wird. Die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen, daß man in Frankreich den Versuch unternehmen wird, das im Sinn Poincares dahin zu deuten, daß eine Reaeluna der Verbindlichkeiten sich nicht auf das M a -
Am 19. Dezember bezogen 67153 Personen die Arbeitslosenunterstützung und 5107 die Krisenunterst ü tz u n g gegen 57 525 bezw 4924 am 12. Dezember. Di», Gesamtzahl der Unterstützten ist von 62 449 auf 72 260 une 15,7 v. H. gestiegen: davon waren 60 544 Männer (51653 am 12. Dezember) und 11716 Frauen (10 796). Auf die Arbeitsämter in Württemberg und Hohenzollern trafen 26 789 (22 320) und auf die Arbeitsämter in Baden 45 471 (40129) Hauptunterstützungsempfänger. Im Gesamtbezirk des Landesarbeitsamts kamen am 19. Dezember 1928 am 1000 Einwohner 13,6 Unterstützte gegen 7,0 am 31. Oktober und 4,7 am 1. August.
Neueste llachrichlen
Ein Weihnachtsartikel des Reichskanzlers
Berlin, 26. Dez. Die sozialdemokratische Presse veröffentlicht einen Artikel des Reichskanzlers Müller, der einen Ausblick auf das Jahr-1929 enthält. In der Forderung der Räumung der besetzten Gebiete im Interesse der dauernden Befriedung Europas, in der Betonung des kerndeutschen Charakters der Saarbevölkerung, in der Anerkennung des S e l b st b e st i m m u n g s-re ch ks auch für die deutschen Stämme im Reich und in Oesterreich sei die deutsche Sozialdemokratie mit dem ganzen deutschen Volk einig. Die Behandlung der Deutschen als Gleich- berechtigt-e gehöre auch zu den Sicherungen, die für einen Dauersrieden notwendig seien. Für einen Dauerfrieden sei es aber auch notwendig, daß, wie Briand sagte, endlich alle Reste aus der Kriegszeit bereinigt werden. Dazu gehöre auch, daß endlich festgesetzt werde, wasDeuksch- lond zu zahlen habe. Wenn die Sachverständigen die gegenwärtige Lage der deutschen Wirtschaft feststellen wollen, müssen sie eine ernsthafte Prüfung vornehmen, um zu erkennen, was aus eigener Kraft geleistet werden könne. Die Lösung müsse so erfolgen, daß die deutsche Währung gesichert und eine neue Inflation unter allen Umständen ausgeschlossen bleibe.
Der Reichswehrminister über die Reichswehr.
Berlin. 24. Dez. An der Spitze seiner Weihnachtsnummer bringt der Berliner Börsen-Courier einen Artikel „Rückblick und Ausblick" des Reickswehrministers Generalleutnant Dr. Groener. In diesein Artikel bezeichnet er die Reichswehr als Grenzwehr und Notwehr, die lediglich dazu berufen sei, einem einbrechenden Feind den Vormarsch zu wehren, bis die dazu berufenen internationalen Instanzen den Friedensbrecher zur Ruhe weisen Diese Wehrmacht diene dem ganzen Volk und dürfe daher nicht .das Teekind einer Partei noch weniger einer staatserhalkenden Partei verfeindet sein".
Neue Verhaftungen im besetzten Gebiet
Koblenz, 26. Dez. Nach der Verhaftung des deutschen Beamten Klees beim Reichsvermögensamt haken die Franzosen nun auch den Postsekretär Scholl, der früher ebenfalls beim Reichsvcrmögensamt war, ohne jede Angabe von Gründen festgenommen. Ihrem Verteidiger Dr. Fuehr wird weder die Besprechung mit den Verhafteten noch die Einsicht in die Akten gestattet. Der vor einigen Wochen unter der Bezichtigung der Spionage verhaftete Oberinspektor Kratz hat im Gefängnis in Mainz einen Nervenzusammenbruch erlitten und wurde ins franz. Militärsvital verbracht. — Und was beabsichtigt die Neichsreg'ie-
mit Hintertüren
terielle, sondern nur auf das Formelle und Technische beschränken soll.
Die Vorschläge der Sachverständigen sollen nach einem Zusatz eine „Regelung der Verbindlichkeiten" umfassen, die sich aus den zwischen Deutschland und den Gläubigermächten bestehenden Verträgen und A b k o m m e n ergeben. Dieser höchstbedenklicheZusatz wurde von Pvincarö und Briand in die Verständigung eingeschmuggelt. Er stellt eine Kompromißformel dar zwischen der Forderung Poincares, daß Deutschland für die Kriegsschulden der Verbündeten und für den „Wiederaufbau" aufzukommen habe, und daß Frankreich seine Pfänder (Besetzung ufw.) nicht blindlings aufgeben dürfe, daß sich, mit anderen Worten, die Sachverständigen auf eine technische Regelung der Höhe und der Zahl
derdeutschenJahresleistungenmitderEnd-
fumme von 132 Milliarden Goldmark zu be- schränken hätten — und andererseits dem deutschen Verlangen, die Entschädigungsfrage nach Maßgabe der deutschen Leistungsfähigkeit von Grund auf einer Nachvrüfuna zu unterziehen.
rung gegen dieses Treiben der Franzosen, das an die Rührzeit erinnert, zu tun?
Die „Spionage" der deutschen Beamten Hai, wie man hört, darin bestanden, daß sie die falschen und viel zu niedrigen Angaben des französischen Oberkommandos über d>" Slärke der französischen Besehungslruppen und namentlich auch der farbigen Franzosen, nachprüfien. was selbst- verständlich den Brsatzungsbehörden höchst unerwünscht ist.
Der Eintritt in das Reichsheer
Berlin. 26. Dez. Für den Eintritt in das Reichshcer sind jetzt vom Reichswehrministerium neue Fragebogen herausgegeben worden, die Auskunft über die Familie des Bewerbers. seine Schulbildung, besondere Kenntnisse ufw. verlangen. Am Schluß des Fragebogens wird neuerdings von dem Bewerber die Abgabe der Versicherung verlangt, daß er sich niemals in verfassungsfeindlichem Sinne betätigt habe. Mit der Aufnahme dieses Passus werden die vor einiger Zeit für den Eintritt in das Reichsheer erlassenen Bestimmungen in dieser Richtung auch äußerlich in den Auf- nahmeformularen zum Ausdruck gebracht.
Titelverleihungen in Bayern "
München, 26. Dez. Auch in diesem Jahr hat die bayerische Staatsregierung an eine große Zahl von Persönlichkeiten des politischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und künstlerischen Lebens des Landes Bayern Titel als Zeichen besonderer Auszeichnung verliehen. Zur Verleihung kamen die Tiiel: Geheimer Kotnmerzienrat, Kommerzienrat. Landesgewerberat, Gewerberat, Geheimer Justizrat, Justizrat. Geheimer Rat. Oberbürgermeister, Geheimer Sanitätsrat. Sanitätsrat, Veterinärrat, Pharmazierat, Geheimer Landesbaurat, Landesbaurat. Geheimer Regierungsrat. Geheimer Baurat. sowie die Titel Professor und Professor der bildenden Künste, außerdem an Persönlichkeiten aus der Landwirtschaft die Titel Geheimer Landesökonomierat, Landesökonomierat, Oekonomierat, und an Persönlichkeiten aus dem Versicherungswesen und aus den Kreisen der Angestellten und Arbeiterschaft die Titel Lam esarbeitsrat, Arbeitsrat. Landesversicherungsrat, Versicherungsrat. Technischer Landesgewerberat und Technischer Gewerberai.
Bauern verhindern Pfändungen ' , ,
Husum (Schleswig), 26. Dez. Im Anschluß an eine verhinderte Zwangsversteigerung drangen etwa 70 Bauern in das Finanzamt ein und widersetzken sich der Aufforderung, das Haus zu räumen. Ein viergliedriger Ausschuß verhandelte mit dem Leiter des Finanzamts über die Pfändungen. Zu größeren Ruhestörungen ist es nicht gekommen. Wie erst jetzt bekannt wird, wurde in den letzten Tagen auch in Ohrstedt eine Pfändung mit Gewalt verhindert.
Fachst Kommandeur der Ehrenlegion
Paris, 26. Dez. Auf Vorschlag Poincares hat der Ministerrat den durch den Anschlag Benoits schwer verletzten Fachot zum Kommandeur der Ehrenlegion ernannt. Der „Temps" und einige andere Blätter bezeichnen Fachot als das „Opfer der pangermanistischen Umtriebe".
Benoit wird allgemein als ein ruhiger, besonnener und fleißiger Mann von tadellosem Charakter geschildert. In einem Brief, den er vor dem Anschlag an den autonomsttt- schen Generalrat Hauh in Straßburg richtete, schrieb er, er fühle sich verpflichtet, den Verfolger der ersäffer Patrioten unschädlich zu machen Er bitte Hauß, für seine Frau und Kinder zu sorgen.