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Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
solche Teilnehmer bestimmt, die die obersten Klassen einer öffentlichen Vollanstalk nicht besucht haben oder nicht mehr besuchen. In der zweiten Hälfte des Monats März 1929 wir- in Stuttgart eine außerordentliche Prüfung der mittleren Reise stattfinden-, sie entspricht der Schlußprüfung einer sechs-lässigen Realschule und ist für solche Teilnehmer bestimmt, die eine öffentliche höhere Schule nicht besucht haben oder nicht mehr besuchen. —
Vom bayerischen Allgäu, 27. November. Sturm und Schnee im Allgäu. — Tödlicher Absturz. In der Nacht auf Sonntag setzte im Allgäu ein heftiger Sturm mit Regen und Schneefall ein. Auf den Bergen liegt ein halber Meter hoher Neuschnee. — Gendarm Johann Atreft- ner in Rieglern bei Oberstdorf ist in der Nacht auf dem Heimweg in den sog. Sägebach 20 Meter tief abgestürzt. Passanten fanden die Leiche mit zertrümmerter Schädel- decke auf.
viMugen im Schwarzwald. 27. Nov. Einoerirrter Adler. Am Samstag wurde hier in großer Höhe schwebend ein Adler beobachtet, der eine Flügelspannweite von etwa 3 Meter gehabt haben dürfte. Das Tier dürfte durch das schlechte Wetter aus den Alpen in unsere Gegend verschlagen worden sein.
Schwenningen, 27. Nov. Jubiläum. Am 24. Nov. beging die Thomas Ernst Haller AG. das Jubiläum ihres 25jährigen Bestehens. Die Fabrikleitung konnte am gleichen Tag 38 Jubilare um sich versammeln, die auf eine 25jährige Tätigkeit in diesem Unternehmen zurückblicken können.
Heidenheim, 27. Nov. Geflüchtet. Das Wohnhaus des Malermeisters Anton Schimmel soll nach einer amtlichen Bekanntmachung am Freitag, 11. Januar, im Weg der Zwangsversteigerung versteigert werden. Schimmel ist vor mehreren Wochen unter Mitnahme größerer Geldbeträge verschwunden: er ist angeblich nach Amerika ausgewandert.
Schwaigern, 27. Nov. Ein nachahmenswerter Beschluß. Der Gesangverein „Liederkranz" trägt sich mit dem Gedanken, seine diesjährige Weihnachtsfeier fallen zu lassen Der Betrag von mehr als 100 Mark, den diese Veranstaltung kosten würde, wird den Brandgeschädigten überwiesen.
Eßlingen a. N., 27. Nov. Neuer Oberamtspfleger. In der gestrigen Amtsversammlung wurde an Stelle des am 6. Okt. d. I. verstorbenen Oberamtspflegers Merz, der 26 Jahre lang Oberamtspfleger der Amtskörperschaft Eßlingen war, Schultheiß Kirchner- Deizisau einstimmig zum Oberamtspfleger gewählt. — Ferner wurde der Abschluß des Kaufvertrags zwischen der Württ.-Vadischen Genossenschaft des Johanniterordens und der Amtskörperschaft über die Erwerbung des Johanniterkrankenhauses in Plochingen durch letztere genehmigt. Die Waschküche im Johanniter-Bezirkskrankenhaus wird mit einem Kostenaufwand von 40 000 Mark baulich erweitert und mit Maschinen neu eingerichtet.' Die Kosten werden durch Schuldaufnahme bei der eigenen Oberamtspflege gedeckt.
Der Bezirksrat hak einem Tanzlehrer in Eßlingen die Erlaubnis zur Erteilung von Tanzunkerricht wegen Unzuverlässigkeit entzogen.
Blaubeuren, 27. Nov. Eisenbahnanschlag. In der Nacht zum Sonntag wurde von der Straßenbrücke am sog. Buckenstich ein 1 Zentner schwerer Felsblock auf das Gleis der Bahn geworfen. Der Stein wurde entdeckt, bevor der erste Zug durchfuhr, und somit ein folgenschweres Unglück verhütet. Von den Tätern fehlt bis jetzt noch jede Spur. An derselben Stelle wurde von 2 Jahren ebenfalls ein Anschlag durch Versperrung der Gleise verübt. Die Täter konnten damals erwischt werden.
Hofs, OA. Leutkirch, 27. Nov. Viehseuche. Die Maul- und Klauenseuche hat sich hier sehr stark ausgebreitet. Nicht weniger als 50 Gehöfte sind von der leidigen Seuche ergriffen. Neben zahlreichen Jungkälbern sind bereits auch einige Stücke Großvieh der Seuche zum Opfer gefallen.
Schnee. Die Höhen der Alb waren am Dienstag früh in eine weiße Decke gehüllt.
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1 .
Willmar Heyden stürmte die Treppe eines eleganten Miet- hauies am Kurfürstendamm empor, blieb im zweiten Stock stehen und las an der Tür: Lucian Dalbade.
Heftig klingelte er. Aber niemand öffnete.
Immer wieder, stärker, heftiger, setzte er das Läutewerk der Glocke in Tätigkeit.
Endlich hörte der Wartende Schritte. Die Tür wurde geöffnet und Willmar sah sich einem jungen Mann gegenüber. Der hatte gewelltes Haar, zornige, flammende Augen und war stutzerhaft gekleidet.
Es war der Sänger Lucian Dalbade.
„Was wünschen Sie, mein Herr?" fragte er heftig.
Heyden blieb ruhig und sagte: „Aus dem Fenster Ihrer Wohnung erklangen soeben die Hilferufe einer Dame. Ich wünsche, diese Dame sofort zu sehen."
Der Sänger brauste auf und anwortete brüsk: „Sie träumen, mein Herr! Ich verbitte mir Ihre Belästigungen."
Aber Willmar Heyden ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Es ist gut! Dann werde ich durch den Hausmeister die Polizei Herbitten lassen. Ich habe mich nicht getäuscht."
Lucian Dalbade wurde dunkelrot vor Wut. Nur mühsam zwang er sich, als er wieder sprach: „Ich versichere Ihnen, mein Herr ... Sie irrenI Ich habe einige Gäste. Wir sind in der angenehmsten Stimmung, und Fräulein d'Acosti hat nur aus Scherz gerufen. Bitte, beruhigen Sie sich! Der Name Dalbade muß Ihnen genügen."
„Der Name Dalbade besagt mir nichts. Ich kenne keinen Herrn Dalbade." Eiskalt sprach Willmar Heyden. „Ich will, daß die Dame, die um Hilfe schrie, sofort mit mir das Haus verläßt. Im anderen Falle benachrichtige ich die Polizei."
Ehe der Sänger heftig antworten konnte, war eine junge Dame aus der Wohnung getreten. Sie musterte Heyden und sagte:
„Ich danke Ihnen, mein Herr. Ich habe gerufen und will mit Ihnen das Haus verlassen. Ich vertraue Ihrer Ritterlichkeit "
Henden verbeugte sich stumm und trat einen Schritt zurück.
Aus Stadt und Laad
Nagold, 28. November 1928.
Was zwischen Wollen und Tun liegt, ist menschliche Schwäche.
Dienstnachrichten.
Steuerassistent Reser bei dem Finanzamt Altensteig wurde an das Finanzamt Biberach versetzt.
Der Flug über den Ozean hat in der zivilisierten Welt Aufsehen erregt. Unmöglichkeiten sind möglich ge* worden, Prophezeiungen sind in Erfüllung gegangen- Als bekannt wurde, daß ein Flug über den Ozean von Ost nach West unternommen werden sollte, zweifelten viele am Erfolg. Viele jedoch glaubten an ein Gelingen. Auch der bekannte Schriftsteller Wolfgang Marken ahnte lange voraus, daß eine Ueberquerung keine Utopie sei. In seinem Roman: König 'Olafs Lied, mit dessen Veröffentlichung wir in dieser Nummer beginnen, fliegt der berühmte Tenor Heyden mit seinem Flugzeug von Deutschland nach Neuyork, um sein Miß , Milly Astor gegebenes Versprechen einzulösen und dort zu singen. Sein Rückflug wird verhindert durch Fehlen > des Propellers, den er sich jedoch wieder beschafft. (Den deutschen Fliegern fehlte ebenfalls der Propeller zum Weiterflug). Am nächsten Tage singt er in Deutschland. Durch schwere Krankheit verliert er seine Stimme.
Die Frauen, die ihn umschwärmen, wenden sich von > ihm ab außer einer, die neben dem Künstler auch den inneren Menschen liebt. Sie finden sich, als sich Heydens , Stimme in der milden Luft der Lüneburger Heide wieder erholt und er in der Staatsoper „König Olafs > Lied" gesungen hat. Der Roman sei allen unseren . Lesern angelegentlichst empfohlen.
Rohrdorf, 27. Nov. Gefallenenehrung. Zum Totensonntag war das Kriegerdenkmal sinnig geschmückt worden. Dem Gottesdienst gaben 2 Lieder des Gesangvereins würdige Stimmung. Im Anschluß an die kirchliche Gedächtnisfeier legte ein Jm-Feld-gewesener mit kurzer Ansprache einen prächtigen Waldkranz am Denkmal nieder. Ja, ehret daheim die Toten, die draußen in fremder Erde schlum. mein.
Rohrdorf, 26. Nov. Abschied. Lang, ach gar lang ist es her, seitdem solch freundlicher Abschied jemand bereitet wurde, wie ihn am Samstag Abend ein größerer Freundeskreis dem fortgehenden Lehrer Boling er veranstaltete. Ansprachen, Solo und Sonstiges waren bestrebt dem Wehe des Abschiednehmens alles Herbe zu nehmen. Fünfeinhalb Jahre war Herr Bolinger als zweiter Lehrer hier. Er ist nun als Hauptlehrer nach Oberreichenbach bei Hirsau vesetzt worden, wohin ihn manch freundlicher Wunsch begleitet.
Altensteig, 27. November. Wahlvorschläge. Warum sollte es uns hier mit den bürgerlichen Parteien besser gehen, als wo anders. „Einigkeit macht stark", aber die Bürgerlichen scheinen Stärke nicht nötig zu haben! So gingen von dieser Seite 3 Wahlvorschläge ein: Bürgerliche, Mittelstand und Christlicher Volksdienst. Während die ersten beiden Vorschläge aus allen politischen Parteien, auf Vermittlung des Eewerbevereins hin und unter Beteiligung des Beamtenbundes zustande kamen, hat sich der Christliche Volksdienst zu einem Zusammengehen nicht entschließen können. Sie werden sicherlich noch ihre Freude an ihrem jungen. Können haben! Wie immer, so ging auch dieses Mal wieder die Sozialdemokratie unter der Listenbezeichnung „Arbeiterschaft" geschlossen vor.
Mötzingen, 27. November. Eemeinderatswahl. Zu der am 9. Dezember stattfindenden Gemeinderatswahl wurden 2 gültige Wahlvorschläge eingereicht, die folgende Namen zeigen: Wahlvorschlag der Arbeiter, Kleinbauern und Gewerbetreibenden: Teufel, Jakob, Eoldarbeiter, Sindlin-
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Lucian Dalbade war bestürzt „Aber . . . Fräulein Maro ... ich bitte Sie ... es war nur ein Scherz!"
Die Dame antwortete nicht. Sie sah mit einem verächtlichen Blick den Sänger an und schritt grußlos an ihm vorbei.
! „Darf ich um Ihren Arm bitten, mein Herr?" sagte sie zu Heyden, der sich verbeugte und vorstellte: „Willmar Heyden! Sie gestatten, daß ich Sie begleite."
§ Stumm schritten sie den Kurfürstendamm hinunter.
Willmar Heyden musterte seine Begleiterin von der ! Seite.
„Wünschen Sie, daß ich ein Auto nehme?"
„Ich bitte Sie darum!"
Als das Auto zur Stelle war. nannte sie dem Chauffeur eine Straße, die Willmar nicht kannte, denn er war zu lange fortgewesen.
Sie stiegen ein und saßen stumm nebeneinander.
Nach einer Viertelstunde war das Heim der Dame er- l reicht.
Willmar zahlte, und das Auto rollte ab. Sie standen vor einer kleinen Villa.
„Mein Herr," begann die Dame, als sie vor dem Tore standen, „ich bin Ihnen eine Aufklärung schuldig. Darf ich Sie zu einer Tasse Tee einladen? Ick will Ihnen dabei alles erzählen." Heyden verbeugte sich. „Gern!"
Als sie dann in dem entzückenden Boudoir beim Tee saßen, begann sie.
„Ich muß Ihnen für Ihr Eintreten dankbar sein, wenn mir von Herrn Dalbade auch keine Gefahr drohte. Sie kennen doch Herrn Dalbade?"
„Ich bedauere lebhaft!"
Sie sah ihn erstaunt an und schüttelte den Kopf. „Das ist originell! Herrn Dalbade kennt ganz Berlin, sa beinahe ganz Deutschland. Er ist einer der berühmtesten Tenors der Welt und jetzt bei der Berliner Staatsoper, wo ich auch beschäftigt bin. Ich bin die Sängerin Mara d'Acosti, und gehöre auch — wie soll ich sagen? — zu den Prominenten."
„Ich bitte um Verzeihung!^ sagte Heyden lächelnd. „Aber ich war vier Jahre fern der Heimat, ich habe mich unter wilden Völkern Herumgetrieben und habe — ich gestehe es offen — seit vier Jahren ebensowenig eine Zeitung gelesen, wie ich ein Theater zu besuchen Gelegenheit hatte."
Sie betrachtete ihn interessiert. Er sah in ihre tiefschwarzen Augen, aus denen Willenskraft und Energie flammten. Und er erblickte setzt beim gedämpften Licht des Kronleuchters ein blasses, aber ebenmäßig schönes Antlitz, das von dunklem, gelocktem Haar umrahmt war.
Er sah. daß Mara d'Acosti sehr schön war. so schön, daß > ihn eine leichte Verlegenheit befiel, und daß er unter ihrem ' Blick verwirrt wurde.
__ Mittwoch, 28. November Ig^z
ger Wilhelm, Gipser, B r ö s a m l e, Eottlieb, Gipser Hauser, Friedrich, Pflastermeister, Hauser, Friedrich' Zimmermann, Harr, Eottlieb, Fuhrmann, alt Meßner' Luginsland, Jakob, Schreinermeister. Wahlvorschlaä der Ortsgruppe des Bauernbundes: Harr, Gottlieb Landwirt und Molkereirechner, seith. Eemeinderat, M o r- l o k, Karl Landwirt, seith. Gemeinderat, Lug insland Wilhelm, Landwirt und Sägwerksbesitzer, seith. Eemeinderat, Kußmaul, Christian, Landwirt, seith. Eemeinderat Hi Iler, Christian, Gastwirt z. Löwen, seith. Eemeinderat, Wagner, Johannes, seith. Eemeinderat, Dengler Bernhard Landwirt. Die Wahl findet also nach dem sogenannten Verhältniswahlsystem statt, Jeder Wähler kann bei der Stimmabgabe nach Belieben die Namen der zu wählenden Personen diesen zwei Wahlvorschlägen entnehmen, d. h. er kann auf den, Stimmzettel, den er abgeben will, auch Kandidaten setzen, die auf dem andern Wahlvorschlag enthalten sind, nur darf er nicht vergessen, einen an- den Namen zu streichen, denn er darf höchstens soviel Personen aufzählen, als Mitglieder des Eemeindeats zu wählen sind, hier also sieben. Außerdem kann er einen Kandidaten dadurch bevorzugen, daß er ihm statt einer Stimme zwei oder drei Stimmen gibt, muß dann aber dementsprechend andere Kandidaten streichen, denn er darf nicht mehr als 7 Stimmen abgeben. Möge auch die kommende Wahl zum Wohl und Segen unserer Gemeinde ausfallen!
Calw, 28. Nov. Gemäldeausstellung. Freunde guter Kunst möchten wir darauf Hinweisen, daß zur Zeit eine Gemäldeausstellung in Calw, in der Buchhandlung K i r ch h e r r, Badstraße von dem auch hier bekannten Kunstmaler Julius Müller (früher in Straßburg) für die Dauer von etwa 14 Tagen stattfindet, deren Besichtigung nur sehr empfohlen werden kann, da es sich um Werke von hohem künstlerischem Wert handelt. In der Hauptsache sind es Landschaften (u. a. ein großes Panorama von Calw) aus dem Nagoldtal, Tier- und Blumen- stücke etc.
Freudenstadt, 27. Nov. Des Winters Einzug. Nach dem überaus heftigen Sturm, der über den Sonntag herrschte, wurde es in der Natur merklich kühler. Gestern um die Mittagsstunde setzte nun auch lustiges Flockengewirbel ein, das bald eine, wenn auch nur vorübergehende Schneeland- schaft hervorzauberte.
Vaiersbronn OA. Freudenstadt, 26. Nov. Ein wert* voller Gemeindebesitz. An Erträgnissen des Wal, des der Gemeinde dürfen im Jahr 1928 rund 12 000 Fest* Meter genutzt werden, die eine Einnahme von rund 364 80V Mark einschl. der Nebennutzungen und des Zuschusses der Waldkasse ergeben werden. Dabei ist in der laufenden Verwaltung unberücksichtigt geblieben de: Erlös aus dem Sturmholzanfast auf den Grinden, der für den Ausbau der Licht- und Wasserversorgung auf dem Kniebis zurückgelegt ist. Den Roheinnahmen stehen an Ausgaben 228 800 Mark gegenüber.
Meine Nachrichten aus alter Velk
Vergrößerung des Kindersolbads in Bad Dürrheim. In feierlicher Weise wurde am Sonntag in Bad Dürrheim (Baden) der Erweiterungsbau der KinderheNstätie der allgemeinen Benützung übergeben.
Historische Funde beim Hohentwiel. Bei Ausgrabungen Zu einem Neubau in Göhringen bei Singen wurde in einer Tiefe von nur 40—80 Zentimeter in trockenem Kies- uckd Sandboden eine größere Menge menschlicher Knochenreste und etwa 15 Totenschädel gefunden, ferner das Metallstück einer schweren Lanze, eine Streitaxt, ein zierliches Tv«- gesäß u. a. Man vermutet diese Gräber aus der Zelt der Hunnenschlachten Anno 909, 913 und 926.
Deutsches Bankjubiläum in Rom. Vor hundert Jahren ließ sich ein Schwabe, der in der Umgebung des Hoh-enstaufen
„Das ist sehr interessant, mein Herr!" sagte die Sängerin langsam. „Sie müssen mir von Ihren Reisen erzählen. Doch jetzt hören Sie weiter. Herr Dalbade und ich sind Kollegen. Heute bat er mich, mit ihm eine Rolle m der neuen Oper ..Titan", die in einigen Wochen an der - Staatsoper zur Aufführung gelangt, gemeinsam durchzuproben. — Wir haben beide die Hauptrollen inne. und ich ließ mich dazu verleiten. Herr Dalbade aber .. wurde zudringlich, und ich muhte mich seiner erwehren In meiner Angst ries ich um Hilfe. Es war eigentlich nicht nötig, aber ... ich bin etwas leicht erregt, und ... das Weitere wissen Sie Die ganze Angelegenheit ist also harmlos und nüchtern Aber trotz allem danke ich Ihnen für Ihre Ritterlichkeit und Ihr bestimmtes Auftreten."
Heyden nickte zu ihren Worten und sagte dann wie entschuldigend: „Ich komme aus Gegenden, wo ein Mensch nur um Hilfe schreit, wenn er in Todesnot ist. Darum kam ich iofort und ließ mich nicht abweisen. Es ist mir aber lieb, von Ihnen zu hören, daß der Vorfall nicht zu viel auf sich hat. Ich bedauere jedoch, daß Sie gezwungen sind, mit dem Sänger Dalbade weiter zusammenzuspielen."
Die Sängerin lächelte.
„Sie sehen den Fall viel ernster an. als notwendig ist. Herr Dalbade ist ein gefeierter, umschwärmter Künstler der sonst nur die Hand äuszustrecken braucht. Man muß chm manches zugute rechnen."
Heyden sah sie voll an.
„Wenn ick Ihre Worte recht verstehe, so finden Sie. das unwürdige Benehmen des Herrn Dalbade ... nur als ein unangenehmes belangloses Intermezzo."
„Ganz recht." gestand sie freimütig. „Nicht viel anders. Man darf das Leben mit seinen kleinen Ereignissen, wenn sie auch oft unangenehm sind, nicht zu traaisch nehmen, besonders wenn man ... wie ich ... etwas ehrgeizig ist-
„Ich bitte um Verzeihung! Ich kann da noch "'All-.'? recht mit. Ich entnehme nur aus Ihren Worten, daß Sie .. Karriere machen wollen, und daß Ihnen von Herrn Dalbade Schwierigkeiten drohen können."
„Schwierigkeiten?" sagte sie sinnend. „Ja und nein. Der Name d'Acosti ist bekannt. Ich bin im Begriffe, daszu werden, was ich mir vorgenommen habe: die größte Sängerin der Gegenwart Ich will es Herr Dalbade ist weiter als ich. Man nennt ihn schon den ersten Tenor der Welt. Ich möchte es aus Gründen der Klugheit nicht mit ihm verderben Versieben Sie mich, mein Freund?
„Nein!" sagte Heyden offen. „Aber ick spreche von mir aus. Ich kenne Ehrgeiz nicht. Was Ihnen als ein be- gehrensmertes Ziel vorschmebt. würde für mich reizlos lein, wenn ich meinem Innern einen Zwang ant"n müßte
(Forti, folgt.)