Montag, 28 . November igzz

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rn der Schriftleitung

issen heute wiederum zum soundsoviel- > wir unter keinen Umständen anonyme ^ den Anzeigenteil nicht und wenn sie Geld als bezahlt zu betrachten sind ev usw.. aufnehmen. Jeder kann da- en seinen Namen uns mitteilen. denn rcb gegen Staatsanwalt und Polizei uch das Redaktionsgeheimnis geschützt isendungen dieser Art, werden bis zur s zurückgestellt. ' §

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Gegründet 1827

Dienstag, den 27. November 1928

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102. Zahrgang

Aebersorderung des Dawesplans

Tagessrnegel

Vertauschte Nöllen

Die Pariser Presse faßt die Uebergabe der deutschen Denkschr ift an Poincare durch den deutschen Boischufter v. Hoesch am 2'3. November als Vorsichtsmaß­nahme der deutschen Reichsregierung auf, damit es nicht scheine, als ob die deutsche Regierung durch Stillschweigen den in den Noten Frankreichs, Englands, Belgiens und Italiens ausgestellten Reparationssorderungen, die man in Abschriften" Deutschland mitgeteilt hat, ,zustimme. Der PariserMatin" fügt dem Bericht über die deutsche Denk­schrift halbamtlich die Drohung bei: Zu Beginn einer so schwierigen Verhandlung haben die verbündeten Mächte Wert darauf gelegt, ihre Noten so ab,zufassen, daß sie vollen Wert hcllien für den Fall, daß es zu keiner Eini­gung kommen sollte. Denn es sei kein Geheimnis, daß die Gesamtheit der neuen Forderungen die von Deutschland auf Grund des Dawesplans und des Versailler Vertrags zu zahlende Höchstleistung beträchtlich übersteige.

Diese Drohung wird von deutsllier Seite mit allem Nach­druck zurückgewiesen werden müssen. Wenn ferner die deutsche Denkschrift nach dem Bericht der Pariser Blätter dagegen Verwahrung einlegt, daß die Zustän­digkeit der Sachverständigen eingeschränkt werden solle, so antwortet die Pariser Presse einstimmig, also wiederum auf höhere Weisung, mit der weiteren Drohung: die deutscheSelbstsucht" trete in der Denk­schrift wieder klar zutage. Es müsse aber ein für allemal gesagt werden, daß an eine Räumung des Rhein­lands vor Ablauf der 15 Jahre nicht zu denken sei, so­lange nicht eine bessere Lösung des Dawesplans gesunden sei. Die französische Regierung rückt mit dieser 'Met Ab­sicht nun immer deutlicher heraus.

Sehr verübelt wird das Verlausen Deutschlands, daß die Verpflichtungen nur nach der Leistungsfähigkeit Deutschlands festgesetzt werden sollen, ohne Gefahr für die Entwertung seiner Währung oder der Lebenshaltung der Bevölkerung. So schreiben die Pariser Blätter geradezu: Die deutsche Reichsregierung scheint die Verantwortung für die Einberufung des Sachverständigenausschusses und für feine Anregung zu den Verhandlungen ablehnen zu wollen. Sie sucht eine Abwehrstellung vorzutäuschen und nicht mehr als Vittsteller aufzutreten, wodurch die Rollen vollständig vertauscht würden, da die Ver­handlungen keinen andern Grund hatten, als das Gegen­stück zu dem Verlangen nach vorheriger Räumung des Rheinlandes zu bilden."

Man ersieht daraus, wie sehr es der französischen Politik bereits gelungen ist, den Ausgangspunkt der Verhandlungen zu verschieben. Denn nicht Deutschland hat diese Verhandlungen angeregt, sondern Frankreich wegen seiner Zahlungsnöte an Amerika und England.

Versäumnisse

Bon der Annahme des Dawesplans bis zum jetzige» erstenNormaljahr" war der Weg verhältnismäßig'oiatt und gerade; daß der Plan, so wie er uns diktiert wurde, nicht ausführbar sei, hat aber kein Einsichtiger bezweifelt. Die Sachlieferungen haben wir anfangs leisten und die Barzahlungentransferieren" können, weil die Amerikaner so freundlich waren, uns gegen gute Zinsen das nötige Geld zu leihen. Aus wirtlichen Üeberschüssen -er deutschen Wirtschaft, wie es nach dem Dawesplan sein müßte, ist kaum ein Pfennig bezahlt worden. Der Dawesagent Parker Gil­bert nannte das:Der Dawesplan arbeitet befriedigend" und Deutschland stimmte stillschweigend zu. Daraus hat sich für uns die unangenehme Lage ergeben, daß wenn eine Einigung mit dem Trust unserer Dawesgläubiger jetzt nicht zustande kommt man uns einfach auf den Dawesplan ver­weisen und sagen kann: Ihr tz«bt ja selbst zugegeben, daß der Dawesplanbefriedigend arbeitet", also zahlt nur wei- ter eure 2,5 Milliarden jährlich. Daß der Dawesplan in Wahrheit noch gar nicht zu arbeiten angefan­gen hat, daß unter ihm ein Ueberschuß der deut­schen Ausfuhr über die Einfuhr noch gar nicht erzielt worden ist, sondern das Gegenteil, das braucht den Trust unserer Gläubiger nicht zu kümmern, wenn es Deutsch­land selbst nicht kümmert.

Deutschland der Sturmbock gegen Amerika

Der Trust unserer Ausbeuter will den Dawesplan ab­ändern, aber so, daß der Vorteil auf ihrer Seite ist. Dieser Vorteil soll zunächst grundsätzlich und allgemein die Verquickung der Verbandsschülden mit dem deutschen Kriegs­tribut sein. Amerika lehnt diese Verquickung rund und ent­schieden ab.Schön," sagt der Trust der Kriegsgewinner, ,ch>ann verquicken wir vorerst einmal die Frage unserer Schulden unlösbar mit der Frage der deutschen Tribut­zahlung. Das war der Zweck desGedankenaustausches" unter den Mächten, und es ist für die Reichsregierung schwierig, darauf die einzig richtige Antwort zu geben: Dis Forderungen Frankreichs, Englands, Belgiens und Italiens zusommenzuzählen und zu erklären, daß es keinen Zweck hat, über diese Summen zu verhandeln, denn sie lassen sich,

wie die vier ersten Dawesjahre bewiesen haben, aus ver deutschen Wirtschaft nicht Herauspressen, und das erste Normaljahr" bringt dem Reichshaushalt sofort einen Fehl­betrag von 700 Millionen Mark. Diese Antwort ist des­halb schwer zu geben, weil der jeweilige Bericht des Dawes- agenten, der Dawesplan habebefriedigend gearbeitet", von deutscher Seite stets unwidersprochen geblieben ist.

Da nun die verbündeten Mächte das ablehnende Amerika nicht mürbe machen können, soll Deutschland als Sturmbock vorgeschickt, der Zank zwischen den Perbandsmächten und den Vereinigten Staaten also wieder auf dem deutschen Rücken ausgetragen werden. Wenn wir uns aber in irgend einer Form auf die Verquickung von Verbandsschul­den mit den Kriegstributen einlassen, dann haben wir von vornherein verspielt. Was die vier Verbands­mächte bei Amerika nicht fertigbringen, das können wir erst recht nicht, abgesehen davon, daß die Anbahnung eines freundlicheren Verhältnisses zu Amerika freventlich aufs Spiel gesetzt würde.

Die letzte Waffe

Als letzte Verteidigungswaffe bleibt uns in den Ver­handlungen nur übrig: unausführbaren Zumutungen ein unerschütterliches Nein! entgegenzusetzen. Wir dürfen kei­nen Schritt breit weichen von dem Standpunkt, daß für das, was wir noch zu zahlen haben sollen eigentlich ist ja alles, was als Kriegsentschädigung billig angesprochen wer­den könnte, schon längst bezahlt allein die deutsche Leistungsfähigkeit und der Lebensstand des deutschen Vol­kes maßgebend sein sollen. D«n n das ist der Sinn des Dawesplans, den nicht nur Deutschland, sondern ebensogut England, Frankreich. Äelgchn, Italien und Japan

unterzeichnet haben. ^

*

Auf die Noten der englischen und französischen Regie­rung haben die deutschen Botschafter in London und Paris eine Denkschrift übergeben, die den deutschen Standpunkt nochmals darlegt: Die deutsche Regierung lehne die Ver­knüpfung der Reparationsregelung mit den Verbandsschul­den grundsätzlich ab. Sie behalte sich die Freiheit der Entschließung vor. Sie könne nur einer Reparations­festsetzung zustimmen, die der Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft entspreche.

Aduuia- Scheer 's

Admiral Scheer ist in der Nacht zum Montag in Markt- redwih (Obersranken), wo er Freunde besuch! hatte, an einem Herzschlag gestorben. Die Beisetzung wird am Don­nerstag oder Freitag in Weimar, seinem Wohnsitz, stotl- finden.

*

Admiral Reinhard Scheer ist am 30. September 1863 in Rinteln, Reg.-Bez. Kassel, aeboren, er konnte aüo vor

Die Lage im nordwestdeutschen Lohnkampf hat sich so verschärft, daß weitere Verhandlungen nahezu von vorn anfangen mußten. Sollten sie scheitern, so wäre noch unk einer mehrwöchigen Dauer des Kampfes zu rechnen, da das Arteil des Reichsarbeilsgerichts kaum vor Mitte Dezem­ber zu erwarten ist.

Die Feierschichten im Regierungsbezirk Arnsberg (West­falen) infolge der Aussperrung in dem benachbarten nord­westdeutschen Eisenindustrieoebiek betrugen am 21. Nov. nach der Mitteilung -es Regierunaspräsidenken 203 035. wovon 83 749 Arbeiter betroffen, wurden.

^ Das Befinden des Königs von England ist unverändert. Zu der Lungen- ist eine Brustfellentzünduna hinzugetrelen. Der Thronfolger Prinz von Wales befindet sich bekanntlich auf einer Reise durch Afrika. Es soll aber nicht nötig sein, ihn zurückzurusen.

zwei Monaten den 65. Geburtstag feiern. 1879 trat er als Kadett in die damals noch sehr kleine Kaiserliche Marine ein und wurde nach einigen Weltreisen 1888 als Leutnant zur See zur Bekämpfung des Araberaufstands in D-urjch- Ostafrika ausgesandt, wobei er sich sehr auszeichnete. 190V wurde er Chef einer Torpedoflottille, 1907 Kommandau? des LinienschiffsElsaß", 1912 Abteilungschef im Rcichs- marineamt und am 27. Januar 1913, zum Geburtstag des Kaisers, Führer des zweiten Geschwaders. Im Weltkrieg kamen zunächst nur die Kreuzer, die Torpedoboote und vor allem die Unterseeboote an den Feind, da dis Engländer ge­flissentlich jede größere Seeschlacht vermieden. Als dann 1915 die neuen Großkampfschisfe der Königsklasse in Dienst gestellt wurden und das neue dritte Geschwader zusam­mengestellt wurde, wurde Admiral Scheer das Kommando über das neue Geschwader übertragen. Nach der Erkrankung des Admirals von Pohl wurde er zum Chef der Hochseeflotte ernannt. Man wußte, daß es nun mit der Untätigkeit der deutschen Flotte ein Ende habe, die Scheer scharf mißbilligt hatte. Sofort wurden die Vorbereitungen zu einem Flottenoor stoß getroffen. Die englische Küste wurde beschossen, um die englisck>e Flotte zu veran­lassen, aus ihrem Versteck hervorzukommen. Aber erst am 31. Mai 1916 kam es endlich zur großen Seeschlacht am Skagerrak, in der 27 deutsche gegen 45 große britische Schiffe kämpften. Mit dieser Schlacht, in der die englischen Verluste fast doppelt so graß waren als die deut­schen, wurde die Sage von der ..Unbesieglichkeit der briti­schen Flotte" für immer zerstört.

Noch einigemal hat Admiral Scheer versucht, die britische Flotte zum Kampf zu stellen, aber diese verließ 'hre ge­schützten Häsen nicht mehr. Er wollte nun wenigstens den unbeschränkten Tauchbootkrieg einsetzen. um das Landheer zu entlasten. Aber bei einem Bethmann Hollweg und dem unentschlossenen Großadmiral von Holtzen- dorff war dies nicht durchzusetzen.

Als Admiral Scheer aber im Juli 1918 als Nachfolger Holtzendorffs zum Chef des Admiralstabs der Marine er-

Borstandstagung der Deutschen Bolkspartei

Rede Stresemanns Entschließungen

Berlin, 26. Nov. Im Hauptvorsland der Deutschen Volks­partei, die am Samstag in Berlin tagte, hielt Dr. Stress- mann eine Ansprache. Er führte u. a. aus, es sei nicht richtig, der Sozialdemokratie allein die Verantwortung in der inneren und äußeren Politik zu überlassen; man müsse den Teil der Sozialdemokratie, der einem Zusammenwirken mit den Bürgerlichen nicht abgeneigt sei, stärken. Die Panzerkreuzerfrage sei die Frucht von gewissen­losen Wahlumtrieben. Die Deutsche Volkspartei habe sich mit dem Stahlhelm auseinandersetzen müssen, weil der Stahlhelm erklärt habe, daß er den jetzigen Staat hasse. Die Partei werde ihren Einfluß im Lande geltend machen, um den Stahlhelm auf diejenige Stellung zurückzuführen, in der allein seine Berechtigung liegen könne. Der Einheits- staat stelle das Ideal dar. Es sei erwünscht, daß die Deutsche Volkspartei auch in Preußen in die Regierung komme. Die Verhandlungen darüber werden aber augen­blicklich überschattet durch die Konkordatsverhand­lung e n, zu denen die Partei im Sinn eines-vernünftigen Ausgleichs und unter sinngemäßer Anwendung auch auf die evangelische Kirche Stellung nehmen müsse.

Der Vorstand nahm dann drei Entschließungen an. Die Verständigungs- und Friedenspoli­tik von Locarno sei Gemeingut des denkenden deutschen Volks und werde von der Deutschen Volkspartei begrüßt. Es müsse aber bedauert werden, daß die Auswirkungen des Vertrags von Versailles von der Gegenseite nur zögernd und widerwillig erfolgt seien. Vor allem müsse die mo­ralische Abrüstung der Gegner gefordert werden. Die Komödie des Abrüstungsausschusses müsse jetzt ein Ende finden.

Zur Wirtschaftspolitik wurde eine Entschließung gefaßt: Die Deutsche Volkspartei bekämpfe eine Lohn­politik, die ohne Rücksicht auf den Ertrag der Wirtschaft das einzige Ziel in einer Erhöhung der Löhne sehe und damit Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Weise schä­dige, denn eine solche Lohnpolitik müsse zur Einschränkung unseres Exportes, zur Verminderung der eigenen Kapital­bildung und zu steigender Arbeitslosigkeit führen. Eine Lohnpolitik der Arbeitgeberseite, die wirtschaftlick) tragbare Lohnerhöhungen ablehnt, könne ebensowenig auf Unter­stützung der Deutschen Volkspartei rechnen. Die Partei ver­lange eine Aenderung des Schlichtungswesens, die das viel­fach verloren gegangene Verantwortungsgefühl bei den Organisationen der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer wie­derherstelle. Reich und Staat dürfen nicht parteiisch in Wirt­schaftskämpfe eingreifen und dadurch die Staatsautorität er­schüttern.

Die dritte Entschließung zu den Verhandlungen zwischen Staat und Kirche besagt u. a.: Die neuen Verein­barungen sollen nicht in Form eines Konkordats, son­dern in anderer Vertragsform zum Abschluß gebracht wer­den. Bei der in Aussicht genommenen Neuregelung dürfe der bestehende Rechtsmstand nicht zuunqunsten des Staats verschoben werden. Die Neuregelung solle sich grundsätz­lich auf die in den bisherigen Vereinbarungen behandelten Fragen äußerer Organisation und finanzielle Leistungen be­schränken. Insbesondere dürfen in oder neben den neuen Vereinbarungen Abreden über die Schule nicht getroffen, noch Erklärungen irgend welcher Art über die Schule nicht abgegeben werden. Sinnentsprechende Rechte müssen an die evangelische Landeskirche Preußens sichergestellt werden.