Nittwoch, 21. November 1»28
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18 . dlovsmbsr 1928
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ih.-Art. f. dort. Bezirk. Sof. Reicht v. d. Wohnung aus zu f. «bgeb. Beamt, und Pens. Betriebskap. von ca. Mk. 30V 1828
S. 72S durch Rudolf Moffe
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Nr 275 Gegründet 1827 Donnerstag, den 22. November 1828 Fernsprecher Nr 2 , 1V2. Jahrgang
lagesspiegel
Mik Zustimmung der deulschen Reichsreglerung wird Irland eine Gesandtschaft in Berlin errichten.
Der Papst wird in der dritten Dezemberwoche ein Konsistorium abhallen.
..SeulWan- zahlk alles"
Die außenpolitische Aussprache im Reichstag war an sich keine Notwendigkeit. Und doch war erwünscht, zu dem Zweck nämlich, der Regierung eine feste Grundlage für dis Verhandlungen mit dem Trust unserer Ausbeuter über das zu schassen, was wir aus eigener Kraft noch bezahlen können. Dem entsprach es, daß der Außenminister keine Rede hielt
— wie angekündigt worden war —, sondern eine Erklärung der Regierung verlas.
Ein Zuviel leistet sie sich ohne Zweifel in dem Punkt, daß sie den angreiferischen Nationalismus Frankreichs und seiner Vasallen-Staaten darüber beruhigt: Was auch immer sie gegen uns und die Locarnopolitik unternehmen möchten
— wir würden den Lacornopfad nimmer verlassen. Das war, wenn nicht mehr, so doch überflüssig. War um so überflüssiger, als es die Wirkung der erfreulich klaren Feststellung, wir würden ein englisch-französisches Militärabkommen als Bruch des Locarnopaktes ansehen müssen, bis zur Bedeutungslosigkeit ab- bämpfte.
Das ist um deswillen so bedauerlich, weil der deutsche Standpunkt in der Erklärung sonst mit einer Eindeutigkeit festgelegt wird, die wir an deutschen Regierungserklärungen schon lange nicht mehr gewöhnt sind. Es wird erstens erklärt, das wir für die Räumung des besetzten Gebiets weder mit politischen noch mit finanziellen Zugeständnissen zu zahlen willens sind.. Da wird zweitens erklärt, daß wir an der Forderung nach allgemeiner Abrüstung, so wie sie Graf Bernstorff in Genf vertreten hat, unbedingt festhalten. Und es wird drittens erklärt, daß wir einer Umwandlung des Dawesplans in eine endgültige Festsetzung nur zustimmen können, wenn sie weder unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit überschreitet, noch die Lebenshaltung des deutschen Volks unter den Stand europäischer Kulturvölker herabdrückt.
Das könnte für eine Regierung, die weiß, was sie will, vollkommen ausreichen, um mit der Ermächtigung des Reichstags versehen, den Verhandlungen gut gerüstet entgegenzugehen. Wenn nur nicht deutscherseits so gut wie alles versäumt worden wäre, der rührigen Propaganda der Gegenseite entgegenzuwirken! Die Gegenseite hat da bereits gut vorgearbeitet, daß sie sich stark genug fühlt, alle amerikanischen Warnungen in den Wind zu schlagen und den Sinn des Dawesplans einfach in sein Gegenteil zu verkehren. Der Dawesplan will den deutschen Kriegstribut abhängig machen davon, was Deutschland leisten kann, ohne seine Währung erneut in Unordnung zu bringen und ohne von der Kulturhöhe eines großen europäischen Volks herabzusinken. Die Gegenseite hat das glatt beiseite geschoben und die Forderung erhoben: Der deutsche Kriegstribut muß in solcher Höhe festgesetzt werden, das es uns und unseren Vasallenstaaten möglich bleibt, unsere Rüstungen in dem bisher erfolgten Maß fortzusetzen.
Um das zu erreichen, fordert England vollen Ersatz dessen, was es an Amerika zu zahlen hat; fordert Frankreich vollen Ersatz dessen, was es an Amerika und England zu zahlen hat und noch ein hübsches Sümmchen darüber hinaus, um seinen Militärhaushalt der Bevölkerung annehmbar zu machen; fordert Belgien, was es nach dem Dawesplan bisher bekommen hat und darüber hinaus Ersatz fürsechs Milliarden Mark, die vom Krieg her noch in Belgien geblieben sein sollen; fordert endlich Italien, was es braucht, um seine Kriegsschulden zu tilgen. Was Japan, der sechste Teilnehmer am neuen Dawesausscimß, für sich fordert, ist noch nicht bekannt. Aber auch so ist klar, vaH d-ie schuftige Parole Lloyd Georges, womit er die Khakiwahlen vom Dezember 1918 machte:' „Deutschland zahlt alles vom Trust unserer „ehemaligen" Gegner munter wieder aufo-nommen wird, im ersten Normaljahr des Dawesplays, der diesem verheerenden Unfug ein Ende zu machen bestimmt war. Gemessen an diesen Forderungen macht die Erklärung der deutschen Regierung dann freilich einen verschüchterten Eindruck; ein Eindruck, der nur hätte vermieden werden können, wenn ihr Erläuterungen von seiten der verantwortlichen Regierungsstellen aeiolat wären.
Man wird dem Grafen Westarp die Anerkennung nicht versagen dürfen, daß er sich dieser Ausgabe, die Regierungserklärung nach der Seite des deutschen Lebensinteresses hin kräftig zu ergänzen, mit Takt und UEstlflkeit unterzogen hat. Er hat das gesagt, was Koalltionsminister nicht sagen dürfen, okne ihre Stellung "n Deutschen Reichstag zu gefährden. Der Sprecher des Zentrums, der Prälat Kaas, hat das mit einer stark oppositionell gefärbten Rede recht wirksam fortgesetzt. Er versicherte, er wollte die Stellung des Außenministers stützen;
Die bereits gefundene Pekstandignug zerschlagen
Auf dem tote« Punkt
Düsseldorf, 21. Nov. lieber die Einigungsverhandlungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer im nordwestdeutschen Lohnkampf sind bis jetzt nur sehr spärliche Berichte aus- gegeben worden. Der Arbeitgeberverband veröffentlicht nun, nachdem die Verhandlungen bis zur Entscheidung durch das Landesarbeitsgericht (24. November) ausgesetzt worden sind, eine Erklärung, die über den augenblicklichen Stand der Dinge Aufschluß geben soll. Die Arbeitnehmer, so führt die Erklärung aus, haben gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg und der Reichsanstalt für Arbeitslosenunterstützung, die die Verbindlichkeitserklärung des Reichsarbeitsministers Wissell für ungesetzlich erklärten, Berufung eingelegt. Die Arbeitgeber haben dagegen den Lohnkampf von Anfang an als eine rein wirtschaftliche Frage behandelt und sich sofort zu Verständigungsverhandlungen bereit erklärt. Nach eintägigen, getrennt geführten Verhandlungen seien aber die Gewerkschaftsvertreter noch nicht gewillt gewesen, von dem Schiedsspruch abzugehen. Der auf Vorschlag des Regierungspräsidenten Bergemann gebildete gemeinsame Kleine Verhandlungsausschuß wurde am Samstag über Form und Inhalt einer a b z u sch l i e ß e n de n Vereinbarung grundsätzlich einig. Der Rechtsstreit über den Schiedsspruch sollte nur noch wegen der Grundsätzlichkeit durchgeführt, andererseits aber die endgültige Rege- lung der Lohn- und Arbeitszeitfragen sofort getroffen werden. Man habe dann im beiderseitigen Einverständnis für die Zeit bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens und nach derselben eine Lohnregelung gefunden, die sich im wesentlichen einem von den drei Gewerkschaftsvertretern gemachten Vorschlag anpaßte. Von den Arbei.tgebern wurden ferner in gewissem Umfang Arbeitszeitverkürzungen zugestanden. Die Vertreter der Gewerkschaften erklärten, die geschaffene Grundlage sei ein brauchbares Verhandlungsergeb-
nis und sie würden sich persönlich dafür einsetzen. Die Vereinbarung war in unmittelbarer freier Verständigung ohne Mitwirkung des Regierungspräsidenten Bergemann zustandegekommen, der aber das vorläufige Abkommen billigte. Die Gewerkschaftsvertreter verlangten noch eine Verhandlung am Montag unter Beiziehung eines erweiterten Ausschusses. Zur großen Ueberral'chung lehnten nnn in der Sitzung des erweiterten Ausschusses am Montag die neu hinzugekommenen Gewerkschaftsvertreter das Verhandlungsergebnis vom Samstag rundweg ab; sie bestanden darauf. Laß bis zur Rechtskraft des Urteils lediglich ein vorläufiges Abkommen gescbaffen und je nach dem Ausgang des Rechtsstreits der Schiedsspruch durchgeführt oder in neue Verbandlungen eingetreten werde. Nach sechstägigen Verhandlungen stehe man also wieder am Ausgangspunkt des Streits. Die Arbeitgeber müßten die Verantwortung für die Fortführung des Kampfes mit allen seinen schweren wirtschaftlichen Folgen den Gewerkschaften überlassen.
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Nach dem „Vorwärts" werden die Metallarbeiteroev- bände gemeinsam die Erklärung der Arbeitgeber beantworten.
Nach einer Blätte^meldunq stehen die Freien Gewerkschaften cmZdcm Standpunkt, daß der bis 31. Oktober gültige Arbeitstarif vorläufig weiter gelten könne. Vom Tag des Urteils des Reichsarbeitsgerichts an soll die Lohnhöhe des Schiedsspruchs gefordert werden. Sollte das Urteil ungünstig für die Arbeitnehmer ausfallen, so würde man einen neuen Schiedsspruch verlangen. Vis zu seiner Fällung solle der jetzige Schiedsspruch gelten, auf dessen Anerkennung auch durch die Arbeitgeber die Gewerkschaften bestehen wollen.
Die frauzöfifche Kolonisation
Vernichtung der Eingeborenen — Sklavenhandel
Der Mitarbeiter des „Petit Parissn", A.bert Lon» d r e s, der soeben von einer langen Asrikareise zurück- gekehrt ist, gibt in dem Blatt eine „Schilderung von der kolonisatorischen Befähigung" der Franzosen. Londres stellt zunächst fest, daß Frankreich in seinen afrikanischen Kolonien nur ein M i n d e st in a ß an kolonisatorischen Leistungen auszuweisen habe. Das französische Afrika befinde üch in jeder Hinsicht auf einem Tiefstand gegenüber den englischen und befischen Kolonien. Die fünf von Frankreich gebauten 2800 Kilometer langen Eisenbahnen seien z. V. so schlecht ausgeführt, daß sie zur Hälfte neu gebaut werden müssen. Die Straßen seien ausschließlich von Negern gebaut und unterhalten. Der in den französischen Kolonien geübte Brauch! die Neger als Lasttiere zu verwenden, weil sie billiger seien als die Kraftwagen,, reibe die Bevölkerung auf. Aus Französisch-Westffrika seien 2 600 000, und aus Ostasrika mehrere hunderttausend Eingeborene geflüchtet, um der vernichtenden Arbeitsweise der französischen Kolonisation zu entgehen.
Die unlängst in Atlas von den Mauren gefangen gehaltenen, gegen Lösegeld aber wieder freigegebenen französischen Flieaer Reine und Serre bestätigen im
wesentlichen die Angaben von Londres. So berichtet Serre im „Populaire", alle Mauren seien aufs höchste erregt gegen Frankreich, weil die Franzosen ihre eingeborenen Kriegsgefangenen in Ketten legen und ihnen nur ungenügend Nahrung geben. Die Flieger haben mit eigenen Augen gesehen, daß die gefangenen Mauren in barbarischer Weise gefesselt wurden; man zwängte ihnen die Hand- und Fußgelenke in enge Stahlringe, die jede Bewegung unmöglich machten. Als die Flieger mit den im Austausch von den Franzosen freigelassenen Mauern zusammentrafen, zeigten diese ihre kaum verheilten Narben.
Uebrigens dulden auch die Spanier, wie Serre ausdrücklich heroorhebt, in ihrer Kolonie Rio de Oro stillschweigend den Sklavenhandel. Jede Familie habe 4 bis 5 Sklaven: der Preis betrage je nach der Stärke der Männer oder der Schönheit der Frauen vier bis sieben Kamele.
Man darf wohl daran erinnern, daß Deutschland in dem verruchten Üügenoertrag von Versailles seiner Kolonien unter dem heuchlerischen Vorwand beraubt wurde, es fei für Kolonisationsarbeit unfähig.
aber d e Stützung erfolgte mitunter so kräftig, datz man um das Gleichgewicht des Gestützten ernstlich besorgt werden konnte. Was immer da für liebevolle Nebenabsichten mit untergelaufen sein mögen — Vrälat Kaas war mit in Genf und er ist zweifellos ein ernster und ein ernstzunehmender Beobachter und Beurteiler —, so wollen wir ihm doch für stine ehrliche Feststellung, daß die Methode der verlogenen Liebeserklärung Bankrott gemacht habe, und daß der bisherige Mißerfolg der Lgüarno-Politik einfach nicht mehr zu bemänteln sei, dankbar verbunden bleiben.
„Deutschland zahlt alles", das ist di« Losung, unter der der Trust unserer vereinigten Ausbeuter die neuen Dawes-Verhandlungen zu beginnen gedenkt. Den Wert der Aussprache im Reichstage werden wir danach ein,zuschätzen haben, wie weit sie geeignet war, die durch jene Losung vergiftete Atmosphäre zu reinigen.
WüMmdsE
Stuttgart, 20. Nov. Die Gemeindcordnung. Im Verwattunos- und Wirtschaftsausschuß dos Landtags gab bei der Beratung der Gemejndeordnung der Berichterstatter die Wünsche der Berwaltungsaktuare bekannt, die die Amtsbezeichnung „B e z i r k s a m t m a n n" verlangen. Sozialdemokratische Redner erheben Bedenken, für die mittleren Beamten den Titel „Amtmann" einzuführen. Der Regeirungsvertrcter anerkennt keinen zwingenden j
Anlaß, an den alte,, bewährten Litcln zu rütteln. V:e Aittrage der Abgeordneten Hölscher (Bürgerpartei) und Schüle r als Titel ..Verrvaltunqsanitmann" -u ma! ^ len, wurden a'-'gelehnt. — Fortsetzung: Mittwoch 9 Uhr.
Das Autounglück bei der Solikude-Knrve. Vor dem großen Schöffengericht Stuttgart kam der Autounfall, der dem Kraftwagenfützrer Karl Großhans in der Nacht vom 2? auf 28. Juli an der sogenannten Solitudekurve zustieß und bei dem zwei Autoinsassen den Tod fanden, während drei weitere Insassen ebenso wie Großhans selbst teilweise schme>- verletzt wurden, zur Aburteilung. Der Angeklagte wurde zi. 5 Monaten Gefängnis verurteilt. Die Urteilsbegründung ßellt fest, daß der Angeklagte mit großer Wucht auf d'm Telegraphenstange aufgefahren sei, obwohl er sich kurz zu- oor noch mit beiden Rädern im Straßengraben befunden habe. Daraus schließt das Gericht, daß Großhans mit zu großer Geschwindigkeit gefahren ist und vor allem nicht gebremst habe.
Stuttgart, 21. Nov. Nichtständige Mitglieder des Reichsversicherungsamls aus Württemberg. Zu nichtständigen Mitglieder» sind gewählt worden aus den Kreisel» der Achieitgeber: Baumeister Paul Brenner, Stuttgart, Schreinermeister Friedrich Silier in Ludwigsburg. Schultheiß a. D. und Landwirt Gebhard Maunz m Altheim OA. Riedlingen, und Oekonomierat und Güterdirektor Dr. Gustav Mauer. Leiter der landwirtschaftlichen Betriebe der Zuckermbrik Heilbronn, iäintijch als stellver-