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Mit den illustrierten Unterhaltungsbeilagen „Feierstunden" u. „Unsere Heimat"
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Bezugspreise: Monatlich einschließlich Trägerlohn ^160- Einzelnummer 10 -H- — Erscheint au jedem Werktage. - Verbreitetste Zeitung im O-A-Bezirk Nagold. — Schriftleitung, Druck und
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Mit der landwirtschaftlichen Wochenbellage „Haus-, Garte n-u. Landwirtschaft"
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Tclegr.-Adresse: Gesellschafter Nagold
Uk 229 Gegründet 1827
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Samstag, den 29. September 1928 Fernsprecher Nr 2 s
Postsch.-Kto. Stuttgart 5118
Die Besprechungen mit den Spihenverbanden der Beamten über neue Richtlinien für die Beamkenlaufbahn finden am IS. Oktober in Berlin statt.
Nachdem das Linkskabinetk in Schweden infolge des Wahlergebnisses hatte zurücktreken müssen, hak der König nach Besprechungen mit den Parteiführern den Führer der Rechten, Admiral Arvid Lindman, mit der Bildung eines bürgerlichen Kabinetts beauftragt. Freisinnige und Liberale lehnten die Beteiligung ab. der Bauernbund hat sich bereit erklärt. ,
Die amerikanische Antwortnote auf das englisch französische Abkommen wurde am 28. September in London und Paris überreicht.
Der Schah von Persien wird demnächst Moskau besuchen und sich von da nach Deutschland, Frankreich und England begeben.
China plant seine Gesandtschaften in Japan» Frankreich, England, den Vereinigten Staaten und Belgien in Botschaften umzuwandeln. Es erwartet eine entsprechende Maßnahme für die Gesandtschaften dieser Länder in China.
Politische Wochenschau siehe Seite Z
Mt dem 1. Oktober tritt die Verfügung der Neichs- regierung in Kraft, wonach die Loynsteue r um weitere 1V v. H„ also um 25 v. H., gemindert werden soll. Diesmal aber sind n-die Ermäßigung neben den Lohnsteuerpflichtigen auch die veranlagten Einkommen bis 15 000 Mark ein- gesMofsen.
Die Lohnsteuer zählt zu den wichtigsten und ergiebigsten Einnahmen des Reichs. Ihr Jahresertrag für 1928—29 wird auf mindestens 1300 Millionen Mark geschätzt. Sie bringt also seit Jahren monatlich mehr als 100 Millionen Mark ein. Aber sie gehört auch zu den unbeliebtesten und anae- fochtensten Steuern. Vor allem beklagten sich von jeher die Lohnsteuerpflichtigen darüber, daß auch bei Verdienstausfall sie dieselbe entrichten müßten. Auch forderten sie, namentlich für kinderreiche Familien, deren Ermäßigung, zumal die indirekten Steuern (besonders die Zölle) immer schwerer den einzelnen Verbraucher belasten würden.
Diese Klagen und Forderungen hatten zur Folge, daß 1925 die bekannte Lex Brüning zustande kam. Dieses „Gesetz zur Beschränkung der Einnahmen aus der Lohnsteuer" bestimmte: „Uebersteigt das Auskommen aus der Lohnsteuer in einem Zeitraum von 2 aufeinanderfolgenden Kalendervierteljahren den Betrag von 600 Millionen Mark, so hat die Reichsregierung einen Gesetzentwurf vomuleaen, der eine Erhöhung der Abzüge bei kinderreichen Familien und des steuerfreien Betrages herbeigssührt." Als nun dieser Fall im Herbst 1927 eintraf, wurde von der Lex Brüning Gebrauch gemacht, allerdings nicht ganz in deren Sinn, so daß etwa ein Abschlag für kinderreiche Familien und ein höherer steuerfreier Betrag festgesetzt worden wäre, sondern man begnügte sich mit einem allgemeinen Abschlag von 15 Prozent/
Die Lohnsteuererträge nehmen weiterhin zu und es war vorauszusehsn, daß trotz der feit 1926 durch gesetzten Lohnsteuererstattungen (1927: 61 Millionen) in Zukunft wesentlich mehr als 1300 Millionen Mark zu erwarten seien. Deshalb verlangten sofort nach den Wahlen 1928 die Regierungsparteien unter Führung der Sozialdemokratie einen Gesetzentwurf zur Aenderung des Einkommensteuergesetzes. Andererseits wurde darauf hingewiesen, daß der «teuerausfall von den Ländern, die bereits ihren Haushalt Wgelegt hatten, recht mißlich empfunden werden müsse, ^ie Kommunisten vollends meinten, daß die beabsichtigte Mäßigung bedeutungslos sei. Kurz: Die Regierung ent- nw ^ M dem bereits erwähnten Abschlag von weiteren /"Uzerit, also zu einer Ermäßigung, die einen halb- Mrigen Steuerausfall von 50—60 Millionen Mark bedeu- »A-für den einzelnen Steuerpflichtigen freilich wird die ^Mäßigung wenig fühlbar sein. 'So sehr wir selbstver- 'muvllch jedem Arbeiter und Angestellten, namentlich dem, vielen Kindern gesegnet ist, jede Steuererleichterung Mw volkswirtschaftlichen Erwägungen herzlich gönnen mpen, so darf doch nicht übersehen werden, daß wir vom September ab erstmals aus dem R eich s ha u s h a l t, Zv, hauptsächlich aus den Steuereinnahmen, einen D a w e s- „ribut von 1250 Millionen (1927: 500), also 750 .Mionen Mark mehr aufbringen müssen. Das macht für n Monat genau 104 Millionen, also den etwaigen Ertrag iüek-m^euer. Nun fällt der Lohnsteuerausfall just in inim ^riode, ebenso eine weitere Belastung des Haushalts ! ige der von der Regierung bereits verfügten Verlän- tst/2?« der Krisenfürsorge. Gewiß, lauter nö- sie fallen doch ins Gewicht, wo wir mit deruÜ unsere Entschädigungslasten mit jedem Hun- "ertmarkschein kargen müssen.
Münchenfahrt des
Friedrichshofen, 28. Sept. Heute morgen 7 Uhr ist das Luftschiff zur Fahrt nach München aufgestiegen. Es herrschte leichter Nordostwind; das Wetter war regnerisch. Dr. Eckener hat daher die Absicht, bis Wien zu fahren, aufgegeben. An Bord befanden sich u. a. Ingenieur Oskar v. Miller-München, Staatsrat R a u - Stuttgart, Ministerialrat Staig er vom württ. Wirtschastsministerium, Reichstagspräsident Löbe, der amerikanische Luftfahrt- Lommander Rosendahl und die englischen Offiziere im Flugwesen Scott und Booth, die für den Bau der im Werk befindlichen zwei neuen englischen Luftschiffe „abgucken" wollen.
Das Luftschiff nahm die Richtung über Memmingen (7.43 Uhr) und erschien 8.35 Uhr über München, über dem es in geringer Höhe einige Zeit kreuzte. Die Besatzung sandte folgenden Funkspruch hinab: „Der unvergeßlich schönen Stadt München entbietet Graf Zeppelin seine Grüße, der Hauptstadt Bayerns, der treuen Hüterin von Kunst und Wissenschaft. Soeben fliegen wir dem alten Wahrzeichen der Stadt, den mächtigen Frauentürmen, entgegen. Weiter grüßen uns die grünen Büsche des englischen Gartens, das grüne Band der Isar. Unsere Grüße zelten auch Euch Münchener Bürgern."
Dr. Eckener, Dr. v. Miller und einige andere Herren hielten durch den Rundfunk Ansprachen an die Münchener Bevölkerung. Ansprachen, wie „Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wünsche Ihnen vom Bord des Luftschiffes aus einen schönen guten Morgen, und daß Sie alle gut geschlafen haben mögen" usw. Oskar von Miller feierte in seinem Funkgruß den genialen General Graf Zeppelin. Es sei eine Freude, in Dr. Eckener einen Nachfolger von so großem organisatorischen Geschick und so großer Führerfähigkeit erhalten zu haben.
Während der Kreuzfahrt ließ Ministerpräsident Dr. Held an Dr. Eckener an Bord des Luftschiffes folgenden Funkspruch senden: „Freudig begrüßt die bayerische Staatsregierung den „Graf Zeppelin^ beim Ueberfliegen bayerischen Landes. Führer und Besatzung Dank und Anerkennung für ihre hervorragenden Leistungen. Ein herzliches Glück auf" für die Zukunft!" Ministerpräsident Dr. Held.
Eine Fliegerstaffel umkreiste das Luftschiff und begleitete es, als es dann südwärts Len Alpen zu abflog.
Um 9.35 Uhr erschien „Graf Zeppelin" über Rosen- heim und flog über Traunstein nach Salzburg, das 9.55 überflogen wurde. Dort warf Dr. Eckener einen Brief ab, daß er wegen des ungünstigen Wetters, das großen Zeitaufwand bedinge, vorerst nicht Wien besuchen könne. Zwei Kanonenschüsse von der Festung Hohensalzburg^hatten das Herannahen angekündigt. Nach einer großen Schleife wandte sich das Luftschiff dann wieder nördlich nach Bayern. Altötting wurde um 11 Uhr überflogen, Leiching, wo Graf Zeppelin am 1. April 1909 bei seinem Flug nach München hatte nutlanden müssen, 11.30. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" umflog hier das Zeppelindenkmal in einer Schleife. Landshut a. Isar wurde 11.45 erreicht und um 12 Uhr erschien er über Regensburg, um 1 Uhr über Ingolstadt. Die Augsburger waren sichtlich
„Grafen Zeppelin"
uverrascht, als unerwartet 1.55 der Zeppelin über der Stadt erschien. Eine große Zahl der Einwohner dürfte daher das Luftschiff nicht zu Gesicht bekommen haben.
.Graf Leppelin" kraf nachmittags 2.40 Uhr aus Richtung Kaufbeuren kommend bei strömendem Regenwetter, aber krotzdem von der Bevölkerung jubelnd begrüßk, über Kempken ein und setzte in langsamem Flug die Fahrt in Richtung Immen st adk fort.
.Graf Zeppelins" Landung
Das Luftschiff erschien um 3.50 Uhr über dem Bodensee und der Stadt Friedrichshafen. Es wurde erst aus sehr naher Entfernung sichtbar, weil seine Farbe vollkommen den niedrig hängenden Wolken glich. In Scharen strömten die Arbeiter g-rs der Werft auf den Landungsplatz, während das Luftschiff noch eine große Schleife zog. Um 4.26 Uhr ist das Luftschiff glatt gelandet.
Während der ganzen Fahrt stand die Funkstation Friedrichshafen mit dem Luftschiff in Funkverbindung. Die durch den Rundfunk aufgenommenen Ansprachen wurden überall gehört. Ganz deutlich vernahm man in Stuttgart das Surren der Propeller, als das Luftschiff sich über München befand.
Das Bl au gas funktionierte ausgezeichnet. Uebergang von Benzin zu Blaugas und umgekehrt geschah unmerklich und ohne jede Störung. Die Gasleitung zu den Motoren Wirksamkeit ebenso.
In Wien rief die Nachricht, daß der Zeppelin nicht kommen werde, lebhaftes Bedauern hervor. Tausende hatten auf den Plätzen der Stadt und aus den Höhen des Wiener Walds gewartet.
Die Städte des badischen Hinterlandes, u. a. Wertheim, Adelsheim, Buchen, Walldürn und Tauberläschofsheim haben an Dr. Eckener ein Telegramm gerichtet, in dem sie ihn bitten, bei seiner Nordlandreise mit dem „Graf Zeppelin" auch den Städten den badischen Hinterlandes einen Besuch abzustatten, um so auch der Bevölkerung des Hinterlandes die Gelegenheit zu geben, das Meisterwerk deutschen Erfindergeistes zu seh-en.
In Staaken bei Berlin werden auf dem Gelände des Luftschiffbaues Zeppelin Vorbereitungen für den Berliner Besuch des Luftschiffes Graf Zeppelin getroffen: hauptsächlich ist man mit dem Bau des Ankermastes und der Fahrbahn beschäftigt. Der Ankermast ist gebaut, daß der Kopf des Luftschiffes daran befestigt wird und ein Fahrgestellt an der binteren Gondel je nach der Windlage eine kreisförmige Drehung gestattet. Commander Rosendahl, der Führer der „Los Angeles," hat in den letzten Tagen das Gelände in Staaken und die Anlagen des Luftschiffbaus Zeppelin besichtigt und sich bei dieser Gelegenheit mit Be- iriedigung über das große Gelände ausaesvrockien, das die Einfri-dun" des riesigen Luftschiffs bei der Besichtigung durch das Publikum sehr erleichtert.
Das Redeverbok gegen Hitler in Preußen aufgehoben
Berlin, 28. Sept. Die Nationalsozialistische Fraktion hatte im preußischen Landtag eine Anfrage wegen des seinerzeit von Severing verfügten Redeverbots gegen Hitler in Preußen eingebracht, in der gegen die willkürliche Unterdrückung der Redefreiheit Einspruch erhoben wurde. Der preußische Innenminister hat nun kurz vor der Aussprache im Landtag das Verbot aufgehoben, so daß der Landtagspräsident die Anfrage nicht auf die Tagesordnung setzte.
Die Bereinigung Deutscher Bauernvereine fordert Erhöhung -es Getreidezolls
Berlin, 28. Sept. Die Herbsttagung der Bereinigung deutscher Bauernvereine, die hier unter dem Vorsitz des Reichsministers a. D. Dr. Hermes stattfand, nahm folgende Entschließung an: Die Bereinigung deutscher Bauernvereine fordert angesichts des für die Arbeit des Bauern unzureichenden Getreidepreises die Reichsregierung auf, von ihrer Ermächtigung, die Getreidezölle (1.50 Mark für Weizen, 1 Mark für Roggen und Hafer pro Doppelzentner) zu erhöhen, sofort Gebrauch zu machen?
Französisches Mißtrauen gegen Venizelos
Paris, 28. Sept. Der geschäftige griechische Ministerpräsident Venizelos findet in Paris vielfach keine gute Aufnahme, weil man ihm nicht traut. Mit Rücksicht auf das mit Frankreich verbündete Südslawien glaubt man seinen Versicherungen nicht, daß der von ihm soeben in Rom abgeschlossene griechisch-italienische Freundschaftsvertrag harmlos sei. Wenn dem so wäre, so solle Griechenland doch endlich den Südslawen den Zugang zum Aegä-
ischen Meer in Saloniki gewähren. „Oeuvre" schreibt, dem verschlagenen Kreter fei nicht zu trauen. Von dem zurzekk ebenfalls in Paris weilenden südslawischen Außenminister Marinkowitsch hat Venizelos tatsächlich keine Notiz genommen. „Echo de Paris" wirst England und besonders Lloyd George vor. daß man in London den gefährlichen Größenwahn des Venizelos hochgezüchtet habe.
Die amtliche englische Ableugnung
London, 28. Sept. Die Erklärung des britischen Auswärtigen Amts, es gebe keine englisch-französische Ab-> machung in Luftangelegenheiten, die nicht veröffent ichh .worden wäre, findet in der öffentlichen Meinung das Maß, von Glauben, das sie offenbar verdient. Der „Daily Herold'' "meint spöttisch, im Jahr 1906 habe auch kein unterschrieb ckenes Dokument für das gemeinsame Vorgehen der englischen und französischen Streitmacht bestanden und doch seien zwischen obersten Führern mündliche Vereinbarungen für den Krieg von 1914 getroffen worden. Auch der „Daily Telegraph" weist darauf hin, daß der dritte Band der amtlichen britischen Dokumente über den Ursprung des Kriegs zugebe, daß in den Jahren vor dem Krieg zwar kein schriftliches Bündnis bestanden habe, daß aber b e - stimmte Verhandlungen über das militärische Zusammenarbeiten geführt worden sind.
Die Ermordung des Generals Zagorski
kowno, 28. Sept. Bekanntlich ist seit einigen Monaten der polnische General Zagorski, ein Gegner des Diktators P i l s u d s k i, nach einer Reise von Wilna nach Warschau spMos verschwunden. Ein polnischer Stabsoffizier namens Pietkewicz, der dieser Tage in Litauen wegen Spionage verhaftet worden war, hat nun vor der litauischen Behörde unter Eid angegeben, General Zagorski sei in Wilna von Offizieren, die zu den Vertrauten Pilsudskis gehören, auf Befehl gefangen genommen und nach Warschau gebracht