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Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Aus Stadt und Land

Nagold» 28. September 1928.

Alles Bestimmte hat ein Königsrecht gegenüber dem Dumpfen, Unsicheren und Anarchistischen.

Burckhardt.

»

Glücksspieler

ep. Bekanntlich stand auf der Internationalen Kirchen­konferenz in Prag u. a. auch die Frage des G l ü ck s s p i e l s zur Verhandlung.

Einen interessanten Einblick in die Welt der Glücksspieler gewährt ein Bericht derNeuen Freien Presse" aus Deau- ville (Frankreich):40 Spieltische weist das dortige Spiel­kasino auf. 39 von den 40 Tischen sind ständig belagert, nur der «erzigste wartet aus seine Spieler. Dieser Tisch, oval» mit grünem Tuch überzogen und einem überhöhten Thron für den Groupier, gleicht völlig den andern Spieltischen, aber er steht abseits in einem separierten Raum. Eine klein« Tafel verkündigt seine Eigenart: hier beträgt dasMini­mum", der geringste Einsatz 500 Louis*(oder rund 1560 Mark). Nach Mitternacht beginnt hier das Leben, also das Spiel. Als erster erscheint in dem kleinen Louis XV.-Raum ein Engländer, bekannt von den Rennplätzen. Er nimmt feinen Stammplatz ein,- seine Hände wühlen iri einem Häuf­lein Spielmarken. Zu oberst liegt eine große ovale weiße Marke: sie stellt 100 000 Franken dar. Die andern sind länglich und grün oder gelb. Sie sind bloß bettelhafte 500 Louis wert." Schließlich sitzen 9 Herren und 2 Damen um den Tisch: ein Oelkonig aus Chicago, ein Kettenwarenkönig ebenfalls aus Chicago, ein französischer Börsenspekulant, ein Makler aus Neuyork, ein englischer Turfmann, eine 50- jährige Französin, ein ägyptischer Bankier, der Neffe eines englischen Tabakmillionärs und ein französischer Seiden­großindustrieller mit seiner Frau, die5 Diamantenarm­bänder am linken. 2 am rechten Arm und eine schwere Dia­mantenkette um den Hals" trägt. Das Spiel beginnt.Die Einsätze klettern in die Höhe. Schon stehen 1000 Dollar, 2000, 4000, 8000 auf eine Karte. Wer gewinnt? Wer ver­liert? Man merkt es diesen Leuten, die Vermögen auf eine Karte setzen, nicht an. Das Spiel im Kasino ist bis 8 Uhr früh erlaubt. Früher steht niemand auf. Die beiden Eng­länder verabreden für den nächsten Nachmittag eine Golf­partie. Sie haben soeben um 1600 Pfund Sterling gespielt, in wenigen Sekunden Riesensummen gewonnen oder ver­loren."

Freilich, es gibt noch viel gewaltigere Glücksspieler, unter deren Spielwut nicht nur die Spieler selbst, sondern die ganze Volkswirtschaft zu leiden haben, und das sind die bekannten Börsenspieler der Neuyorker Börse. In der Wochenausgabe der WienerReichspost" kann man lesen:Jährlich wer­den an der Neuyorker Börse 200 Milliarden Mark durch Kursbewegungen gewonnen und verloren. Millionen von Menschen sind feste Kunden dieser größten Spielgelegenheit der Erde; jeder spekuliert nach Kräften, der eine mit 100 . Dollar, der andere mit hunderttausend, der dritte mit Mil­lionen. Täglich werden etwa 10 Millionen Aktien und Ob­ligationen umgesetzt. Jährlich fließen den Maklern, die die Börsenspekulation organisiert und populär gemacht haben, aus diesen Geschäften über 400 Millionen Mark als Kom­missionsgebühren zu."

Es wird Zeit, daß man einmal diesen Dingen energisch aus den Grund geht.

Wann sind die Gemeinderatswahlen?

Nach der bestehenden Eemeindeordnung hat sich der Eemeinderat alle drei Jahre hälftig zu erneuern. Die letzte Eemeinderatswahl fand am 6. Dezember 1925 statt, also haben dieses Jahr wieder Eemeinderatswahlen stattzu­finden, und zwar anfangs Dezember. Nun liegt eine neue Eemeindeordnung im Entwurf vor, der auch für die Ee­meinderatswahlen einige Aenderungen enthält. Da es aus­geschlossen ist, daß dieser neue Entwurf bis zu der fälligen Eemeinderatswahl Gesetz wird, wurde vor einiger Zeit von einer Verschiebung der Wahl bis zur Fertigstellung des Gesetzes geschrieben. Davon kann aber keine Rede sein. D i e Eemeinderatswahl wird anfangs Dezem­ber (i>. h. am 4. oder 11. Dezember) stattfin­den. Am 2. Oktober tritt der Verwaltungsausschutz des

Landtags zur Beratung der neuen Eemeindeordnung zu- I sammen, der Landtag selbst erst Ausgang Oktober oder Mitte November. Da die neue Eemeindeordnung in dieser > Zeit sicher nicht verabschiedet sein wird, ist auch schon er­wogen worden, ob nicht wenigstens die für die Eemeinde­ratswahl in Betracht kommenden Artikel als Notgesetz vor­weggenommen werden könnten, damit die Wahl gemäß dem neuen Gesetz stattfindet. Aber auch dieser Gedanke scheint bereits in den Hintergrund getreten zu sein. Die vor­herrschende Meinung an den zuständigen Stellen geht viel­mehr heute dahin, daß die Eemeinderatswahl im Dezember nochmals nach dem bestehenden Gesetz erfolgen wird. Dar­nach hätte also die Hälfte des Eemeinderats auszuscheiden und zwar die im Dezember 1922 gwählte Serie.

Postsache. Die Absender von Postanweisungen und Post­aufträgen aus Deutschland nach der Tschechoslowakei und von Nachnahmen, die dem Postscheckkonto der Absender in der Tschechoslowakei gutgeschrieben werden sollen, wer­den darauf aufmerksam gemacht, daß Hellerbeträge fortan auf eine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl zu lauten haben. Vom 1. Oktober an ist die Eilzustellung von gewöhnlichen und eingeschriebenen Briefsendunaen nach allen Orten in der spanischen Zone von Marokko zugelassen.

Leichte Zunahme der Arbeitslosigkeit im Reich. In der Zeit vom 1. bis 15. ds. Ms. ist die Zahl der Hauptunter­stützungsempfänger in der Arbeitslosenunter­stützung von rund 574 500 auf 576 500 (0,4 v. H.) ge­stiegen. In der K r i s en unt e r st ü tz u n g hat die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger (von rund 80 200 auf 82 300, d. i. um 2100 oder um 2,7 v. H.) zugenommen.

O

Informationsreise der Lloydvertreter der Generalagentnr-Vezirke Württemberg und Hessen am 6. und. 7. September 1928.

Am 6. und 7 September hatten sich die Vertreter des Norddeutschen Lloyd aus den Eeneralagentur-Bezirken Württemberg und Hetzen in Bremen versammelt, um mit den leitenden Persönlichkeiten des Norddeutschen Lloyd Fühlung zu nehmen und vor allem einen Einblick in die weit verzweigte technische und wirtschaftliche Organisation der Bremer Schiffahrtsgesellschaft zu gewinnen.

Die Teilnehmer an dieser Informationsreise versam­melten sich am Donnerstag, den 6. September im Verwal­tungsgebäude des Norddeutschen Lloyd, wo sie von Herrn Eeheimrat Stimming auf das herzlichste begrüßt wur­den. Im weiteren Verlauf dieser Begrüßungsansprache gab Herr Geh. Rat Stimming einen umfassenden lleber- blick über die Eesamtflotte des Norddeutschen Lloyd, sowie über das sich von Europa nach den übrigen Erdteilen er­streckende Liniennetz.

Im Anschluß an den Vortrag fanden eine Besichtigung des Hauptverwaltungsgebäudes des Lloyd und eine ge­meinsame Rundfahrt durch Bremen statt. Auf der Rund­fahrt hatten die Teilnehmer Gelegenheit, die Gepäck-Ab­teilung und die Sanierungs-Anlagen kennen zu lernen. In die Vormittagsstunden fiel auch die Besichtigung der Weser- Werft. Den Höhepunkt dieser Rundreise bildete entschieden der Besuch des neuen, am 16. August vom Sta­pel gelaufenen Vierschrauben-Turbinen-Schnelldampfers Bremen". Der Eindruck, den die Besucher von diesem neuen deutschen Ozeanriesen empfingen, war außerordent­lich groß und nachhaltig. Das Programm des Donners­tag wurde vervollständigt durch die Besichtigung Bremer­havens, wo die Gäste an Bord des LloyddampfersBerlin" gastfreundlich ausgenommen wurden. Besondere Aufmerk­samkeit erweckte im Verlauf der dortigen Hafenrundfahrt die Columbuskaje mit dem Columbusbahnhof, die es selbst den größten Ueberseedampfern ermöglicht, unmittelbar im Weserfluß festzumachen, um von dort den Übergang der Passagiere auf das Festland zu bewerkstelligen. Da die Teilnehmer an Bord derBerlin" übernachteten, war ihnen Gelegenheit gegeben, den Schiffsbetrieb und die Einrich­tung nach jeder Richtung hin kennen zu lernen und sich von der mustergültigen und weltbekannten Fürsorge, mit wel­cher der Norddeutsche Lloyd seine Fahrgäste betreut, per­sönlich zu überzeugen.

Am Freitag morgen brachte der Seebäderdampfer Roland" die Lloyd-Vertreter bei herrlichem Wetter nach Helgoland, von wo aus um halb 7 llhr abends die Rück­

Freitag, 28. September 19^8

fahrt nach Bremerhaven angetreten wurde. Kurz vor Mitternacht trafen die Teilnehmer wiederum in Bremen ein, wo die lehrreiche und eindrucksvolle Informations­reise zur vollen Befriedigung aller Teilnehmer ihren Ab^ schluß fand.

Aus dem hiesigen Bezirk nahm an dieser Informa­tionsreise Herr Paul Schmid in Fa. Berg u. Schmid teil

kleine Nachrichten ans aller Veit

Oberst a. D. Schwertfeger Ehrendoktor. Aus Anlaß seines 60. Geburtstags wurde der in Hannover wohnhafte Oberst a. D. Bernhard Schwertfeger von der Uni­versität Göttingen zum philosophischen Ehrendoktor ernannt. Er hat sich durch die Bearbeitung der in Belgien Vor­gefundenen Dokumente, die die Kriegsvorbereitungen der Entente mit Wissen und Beihilfe Belgiens von 1914 be­weisen, besonders verdient gemacht. Für den parlamen­tarischen Untersuchungsausschuß des Reichstags zur Er­forschung der Ursachen des Zusammenbruches war er einer der vier Sachverständigen. Zu der Aktenausgabe des Aus­wärtigen Amts hat er einen Wegweiser herausgegeben.

Der Mecklenburger Silberdieb verhaftet. In Dolge bei Laage (Mecklenburg) wurde ein dort sich unter falschem Namen herumtreibender Mensch verhaftet, der sich als der im August vorigen Jahres aus dem Zuchthaus Himmel­moor bei Altona ausgebrochene Sträfling Willy Paul ent­puppte und der noch fünf Jahre wegen schwerer Einbrüche abzusitzen gehabt hätte. Weitere Nachforschungen ergaben, daß Paul seither bei seiner Geliebten in Rastow gewohnt hatte und daß er auch die dreißig Einbrüche in Gutshäusern und Villen in Mecklenburg verübt hat, bei denen wertvolle Silbersachen in großer Zahl gestohlen wurden und die bis jetzt unaufgeklärt waren. In seinem Unterschlupf in Rastow wurden bis jetzt 250 wertvolle Gegenstände vorgefunden.

Mil Generakorengas gegen pfändungsbeamke. Nachdem das Amtsgericht Bautzen über die Firma T'ietzenEidam in Bautzen das Vergleichsverfahren eröffnet hatte, sollten auf dem Werk auf Veranlassung der Gläubiger Pfändungen vorgenommen werden. Diesen wurde aber von der Arbeiter­schaft Widerstand entgegengesetzt. Die Arbeiterschaft steht auf dem Standpunkt, daß das Werk bei einigem guten Willen der Gläubiger weitergeführt und erhalten werden könne. Die Arbeiter sinh gegen die Pfändungsbeamten in der Weise vorgeganaen. das; sie Generatorengas in die Räume, in denen die Beamten ihres Amtes walteten, bliesen und das elektrische Licht ausschalleten. Ein großes Polizei­aufgebot, das gegen die Arbeiter einschreiten sollte, konnte nichts ausrichten.

6000 Prozesse wegen Schleichhandels in Moskau. Die

Not in Moskau muß wieder recht groß sein, denn es liegen Berichte vor, wonach das Hamstern von Waren und der Schleichhandel dort einen großen Umfang annebmen. Zahl­reiche Händler wurden verhaftet, die in ihren Wohnungen große Vorräte an allerlei Waren aufgestapelt hatten, wie Stoffe, Tee, usw. Die Tscheka hat ganz geheime Zimmer entdeckt, die gegen Ueberrumpelung durch elektrische Signal­anlagen geschützt waren und vollgepfropft waren mit Waren

aller Art. Nach den bolschewistischen Zeitungen sind im Laufe der letzten Woche 6000 Prozesse wegen Schleich­handels angestrengt und Waren im Werte von einer Mil­lion Reichsmark beschlagnahmt worden.

Billige Schuhe in Rumänien. Der tschechische Schuh­industrielle B ata ist heute der größte Schuhfabrikant der Welt. Die Wege, die er zur Erreichung seinesErfolgs" eingeschlagen hat, sind heutzutage nicht ungewöhnlich, aber interessant. Den Schuhfabrikanten in Rumänien kam es von je Nicht geheuer vor, wie Bata von Tschechien aus so erstaunlich billig Schuhe in Rumänien verkaufen konnte da doch auf jedem Paar esn Zoll von 45 Lei (1.15 Mark) lastete. Mit unermüdlichen Nachforschungen haben sie her­ausgebracht, daß die rumänische Zolldirektion für Geld und gute Worte für Bata den Zoll aus 18 Lei (26 Pfennig)er­mäßigt" hat. Die Staatsanwaltschaft hat nun sämtliche Bata-Schuhvorräte in Rumänien beschlagnahmen lassen. Der rumänische Fiskus ist durch Bata allein in der letzten Zeit nachweisbar um 40 Millionen Lei (über 1 Million Mark) geschädigt worden, und er wird zunächst zu einer Strafe von 120 Mill. Lei verurteilt werden.

Der Schmied von Murbach.

Roman von Leontine w Winterfeld-PIaten.

Copyright by Grüner L Comp., Berlin W 30.

Nachdruck verboten

39. Fortsetzung. '

Frau Ermintrud hörte nimmer auf das Schwätzen des Alten. In ihrem Kopf war ein Plan schon fertig, wie sie die Ihrigen retten könnte vor dem furchtbaren Gistkeim der Krankheit. Sie ließ alles stehen und liegen und befahl dem Alten nur kurz:

Hole mir den kleinen Karren ans dem Schuppen, der die zwei Räder hat. Und rufe mir den Korwin. Der ist groß und stark und hat viel Kraft. Und der alten Gret sage, daß sie einen Imbiß rüste zu weiter Wegfahrt."

Dann ging sie schnell die Wendeltreppe nach oben, wo ihr Gatte im Lehnstuhl am Fenster saß, denn draußen war ein enges Schneetreiben.

Sie war ganz ruhig, als sie zu ihm trat und ihm alles erzählte.

Er konnte ein Erschrecken nicht verbergen, denn er wußte vom Morgenland her, was die Pest bedeutet. Und cs kam eine heiße Angst an um sein Weib und seine Kin- oer, die er eben erst wiedergefunden.

Was willst du tun, Ermintrud?" fragte er leise, und seine Augen hingen an ihrer blühenden Gestalt und ihrem lieben, treuen Gesicht.

Sie sah an ihm vorüber aus dem Fenster, und ihre Stimme war fest und voll Zuversicht.

Ich bringe dich und die Kinder ins Kloster Mur­bach hinauf. Das liegt weltabgeschieden tief im Walde, dahin dringt die Seuche nimmer so leicht. .Die guten Mönche werden sorgen für euch, indes ich hier im Bürg» >ein nach dem Rechten sehe."

Er schüttelte den Kopf und nahm ihre Hand.

Die Kinder magst du dorthin bringen, wenn du es sicherer nndest. Ich bleibe hier an deiner Seite, wohin mich Gott gestellt."

Da sah sie ihn an und las den festen Entschluß in seinem Gesicht und bat nicht mehr.

Dann kniete sie nieder vor ihm und legte ihren Kops ^ an seine Brust.

!Es ist noch früh am Morgen. Wenn ich gleich gehe ! mit dem Korwin, der mir den Karren schieben helfeich ! soll, so kann ich heute abend wieder zurück sein. Ich will,

^ nun die Kinder rufen und sie warm einhüllen. Gib uns-;

^ deinen Segen, Kunrad, daß Gottes Engel unser Liebstes ^ geleiten."

: Ueber Nacht ist Frost gekommen, der hat feinen,

weißen Rauhreif über Dächer, Zweige und Felder ge­deckt. Blau spannt sich ein lachender Himmel über die sorgengedrückte Erde. Es ist ein Flimmern und Gleißen ^ in der Luft wie von tausend goldenen Sonnensternchen.

! Und der blaue Himmel nickt der Erde zu und jauchzt ihr entgegen:

!Freue dich doch, du alte Mutter Erde, und denke . an den kommenden Lenz und die tausend Vöglein, die ^ da unten im Süden irgendwo warten, daß sie wieder j heim können in ihre alten Nestlein und die knospenden ! Wälder füllen mit lautem Jubelgesang. Ja, freue dich, i Mutter Erde, denn du wirst wieder jung, wenn der Lenz kommt!"

Aber die Erde kann nicht lachen, sie weiß es Vesser. Es ist alles Trug und Blendwerk nur. Sie weiß, durch den schmelzenden Schnee und unter den knospenden Bäu­men schreitet schwer und ehern das Leid. Oh, das Leid ist so bittergroß auf der armen, kleinen Erde! Es geht das Leid durch die Städte und Dörfer, durch Klöster , und Burgen. Und es hat immer ein anderes Kleid an, immer eine andere Gestalt. Und es legt seine kühle, weiße

> Hand auf jedes Menschenherz, daß es zusammenzuckt mitten . im lachenden Glück. Oh, wie ist das Leid so groß und so ! verschieden auf dieser kleinen Erde! Aber da ist es über- ! all. Es ist der treueste Kamerad des Menschen von der . Wiege bis zum Grabe. Aber es ist das Leid auch der

, stille und stetige Wegweiser dahin, wo unserer Seele Wan- .

> derziel und Ruhepol ist. >

Und darum ist es heilig und gottgewollt.

»Leiden, sammele unsre Sinne,

Daß die Seele nicht zerrinne In den Bildern dieser Welt.

- - Leiden ist die Engelwache,

Die im innersten Gemache Des Gemütes Ordnung hält."

Ekn ernster Dichter hat es einst gesungen. Und er hat recht.

Korwin, der Knecht, hat die Näder vom Karren ge­löst und ihn ans Kufen genagelt, so ist es ein st^ner Schlitten geworden . Er ist tief wie ein Kasten, und Frau Ermintrud packt viele warme Decken hinein und ^en Wolfspelz zu Füßen. Da sitzen die Kinder gut eingehm» und geborgen mit lachenden, roten Gesichtern. Oben am Fenster steht der Vater und winkt ihnen zum Abschied nur der Hand. Ueber die hagere, zernarbte Wange rnml ihm eine Träne, die er verstohlen fortwischt. Ihm ist st Weh, als er die runden Apfelgesichter der Kinder da unten verschwinden sieht. Der Knecht nimmt die Zugleine quer über die Brust und zieht an. Noch einmal winken Müder nach oben. Der Schnee knirscht leise unter oen hölzernen Kufen. Frau Ermintrud im kurzen Rouun hohen Mannsstiefeln hilft schieben. Sie hat erne knappe Pelzjacke an und eine Pelzmütze auf den blonden Haa - Auch sie sieht sich noch einmal um, aber m ihrem sicht steht ein fester, »mutiger Zug. So geht es vom HM hinunter den Felsweg hinauf ins Gebirge. Frau C. trud und Korwin kennen den Pfad wohl, der steinig ist, und nur für Menschen passierbar. Je yo^er sie kommen, desto tiefer liegt der Schnee und desto m y- samer ist das Steigen. Aber Frau Ermnckrud beißt ^ Zähne zusammen und schiebt kräftig am schweren schlitten. Als sie auf der Lichtung sind, am steilen Fe- Hang, machen sie ein wenig Rast, um Atem zu schöpf

> ' (Fortsetzung folgt.)