Seite 2 — Nr. 227
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
Donnerstag, 27. September 1828
Ausnutzung für allgemeine Hanüelszwecke übergeben. Die Uebergabe des restlichen Teiles der Westerplatke ist gemäß o«m vorgenannten Abkommen nach Verlauf von etwa einer Woche zu erwarten.
..Daily Expreß" über die Richlräumung des Rheinlandes
London, 26. Sept. „Daily Expreß" befaßt sich in einem „Ein neuer Fetzen Papier? Vertrauensbruch gegenüber Deutschland" überschriebenen Leitartikel mit der Nichträumung des Rheinlandes. Nach Anführung des Artikels 431 des Versailler Vertrages bemerkt das Blatt: Dieser Artikel enthält eine unzweideutige Zusage, daß Deutschlands Erfüllung seiner Vertragsverpflichtungen anerkannt werden wird durch Zurückziehung der Besatzungsheere. Die ganze Welt weiß, daß Deutschland seine Verpflichtungen erfüllt hat. Durch Fortsetzung der Besetzung hat Großbritannien eine feierlich eingegangene Verpflichtung verletzt.
Lin deutsch-südslawisches Freundschasksmahl
Belgrad. 26. Sept. Der Verein serbischer Akademiker, die früher in Deutschland studiert haben, veranstaltete am 23. September ein Festmahl, zu dem der deutsche Gesandte Köster und viele Mitglieder der deutschen Kolonie geladen waren. Der frühere Kriegsminister Wasitsch begrüßte die deutschen Gäste in einer Ansprache. Universitätsprofessor Popo witsch sprach dem deutschen Volk den Dank der serbischen Akademiker aus für die in Deutschland genossene Freundschaft. Der Archäologe Wasitsch erklärte, die südslavische Kultur habe fast ausschließlich deutschen Inhalt. Der frühere Minister Marko- witsch sagte u. a., das deutsche Volk habe noch alle Kräfte einer jungen Nation und das südslavische Volk nähre Sympathie, fast Liebe zu ihm. — Wenn diese Liebe nur auch so weit ginge, daß die Banater Schwaben und die anderen nun zu Südslawien gehörigen deutschen Volksteile besser behandelt würden!
Das Belgrader Blatt „Prawda" veröffentlicht einen Aufsatz des früheren Ministers des Aeußeren M i j a to w i t s ch, ein B a l k a n k r i e g sei unvermeidlich. Mussolini wolle den neuen Albanierkönig Zogu gegebenenfalls zum Zaren des Balkans machen und das altrömische Reich aus Italien und der Balkanhalbinsel wiederherstellen. Südslawien kämpfe um Sein oder Nichtsein.
Rotslandsarbeiken in Italien
Rom. 26. Sept. Der Ministerrat beschloß, für winterliche Notstandsarbeiten 235,5 Mill. Lire (51,8 Will. Mark) bereitzustellen, die zunächst durch Einschränkung der Ausgaben des Kolonialministeriums vom Innen- und dem Finanzministerium gedeckt werden sollen.
Der vorläufige Präsident von Mexiko
Mexiko, 26. Sept. Zum vorläufigen Staatspräsidenten wurde der frühere Staatssekretär des Innern Porter Gil gewählt. Er erklärte Pressevertretern gegenüber, er werde die Politik des Präsidenten Calles fortsetzen und ferner versuchen, das soziale Programm des ermordeten Präsidentschaftskandidaten Obregon zu verwirklichen.
Die gescheiten Argentinier
Buenos Aires, 26. Sept. Das Abgeordnetenhaus hat den argentinischen Beitrag zum Völkerbund aus dem Staatshaushaltplan gestrichen.
Dritter Aufstieg des „Graf Zeppelin*
Friedrichshafen. 26. Sept. Der „Graf Zeppelin" ist heut« nachmittag um 2.08 Uhr unter Führung des Kapitänleutnants Flemming zu seiner dritten Fahrt aufgestiegen. Das Herausbringen des Schiffes aus der Halle verzögerte sich etwas, weil plötzlich ein starker Aufwind eingesetzt hatte. Dr. Eckener leitet heute die Manöver des Schiffes auf der Erde und beobachtet nun während der Fahrt das Schiss vom Lande aus.
Im übrigen bot der heutige Aufstieg dasselbe schöne Bild wie bei den beiden früheren Fahrten. Nachdem die Fahrgäste sich an Bord begeben hatten, wurde das Schiff -abgewogen und die Sandsäcke fielen. Das Luftschiff kreuzte zuerst längere Zeit über dem Werstgelände. Funkentelegramme konnten von Bord nur wenig kommen, weil die Station erst abgestimmt werden mußte.
Unter den Fahrgästen befinden sich auch Ministerialdirigent Brandenburg und Regierungsrat Schleicher vom Reichsverkehrsministerium, Professor Hoff und die übrigen Herren von der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt, ferner auch der Führer der Los Angeles, Commander Rosendahl.
Das Luftschiff ist um 5.50 Uhr vor der Halle glatt gelandet.
Mrltembekg
Stuttgart, 26. September.
hindenburg - Geburtstagsfeier. Vom Württ. Frontkämpferbund wird am Dienstag, den 2. Oktober, abends 8 Uhi, im Festsaal der Liederhalle wie im letzten Jahr eine Bolksfeier des 81. Geburtstags des Reichspräsidenten, Generalfeldmarschall von Hindenburg, veranstaltet. Die Festrede wird Oberregierungsrat Dr. Kolb halten.
Eine Puppenspieltaguug. Der Verein zur Förderung der Volksbildung E. V. Stuttgart veranstaltet am 13. und 14. Oktober in den Ausstellungshallen am Gewerbehalleplatz eine Puppenspieltagung. die allen in der Jugenderziehung und freien Volksbildungsarbeit Stehenden Gelegenheit geben soll, die künstlerischen und erzieherischen Werte des Puppenspiels in Theorie und praktischer Anschauung kennen zu lernen. Mit der Tagung verbunden ist eine Ausstellung, die in drei Abteilungen reichhaltiges Material über das Handpuppenspiel, Marionettentheater und Schattenspiel bringt.
Stuttgart. 26. Sept. Ernennung zum Reichsfinanzrat. Der Staatspräsident hat dem zum Reichsfinanzrat ernannten Oberlandesgerichtsrat Dr. Schefold die nachgesuchte Entlassung aus dem württ. Staatsdienst bewilligt.
krankheitsslatitik. In der 37. Iahreswoche vom 9. bis 15. September wurden in Württemberg folgende Fälle von gemeingefährlichen und sonstigen übertragbaren Krankheiten amtlich gemeldet: Diphtherie 17 (tödlich —), Kindbettfieber 3 (5), Tuberkulose der Lunge und des Kehlkopfes, sowie anderer Organe 17 (24), Ruhr 2 (—). Scharlach 59 (—), Typhus 2 (1). Paratyphus 7 (1).
Backnang. 26. Sept. Großfeuer. Heute früh 3 Uhr brach in der Lederfabrik Fritz Häuser AG. in der Garren- straße in dem vier Stockwerk hohen Mittelbau Feuer aus. Oele, Fette, Lacke und Leder in großen Mengen gaben dem gierigen Feuer Nahrung. Die beiden oberen Stockwerke sind abgebrannt. Die beiden unteren Stockwerke, die von den oberen durch eine Betondecke getrennt sind, konnten geretter werden. Verbrannt sind etwa 15 000 halbfertige Häute im Wert von etwa 500 000 bis 600 000 Mark. Dazu kommt noch der Schaden am Gebäude und an den Maschinen, der ebenfalls sehr beträchtlich ist.
Alm, 26. Sept. LusserkommtnachUlm. Am kommenden Sonntag besucht der Sieger im Wettflug „Rund um Frankreich", Rudolf Lusser, seine Vaterstadt Ulm. Lusser verläßt dieser Tage den Flugplatz Orly und fliegt nach Sindelfingen, wo seine Maschine stationiert ist.
Hohenmemmingen OA. Heidenheim, 26. Sept. Selbstmord. Der 67 Jahre alte Landwirt Paul Schäfer wurde nach längerem Suchen von seinen Angehörigen im Wald erhängt aufgefunden. Was den Unglücklichen in den Tod getrieben hat, ist nicht bekannt.
Lllwangen, 26. Sept. Das unblutige Schwein. In einem Bezirksort schlachtete vor kurzer Zeit ein junger Metzger, der auswärts gelernt hatte, ein Schwein. Aber o weh — das Tier gab keinen Tropfen Blut von sich. „Do mueß me nur 's richtige Plättle verwische." Es half nichts, die Sau verblutete nach innen. Von Blut- und Leberwürsten war keine Rede und auch das Fleisch reizte niemanden zu einem guten Appetit.
Ravensburg, 26. Sept. Körperverletzung mit Todesfolge. Das Schwurgericht verurteilte den 18 I. a. Hilfsarbeiter Konrad Oefner aus Unterzell OA. Leut- kirch wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu 9 Monaten Gefängnis. Oefner hatte im Streit einem Nachbar, dem 51 I. a. Kriegsbeschädigten Schreinermeister Käsler mehrere Schläge mit einer Bierflasche auf den Kopf versetzt, daß Käsler am andern Tag infolge Schädelbruchs starb.
Eschach OA. Ravensburg, 26. Sept. Unglück im Stall. Vom Unglück wurde der Gutsbesitzer Stefan Marschall in Gornhofen in seinem Stall besonders heimgesucht. Nicht weniger als 20 Stück Großvieh hat er in den letzten paar Jahren durch die Milzbrandkrankheit verloren. Selbst der Pferdebestand blieb nicht verschont. So ist in den letzten Tagen sein schönstes Pferd (Belgier) mit einem Wert von etwa 1500 Mark an dieser Krankheit eingegangen. Die bakteriologische Untersuchung von Heu und Stroh förderte Milzbrandbazillen im Stroh zu Tage. Trotz Impfung tritt diese Krankheit immer wieder auf. Der Viehbesitzer muß ständig in der Besorgnis leben, noch weitere Tiere verlieren - zu müssen.
Tettnang, 26. Sept. Lotteriegerdin n. 20 000 -K gewonnen hat in der Freiburger Münsterbau-Lotterie der in Friedrichshafen beschäftigte Hilfsarbeiter Alois Schmid von hier. Auf sein Los war ein Gewinn von 100 «ll, sowie die Prämie in Höhe von 20 000 gefallen.
Aus Stadr und Land
Nagold, 27. September 1928.
Klug zu reden ist oft schwer.
Klug zu schweigen noch viel mehr.
Wartburgfpruch.
Das Nagolder Knabenschulhaus
wird in diesen Tagen IW Jahre alt. Es wurde mit einem Aufwand von 12 000 Gulden vor dem untern Tor auf der sogenannten „Breite" erbaut und am 27. September 1828 in Verbindung mit der Feier des Geburtstags von König Wilhelm I. eingeweiht. Ueber diese Einweihung, die in einer für die damalige Zeit geradezu glänzenden Weise gefeiert wurde, brachte der „Gesellschafter" einen eingehenden Bericht a«s der Feder des damaligen Knabenschulmeisters Kittel, den wir hier im Auszug anfllhren: „Es gefiel den Vorstehern der Stadt, mit der Geburtstagsfeier des Königs die Einweihung des neuerbauten Schulhauses zu verbinden, um die Teilnahme an beiden Festen zu steigern. Noch nie sah man die gewöhnliche Prozession vom Rathaus in die Kirche so schön geschmückt. Fahnen und ein Wald von Maien machten den Zug der Kinder herzerhebend schön. Knaben und Mädchen trugen Tafeln mit Inschriften wie: „Dankt den edeln Beförderern der Menschenbildung". Nach dem Gottesdienst begab sich der ganze Zug vor das neue Schulhaus zur Schlüsselübergabe, Gesang und Rede. Nachmittags zogen die Kinder und Lehrer mit Musik auf einem ebenen Platz, wo man die Knaben nach einem hölzernen Hahnen mit einem Vogelrohr und Armbrüsten schießen, auch auf einer Stange hinauslaufen, alle Kinder aber Wettläufe anstellen ließ. Zwischen hinein erhielten die Kinder Wein und Brot. Aber wer beschreibt den Effekt des ebenso rührenden als prächtigen Anblick, als mit einbrechender Nacht das Schulgebäude mit mehr als 2W Flämmchen erleuchtet stand. Ueber der Pforte sah man in großen Buchstaben die Schrift: Nagolds Bürgern ihren Kindern. Abends war dann auf der Post ein Festesten mit anschließendem Ball." Mit dem Einzug ins neue Schulhaus wurde das alte in der Hinteren Gaste aufgegeben und von der Stadt an zwei Nagolder Bürger verkauft._
Borspielabend. Orgänistenkürsj
Am letzten Montag hat sich eine Anzahl von Organisten aus dem ganzen Lande hier zu einem Kurs auf 3 Wochen zusammengefunden. Während dieser Zeit soll an jedem Freitag eine Abendfeier in der Kirche stattfinden, bei der die Organisten den Hauptteil bestreiten. Bei der ersten Abendfeier am Freitag, ven 28 Sept., abends 8Vi Uhr, kommen u. a. folgende Werke zum Erklingen: Piäl. und Fuge in cirn. und km. von I. S. Bach (Band VIII und II) für Orgel, 2 Kanons, ferner „O Lamm Gottes" aus den Neuen geistl. Konzerten von Scheidt für Chor und Orgel und das Adagio aus dem Konzert in 6m. für 2 Viol. und Orgel von I. S. Bach. Um freiwillige Beiträge zur Deckung der entstehenden Unkosten wird gebeten.
Löwenlichtspiele
Äs geht nun wieder dem Winter zu. Wir werden es nicht nur an den Temperaturen unter Null merken, sondern auch daraus ersehen, daß die Löwenlichtspiele wieder mit Regelmäßigkeit zu spielen beginnen. Zunächst wartet der Besitzer mit einem sechsaktigen nach einer alten Oper bearbeiteten Lustspiel
.Meine Tante — Deine Tante" von Walter Supper auf Nach dem uns vorliegenden Inhaltsverzeichnis und den Namen der Mitwirkenden, u. a. Henny Porten und ihr Partner Angela Ferrari, dürfte das Filmwerk frohe und genußreicbe Stunden verschaffen. (Näheres stehe in kommenden Anzeigen).
Aus dem Schwarzwald
Die Blätter des Württembergischen Schwarzwaldvereins Nr. 9 vom September bleiben mit ihren Arbeiten und Bildern fast ausschließlich in unserer engeren Heimat. Zunächst ersSbr! die Arbeit von I. Bitzer, Freudenstadt .UnsA Schwarzwald ums Jahr 1000 n. Chr." seine Fortsetzung bezw. seinen Schluß sodann verträumt Hanns Baum .Stunden in Lorb" »nd weiß seiner Arbeit die schönsten Bilder beizufügen. Oberlehrer Rehm erzählt von den Mineralquellen von Bad Teinack Weiter wäre zu registrieren: Zwischen alten Grenzsteinen tM- „Zuflucht"), Von Freudenstadt zur hohlen Lne b Kälberbronn, „Zu Knrebis auf dem Walde" Ortsaru»- penberichte, darunter die Nagolder Tour nach Scliramber» Bücher- und Kartenschau, ein Gedicht .Abendrast- und auch noch ein Brief des Schriftleiters an „Jungschwarzwald" ^
Schwerkriegsbeschädigte und neuer Reichsbahnlaris Durch die Einführung der neuen Holzklasje fällt die bis^ herige Vergünstigung für Schwerkriegsbeschädigte, die darin bestand, daß sie auf Grund eines besonderen Ausweises dritter Klasse zum Fahrpreis der vierten Klasse, in Schnellzügen außerdem gegen den tarifmäßigen Zuschlag befördert wuc- den, fort. Auch vom 7. Oktober an werden jedoch besondere Abteile für die Schwerkriegsbeschädigten zur Verfügung gestellt, und zwar ohne besondere Fahrpreisermäßigung, da sie zu den gegen die frühere dritte Klasse ermäßigten Sätzen der Holzklasse fahren.
Wildberg, 26. Sept. Hoher Besuch. Das städtische Sanatorium Wildberg erfreute sich am Montag Nachmittag des Besuches des Herrn Staatspräsidenten Dr. Bolz in Begleitung der Herren Staatsrat Rau, Ministerialdir. Neuster, Ministerialrat Dr. v. Scheuerten und Landtagspräsident Pflüger. Dir Herren nahmen unter Führung des leitenden Arztes Herrn Eeheimrat Dr. v. Noorden, Herrn Stadtschultheiß Schmelzte und der Schwestern eine eingehende Besichtigung des Sanatoriums, insbesondere der Inneneinrichtung, der Wirtschaftsräume, der reichen ärztlichen Hilfsmittel. und der prächtigen im Herbstblumenschmuck prangenden Gartenanlagen vor. Mit Genugtuung konnte festgestellt werden, daß der Herr Staatspräsident sowie die begleitenden Herren sich überaus zufrieden über die ganze Sanatoriumsanlage aussprachen.
GerichLssaal
Tübingen, 25. Sept. Schwurgericht. Vorsätzl. Brandstiftung. Eroßseuer in Emmingen OA. Nagold, 5 Häuser vollständig niedergebrannt, eine Reihe weiterer Gebäude schwer beschädigt, eine Schreinerei mit sämtlichen Materialien, Maschinen, Holzvorräten, fertigen Möbeln, sowie 3 mit Frucht, Heu usw. gefüllte Scheunen den Flammen zum Opfer gefallen. Diese Schreckensnachricht machte zu Augustbeginn, als Sommerglut auf dem Lande brütete und gerade die Ernte eingeheimst wurde, die Runde durch den Blätterwald der Zeitungen. Und wenige Tage darauf, der Brandstiftung dringend verdächtig sind die Brüder Friedrich und Wilhelm Renz in Haft genommen worden Heute standen diese Brüder, Friedrich 25 Jahre alt, led. Zimermann, und Wilhelm, led. Schreiner, 23 Jahre alt, beide von Emmingen OA. Nagold als Angeklagte vor dem Schwurgericht. Motiv der Brandstiftung: die Versicherungssumme mit über 40 WO Mark zu erlangen, um dringende Schulden von sich abzuwälzen. Am 6. August ist der Brand gelegt worden, 8 Tage zuvor hatten die Gläubiger eine Versammlung, die mit einer Abfindungsquote von W A endete. Von der Firma Eebr. Theurer, Holzhandlung geliefertes Holz, zur Verarbeitung bereitliegend, war in Gefahr zurückgeholt zu werden. Der ältere Bruder Friedrich hat den jüngeren Wilhelm zur Brandlegung angestiftet. Auf Wilhelm lasteten die meisten Schulden, weil seine Schreinerei nicht rentierte und der Schreinereibetrieb die schlechte finanzielle Lage verschuldet habe. Friedrich bestreitet, seinen Bruder angestiftet zu haben. Wilhelm behauptet es mit Bestimmtheit. Er gibt über die Entstehungsursache verschiedene Darstellungen und wechselt die Schilderungsmomente. Während er im Ermittlungsverfahren angab, es seien vom Leimofen, den er mehrere Male anzündete und mit Spiritus nachgoß, einige Tropfen Spiritus aus den Boden gefallen, die weitergebrannt hätten, und in anderer Weise angab, sein Bruder habe gesagt, er solle ein paar Steine aus dem Kamin ausschlagen, dann brenne es, gibt er heute die nun vom Gericht auch festgestellte Schilderung der Tat so zu, daß er ein Streichholz in den an die Werkstätte angeschlossenen Abortanbau, der zur Lagerung der Späne dient, geworfen habe, und dann von der Werkstätte weggegangen sei. Der Bruder habe ihm immer gesagt, er soll den Krempel anzünden. Er habe erwidert, er wolle nicht ins Zuchthaus kommen. Zuvor wurden verschiedene Brandstiftungsmöglichkeiten erwogen. Der entstandene Ee- bäudeschaden ist 35 000 Mark, der Mobstiarschaden ca. 50 000 Mark. Friedrich will sich heute ausreden, obwobl er im Vorverfahren bestimmt angab, „es kann sein", daß rcy meinen Bruder aufforderte. Der als Zeuge vernommene Untersuchungsrichter hat bestätigt, daß Friedrich der suy- rende Teil war, der darauf abhob, durch Brandlegung aus den Schulden herauszukommen , . -
Das Urteil lautete: Wilhelm Renz wird zu vier J«ch*e« Zuchthaus und acht Jahren Ehrverlust, Friedrich Re»r zu fünf Jahren Zuchthaus und acht Jahren Ehrverlust verurteilt; wegen ihres hartnäckigen Leugnens wird den Angeklagten die Untersuchungshaft nicht in Anrechnung gebracht. Friedrich wurde härter bestraft, weil er der -v- führer des jüngeren Bruders und der geistige llrheoer ganzen Brandunglücks war. (Entgegen den umlaufen Gerüchten wird uns von amtlicher Seite bestätigt, oag Besitzer der Gebäude V. Renz, Maurer, noch keine -
schädigung von der Eebäudebrandverficherung ery
hat. D. Schr.) ^ ^ ^ ^
Schwurgericht. Versuchter Totschlag. Am - Juli ds. Js wurde die 16 Jahre alte Helene Klembeck aus dem Wege zwischen Eiiltlingen und Deckenpfronn von Handwerksburschen Ludwig Wölfle auf offenem Fel^ - gewaltigt und verletzt, als sie zu ihrem Bruder 8* „
Kleinbcck, Schäfer, der hütete, das Mtttagessen 8 wollte. In größter Auflösung und Verwirrung, bleim, zerzaustem Haar, zitternd, hochgradig erregt, bericht Schwester, die kaum von einer schweren Vlmddarmentzun düng genesen, ihrem Bruder den schmählichen ^ebersa , von ihm sofort der Landjägermannschaft angezergt w