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Nr. 221 Gegründet 1827 Donnerstag, den 20. September 1828 Fernsprecher Nr 2 g 102. Jahrgang
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Jubel in Breslau
ragesspiegel
Der Reichskanzler hak den deukschen Botschafter in Paris. Herrn von Hoefch, und dann den Rcichsbankpräsi- denken Dr. Schacht empfangen. Gegenstand der Besprechung war die Räumung und die Entschädigung.
Das Reicbskabinekk hat das Reichsjustizministerium und das Reichsministerium für die besetzten Gebiete mit den Vorbereitungen zu den Räumungsverhandlungen beauftragt. Ministerialdirektor Dr. Gaus soll voraussichtlich Vor- fitzender der einzusehenden deutschen Sachverständigen- abordnung werden.
Der Parteivorskand des Zentrums ist für de» 6. uni 7. Oktober nach Berlin einberufen worden.
Vriand hat im französischen Ministerrak über das Ergebnis der Genfer Verhandlungen Bericht erstattet.
In der Völkerbundsversammlung in Genf machte der Vorsitzende des Abrüstungsausschusses, der Holländer Lou- don, den Vorschlag, baldigst eine Konferenz für die Beschränkung der Alokkenrüskungen einzuberufen. Von englischer Seite wurde der Vorschlag scharf bekämpft.
Jos Parlament von Argentinien hak einstimmig den Gesetzentwurf betreffend dis Einführung des Achtstundentags
Der pslmsche KM des Wrzow-Verls
Ein internationaler Skandal
Der deutsch-polnische Kampf um das Stickstofswerk Lhsr- zow wächst sich immer mehr zu einem internationalen Skandal aus. Die polnische Regierung entwickelte seit Jahren ein sabelhastes Geschick, die Bezahlung des grund- und rechtlos geraubten Werks zu verzögern. Verschiedentlich haben die internationalen Instanzen zugunsten der deutschen Ansprüche Entscheidungen gefällt, aber immer wieder wußte Polen neue Ausflüchte zu machen. So kommt es, daß der deutsch-polnische Kampf um Chorzow jetzt bereits mehr als sechs Iahre andauert, daß aber ein endgültiger Abschluß dieses Kampfes auch jetzt noch nicht abzusehen ist. Der internationale Ständige Schiedsgerichtshof im Haag hat kürzlich dek deutschen Forderung aufs neue recht gegeben. Diese Entscheidung ist auch um deswillen interessant, weil sie zeigt, wie Polen rechtsgültige Verträge bricht und wie selbst polnische Justizbehörden die gröbsten Rechtsbeugungen begehen, um ein einmal begangenes Unrecht zu verschleiern. ,
Am 15. März 1915 wurde zwischen dem Deutschen Reich und der bayerischen Stickstoff-Aktiengesellschaft ein Vertrag geschlossen, durch den sich die Gesellschaft verpflichtete, in Chorzow für das Reich ein Stickstoffwerk zu errichten. Das fertige Werk war Eigentum des Reichs. Noch wesentlich vor der Volksabstimmung in Oberschlesien, verkaufte das Reich das Unternehmen an die neu gegründete Oberschlesische Stickstofswerke-Aktiengesellschaft, wobei jedoch der Betrieb der Fabrik in den Händen der bayerischen Gesellschaft bleiben sollte. Der neue Name des Unternehmens wurde, am 29. Januar 1920 ordnungsmäßig in das Grundbuch des Amtsgerichts Königshütte eingetragen.
Nach dep Teilung Oberschlesiens und mit dem Einzug der polnischen Verwaltung begann die lange Kette der Vertragsbrüche und Rechtsbeugungen. Wenige Stunden nach der Uebernahme Ost-Oberschlesiens durch Polen am 1. Juli 1922 entschieden die polnischen Behörden, daß die grundbuchamtliche Eintragung null und nichtig sei. und daß das Eigentumsrecht auf den polnischen Staat zu übertragen sei. Der Beschluß wurde sofort in Kraft gesetzt, die deutschen Leiter des Unternehmens wurden fristlos entlassen und eine polnische Verwaltung, an deren Spitze einige Jahre der jetzige polnische Staatspräsident stand, eingesetzt.
Die Nichtigkeitserklärung der Eintragung im Grundbuche war eine schwere Rechtsbeugung, und die Inbesitznahme durch den polnischen Staat war ein glatter Raub, der in der schärfsten Weise gegen das deutsch-polnische Abkommen von Genf verstieß. Dann kamen mehrere Jahre gütlicher Verhand- vngen, die eine Wiedergutmachung jedoch nicht brachten.
Endlich machte die deutsche Regierung am 15. Mai 1925 vor dem Haager Ständigen Schiedsgerichtshof ein Ver- st^en anhängig. Ihre wichtigste Waffe war der Hinweis, polnische Regierung eine Verletzung des Genfer «vkonimens beging, als sie Chorzow als Staatsbesitz erklärte. Nun fand die polnische Regierung immer neue Auswege, um einer Entschädigung für das geraubte Unternehmen zu entgehen. Drei Jahre mußten vergehen, bis es' ^vt zu dem Urteil des Haager Gerichts gekommen ist. Zunächst bestritt die polnische Regierung die Zuständigkeit des Haager Gerichts. Sie hatte damit kein Glück, denn das Gericht erklärte sich doch für zuständig und entschied nach Jahr, am 26. Mai 1926, daß das polnische Vorgehen >n Rechksbruch sei. Polen stellte sich damals auf den fa- Wen Standpunkt, daß im Haag lediglich der Rechtsbruch .„'^stellt sei, daß das Urteil Polen jedoch nicht zur Zah- wng verpflichte.
Deutschland forderte die Herausgabe des Werks, was ^ len ablehnte. Die Folge war die erneute Anrufuna des
Der Reichspräsident in Breslau
Breslau, 19. Sept. Der Herr Reichspräsident ist, von Oberschlesien kommend, gegen 5.30 Uhr im Sonderzug auf dem Breslauer Hauptbahnhof eingetroffen. Nach der amtlichen Begrüßung schritt der Reichspräsident auf dem Bahnhofsvorplatz die Reihe der Veteranen von 1870/71 ab, dem sich das Abschreiten der Ehrenkompagnie und der Vorbeimarsch anschloß. Sodann wurden die bereitgestsllten Automobile bestiegen und me Fahrt ging unter brausendem Jubel des die Straßen dicht umsäumenden Publikums nach dem Oberpräsidium. Flieger umkreisten während des Empfangs den Bahnhofvorplatz.
Begeisterte Hochrufe empfingen den Reichspräsidenten, als er pünktlich um 8 Uhr früh das Landeshaus, in dem er Wohnung genommen hatte, verließ. Ueberall in den Straßen wurde der Reichspräsident durch stürmische Zurufe und Tücherschwenken begrüßt. Am Portal der Universität empfing ihn Rektor und Senat.
Bei der Feier in der Universität wandte sich der Reichspräsident an die Studenten mit den Worten: .Jugend, ich baue auf Euch! Bleibt "treu, dann wird unser Vaterland
19. Sept. Der Deutsche W:rtschaftsaussct"ch für die besetzten Gebiete hat in mnem Schreiben an den Neichs- minlltsr für die besetztm Gebiete, Reichstagsabgeordneten Dr. Kalte, erklärt, eine Bertreterversammmlung der Handelskammern, der Handwerks- und der Landwirtschafts- kammern habe einstimmig dagegen 'Einspruch erhoben, daß die Rheinlands einer weiteren Ueberwachung unterworfen werden. Das besetzte Nhs-nland erwarte von der Reichs- regierung, daß wegen einer früheren Räumung keinerlei neuen Verpflichtungen zugestanden werden, die über die heute schon bestehenden schweren Lasten kinaiisa-eden.
Der Londoner.„Star" schreibt, die öffentliche Meinung Englands billige die deutsche Forderung der sofortigen Räu- muna. Frankreich Habs jedoch darauf bestanden, bar ausbezahlt »u werden, und die deutsche Re.ichsregie- runa habe zu ge stimmt. Es. sei bedauerlich, daß die englische Regierung Frankreich zu einem Triumph der Beharrlichkeit verhaften habe, der von der öffentlichen Meinung Englands nicht unterstützt werde.
Die Welt wird von verbrecherischen Blinden geführt
Rom, 19. Sepk. Zn einem äußerst scharfen Artikel schreibt das Blatt ..Teuere", das enge Beziehungen zu Mussolini hat: Der Borwand der „strategischen Sicherheit", den Frankreich für die Besetzung angebe, ist nach Locarno und dem Kelloqg-Pakt unsinnig, beschämend und unannehmbar, und zwar nicht nur für Deutschland, sondern für alle dem Völkerbund angehörenden Mächte, und besonders für die, die den westlichen Locarno-Bertrag unterzeichnet haben. Das faschistische Italien könne nicht dulden, daß Frankreich indirekt seine Unterschrift anzweifle. Daß finanzielle Gründe für die Besetzung angeführt werden müßten, kennzeichnet die Unmoral und den wahnwi tzigen Unsinn der
Haager Gerichts. Dann wurde mehrfach im Haag' verham delt. Inzwischen hatte die polnische Regierung eine Entscheidung der oberen Kattowitzer (polnischen) Gerichtsinstanz herbeigeführt, in der die deutsche grundbuchamtliche Eintragung als ungesetzlich bezeichnet wurde, so daß das Deutsche Reich Besitzerin des Werks geblieben sei. Deshalb sei es ohne Entschädigung in den Besitz des polnischen Staates übergegangen. Diesen Standpunkt hak das Haager Gericht abgelehnk. Die deutsche Regierung verlangte einen Betrag von 58,6 Millionen für die oberschlesische Gesellschaft und weitere rund 20 Millionen entgangenen Geschäftsgewinn für die bayerische Gesellschaft. Zusammen forderte die Berliner Regierung für die beraubten Deutschen annähernd 80 Millionen Mark, was etwa den achten Teil der vor einem Jahr von Neuyork an Polen gewährten Dollaranloihe ausmacht.
Das 90 Seiten lange neue Haager Urteil stellt ausdrücklich fest, daß die polnische Regierung nicht nur den Werk der Fabriken. Zinsen urw Zinseszinfen ersehen mäste, sondern auch jeden Schaden, der den beiden Gesellschaften in den sechs Jahren des Kampfes um das Unternehmen erwachsen ist.
Der zähe Kampf ist leider mit dem neuen Urteil noch nicht abgeschlossen, denn wie alle internationalen Entscheidungen hat auch diese pur halbe Arbeit gemacht. Dadurch, daß erst Sachverständige über den Wert des Unternehmens und über den den deutschen Eigentümern entgangenen Betriebsgewinn Gutachten erstatten sollen, sind der polnischen Regierung für neue Verschleppungsversuche Tür und Tor geöffnet.
wieder zu Ehren kommen!" Die Worte wurden mit unbeschreiblichem Jubel ausgenommen.
Der Reichspräsident wurde dann durch den Senat zu seinem Wagen geleitet. Die Fahrt ging zunächst dem Domviertel zu. Ein besonderes Gepräge erhielt die Begrüßung durch das melodische Geläut sämtlicher Kirchsnglocken, wähl" rend in den Lüften Flugzeuge kreisten. Die Uferstraße entlang ginn die Fahrt an'begeisterten Menschenmassen vorbei zur Technischen Hochschule. Dem Reichspräsidenten wurde ein Gemälde, die Aula darstellend, überreicht. Die Trimnvy- fahrt ging dann weiter über Scheiknig zmn Messehof. Iitt Messehof und in der Iahrhunderthalle wurden durch Schulkinder Gesänge und Volkstänze dargeboken.
Bon hier ging die "Fahrt im Auto nach dem Rathaus. Oberbürgermeister Dr. Wagner geleitete den Reichspräsidenten in den altebrwürdmen Remter des Rathauses, wo sich der Festakt obspielke, der von Gesangsvorträgen um- rahmt wurde.
Um 11.45 Uhr fuhr der Reichspräsident vom Freiburger Monhof mit seinem Gefolge in das Waldenburget
Lage. Um dis Sicherheit der Zahlung 'der interalliierten Kriegsschulden durch die Entschädigungszahlungen zu garantieren, soll freies deutsches Gebiet zehn Jahre nach dem Krieg bis 1935 die Besetzung durch fremde Truppen ertragen. Da der amerikanische Agent für Entschädigungs- Zahlungen an den Genfer Verhandlungen nicht teilnimmt, bleibt das Kriegsgespenst weiter über dem alten Europa. Niemals ist die Welk von so verbrecherischen Blinden geführt worden, die sich alle als Erzengel des Friedens hinstellen.
Zum Verkauf der Dawes-Schuldverschreibungen
London. 19. Sept. Der „Daily Chronicle" läßt sich aus Neuyork melden, die Finanzkreise in Neuyork halten den Verkauf von 8 Milliarden Goldmark deutscher Reichsbahn- und Jndustrreschuldverschreibungen auf dem amerikanischen Markt nicht für unmöglich, wenn sie unter dem Nennwert airgeboten werden. Die Verkaufsabsicht Deutschlands und der Verbandsmächte werde in Neuyork so aufgefaßt, daß Deutschland fünfprozentige Schuldscheine in Höhe von 16 Milliarden Gold mark zugunsten der Verbandsmächte ausgeben werde, womit die Schulden dieser Mächte an Amerika bezahlt werden sollen.
Diplomakensprache
London, 19. Sept. Der japanische Sondergesandke zur Unterzeichnung des Kellogg-Dertrags, Graf Utschida, der sich gegenwärtig in London aufhält, sagte einem Zeitungs- verkreker gegenüber: Japan hat den Krieg mit China, den Krieg mit Rußland, die Bekämpfung des Boxerau f- stands in China und den Weltkrieg nicht für „imperialistische" Ziele, sondern «rein für Aufrechk- erhaltung des Friedens und der Sicherheit des Landes" unternommen- — Eine reizvolle neuzeitliche Erfindung, diese .Friedenskrieg e"!
Wiederum werden viele Monate vergehen, bis die neue Entscheidung im Haag über die Höhe der zu zahlenden Summe getroffen worden ist. Wird Polen dann endlich zahlen? Sicherlich nicht. Denn das Haager Schiedsgericht hat sich leider nicht für zuständig erklärt für seine Entscheidung dahin, daß Polen den Betrag auch tatsächlich zu zahlen hat und nicht etwa durch berechtigte und unberechtigte Gegenforderungen ausgleichen darf. Nach Vertragsverletzun- 6en und groben Rechtsbeugungen beginnt sich hier der Rechtsstreit zu einem internationalen Skandal auszuwach- jen. Polen wird so viel Forderungen ausskellen, die es an
Deutschland angeblich zu stellen hak, daß für die betrogene» Besitzer des Ankernehmens nichts mehr übrig bleibt.
lieber die Lückenhaftigkeit des Haager Urteils terrscht sroße Freude in Polen, und man sieht die Lücken des Urteils als einen Erfolg der polnischen Regierung an. Di« halbamtliche Warschauer „Epoca" ist so offen, in aller Oef- fentlichkeit darzulegen, wie die polnische Regierung nunmehr weiter Vorgehen will, um sich vor einer Zahlung zu schützen. Man 'will sich des Raubs erfreuen, ohne den Bestohlenen eine Entschädigung zu geben. Das genannte Blatt meint, daß nicht die deutschen Industriellen, sondern die deutsche Regierung als entschädigungsberechtigt anerkanni worden sei. Man glaubt sogar die Möglichkeit zu besitzen, daß eine eventuelle Entschädigungssumme nicht an das Deutsche Reich abgeführt wird, sondern an seine Dawes- gläubiger und Deutschland auf Entschädigungskonto gut- gefchriehen wird. Man sieht also, daß Polen unter keinen Umständen zahlen will.
Industriegebiet.
Das besetzte Gebiet gegen das Genfer Kompromiß