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Telegr.-Adresse: Gesellschafter Nagold. In Fällen höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Lieserung der Zeitung oder auf Rückzahlung de» Bezugspreise». Postsch.-Kto. Stuttgart 5118

Nr. 210

Gegründet 1827

Freitag, den 7. September 1S28

Fernsprecher Nr. 29

182. Jahrgang

Tagesspiegei

Die Pressekagung des Arbeitsausschusses Deutscher Ver­bände in Heidelberg nahm eine scharfe Entschließung gegen die Sriegsschuldlüge an.

Der LondonerDaily Telegraph meldet, Dr. Seivel habe Vriand in Gens versichert, Oesterreich beabsichtige gegenwärtig keine Vereinigung mit Deutschland. Reichs­kanzler Müller werde dies bestätigen.

Ser kathMeniag in Magdeburg

Nuntius Pacelli über die katholische Aktion

Magdeburg, 6. Sept. Gestern wurde hier der deut­sche Katholikentag eröffnet. Nuntius Pacelli sprach seine Freude aus, daß dafür die Stadt Magdeburg, einer der Mittelpunkte der katholischen Diaspora, gewählt worden sei. Wie nur wenige deutsche Städte habe Magdeburg die Blüte katholischer Kultur versunkener Jahr­hunderte erlebt und den wieder anbrechenden katholischen Frühling. Den Mittelpunkt der gegenwärtigen Verhand­lungen bilde die Katholische Aktion, d. h. die Arbeit für die Ausbreitung des Katholizismus, die besonders die Ausgabe des Bonisatiusvereins sei, in vernünftiger Zusam­menarbeit von Priestern und Laien. Die Katholische Aktion solle nach dem Willen des Papstes die Teilnahme der Laien am hierarchischen Apostolat sein und beide zu einer macht­vollen Kampfweise in der Hand der Bischöfe und des Pap­stes vereinigen. Die Katholische Aktion kenne keine all­gemein gültige äußere Form, sondern sie schasse die Form nach der jeweiligen religiösen und kirchlichen Lage der Länder und Völker. Aber eins wolle und müsse sie errei­chen: dem katholischen Volk Führer geben, die überall da, wo Kultur, Wirtschaft und Politik das Gebiet des Religiö­sen und Sittlichen berühren, fest auf dem Boden der katholi­schen Weltanschauung stehen.

Bischof Dr. Kaspar Klein-Paderborn führte aus, gerade die Katholikentage seien besonders geeignet, Glau­bensmut und Bekennergeist zu wecken. Universitätsprofes­sor Dr. Stesses-München sprach über die katholische Kirche im Geistesleben der Gegenwart.

Der nächste Katholikentag wird 1929 in Freiburg im Breisgau und 193Ü in Münster (Wests.: abgehalten.

Schlich der Kirchenkonferenz

Prag, 6. Sept. Die Verhandlungen derPragerKir- chenkonferenz sind gestern zum Abschluß gekommen. Die Versammlung erklärte ihre volle Zustimmung zu der Botschaft des Weltbunds für internationale Freundschafts­arbeit der Kirchen über die Abrüstung. Der inter­nationale Rat der Kirche begrüßt mit wahrer Sympathie den Kampf der schweizerischen Kirche gegen erneute gesetzliche Zulassung der Glücksspiele und schärst den Kirchen der Län­der ein, der sittlichen Gefahr der G l ü ck s s p i e l e ihre ganze Aufmerksamkeit zuzuwenden. Eine weitere Entschließung, die gleichfalls an den Völkerbund und die Kirchenbehörden der verschiedenen Länder weitergeleitet werden soll, beschäf­tigt sich mit der Bekämpfung des A l k o h o l m i ß b r a u ch s.

Zum Präsidenten der europäischen Abteilung wurde der Präsident des deutschen evangelischen Kirchenausschusses, v. Kapler (Berlin) gewählt.Der bisherige Vorsitzende, Erz­bischof Söderblom, der von diesem Amt zurückgetreten ist, wurde in Anerkennung seiner hohen Verdienste um die gesamte christliche Einigungsbewegung zum Ehrenpräsiden­ten ernannt. Die nächste große internationale Konferenz im Ausmaß der Stockholmer Weltkirchenkonserenz soll nicht vor 1932 stattfinden.

Neueste ÜachrWea

Reise des Reichspräsidenten nach OstprentzeN

Berlin, 6. Sepk. Der Herr Reichspräsident begibt sich heute abend mit dem fahrplanmäßigen Zuge zum Besuch seines Gutes Neudeck (Kreis Rosenberg) nach Ostpreußen. Der Aufenthalt in Ostpreußen, der keinen amtlichen Cha­rakter hat, wird etwa eine Woche betragen.

Das vierte Entschädigungsjahr

Berlin, 6. Sept. Parker Gilbert gibt einen ein­gehenden Bericht über die Verteilung der vorgenommenen Transfers (Barüberweisungen) an die Mächte, die ins­gesamt 1640 520 343 Mark überwiesen erhielten. Davon ^kam Frankreich ^und 862, das britische Reich 367, Italien 120, Belgien 109, Südslawien 58, die Bereinigten Staaten Nordamerikas 85, Rumänien 15, Japan 9, Portugal 10, Griechenland 4 und Polen 0,3 Millionen Mark. Es ver- daß für die B e s a h u n g s t r u p p e n ?7v<«554 Mark ausgegeben wurden. Der Wert der deut­lest Sachlieferungen belief sich auf 724 536 051 Mk. Ast interalliierten Kommissionen kosteten 8,2 Millionen Mk.

Schiedsgerichtskörperschaften beliefen sich aus Die Verzinsung und Tilgung der deutschen Ausländsanleihe von 1924 erforderte 90 491 098 2RK. Frank-

Müller bei Briand

' Genf, 6. Sept. Gestern abend 6.30 Uhr begab sich Reichs- j kanzler Müller zu Briand in das Hotel des Bergues ! und hatte mit ihm durch Vermittlung eines Dolmetschers eine anderthalbstündige Unterredung, worauf der Reichs­kanzler der deutschen Abordnung über die Besprechung be­richtete. Von der Abordnung wurde dann eine kurze Meft^ düng ausgegeben, die besagt, die Unterredung sei nur i vorbereitender Art gewesen; auf beiden Seiten be­stehe der Wunsch, weitere Besprechungen mit den Besatzungsmächten in Genf folgen zu lassen.

Mit dieser diplomatischen Ausdrucksweise soll wohl gesagt werden, daß die Unterredung Müller-Briandso ziem­lich fruchtlos geblieben sei. Einer der tüchtigsten deutschen Berichterstatter stellt feine Eindrücke und Erfahrungen in Genf folgendermaßen zusammen:Noch niemals ist Deutsch­lands unwürdige Abhängigkeit von der guten oder schlechten Laune seiner französischen Gegenspieler in so peinlicher Weise hervorgetreten wie diesmal; noch niemals hat eine deutsche Abordnung so lange sich bemühen müssen, um nur die Gunst einer Unterredung mit Briand zu erlangen. Und es ist diesmal der deutsche Kanzler, den man warten läßt!" Selbst Dr. Seipel von dem kleinen Oesterreich wurde von Briand vor dem deutschen Reichskanzler empfangen. Es steht fest, daß der Reichskanzler in der Unterredung die deutsche Räumungsforderung entsprechend der be­kannten Regierungserklärung zur Sprache gebracht hat unter Berufung auf Artikel 431 des Friedensvertrags und auf das moralische Recht Deutschlands auf Grund seiner Vor­leistungen.

Es ist bedrückend, zu sehen, mit wie wenig Woblwollen, mit welchem Mangel an Gefühl für ehrliches Spiel gewisse nicht alle neutrale Kräfte Len deutschen Schritt be- aleiten. Da nimmt m-an Deutschland aar übel, daß es die

Ei« MwkMer Vorstoß i»

Genf, 6. Sept. Das Ereignis der heutigen Vormittags­sitzung der Völkerbundsversammlung war eine Rede des norwegischen Ministerpräsidenten M o w i n k e l, in der er u. o. seine Unzufriedenheit mit der Tätigkeit des Rates ausdrückte, den Mangel an Unparteilich­keit geißelte und vom^Rat statt der vielen provisorischen Lösungen mehr Fertiges verlangte. Grundsätzlich sprach er sich gegen die Herabsetzung der jährlichen Ratstagungen von 4 auf 3 und gegen die Wiederwählbarkeit aus, da es im Interesse aller Länder liege, daß die jähr­liche reihenmäßige Erneuerung eines Teils des Rats ohne Einschränkung eingehalten werde. Der Völkerbund müsse über den Parteien stehen und sollte zur Wahrung dieses Grundsatzes den ständigen internationalen Gerichtshof im Haag häufiger heranziehen als bisher. Die Beamten

Genfer Ministerzusammenkunft ausnützt, um eigene lebens­werte Ziele zu verfolgen. Welchen Sinn hat der Völkerbund aber überhaupt, wenn er «s ablehnt, sich mit ernsten Streit­fragen zwischen großen Mächten zu befassen? Eine ganz an­dere Frage ist es natürlich, ob wir überhaupt zum Völker­bund genügend Vertrauen haben könnten, ob sei Schiedsspruch in der Räumungsfrage zu wünschen ist. Das kann heute nur im verneinenden Sinn beantwortet werden.

Deutschlands Vereinsamung muß diesmal iedem auffallen. Fast niemand macht bis jetzt Besuche beim Kanzler; selbst die ausländischen Journalisten zeigen sich sehr zurückhaltend. Wir wünschen eben diesmal etwas; man bat sich aber daran gewöbnt, daß wir nur immer geben. Daher die kühle Atmosphäre, die uns plötzlich entgegen­schlägt. Wir dürfen uns aber auch jetzt nickt bluffen lassen. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß die Franzosen lieber mit der Räumung ein Geschäft machen, als nach Ablauf der vertragsmäßigen äußersten Frist unentgeltlich räumen zu wollen. Man weiß deshalb aber auch in Paris, daß Lep Wert des Rheinlandpfands mit jedem Monat sinkt. Das ist trotz der sonstigen Ungunst der Lage doch eine größere innere Stärkung unserer Stellung."

Das englische Schatzamt gegen Sonderleistungen an - Frankreich?

London, 6. Sept. Während sich das britische Auswärtige Amt in der R ä u m u n g s f r a g e zurückhält, soll das Schatz­amt, wie ein Blatt behauptet, entschieden dagegen sein, daß gemätz der französischenGegenforderung" die deutschen Da- wes-Reichsbahn- und Jndustrieobliqationen durch Vörsen- verkauf zu barem Geld zugunsten Frankreichs gemacht wer­den. weil dies einen Kapitalverlust für die britischen Ent­schädigungsansprüche bedeuten würde.

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des Völkerbündssekretäriats sollten den Charakter als Vol­ke rb und s beamte peinlichst wahren und weder na­tionalen noch privaten Interessen dienen. Die Atmosphäre des Friedens sei nicht so, wie man sie wünschen müsse. Unter schärfsten Anklagen gegen die militaristischen Tendenzen schilderte Mowinckek eindrucksvoll das Zerstörungswerk, das durch die Flug­zeuge, Unterseeboote und die dazu gehörenden modernen Kriegsmittel in kürzester Zeit verheerend über die Mensch­beit Hereinbrechen könnte. Man habe gerade in den letzten Wochen in der englischen Presse anläßlich der Luftmanöver in London lesen können, daß wenige Stunden zur Zer­störung Londons genügen. Furcht und Mißtrauen können nicht beseitigt werden und der Kriegsgeist bestehe weiter.

reich erhielt für seine Besahungstruppen 50,6, auf Grund der Recovery Act 53,5, an Lieferungen von Steinkohle, Koks und Braunkohle einschließlich Beförderung 176,6, an andern Sachlieferungen 301,1, an verschiedenen Zahlungen 0,9 und durch Barüberweisungen 279,7, insgesamt also 862.5 Mil lionen Mark überwiesen. In ähnlicher Weise verteilen sich die Transfers auf die übrigen Mächte.

Die belgische Heeresreform-

Brüssel. 6. Sept. Die Kammer hak den Regierungs- ankrag angenommen, wonach die Dienstzeit fir einen Teil des Heeres auf acht Monate festgesetzt wird, der andere Teil (21000 Mann, Artillerie, Festungstruppen, Re­serve, Offiziersaspiranten) haben 12, 13 und 14 Monate zu dienen. Jeder Mann erhält für den Mehrdienst eine mo­natliche Vergütung von 400 Franken (100 Mark).

Das Handwerk lehnt die Zwangsversicherung ab

Die geschlossene Mitgliederversammlung des Deutschen Handwerks- und Gewerbekammertags faßte in ihrer letzten Sitzung nachstehende Entschließung: Die Vertreterversamm­lung lehnt eine Einbeziehung des selbständigen Handwer­kers in der Reichshaftpflichkversicherung für Krankheit, Alter und Invalidität, weil mit der Stellung des Handwerks! als eines freien Berufsstandes unvereinbar, entschieden ab. Auch eine Ausdehnung der bestehenden freiwilligen Weiterversicherung ist nicht erforderlich und wird nicht befürwortet. Dagegen wird der Deutsche Handwerks­und Gewerbekammerkag alles tun, mn die auf der Grund­lage des Berslcherungsgedankens aufgebauten Derflcherungs- einrichtungen und die sonstigen freiwilligen Fürsorgeeinrich­tungen des selbständigen Handwerks auszubauen, zu stärken mrd möglichst einheitlich zu gestalten. Der sozialpolitische Ausschuß des Kammertags wird alle Vorschläge der Käm­men, bis in die neueste Zeit für eine wirksame Altersfürforge prüfen und das Ergebnis der Beratungen allen Kammern zur endgültigen Entscheidung unterbreiten. Für die Beratung der Alkerssürsoroe wir- der kozialvolMcke Ausschuß des

Kammertags durch Vertreter des ostdeutschen und des nieder- sächsischen Kammertags erweitert.

Württemberg

Stuttgart, 6. Sept. Vom württ. Staatshaus- halt. Nach der dem Landtag vorgelegten Nachweisuna der Rechnungsergebnisse des württ. Staatshaushalts vom Rechnungsjahr 1926 (1. April 1926 bis 31. März 1927) er­gab sich ,m ordentlichen Dienst eine bare Mehrausaabe von 4140139,37 Mark und ein Mehrbetrag der Einnahmereste von 4140189,37 Mark, demzufolge eine volle Ausgleichung. Bei der Restverwaltung ergibt sich eine bare Mehreinnahme von 8 805191,8 Mark ein Mehr der Einnahmereste von 22126175,61 Mark und demzufolge ein Ueberschuß von 30 931367,46 Mark. Da- von gehen ab 16 000 000 Mark als Betriebs- und Vorrats- Mpital der Staatshauptkasse, ferner 1 452 000 Mark, deren Emgang zweifelhaft ist, und 5 397 239 Mark langfristige Ausleihungen, über die derzeit nicht verfügt werden kann. Rach Abzug dieser Beträge mit zusammen 22 84S23S Mark verbleibt ein verfügbares Re ft vermögen von ^082^'^ Mark, das durch das Staatshaushaltsgesetz für 1928 in seinem ganzen Betrag dem außerordentlichen Dienst sur 1928 zugewiesen worden ist. Die G r u n d st o ck s v e r - waltung weist eine Mehreinnahme im Soll - dem Der- mögensstand der Grundstocksverwaltung auf den 31. März 1927 von 17 300 291,23 Mark auf. Die baren Mehreinnah­men ^ dem Kassenbestand betragen 1 090 968.81 Mark. Die Einnahmereste übersteigen die Ausgabereste um 16 209 322.42 Mark. "

Auflösung der Malerzwangrinaung? Unter den Maler­meistern von Groß-Stuttgart besteht eine Strömung für die Auflösung der Zwangsinnung. In einer Meisterver­sammlung, die dieser Tage stattfand und die sehr stürmisch verlief, wurde über die Frage verhandelt, es kam aber zu keinem Beschluß. Der vorläufige Präsident der Handwerks- kammer. Rebmann, und der Innunasvorsikende Und