Seite 2 Nr. 180

Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter

Freitag. 3. August lS2Z

Schechingen OA. Aalen, 2. Aug. Eine rachsüchtige Kuh. Die Frau des Schuhmachermeisters Anton Krieger war damit beschäftigt, einer Kuh, die gewohnt war, im Freien getränkt zu werden, Wasser zu bringen. Erbost über diese Freiheitsberaubung wandte sich das Tier gegen die Frau und warf sie zu Boden. Während Rückgrat und Genick leichter betroffen scheinen, wurde der Unterkiefer schwer ver­letzt, indem die Kuh ihn mit dem Horn von unten nach oben durchstieß und etliche Zähne aushob.

Ellwang«, 2. Aug. Fisch st erben in der Jagst. Gestern konnte man an der Jagstbrücke bei der Turnhalle beobachten, wie an beiden Ufern des Flusses oberhalb und unterhalb der Brücke Hunderte und aber Hunderte von Fischen (alle in gleicher Größe, sogenannte Anstecker) tot da­lagen. Der einzige Zufluß kam von dem Abwasser aus der Stadt, das aus einer Dohle bei der Stadtmühle in die Jagst einmündet und anscheinend das Wasser verseucht und an­gesichts der drückenden Hitze in Ermangelung einer weiteren Wasserzufuhr das Fischsterben verursacht.

Rottenburg, 2. Aug. Vom Blitz getroffen. Bei dem gestrigen Abendgewitter, das nur leichter Natur war, wurde in der Nähe der Kalkweiler Kapelle Schreinermeister Mauch von hier vom Blitz getroffen. Er hatte aber Glück, er kam mit dem Schrecken davon, wenn er auch bewußtlos wurde und schwere Brandwunden am Rücken erlitt. Lebens­gefahr besteht nicht.

Vom Heuberg. 2. August. Starker Besuch. Auf dem Heuberger Erholungsheim waren Mitte Juli 2273 Kinder, darunter 1117 Knaben und 1158 Mädchen unter- gebracht. Aus Berlin waren 166, aus Kehl über 100, aus Stuttgart über 200 Kinder vertreten. Die Haushaltunos- schule zählte 196 Mädchen, die Fortbildungsschule 129 Mäd­chen. Insgesamt zählte der Heuberg einschließlich der Heil­stätten 2947 Köpfe.

Aus Stadt uud Land

Nagold, 3. August 1928.

Der Rose süßer Duft genügt,'

Man braucht sie nicht zu brechen;

Und wer sich mit dem Duft begnügt»

Den wird ihr Dorn nicht stechen.

Fr. von Badenstedt.

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Der August

hat nun seinen Einzug gehalten. Er erhält sein ganz besonde­res Gepräge durch zwei Faktoren, die um diese Zeit besonders in Erscheinung treten: er ist der typische Ferien- und Reisemo­nat und der erste Erntemonat. Die tausendfach ersehnte und verwünschte, als lästig empfundene und später in rauheren und kühleren Folgemonaten so lebhaft zurückgewünschte Augusthitze, die glühende Augustsonne wenn nicht infolge unerwarteter Wetterlaunen ein April daraus wird stempeln diesen Monat so recht zu dem Jahreszwölftel, in dem Ruhe, Ausspannung, Erholung und Ortswechsel besonders angenehm empfunden wer­den. Seine heiße Hand legt sich einschläfernd und betäubend auf den Arbeitenden und läßt ihn seufzend die beneiden, die je nach Belieben seinen heißen Atem fliehen oder sich ihm an irgend einem heißen Badestrand, sei es auch .nur' im schönen Nagol­der Bad, ungebunden an Zeit und Arbeit wohlig hingeben können. Eine deutliche Verlangsamung, ja eine Ruhepause im Arbeits- und Lebenstempo ist zu spüren, Behörden, politische Einrichtungen des Staates, wie Reichs- und Landtage Hallen ihre Pforten geschlossen. Die sog.Saure Gurkenzeit' macht sich überall bemerkbar. Wer irgend kann, gibt sich im August der Ruhe hin. Aber einen ruft die Jahreszeit zur erhöhten Tätigkeit auf: den Landmann. Die gelben Halme neigen sich allerorts der blanken Sense entgegen. Das Korn ist reif und schnittfähig. Im grünen Laub beginnen Aepfel und Birnen sich mehr und mehr zu röten. Auch sie denken bereits an ihr Schicksal in der kommenden Erntezeit.

Auch für den August gibt es viele alte Bauernregeln, die das Wetter meist irgendwie mit Gedeihen von Brot und Wein oder mit dem mutmaßlichen Charakter des Winters in Beziehung setzen: Wenn's im August stark tauen tut, bleibt das Wetter meistens gut. Jst's in der ersten Augustwoche heiß, so bleibt der Winter lange weiß. Gibt's im August rechten Sonnenschein, so wird die Ernte besser sein. August ohne Feuer, macht das Brot teuer. Im August viel Regen, ist dem Wein kein Segen. Bläst im August der Nord, so dauert das gute Wetter soll. Der August muß Hitze haben, sonst wird der Früchte Zahl und Art begraben. Je dichter der Regen im August, je dünner wird der Most. Viel Hitze am Dominikus (August), ein strenger Winter kommen muß. Wenn's an Oswald (5. August) regnet wird teuer das Getreiv und wären alle Berge aus lauter Mehl breit! Sonnenschein bringt viel Obst und guten Wein.

Viele Veränderungen wandeln das Bild der Natur deut­lich im Kommen und Gehen des Augusts. An Stelle der schönen Kornfelder, deren Spiele im Winde man bei Monats­beginn so gerne zusah, sind zum Schluß leere Stoppelfelder getreten. Hie und da zeigt sich dann schon in den Laubkronen eine Neigung zum Gelbwerden, zum Altern, zum Sterben und kühlere Nachte verkünden den nahen September, das Ende des Sommers und den kommenden Herbst. Aber heute stehen wir ja erst am Anfang und vier volle Wochen winken uns noch in der ganzen Pracht sommerlicher Schönheit.

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Der Landmann wünscht im Großen und Ganzen, daß der August sonnig sei, besonders Laurentius (10.) und Maria Himmel­fahrt (15.) sollen Sonnenschein bringen. Im Lauf des Mo­nats soll viel Tau fallen und bisweilen Nordwinde wehen, was das Wetter beständig machen soll. Vor allen Dingen soll es recht warm und trocken sein, denn wenn der August kühl und regnerisch ist, so kann der September die verlorene Wärme nicht mehr einholen.

Der 100jährige Kalender verheißt im August 1928 vom 1. bis 4. große Hitze, vom 5. bis 19. Regenwetter, dann einen schönen Tag, auf welchen veränderliche Witte­rung bis zum Ende des Monats eintritt. Den jetzigen astrometeorologischen Feststellungen nach wird der Monat August ein mäßig schöner Durchschnitts-Sommer­monat werden mit lebhaft wechselnder Witterung. Zu Be­ginn des Monats ist das Wetter schön und warm und zeigt Gewitterneigung. Um den 4. und 5. August tritt eine Ver­schlechterung mit Regen und Temperaturfall ein, dann ist unbeständiges, wechselnd heiteres und trübes Wetter mit reichlichen Niederschlägen. Diese Wetterlage dürfte den gan­zen Monat über andauern: im letzten Drittel ist es trocke­ner. mit Gewitterneigung.

Förderung des Obstabsahes. Zur Förderung des Obst­absatzes veranstaltet die Württ. Landwirtschaftskammer in diesem Herbst wieder Vorträge und eintägige Kurse über Ernten, Auslesen, Verpacken und Aufbewahren des Obstes. Gemeinden und. Vereine werden gebeten, diesbezügliche An­träge spätestens bis zum 1. September ds. Js. bei der Ab­teilung für Obst-, Gemüse- und Gartenbau der Landwirt­schaftskammer einzureichen.

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Die alten Beterauen leiden Not!

Unsere Alten drückt die Not der heutigen Zeit ganz be­sonders. Und es gibt so viele unter ihnen, an die wir eine gemeinsame Dankesschuld abzutragen haben. Das sind die Männer, die die deutsche Einheit mitschmieden halfen die Mitkämpfer aus unseren siegreichen Feldzügen von 1864 1866 und 1870. Irrtümlicherweise nimmt man an, daß ibre Zahl im Laufe der Jahre eine verhältnismäßig geringere geworden sei. Das trifft nicht zu. Der beim Reichsarbeits- ministerium geführte Nachweis, wieviel Veteranen aus den früheren Kriegen noch am Leben sind, ergab für 1927 noch die überraschend hohe Zahl von 75 999 Altvete" ranen; dazu kommen noch die Veteranen aus den abae- tretenen Gebieten, für die die Feindstaaten jealicke stützung ablehnen. Die Zahl der noch lebenden Veteranen und Witwen einschließlich derjenigen in den abaetreten-n Gebieten beläuft sich noch immer auf 120 000 Personen alle stehen in dem ehrwürdigen Alter zwischen 75^00 Jahren, das die Arbeitsfähigkeit ausschließt.

Das Gefühl der Dankbarkeit war es, das eine Oraani fation zur Hilfeleistung und Unterstützung für diese Alten ins Leben rief: den Reichsverband zur Unterstützung det scher Veteranen und Kriegsbeschädigter, die Daterlan^-' speude E. V., Berlin. Der Verband, der soeben seinen Tätigkeitsbericht für das letzte Jahr vorlegt, hat sich zur Aufgabe gestellt, die Not, die bei den meisten unserer Vete­ranen und ihrer Witwen herrscht, nach Möglichkeit zu lin- dern. Er sammelt nicht nur Einzelbeträge, die er dann zur Verteilung an die Bedürftigen bringt, sondern pflegt vor allem Len Pate nsch afts geda n ke n für die Veter­anen und ihre Familien. Leider steht die Gesamtheit un­seres Volkes unter dem Druck der wirtschaftlichen Verhält­nisse, so daß der Erfolg der Werbung des Reichsverbandes nicht so ist, wie er im Interesse der guten Sache zu wün­schen wäre. Wer irgendwie in der Lage ist, die Patenschaft für den einen oder anderen oder mehrere unserer alten Kämpfer zu übernehmen, sollte nicht zögern, es zu tun. Der fortgesetzten Bemühungen des Reichsverbandes ist es trotz aller hemmenden Momente gelungen, im Lauf der Jahre 2871 Patenschaften zu begründen. Viele der unter­stützten Altveteranen und Witwen erhalten außer den monatlich bestimmten Geldbeträgen auch abgelegte Sachen, Heizmaterialien, Lebensmittel und werden zu den Festen, zum Sedanstag, zum Geburtstag des Reichspräsidenten, zu Weihnachten ufw. mit Extraspenden beglückt.

Wildberg, 2 Aug. Amtseinsetzung. Gestern nachmit­tag fand aus dem hiesigen Rathaus durch Herrn »Landrat Baitinger die Amtseiusetzung des am 30. Juni gewählten Stadtschultheißen Schmelzte statt, wozu sich außer dem Ge­meinderat und sonstigen hiesigen Einwohnern verschiedene Ver­treter von Behörden, sowie zahlreiche Amtskollegen des neuen Stadtoorstands eingefunden hatten. Einleitend gab Herr Land­rat Baitinger einen kurzen Bericht über den Rücktritt des frü­heren Stadtschultheißen d'Argent, worauf er sich ziemlich ein­gehend über die seitherige Entwicklung der Gemeindeverwaltung mit Einschluß des Sanatoriums äußerte uno dabei in aner­kennender Weise der Tätigkeit des seitherigen Amtsvecwesers und jetzigen Stadtoorstands gedachte. Nach der Vereidigung wurden Glückwünsche zum Ausdruck gebracht und Ansprachen gehalten von Gemeinderat Rau im Namen des Geweinderats, von Stadtpfarrer Völter für die Kirchengemeinde, von Ober­lehrer Rentschler für die Schule, von Stadtschultdeiß Maier-Nagold im Namen der Amtskollegen und von Gi- hemirat von Noorden für das Sanatorium. Mögen um diese Wünsche alle in Erfüllung gehen und Herr Stadtschull- heiß Schmelzte viele Jahre zum Wohl der Gemeinde seines Amtes wallen.

kleine Nachrichten ans aller Well

Gasvergiftung. In einem Haus der Barmerstraße in Elberfeld fanden die Frau, der 8jährige Sohn und die 15- jährige Tochter des Elektroingenieurs Johannes Wilke, der sich auf einer Geschäftsreise befand, den Tod durch Gas. Beim Wasserheißmachen war der Gasschlauch vom Hahnen abgefallen, ohne daß man es bemerkt hatte.

Die Hochzeitsreise.

Eine Geschichte von Ludwig Bäte.

Brahms innigesWenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht", von befreun­detem Künstlermunde gesungen, hallte immer noch in ihnen «ach, als sie einige Stunden nach der Trauung dem Bahnhofe zufuhren. Lange hatten sie überlegt, wo sie die ersten Tage des Zusammenseins zubringen wollten. Zum Rhein konnten sie des Feindes wegen nicht. Dor Strom wäre ihnen ohne­hin zu fremd gewesen in seiner sommerlichen Menschenfülle, deswegen wollten sie auch Thüringen und den Harz nicht auf­suchen, am wenigsten die Bäder der deutschen Küste. So kam das Gespräch auf eine der kleinen norddeutschen Residenzen, die sie, so nahö sie ihrem Orte lag, nur von einem der flüch­tigen SchulauSslüge ihrer Jugend kannten, die aber von unsagbar schönen Bergen umschlossen war und in sich eine Fülle feinster Kultur vergangener Tage barg; denn in beider Herzen floß heiler und froh der Strom künstlerischen Empfin­dens. Dessen Rauschen sollte sie auch heute umtönen und seine Wellen in ihr junges Glück schlagen.

Die Sonne stand schon tief, als sie durch das breitebene Land fuhren. Dann kamen die Berge immer näher, die wie ein blaßblaues Seidenband den Horizont säumten; ein Fluß winkte mit weißem Spiegel, eine Stadt grüßte mit einigen frühen Lichtern, und als die Nacht hereingebrochen war, lief der Zug in das kleine anmutige Bahnhofsgebäude von Bücke­burg ein. Dann schritten sie durch eine wundersame deutsche Vollmondsommernacht, in der ferne Nachtigallen schlugen, dem hoch gegiebelten Gasthof zu.

Hell lag am Morgen die Sonne im Fenster und beschien lächelnd den reizend altaewandeten Raum, die spiegelnden Möbel, die Stiche verblichener Durchlauchten. Draußen ritt ein Zug Jäger mit schmetternder Musik, Frauen in bunten Trachten gingen vorüber. Dächer leuchteten rot, grüne Wipfel winkten, eine Turmuhr schlug raffelnd an. Behaglich genossen sie das Kleinstadtleben, freuten sich der gemessen wandelnden Hofbeamten, der goldprunkenden Wappen der fürstlichen Schneider und Bäcker, die manchmal die halbe Wand der ge­mütlichen Häuschen einnahmen. Und saßen dann im dunklen Gestühl einer dreischissigen gotischen Hallenkirche, von der freundlichen Küsterfrau allein gelaffen.Lxvmplnm rsligioais von Struktur»«", stand draußen am Renaiffancegiebel; dennoch war es ihnen ein wunderbar stimmungssatter Raum. Oder schien es ihnen deswegen nur, weil sie ihn nicht tot sahen, weil auf der frei schwebenden goldenen Kanzel ein Mann stand, jung, voll Feuer seine Worte, aus denen die ganze flam­

mende Seete dieses Neuschöpfers deutscher Kunst uno deutschen Denkens brach, Herder? Den Graf Wilhelm, ans dessen Kriegsschule Scharnhorst kam, fünf Jahre in dieser still um­friedeten Enge hielt, bis ihn Karl August auf Goethes Drän­gen in den Zirkel der Weimarer Weile rief. Es war ihnen,

als ob sie nochmals eingesegnet würden, hingerissen von der herrlichen Fülle seiner Sprache, umsungen von den Stimme« der alten italienischen Orgel über dem Altar. Er führte sie durch eine enge Gaffe an überblühten Gärten entlang in fern einfaches Fachwerkhaus. Sie saßen an seinem Tisch und lauschten, was er ihnen aus stürmend beschriebenen Boges vorlas, die Hand auf Bibel und Shakespeare, gingen mit i« seinen grünen Garten und tranken in der Pfeifenstrauchlaube mit ihm und Frau Karoline Kaffee. Sre plauderten vo« Stratzburg und Frankreich, von Darmstadt und seiner Land­gräfin, von Wolfgang Goethes tollen Streichen und seinem gestrengen Merck, von Frankfurt und denGelehrten An­zeigen". So dicht spannen in diesem kleinen Nest die Fäde« deutscher Geistesgeschichte. Dort war Viktor von Strauß ge­boren, dort aus seinem Stamm eine der besten deutschen Dich­terinnen, Lulu von Strauß und Torney, aus deren meder­sächsisch festen Balladen er ihr oft vorgelesen hatte. Dort lebte der große Arzt vr. Faust; durch dieses Tor schritt Johann Sebastians Sohn, I. Christian Friedrrch Bach, zu seinen Mu­sikern in die Hofkapelle.

Den Nachmittag verbrachten sie im Schloßpark. Ein leichter Regen rieselte, als sie durch das steinerne Tor käme«» auf dem Herkules grimmen Drachen gebot. Eng aneinander geschmiegt, betrachteten sie des großen Adrian de Bries Bronzegruppen auf der Brücke, lachten wie die Kinder über die betagten Karpfen im Teiche, freuten sich über die jubelnde Fülle der Rosen, die hell wie ihre Liebe aus allem Dunkel brach. Das Wasser schoß zischend über das Wehr, ein Schwan steuerte leise über die metallisch schimmernde Flut. Ei« strenger Duft von nassem Gras wob durch die Alleen. I« Gezweig einer überhängendeu Buche lockte ein Vogel die junge Brut. So seltsam feierlich war ihnen zumute. In den Grün­den sang der Wind; vom Schloß her riefen Mädchenstimmen.

Am Abend waren sie zu einer Freundin gebeten. Gegen­über einem der heitersten Bw-ten des klassizistischen Stiles, den sie auf ihren Wanderungel- sahen, wohnte sie. Man lachte, trank Tee, und dann musizierten sie bis tief in die warme, linde Nacht. Schumann, Brahms, und zum Schluß fand er in einem vergilbten Bande Note« von Friedrich Bach und brachte seine muntere Barockkunst dem Genius des Orts als fröhlich Opfer.

So lebten sie ihre Tage, ließe«, sich einlullen vom heiß«

Atem der Wiesen, die in Blumen versanken, tranken das Rauschen der Wälder, sogen den Duft des golden reifende« Brots in sich ein, träumten den sonnezitternden Flügeln der Schwalben nach, lauschten dem Gesänge der schimmernd ziehenden Wolken, und das tiefe Glück der deutschen Sommer- stille rann in ihr Herz. Oder sie lagen im Schatten der grauen Burgmauer, und er las ihr vor oder flocht einige Strophen in ihr Haar. Dann besahen sie in der alten Raub- feste die Bilder Rembrandts, Cranachs und Dürers, die eine eigenwillige Hand in dieser Weltvergeffenheit festhielt und die dennoch hier im Gehaus ihrer Zeit schöner wirkten als in den Sälen der Museen. Sie tummelten sich mit den Kindern i» Park des benachbarten Bades, während leise die Kapelle spielte, und freuten sich ihrer behenden Kraft.

Am letzten Abend waren sie auf einen Berg der Um­gegend gestiegen, der wegen seiner Aussicht weithin bekannt war. Einige späte Ausflügler ließen sie bald allein. Sie standen am Geländer des steil abschießenden Felsens. Unts> unendlich cmsgegoffen das Land. Blau schwiegen die Feld«, von tiefem Goldglanz einzelner hoch gelegener Roggenstücke durchflochten. In hundert Windungen strömte der Fluß, m» Hölderlins heilige Pappeln standen stell in der rieselnden Lust Ein Wort von ihm drängte sich innig auf ihre Lchpen und ihre Herzen über ihr Ich:O heilig Herz der Völker, 0 Vater­land!" Sie standen in lauter Licht. Glocken rief«.

Gedankensplitter.

Von Julius Loeb.

Reich genug" ist just etwas mehr, als wir besitzen.

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Gleichberechtigung wünscht jeder . . . nur mit Höher­stehenden.

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Wenn uns jemand lang und breit seine Leiden erzählt, hören wir kaum zu und warten mit Ungeduld auf den SchlUv, um unsere Leiden ebenso weitschweifig vom Herzen herum« zu reden, obwohl wir die Teilnahmslosigkeit des Zuhörers eben erst an uns selbst erprobt haben.

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Was wir haben, können wir verlier«: nicht aber, was wir sind.

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Das Glück kommt selten über Rächt, aber pünktlich stellt sich der fällige Wechsel ei«.