Mit den illustrierten Unterhaltungsbeilagen „Feierstunden" u. „Unsere Heimat"
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jedem Werttage. — Verbreitetste Zeitung im O.-A.-Bezirk Nagold. — Schriftleitung, Druck und I Verlag von E. W. Zaiser (Karl Zaiser) Nagold !
Mit der landwirtschaftlichen Wochenbeilage „Haus-, Garten-«.Landwirtschaft"
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Nr. 1S7 «--siünd-, iss Donnerstag, den 14. Juni 1828 F-,»,p„ch„102. Iahrgaas
Tagerspiegel
Der Parkeiausschuß der demokralischen Parkei Hamburg nahm eine Entschließung an, in der die engere Zusammenarbeit mit der Deutschen Volkspartei abgelehnt wird, weil diese Vereinigung alte, erprobte Anhänger abstoßen würde.
Der republikanische Nationalkonvenk der Vereiniglen Staaten ist unter dem Vorsitz des Senators Moses in Kansas City zusammengekreken, um die republikanischen Kandidaturen des Präsidenten und Vizepräsidenten aufzufkellen. Voraussichtlich wird der bisherige Handelsminisker Hoover als Kandidat für den Posten des Präsidenten und Dawes für den des Vizepräsidenten ausgestellt. Loolidge hat nach einer Amtsführung von 87 Monaten die Bewerbung abge- lehnk.
Die Hilfe für Nobile
Das von der italienischen Regierung nach Spitzbergen entsandte Wasserflugzeug Savoya 55 unter Führung des Majors Waddalena (an Bord befinden sich vier Offiziere und ein Monteur) mußte, wie bereits gemeldet, bei Vienne auf der Rhone eine Notlandung vornehmen. Am 12. Juni, morgens 8 Uhr, konnte der Weiterflug nach Amsterdam angetreten werden. Auf dem Seengebiet bei Alsmeer (Holland) mußte Maddalena wegen Benzinmangels abermals landen. Nach Auffüllung eines Tanks ging der Flug weiter nach Amsterdam. Auf dem Flughafen Schellingwoude wurde nachmittags 4.45 Uhr gelandet. Das Flugzeug nahm dort 3500 Liter Benzin ein und fetzte den Flug nach Kopenhagen fort, wo es abends 9.30 Uhr eintraf. Am 13. Juni, morgens 8.50 Uhr, stieg die S. 55 nach Spitzbergen über Stockholm und Lutea auf. Das Flugzeug will versuchen. Nobile und seinen Leuten Schlitten und anderes Material zuzusühren.
Die letzten Nachrichten von Nobile besagen, daß der Rest der Bemannung sich in äußer st erNot befinde, 7 Mann -seien verschallen. Der größte Teil der Nahrungsmittel und der Ausrüstungsgegenstände befand sich auf dem Luftschiff.
Die italienischen Alpenjäger befinden sich noch immer mit dem Flieger Lützow-Hotm zusammen an der Masselbuchk. Dem Dampfer „Hobby" gelang es, ihnen zwei Mann mit Betriebsstoff und Vorräten zuzusenden.
Unglücklicherweise hat sich die Wetterlage geändert. Bei Spitzbergen weht starker Nordwestwind mit Schneefällen: es bestellt die Gefahr, daß die Schiffbrüchigen noch weiter von der Rettungsstation auf ihren Eisschollen abgetrieben werden und daß es ihnen noch schwerer wird, Land zu erreichen.
Der neueste Bericht Nobiles
Aus Rom wird gemeldet, die Funkverbindung zwischen Nobile und der „Citta di Milano", die einen ganzen Tag fast unterbrochen war, sei am 13. Juni wieder hergestellr worden. General Nobile habe gefunkt: Am Abend befand sich die Gruppe, bei der Nobile weilt, bei 80 Grad 38 Minuten nördlicher Breite und 26 Grad 55 Minuten östlicher Länge. Am 25. Mai um 10.30 Uhr flog die „Jtalia" in einer Höhe v-ir 500 Meter, als sie plötzlich schwerer wurde und sehr schnell herunter ging. Der Absturz auf das Packeis dauerte nur zwei Minuten. Die Kabine und ein Teil des oberen Gestells zerbrachen, während das Luftschiff in östlicher Richtung weggetrieben wurde. Unter den zurückgebliebenen Trümmern fanden sich wie durch ein Wunder alle fassen der Kabine auf dem Eis wieder, auch fast alle Geis waren da. Am Abend des 30. Mai trennten sich 14 mn. nordöstlich der Insel Doyn die italienischen Majore Mariono und Zapp! und der schwedische Gelehrte Malgrin von ihren Kameraden und ichlugen, mit Lebensmitteln ver-
sehen, -st Richtung zum Nordkap ein. Sie gedachten, 10 Km. »Mich zurückzulegen. Mit Nobile selbst befinden sich der sichechoslowakische Gelehrte Behunek, der Marineleutnant «rgtieri, der Ingenieur Troiani, der Techniker Cecioni und Funker Magi. Die anderen Mitglieder der Expedition, me auf dem Luftschiff geblieben warem sollen Lebensmittel z Monate und ihre ganze Ausrüstung mit Och hoben. Von der Gruppe Nobile sind zwei Mann verletzt . Das Eis, auf dem Nobile sich befindet, trägt ver- Aedentlich Risse, die sich zuweilen zu Kanälen erweitern.
, Aöch neueren Nachrichten ist es dem Dampfer „Hobby" gelungen, vom Eis loszukommen und weiter nach Norden ovrzudringen. Der norwegische Flieger Riiser Larsen un- remohm einen Erkundungsflug, über dessen Ergebnis noch nichts bekannt ist.
, Der Eisbrecher „Braganza" ist in Königsbucht einge- "°sten, um Benzin und andere Vorräte an Bord zu nehmen.
russische Eisbrecher Malygin ist mit einem Flugzei n Bord aus Archangelsk in Richtung Spitzbergen abg Mgen. wohin am 14. d. M. abends auch der Eisbrech Amon, vormals Fwjatvgor, der grösste Eisbrecher ix ^"elt, ausloufen wird.
Amerika hat wieder das Wort
' Nämlich in der Kriegsschuldfrage. Nicht zum ersten Male. Unsere Leser erinnern sich, daß vor Jahren der Senator Robert Owen im Parlament einen Antrag eingebracht hatte, wonach der Präsident der Vereinigten Staaten eine Kommission zur wissenschaftlichen Prüfung der Ursachen des Weltkriegs einsetzen sollte. Freilich ist nicht viel daraus geworden. Auch nicht aus einem anderen Antrag, den ein paar Jahre nachher der Abgeordnete Berger stellte, und der sogar eine Revision des Versailler Vertrags und des Dawesplans forderte.
Dagegen ist die öffentliche Meinung durch amerikanische Gelehrte immer mshr und wirkungsvoll für diese Ehren- und Existenzfrage des deutschen Volks interessiert worden. In noch frischem Gedächtnis ist die Reise des amerikanischen Vorkämpfers für Deutschland, des bekannten Universitäts- Professors Barnes, der mit den schärfsten Worten die Behauptung der Alleinschuld Deutschlands am Weltkrieg als dreiste Lüge gebrandmarkt hatte. Wie er haben viele namhafte Gelehrte und Staatsmänner der Vereinigten Staaten sich für die Unschuld Deutschlands eingesetzt. Man denke an Arthur Brown, Frederic Bausmann, Albert Nock, Gerard, Sidney Fay, Freeman, sogar Professor Herron, der früher das Gegenteil behauptet hatte.
Doch genug hievon. Woraus wir heute aufmerksam machen wollen, ist eine Meldung der „United Preß" vom 25. Mai. Hienach hat der Senator Shipstead im amerikanischen Senat eine Resolution folgenden Wortlauts eingebracht:
„Der Auswärtige Ausschuß soll im Sinn der Gerechtigkeit einen Entschluß darüber fassen, wb die Vereinigten Staaten eine Revision des Vertrags von Versailles empfehlen können, oder aber den alliierten Mächten ein Uebereinkommen vorschlagen, nach dem die Bestimmung des Versailler Vertrags, die Deutschland Schuld am Weltkriege zuspricht, gestrichen wird." Als Begründung verweist Senator Shipstead auf die zahllosen Beweise dafür, daß der Artikel 231 auf „Hysterie, Heuchelei und Fälschung" gegründet sei.
Was wird nun die amerikanische RegiexuyL tun? Von
Jahr zu Jahr sind Amerikaner und Deutsche einander nähergekommen. Schon das war ja seinerzeit ein gutes Zeichen, daß Amerika den Versailler Vertrag nicht unterzeichnet hat, obwohl sein Präsident Wilson an dessen Zustandekommen einen hervorragenden, ja sogar ausschlaggebenden Anteil hatte. Auch sind bekanntlich die Vereinigten Staaten heute noch nicht dem Völkerbund beigetreten, weil sie diese Einrichtung richtig als das beurteilen, was sie ist: die Vollstreckerin des Versailler Vertrags und die Garantie für die dort gezogenen Grenzen. Die Vereinigten Staaten schlossen vielmehr einen Sonderfrieden mit Deutschland ab. In vielen diplomatischen Fällen stellten sie sich auf Seite Deutschlands und Deutschland — wie neuerdings bei Kelloggs Kriegsächtungspakt — auf Seite Washingtons. Dazu nehme man die Freigabe des beschlagnahmten deutschen Eigentums, einen nachahmenswerten Vorgang für die anderen Staaten. In den Vereinigten Staaten besonders erging und ergeht heute stärker als in jedem anderen Staat, der Ruf nach Revision des Dawesplans, der uns ab 1. September d. I. 2500 Millionen ü. h. täglich 6 849 000 Goldmark abpreßt. — Also Deutschland wartet nur auf eine Tat der Gerechtigkeit von Amerika, das der deutschen Kultur unendlich viel verdankt.
Doch noch eines. Gleichzeitig mit Shipsteads Antragstellung hat im englischen Unterhause — und zwar am 24. Mai 1928 — der Abgeordnete Hopkinson über die schlimmen Wirkungen der deutschen Reparationen für die britische Industrie geäußert und dabei gesagt: „Abgesehen von ein paar Mitgliedern des Parlaments gibt es wohl keinen denkenden Menschen in Großbritan">->n, der in den deutschen Reparationen nicht einen Fluch sieht. Es ist mir immer ein Rätsel gewesen, wie die Regierung -ines zivilisierten Landes jemals von einem besiegten Feinde solche Reparationen verlangen und damit den ganzen Lebensstandard eines Volks Hinabdrücken und sein ganzes Leben habe in Verwirrung bringen können. Jnsbeiondere habe ich mich immer gewundert, daß die Abgeordneten der Grubenarbeiter nicht aufgestanden sind, um die Regierung für ihre Torheit, auf solche Weise die britische Industrie umzubringen, in Stücke zu zerreißen."
Amundsen erklärte, er habe seinen Plan, eine Expedition zur Bergung der „Jtalia"-Mannschaft zu organisieren, aufgeben müssen, da seine amerikanischen Freunde -<ur dann bereit seien, sich daran zu beteiligen, wenn sie von einer Regierung darum ersucht würden. — Italien lehnte aber bisher stolz jede fremde Hilfe ab, so notwendig es sie brauchte.
Deutscher Reichstag
Berlin, 13. Juni.
Saal und Tribünen sind dicht besetzt, ais der Alterspräsident Abgeordneter B o ck-Gotha (Soz.) die erste Sitzung des neuen Reichstages eröffnet. Er gedenkt zunächst, während sich die Abgeordneten von den Sitzen erheben, der furchtbaren Eijenbahnkatastrophe bei Siegelsdorf und spricht den Hinterbliebenen der Opfer das herzliche Beileid des Reichstags aus — Er beruft dann zu Schriftführern die Abgeordneten Dr. Philipp (Dn.), Frau Teusch (Z.), Torgler (Kom.> und Runkel (D. Vp.). Schriftführer Abgeordneter Dr. Philipp (Dn.) stimmt darauf den Namensaufruf vor. Am Schluß des Namensaufrufs stellt der Alterspräsident Bock fest, d^ß 462 Abgeordnete anwesend sind, dos Haus also beschlußfähig ist. Der Schriftführer verliest sodann die von den Kommunisten, Zentrum, Deutschnationalen und den Nationa'slizialisien eingegangenen Anträge betr. Hilfsmaßnahmen und Amnestie. Um 16 Uhr stellt der Alterspräsident das Einverständnis des Hauses damit fest, daß die nächste Sitzung ani Donnerstag um 2 Uhr stattfindet und aus die Tagesordnung die Wahl des Büros und die heute verlesenen Anträge gesetzt werden.
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Die volksparteiliche Fraktion hat beschlossen, die kommunistische Kandidatur für den dritten Vizepräsidenten des Reichstags nicht anzuerkennen, da die Kommunisten sich jederzeit bewußt außerhalb der parlamentarischen Geschäftsordnung gesteltt haben; sie hat den anderen Fraktionen mit» geteilt, daß fie eine eigene Kandidatur für den dritten Vize- Präsidenten in -er Person des Abgeordneten von Kardorff
Zur Regierungsbildung
Berlin» 13. Juni. Das Ergebnis der Verhandlungen zwischen dem zur Regierungsbildung beauftragten Abgeordneten Hermann Müller (Soz.) und den Vertretern des Zentrums haben in der Zentrumsfraktion befriedigt. Dr. Brauns (Ztr.) soll Arbeitsminister bleiben.
Heute werden weitere Besprechungen Müllers mit den Führern der für die große Koalition in Frage kommenden Parteien stattfinden. Die Verhandlungen Müllers mit der Wirtschaftspartei haben sich zerschlagen. Die Deutsche Volkspartei ist dagegen bereit, in das Kabinett Müller einzutreten, sie wünscht aber, daß die Deutsche Dolksparkei auch in die Regierungskoalition in Preußen ausgenommen werde. Im preußischen Landtag ist jedoch hieflir kaum Neigung vorhanden, jedenfalls sei vor den preußischen Gemeindewahlen im Herbst an keine Umbildung der gegenwärtigen preußischen Regierung z« denken.
Wükerer Rückgang der Arbeitslosigkeit
Berlin, 13. Juni. In der Arbeitslosenversicherung ist in der Zeit vom 15. bis 31. Mai die Zahl der männlichen Hauptunterstützungsempfänger weiter um rund 19 700 oder um 4 v. H. gesunken, während bei den Frauen wieder eine geringe Zunahme um 7000 oder 4,8 v. H. zu verzeichnen ist. Insgesamt ging die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger von rund 642 200 auf 62S500, das ist um 12 700 oder um 2 v. H. zurück.
In der Krisenunterstützung sank die Zahl de, Hauptunterstützungsempsänger von 142 900 auf 132 4Vß oder um 7,3 v. H.
Die Zahl der Notstandsar beiter hat um 4^> o. H. abgenommen. Sie betrug am 31. Mai rund 87 VOO. Davon hatten vorher Arbeitslosenunterstützung 67 600, Krisenunterstützurig 20 300 erhalten. Auf 100 Hauptunterstützungsempfänger in der Arbeitslosenversicherung entfielen somit 10,7, auf 100 Hauptunterstützungsempsänger in der Krisenfürsorge 15,4 Notstandsarbeiter. -
^ Von der Genfer Arbeilskonserenz
Genf, 18. Juni. In der gestrigen Sitzung der Internationalen Arbeitskonserenz sprach der Vorsitzende Thomas das Bedauern aus, daß England von einer Wanderung de» Wask.'ytone? Abkommens über den achtstündigen Arbeitstag seinen Beitritt zu dem Abkommen abhängig mache. Er richtete die Bitte an Engicnd, von seinem Verlangen abzustehen, da sonst die Gezahi bestehe, daß auch diejenigen Staaten, die berests beigetreten seien oder zugestimmt haben, wieder zurücktreten.
Amerikanische Truppenverstärkungen für Nicaragua.
Washington, 13. Juni. Der amerikanische General Mc. Esy der die Präsidcntschaftswahlen in Nicaragua im Oktober überwachen soll, hat um Entsendung von weiteren 600 Marincioldaten nach Nicaragua ersticht.