Dienstag, 5. Juni 1S28
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Ük. 130 Gegründet 1827
' Tagerspiegel
Me Reichsbahn hat nach der V. Z. ihren Slnlrag auf Erhöhung der versonenkarife zurückgezogen, verlangt dagegen eine Erhöhung der Gütertarife um 5 v. H.
Der japanifche General Aukuda ist zum Oberbefehlshaber -er 14 000 Manu starken japanischen Truppenmacht in der Mandschurei ernannt worden. Aengjusiaug soll der japanischen Regierung mikgeteilt haben, daß er keine Absichten auf sie Nordmandschürei habe und zu Ariedensverhandlungen bereit sei.
Zum zweiten Stahlhelmtag, der vom Freitag bis Samstag in Hamburg stattfand, sind 138 000 Stahlhelmleute ein- getrossen. Es wurde eine Botschaft verkündet, die eine Ergänzung der vorjährigen Berliner Botschaft bilden und die sich besonders gegen zuchtlose undeutsche Elemente richten soll. Die Botschaft sagt:
Der Stahlheim kennt den Krieg und wünscht deshalb den Frieden. Nur Wille und Kraft zur Verteidigung erhalten den wahren Frieden. Das furchtbare Hamburger Giftgas-Unglück zeigt, was unser wehrlos gehaltenes Volk in einem Zukunstskrieg zu erwarten hat. Nur die Gleichberechtigung in der Wehrstärke aller Nationen sichert den Frieden.
Er fordert, daß eine deutsche Außenpolitik, dis wirkliche uird dauernde Erfolge erringen will, ihre erste Anstrengung nach innen richtet.
Er fordert nachdrücklich den WiderrufderKriegs- schuldlüge. Wir lehnen den Völkerbund, solange er ein Machtmittel der bis an die Zähne gerüsteten Sieger- staaten bleibt, ab.
Er erkennt den Raub der deutschen Heimat- und Kolonialgebiete nicht an. Er lehnt die „Reparationen", die eine Wiedergutmachung bedeuten sollen, ab, weil sie in Wahrheit zu einer Kriegsentschädigung geworden sind, die nur mit wirtschaftlichen und militärischen Zwangsmitteln von Deutschland erpreßt ist.
Er verteidigt auch das kleinste Privateigentum als Grundlage jeder Kultur und Voraussetzung der inneren Zufriedenheit jedes einzelnen Menschen. Das verheerende Wuchern des S t a a t s s o z i a l i s m u s erdrückt die schöpferische Kraft der privatwirlschaslüchen Verantwortung und untergräbt die tragende Schicht jeden Volkes, den Mitte!-- stand.
Er fordert nationale Wirtschaft und Stärkung des inneren Marktes zur Erlangung der deutschen Nahrungssrelheit. Die deutsche landwirtschaftliche und industrielle Erzeugung muh in die Lage versetzt werden, mit ihren Gestehungskosten den Wettbewerb des Auslandes ertragen zu können. Finanz- und Steuerpolitik müssen sich diesem Gebot sügen.
Er erkennt, daß das Schicksal des Arbeiters abhängig ist vom Schicksal der Nation. Der Stahlhelm, der um die deutsche Freiheit ringt, kämpft deshalb für den deutschen Arbeiter.
Er verlangt die arbeitsrechtliche Gleichstellung aller Arbeitnehmer. An Stelle einer gleich- machendei! Lohnpolitik müssen Aufstiegsmöglichkeiten durch Bewertung der Leistung geboten werden. Den führenden Kreisen der Wirtschaft ruft der Stahlhelm zu, hch ihrer nationalen Verantwortung den deutschen Arbeitnehmern gegenüber bewußt zu sein.
Die Rechtsordnung wird für die neue soziale Auffassung die Rechtssätze und die Einrichtungen des Rechtsschutzes finden müssen. Mit dieser Neuordnung wird unvereinbar lem die Duldung eines Bürgerkriegs, wie er heute in den seinen von Streiks und Aussperrungen als rechtlich erlaubt, geführt werden kann.
Unsere Arbeit soll der Zukunft Deutschlands dienen. Wir wollen den Geist der Verneinung, des internationalen Materialismus und der Selbstsucht überwinden durch den Geist er Hingabe und des Opfermuts im Glauben an den Sieg °es Guten, im Glauben an Gott.
» ^e Freiheit im Staat, die Freiheit in der Welt, die Progrä^ 2^eit, die Freiheil der Seele — das ist unser
Neueste Nachrichten
Besprechungen des Reichspräsidenten mik den Frakiwnsführern
l,.-derliN' 5. tzuni. Reichspräsident von Hindenburg Absicht, mit den Führern der Reichstagsfraktion u oi». . doche die politische Lage im Hinblick auf die Re- S'krungsbildung zu besprechen.
^r Reichswehrminister verbietet -ea Offizieren hie Zugehörigkeit zum «Kaiserlichen Nachtklub'
bak^EM'^ 2uni. Reichswehrminister General <Sröner , den Offizieren der Reichswehr und der Marine, die
Mittwoch, den 6. Juni 1SL8 Fernsprecher Nr 29 102. Jahrgang
Tfche« in Berlin
In diesen Tagen kommt ein bedeutsamer chinesischer Staatsmann nach Berlin, Dr. Eugen Tschen, dem wir Deutsche zu Dank verpflichtet sind, weil er sich während des Weltkriegs in der damals von ihm geleiteten, in englischer Sprache erscheinenden Zeitung „Peking Gazette" scharf gegen die Vergewaltigung des Deutschtums in China zur Wehr gesetzt hat. Dr. Tschen ist 1878 in Trinidad, Westindien, geboren; er soll von chinesischen Eltern abstammen. Aber sicher ist das nicht. Jedenfalls war er zunächst sein halbes Leben lang britischer Staatsangehöriger, studierte in England die Rechte und lebte bis 1912 als Rechtsanwalt mit einer gutgehenden Praxis in London, in seinem Aeuheren als Chinese kaum zu erkennen. 1912 ging er nach China und wurde Herausgeber der „Peking Gazette", deren scharfe Oppositionssprache ihn mit der Pekinger Regierung in immer ernsteren Streit verwickelte, so daß sein Abgang von der Hauptstadt mehr einer Flucht gleichkam.
Die Gedanken des Kantoner Nationalrevolutionärs Sunjatsens hatten in Tschen tiefe Wurzeln geschlagen. Alle seine geistigen Kruste und vor allem seine große Erfahrung im Verkehr mit dem englischen Recht, der englischen Politik stellte er der vom Süden Chinas ausgehenden nationalen Bewegung zur Verfügung. 1919 war er Mitglied der Abordnung, welche die Kantoner Regierung zur Pariser Friedenskonferenz entsandte, von 1922 bis 1924 war er Sunjatsens erster Gehilfe in der Leitung der auswärtigen Geschäfte Kantons. Dann wurde er im April 1926 Minister des Auswärtigen der Südregierung. Sun- jatsen war tot, Tschen verwaltete als Politiker sein Erbe,
bisher Mitglieder des bekannten „Kaiserlichen Nachtklubs' in Kiel waren, befohlen, aus Lem Klub auszukreten, weil der Klub sich geweigert habe, seinen alten Namen in „Deutschen Nachtklub" abzuändern.
Den Offizieren der Reichswehr ist auch die Mitgliedschaft im Deutschen Offizierbund verboten.
Die Fürstenabfindung in Hessen
Darmfiadt, 5. Juni. Der Finanzausschuß des hessischen Landtags hat in seiner heutigen Nachmittagssitzung die Regierungsvorlage über die Auseinandersetzung des Volksstaats Hessen mit dem ehemaligen großherzoglichen Hause, die eine endgültige Abfindung mit etwa neun Millionen Mark vorsieht, nach kurzer Beratung mit sechs Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten gegen fünf Stimmen der Demokraten, des Zentrums und der Deutschen Volkspartei bei Stimmenthaltung von zwei Vertretern des Landbunds ab ge lehnt. Es ist dadurch eine verwickelte Lage entstanden. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Vorlage der Regierung abgelehnt wird.
Auflösung der „Bürgerlichen Vereinigung" in Baden
Karlsruhe» 5. Juni. Im badischen Landtag gab gestern der Vorsitzende der bisherigen Fraktion der Bürgerlichen Vereinigung, die sich aus Vertretern der Deutschnationalen, des Landbunds und den Mittelständlern zusammensetzte, die Erklärung ab, daß sich die Bürgerliche Vereinigung auf- gelöst habe. Acht Abgeordnete der 11 Mitglieder zählenden Bürgerlichen Vereinigung haben sich zu einer neuen deutschnationalen Fraktion zusammengeschlosfen, während die drei restlichen Mitglieder eine Gruppe der Wirtschaftspartei bilden. Im Verfolg dieser Spaltung legte der zweite Vizepräsident des Landtags, der der neuen Gruppe zugehört, aber das Vizepräsidium als Mitglied der Bürgerlichen Bereinigung erhalten hatte, seinen Posten nieder.
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Dom Völkerbundsrat
Genf, 5. Juni. Die 50. Ratstagung bot bisher außer den üblichen Besuchen bnd Vorbesprechungen nichts Bemerkenswertes. Der Bericht des Dreierausschusses Über die Szent- Gotthavd-Angelegenheit (Waffenschmuggel durch Ungarn) wurde vom Rat heute in geheimer Sitzung behandelt. Frankreich, Tschechoslowakei, Südslawien und Rumänien sind mit dem Bericht nicht zufrieden, weil er angeblich keine Sicherheiten für die Zukunft biete. Der polnisch - litauische Streit wegen Wilna, den die letzte Ratstagung übergangen hatte, soll diesmal zu ernsten Erörterungen führen.
Die Lage in Peking
Peking, 5. 3uni. Der frühere Ministerpräsident Wangshihchen setzte einen Ausschuß zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit ein, der die Leitung der Polizei und der hier verbliebenen 1500 Mann der nordchinesischen Truppen übernommen hat.
„Chicago Tribüne" berichtet aus Peking: Die Räumung der Stadt und ihrer Umgebung geht langsam vonstatten, da großer Mangel an Ersenbahnmaterial herrscht. Sechs Armeen stecken noch fest, obwohl der feindliche Druck nicht erheblich ist. Die mandschurischen Truppen Tschangtsolins
neben ihm als Heerführer stand der begabte Offizier Marschall T s ch i an g k ai sch e k. Die große Organisation, die »as ganze Volk zur Einigung und Befreiung zusammenrisf, war die von Sunjatsen gegründete und ausgebaute Partei Kuomintang.
Die Einigung Chinas war soweit vorgeschritten, daß auch die Weltmächte, vor allem das bis dahin noch immer widerstrebende England, die Stunde kommen sahen, wo es galt, mit der Südregierung als mit einer realen Macht zu rechnen und ihren berechtigten nationalen Forderungen Verständnis entgegenzubringen. Als erster Staatsmann des neuen Chinas hat Eugen Tschen in die ungleichen Verträge mit den zögernden Gegnern Bresche geschlagen. Da traten innerhalb der Kuomintang scharfe Gegensätze in die Erscheinung. Während der rechte Flügel der Partei die Ziele und Ansichten der bürgerlichen Nationalen verkörperte, stand der linke Flügel schon ganz im Kommunismus. Hier gab der Moskauer Bolschewist Borodin den Ausschlag, den Dr. Tschen als Ratgeber der Regierung herangezogen hatte. In diesen entscheidenden Stunden sich überspannten Gegenforderungen gegen Englands Entgegenkommen angeschlossen zu haben, war Dr. Tschens großer staatspolitischer Fehler. Die Folge war eine Spaltung der Kuomintang und eine vollständige Auflösung ihres linken Flügels durch den Marschall Tschiangkaischek, der nun sein eigener Staatsmann und Minister des Aeußern wurde. Tschen muhte gehen. Er wandte sich nach Moskau, wo er seit dem vorigen Sommer geweilt hat und von wo er jetzt nach Berlin kommt.
Welchen Zweck der Besuch Dr. Tschens in Berlin hat, weiß man nicht.
haben 60 v. H. des chinesischen ro'ienden Eisendehnmaterials sowie die Reparaturmaschinen usw. mitgeführt.
Nach einer Meldung der japanischen Zeitung „JijWn- po" soll Tschangtsolin seinen Verletzungen erlegen sein. Sein Tod werde geheimgehalten.
Nach einer chinesischen Meldung aus Mukden soll nicht Tschangtsolin, sondern der bei dem Bombenattentat eben- falls schwer verletzte Gouverneur von Heilungkicmg gestorben sein. Der Zustand Tschangtsolins sei sehr ernst.
Eröffnung der Wanderausstellung der Deutsche« Land- wirkschaflsgesellschafi
Leipzig. 5. Juni. Die 34. Wanderausstellung der Deusi schen Landwirtschastsgesellfchaft wurde heut« mittag um 1> Uhr in Anwesenheit von Ministern des Reiches und der Länder, von Vertretern staatlicher und sonstiger Behörden, der Landwirtschaftskammern, des Reichsrats, des Reichswirt, schaftsrats, des Deutschen Landgemeindetages, des Reichslandbunds und vieler anderer Körperschaften feierlich eröff- net. Reich-.minister für Ernährung und Landwirtschaft Dr. Schiele übermittelte zuerst die Grüße des Reichspräsiden, ten und der Reichsregierung. Er gab darauf seiner Freud« Ausdruck, den ungebrochenen Selbstbehauptungswillen de» deutschen Landvolks festzustellen, das trotz aller Not und allen Widerwärtigkeiten ständig bestrebt sei, der deutschen Volkswirtschaft und dem deutschen Volke zum Nutzen und segen zu gereichen. Keine andere Wirtschastsgruppe Hobe unter den Folgen des Krieges und der Nachkriegszeit so ge- /itten wie die Landwirtschaft. Der Reichsminister sprach Hoffnung aus, daß die Landwirtschaft im Zusammen» wirken mit Handel und Industrie der wirtschaftlichen und damit auch der politischen Freiheit des deutschen Volkes eine Gasse bahne.
Mrilembng
Der Norma-Prozeß
Stuttgart, 5. Juni. Die weitere Verhandlung bracht« Ueüerraschunaen und Aufregungen. Es wurde der Berliner Jndlfftrielle Kahn, der Hauptaktionär der Riebewerke In Berlin, aufgerufen. Er behauptete, von der Verwertung der Zeichnungen der Normawerke im Betrieb der Riebe- werke habe er nichts gewußt. Die Kugellagerkonvention habe, und zwar insbesondere durch den Einfluß der Normawerke. die Tcndenz gehabt, die Preise möglichst hochzuhalten. Der SKS.-Konzern, dem die Normawerke angeschlossen sind, sei ein Unternehmen internationalen Charakters, das mit 105 Millionen schwedischen Kronen arbeite und bestrebt sei, unter Zurückdrängung der deutschen Kugellagerindustrie zu einem Welttrust sich zu entwickeln. Die deutsche Kugellagerindustrie solle dadurch vom Weltmarkt, den sie früher zu einem erheblichen Teil beherrschte, fern- gehalten werden. Wa- Karrer betreffe, so sei er zweiftl- los der Kopf der Normo gewesen. Karrer sei imstande, innerhalb drei Stunden ohne jede Unterlagen einen vollkommenen Leitfaden der Kugellagerherstellung vom Rohstoff bis zum Fertigstück auszuarbeiten. Ein materielle» Interesse habe Karrer nicht geleitet. Zu einer heftigen Auseinandersetzung kam es zum Schluß der Rede Kahns, als dieser behauptete, der ganze Prozeß sei nichts als ein Kon -