Seite 4 — Nr. 117
Ragolder Tagblatt »Der Gesellschafter"
Montag, 21. Mai 1SL8
Die gelbe Pest! — Weg mit ihr! Der Hederich, auch Dill genannt, wird mit Recht als die gelbe Pest bezeichnet, da er durch Verunkrautung der Felder außerordentlichen Schaden verursacht. In manchen Gegenden in Bayern ist das heurige Jahr ein ausgesprochenes Hederichjahr: massenhaft zeigt er sich auf den Feldern. Dazu kommt. Laß die gegenwärtig srrsche Witterung zwar den Hederich wenig stört in seiner Entwicklung, mahl aber das Getreide nicht vom Boden wegkommen läßt. Darin liegt die große Gefahr, daß der Dill über das Getreide Herr wird, und das ist gleichbedeutend mit einer neuen Verseuchung mit Dillsamen und mit einer starken Ernjeminderunq oder sogar mit einer Mißernte. Daher mutz die Paral' für die Landwirte lauten: „Weq mit dieser Schmarotzerpflanze!" Die deutschen Landwirlschafks- stcllen geben gerne Aufklärung über die zweckmäßige Bekämpfung des Dills. Ein? Säuberung der mit Hederich verseuchten Aecker ist nur möglich, wenn vorbeugende und direkte Bekämpsiingsmastnabmen Hand in Hand gehen. Das am längsten bekannte Verfahren, die Bespritzung der Felder mit Eisenvitriol-Lösung ist auch heute noch das wirksamste und billigste Mittel -In qüngster Zeit wird zum Bespritzen des Hederich auch Raphanit empfohlen. Bei richtiger Durchführung und passender Witterung wird nach dem Spritzen kein Dill mehr vorhanden sein, oder io wenig, daß er leicht aus dem Boden gezogen werden kann.
Der nnerla:b!e Hausierhandel mit Arzneimitteln und Tierarzneimitteln hat in letzter Zeit wieder stark zugenom- inrn. Die Vr^ise der auaebotenen Waren überst-men ^aufia die ordentlichen Taxpreise um ein Mehrfaches. Das Verbot wird auch so umaangen, daß die Verkäufer die Waren nicht unmittelbar abaeben, sondern Bestellungen darauf entaegeu- nehmen. Die Bezirksbehürden sind deshalb von den Behörden angemielen mord-m. den Verkauf und da^ Fe>Gieten non Arzneimitteln jeder Art im Umherzielien scharf zu überwachen und die Uebenreter zur Bestrafung zu bringen.
Haiterbach, 21. Mai. Auszeichnung. Nach Beendigung der gestrigen Hauptübung der hiesigen Feuerwehr wurde dem verdienten Kommandanten der Feuerwehr, Ee- meinderat Ziegler, das vom Württ. Landesfeuerwehrverband verliehene Feuerwehr-Verdienstkreuz übergeben. Stadtschultheiß Bernhardt übermittelte zunächst die Glückwünsche des Verbands. Hierauf sprach er dem Kommandanten namens des Eemeinderats, der vollzählig dieser Ehrung anwohnte, den Dank für die treu geleisteten Dienste aus und beglückwünschte den Kommandanten zu dieser seltenen Auszeichnung. Diesem Dank und Glückwunsch schloß er die eigene Anerkennung und diejenigen der gesamten Feuerwehr an. Kommandant Ziegler gehört seit 35 Jahren ununterbrochen der hiesigen Feuerwehr an und steht bereits im 10. Jahr in führender Stellung. Der Ortsvorsteher sprach sodann noch den Wunsch aus, es möge Herr Ziegler noch viele Jahre an der Spitze unserer Feuerwehr bleiben; das Berdienstkreuz sei nicht in der Absicht verliehen worden, als Abschluß für seine Tätigkeit auf diesem Gebiet zu dienen, sondern — im Gegenteil — es soll ihn veranlassen, noch recht lange auf seinem Posten auszuharren. Nach Uebergabe der Auszeichnung und der Ehrenurkunde brachte Vizekommandant Walz noch besonders den Glückwunsch der Feuerwehr zum Ausdruck. Kommandant Ziegler dankte hierauf herzlich für die ihm zuteil gewordene Ehrung und bat die gesamte Feuerwehr weiter treu zur Sache zu stehen.
Althengstett, 19. Mai. Tödlicheren glücksfall. Gestern abend wurde innerhalb des Ortes die Witwe Elisabet Weit von einem aus Richtung Calw kommenden Personenkraftwagen überfahren und tödlich verletzt; ein Enkelkind, welches die Verunglückte an d. Hand führte, kam mit nicht unbedeutenden Verletzungen davon. Die Schuldfrage ist bisher ungeklärt.
Hirsau, 21. Mai. Vetriebsübergabe im Kur- hotelKlosterHirsau. Das Kurhotel Kloster Hirsau ist durch Kauf aus dem Besitz der Gemeindeverwaltung Hirsau an Hotelier Theodor Wagner aus Mannheim übergegangen. Als Kaufpreis wurden 230 000 -1t bezahlt. Nachdem das Haus fast 1K- Jahre als Regiebetrieb der Gemeinde Hirsau geführt worden ist, ist es nunmehr in diesen Tagen an den neuen Besitzer übergeben worden: Gestern fand die offizielle Eröffnung statt.
Freudenstadt» 20. Mai. Neue Kraftpostlinie. Vom 15. Mai an verkehren neben den Kraftposten Freudenstadt—Kniebis—Mexanderschanze—Zuflucht auch solche auf der Strecke Freudenstadt—Alexanderschanze—Bad Peterstal (Renchtal).
Freudenstadt, 19. Mai. Von einem Auto angefahren. Gestern nachmittag ^4 llhr wurde in der
Stuttgarter Straße der acht Jahre alte Sohn Erich des Holzhändlers Gottfried Moser von einem Postauto angefahren. Das Kind wollte, nachdem die zurzeit dort arbeitende Dampfwalze an ihm vorüber war, vom Schwanen- hof her über die Straße gehen. In diesem Augenblick kam das Auto die Straße herunter und warf den Jungen auf die Seite, der außer einer schweren Gehirnerschütterung auch noch Verletzungen am Kops und sonstige Schürfungen davontrug. Es besteht keine Lebensgefahr. Den Chauffeur trifft die Schuld nicht.
230V Jugendherbergen
Kürzlich fand in Hildesheim eine Tagung des Verwaltungsausschusses im Reichsverband für deutsche Jugend- Herbergen statt. Nach dem vorgelegten Jahresbericht bestehen nun in Deutschland rund 2300 Jugendherbergen. Im Jahr 1927 wurden 49 Neubauten errichtet und 12 Anwesen gekauft. Die Zahl der Ortsgruppen des Verbands beträgt ^0, die der Mitglieder rund 87 000 ohne die jugendlichen Wanderer unter 20 Jahren. Die Uebernachtungszahl in sämtlichen Herbergen stieg trotz der schlechten. Wirtschafts, läge und des ständigen Regenwetters von 2,1 Millionen im Jahr 1926 auf 2,6 Millionen im Jahr 1927. Zu 69 v. H. waren es männliche und zu 31 v. H. weibliche Besucher. Die Gesamtzahl der Besucher betrug rund eine halbe Million lunger Menschen, davon waren 35 v. H. höhere Schüler und Studenten. 29 v. H. Bolksschüler und 36 v. H. Schulent- Asene- Rechnet man die Zahl der Jugendlichen Mischen 13 und 20 Jahren mit etwa 12 Millionen, so ergibt sich, daß ^ur etwa jeder fünfundzwanzigste junge Deutsche von der -üZohltat der Jugendherbergen Gebrauch macht.
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Letzte Rachrichte»
Vorläufige Mandatsverteilung im württ. Landtag
Sozialdemokratische Partei 22
Deutschnationale Partei 4
Zentrum 17 ^
Deutsche Volkspartei 4
-ch Kommunisten K
^ Demokraten 8 -
Wirtschaftspartei —
Nationalsozialisten —
/ Bauern- u. Weingärtnerbund 16
> Bolksrechtspartei —
' Christ!. BoNsdienst 3
Ruhiger Verlauf des Wahltags in Württemberg
Stuttgart, 21. Mai. Der Wahltag ist auch in den Nachmittagsstunden in der ganzen Stadt, sowie auch im Lande draußen allenthalben ruhig verlausen. Die Straßen der Stadt zeigten das Bild eines normalen Sonntagsverkehrs. Die Wahlbeteiligung hat in den frühen Nachmittagsstunden noch erheblich zugenommen, und zwar im ganzen sehr rege, wenn auch der Prozentsatz der letzten Reichs- und Landtagswahl nicht erreicht werden dürste.
Der Reichspräsident an der Wahlurne. — Rege Wahlbeteiligung überall. — Leichter Zusammenstoß nur in Halle. — Sonst überall ruhig. — Rege» in Berlin, Süd- und Mitteldeutschland
Berlin, 21. Mai. Am gestrigen Wahlsonntag ist es mit Ausnahme von Halle, wo es vor einem Wahllokal im Stadtteil Glaucha zu einer Schlägerei zwischen Rotfrontkämpfern und Stahlhslmleuten kam, überall ruhig verlausen. In Berlin kam es nur zu leichten Reibereien, bei denen 17 Personen seftgenommen wurden. Die Wahlbeteiligung in Berlin und im Reiche ist mit Ausnahme von Stettin und Rostock verhältnismäßig sehr stark. Bis zum Mittag hatten in fast allen Städten 40^ der Wähler ihre Stimmen bereits abgegeben. In Breslau, Dresden und Anhalt war zu dieser Zeit bereits eine Wahlbeteiligung von 50 A zu erreichen. In Norddeutschland und Südostdeutschland herrscht prächtiger Sonnenschein, während in Berlin, Mittel- und Süddeutschland Regen niedergeht.
Reichspräsident von Hindenburg genügte kurz vor 9 Uhr in dem Wahllokal in der Taubenstraße in Begleitung von Staatssekretär Meißner, seiner Wahlpflicht. Infolge des Regens herrscht aus den Straßen fast sonntägliche Ruhe. Nur hin und wieder sieht man ein Propagandaauto der ' verschiedenen Parteien. Besonders ausgefallen sind kom-
! mumstische Sprechchöre, die von Hof zu Hof ziehen, wobei ! sie ihr Verstein „Wer hat hat uns verraten? die Sozialdemokraten! Wer macht uns frei? Die Kommunistische Partei! Wählt Liste 5!" hersagen. Auf einem Auto der Reichspartei für Handwerk, Handel und Gewerbe sah man auch heute wieder die grüngelbgrüne Flagge. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag sind in Berlin 76 Zwangsgestellungen vorgenommen worden. Alle Festgenommenen sind jedoch bereits wieder auf freien Fuß gesetzt.
Nach den vorliegenden Meldungen aus dem Reich ist auch dort die Wahlpropaganda im Verhältnis zu früheren Wahlen als gering zu bezeichnen. Nur in Leipzig veranstalteten die Kommunisten trotz des schlechten Wetters geschlossene Umzüge mit Fahnen und Musik. Ihre bemerkenswerteste Attraktion ist neben vielen Plakaten ein frisch geschorener Schäferhund, dem kommunistische Wahlaufrufe an die Flanken gehängt wurden. In München sind vor den einzelnen Wahllokalen grüne und blaue Polizisten postiert, um Zwischenfälle zu vermeiden. In Köln zeigte das Straßenbild im Vergleich zu anderen Sonntagen keine Veränderung. Die Einwohner strömen bei dem schönen Wetter vor allem nach der Pressa-Ausstellung.
Der Wahlverlauf im Reiche
Berlin» 21. Mai. Auch in Hamborn war es in der vergangenen Nacht zu einem Zusammenstoß zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten gekommen, wobei wieder ein Unbeteiligter, ein Spaziergänger so erheblich durch einen Schuß verletzt wurde, daß er ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Der Wahlsonntag dagegen ist bei durchschnittlich 75^Liger Wahlbeteiligung im gesamten Ruhrgebiet, soweit bis jetzt feststeht, ruhig verlaufen.
Aus dem besetzten Gebiet wird recht rege Wahlbeteiligung gemeldet, trotzdem auch über verschiedene rheinische Gegenden starke Regenschauer Niedergängen.
2n der Pfalz, wo aus Zweibrücken 80?6ige Wahlbeteiligung gemeldet wird, stand die Wahl stark im Zeichen der französischen Besatzung. Französische Militärpatrouillen durchzogen die wahlbewegten Straßen. Aus Darmstadt, Frankfurt a. M. und Ossenbach wird ruhiger Wahlverlauf und durchschnitliche 70?zige Wahlbeteiligung gemeldet.
Keine Ausschließung der Oeffentlichkeit im Donezprozeß?
Kowno, 21. Mai. Wie aus Moskau gemeldet wird, wird der Donezprozeß ohne Ausschluß der Oeffentlichkeit zu Ende geführt werden. Die Streichung der Stellen in der Anklageschrift, die sich auf die Beziehungen zu den französischen und polnischen amtlichen Stellen erstrecken, wird auf den Druck der französischen und polnischen Regierung in Moskau zurückgesührt.
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Am Sonntag, 13. Mai, fanden in Eßlingen die Ausscheidungswettkämpfe der Turner des Xt. Kreises Schwaben für das Deutsche Turnfest in Cöln statt.
Obwohl das Wetter nicht günstig war, so wurden doch im Geräte- wie auch im Volktstümlichen Turnen prächtige Leistungen erzielt und geboten.
Die Ausscheidungen haben den Zweck, nur die aussichtsreichsten Kräfte zmulassen, da sonst eine unerschwingliche Anzahl Geräte und Kampfrichter aufgebracht werden mußte.
Für die Turnerinnen wurden gestern in Feuerbach die Ausscheidungswettkämpfe durchgeführt. Ein selten großer Schulhof mit 2 mustergültig eingerichteten Turnhallen standen zur Verfügung. Mit großer Bewunderung durfte man die Fertigkeit des weiblichen Geschlechts im Geräte-, volkstümlichen-, ganz besonders aber im Handgeräte-Tnrnen, beobachten. Das überaus flotte und geschmeidige Arbeiten der Turnerinnen zeigte so recht den großen Wert der Leibesübungen, welcher sich vor allem bei der harten Lebensarbeit angenehm für die Turnerin, wie auch für ihre ganze Umgebung auswirkt. Es wäre zu wünschen, daß roch recht viele junge und ältere Damen sich an der Vielseitigkeit unserer Leibesübungen betätigen und durch dauernde Jugendfrische sich bis ins hohe Alter erfreuen. Hiezu bieten die verschiedenen Abteilungen des hiesigen Türn- vereins, unter sachgemäßer Leitung die beste Gelegenheit.
Auswärts Gestorbene.
Birkenfeld: Ernst Genth, 21 I.
„ Marie Wessinger, 74 I.
Feldrennach: Luise Wacker, geb. Mitschele, 44 I. Oberhaugstctt: Joh. Kern. Rechenmacher, 76 I. Althengstett: Elis. Weik, Wwe., geb. Rüfle, 76 I. Vreitenholz: Johannes Löffler, Schreiner, 53 I. Calmbach: Friedr. Essig, 33 2.
Oberlengenhardt: Michael Stahl, Alt-Schultheiß, 90 I. Die heutige Nummer umfaßt 6 Seiten.
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Geschäftsstelle des „Gesellschafters"
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