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Mit den illustrierten Unterbattnngsbeilagen .Aeierstnnden" u.Unsere Heimat"

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Nr. 1V6

Gegründet 1827

Montag, den 7. Mai 1S28

Fernsprecher Nr. 29

102. Jahrgang

Die Heidelberger

Schnrmcnms Dank

Heidelberg, 6. Mai. Heute fand in der Aula der Univer- s sität die Ehrenpromotion in der juristischen Fakultät für den i amerikanischen Botschafter in Berlin, Schurmann, und Reichsminister Dr. St r e s e m a n n statt. Der Redner, Prof, Dr. Dibelius, ülrr-rreichte die Dccktordiplome mit einer Ansprache. Der Tag bedeute vor der Oeffentlichkeit ein Ver­trauen zu Deutschlands Zukunft. Dr. Schurmann erwiderte, er gedenke gern seiner Studienzeit in Heidelberg, Berlin und Göttingen, und mit großer Dankbarkeit seiner damaligen Universitätslehrer. Es sei ihm eine besondere Freude, zu­sammen mit seinem guten Freund Stresemann das Diplom in Empfang nehmen zu dürfen. In den drei Jahren seiner Berliner Botschaftertätigkeit sei er immer mehr von der Aehnlichksit der grundlegenden internation. Ideale der Regierungen und der Völker beider Länder durchdrun­gen worden. Eine weitere Bestätigung dieser internatio­nalen Kameradschaft sei die gleichartige Stellungnahme zu der Frage der Aechiung des Kriegs. Deutschland und die Vereinigten Staaten marschieren vorwärts in einem großen und edlen Abenteuer für die Sache der menschlichen Kultur.

Me MeM«

In seiner Dankrede sagte Dr. Stresemann: Ich er­blicke in der Diplomerkeilung ein Bekenntnis der Wissen­schaft zu dem Glauben an die Idee als entscheidenden Faktor im geschichtlichen Leben der Völker- Auf zwei große Ideen weist die Diplomurkunde hin: das Recht der Nationen auf Leben und Freiheit und die geistige Annäherung und friedliche Ver­ständigung der Volker. Damit ist ausgesprochen, daß diese beiden nicht im Gegensatz zueinander stehen, son­dern einander ergänzen, ia einarider geradezu bedingen.

Es ist ein unseliges Mißverständnis, das Nationale und das Internationale als Gegensatz hinzustellen und mit dem Begriff des Internationalen den Vorwurf des Nichtnationalen zu verbinden. Damit möchte ich in keiner Weise jenen politischen und geistigen Strömungen das Wort reden, die sich auf der Ansicht aufbauen, wie wenn das Internationale das Höhere der Gestaltung des mensch­lichen Daseins darstelle und die in dem Nationalen nur eine vorläufige Form sehen, dam bsO'inmt, dereinst in der jüngeren Form aufzugehen. Das ist ein schwerwie­gender Irrtum. Auch bei höchster geistiger Entwick­lung wird der Mensch sich niemals von den Blukströmen lösen, die sein eigen sind auf Grund d-»- Traditionen seines Volks- Die größten Denker und Dichter, die allen Völkern Großes und Mäckkiaes s--en hakten, haben das Höchste ihrer Kraft nur wo sie im na­

tionalen Boden wurzelten. Shakespeare ist ohn« England, Goethe ohne Deutschland. Dante ohne Ita- lien und alle ohne die Zeit, in der sie lebten, nicht zu ver­stehen. Ebenso wird niemals eine Weltorganisation aufzubauen sein, ohne die feste natürliche Grund­lage. die in den zu nationalen Staaten zusammen­geschlossenen einzelnen Völkern besteht. So wie die Wur­zeln der Kraft der einzelnen Staaten in der Kraft der ihnen angehörenden einzelnen Persönlichkeiten liegen, so werden die Wurzeln des internationalen Lebens in der Gesundheit der einzelnen Staaten der Weltgemeinfchaft liegen, und das Völkerrecht wird, wie Kant ausspricht, nur auf einem «freien^ Föderalismus der Völker aufgebaut werden können. Wer dieVereinigten Staaken von Europa" aufbauen will auf irgend einen Menscki- heitstypus, der seinem theoretischen Denken vorschwebt, der verkennt die realpolitische Entwicklung der Dinge diejenigen zurück, die in der wirtschaftlichen und Miiischen Verbundenheit selbständiger Völker einen «ivrischM zu sehen vermögen.

Lke Voraussetzungen, von denen eine wirklich dauernde ^Ebringende internationale Ordnung abhängt, sind einstweilen n o ch n i ch t e r f ü l l i. Es ist noch nicht zwischen ven einzelnen Staaten derjenige Ausgleich erfolgt, den die i - m gebietet und der ein g l e i ch b e r e ch t i g -

mm "V?en einanderleben gewährleistet. Ebenso Formen für den internationalen Zusammen- >ch"'ß selbst noch gefunden werden, ternm; ^Oibt sich eine doppelte Aufgabe für die in- I . und in besonderem Maße für die

Politik: die Sicherung eines freien an-,?^rechtlgten Deutschland mit allen

« n o ernStaatenzusammenineinedauernde lnternationaleForm.

m.n .'st eine ungeschichtliche Betrachtungsweise, die For- Zettwwk?^^aatlichen Beziehungen, wie sie in einem sckleÄm« n" Vergangenheit waren, als etwas 22mm«? " d e r l i ch e s hinzunehmen. Kaum eine

so unerhörte Umwälzungen menschlicher n° siellungskre,se erlebt wie die unsrige. Man braucht sich vttkaG.nn ^-"gen. aus welch verschiedener Geistes

°nde?b?k? ! ^^ die Völker zu verschiedenen Zeiten ein- daß auck, b/'/y t h°ben, um sich darüber klar zu werden, einem2 - k»!. k edlich e Verhalten der Völker zueinander ^gehenden Wandel unterworfen sein muß.

Ehrenpromotion

Noch in der friderizianischen Zeit war das Heer dem Staat fremd. Wild und rauh war dieses Kriegsvolk. Erft später bildere sich aus ihm das saidatische Ethos

Zum bewußten Ausrinanderprallen ron Ideen, und zwar von Ideen, die schon ein friedliches und glückliches Zusam­menleben der Nationen als Ziel zusaminenfaßten, wurde dann die europäische Kricgsführuug in dem Zeitalter, das mit der französischen Revolution anhebt und mit der heiligen Allianz schließt Freilich glaubten die damaligen Staatsmänner, ein solches System nur aus öer Gemeinsamkeit der d y n a st .i s ch cn Interessen aus­bauen zu können. Man such'e nicht eine Verständigung der Völker, sondern nur eine Verständigung der Fürsten und ihrer Kabinette. So war es nur eine geschichtliche Notwen­digkeit, daß dieses Problem in dem Augenblick scheiterte, als wieder um die innerpasttischen Ideen zwischen D y n a st i e und Volkssouoeränität gestritten wurde.

Neue Wege der Friedenssicherung hat B i s in a r ck be- schritten. Bismarck stellte zuerst die Marktpolitik in den Dienst einer planmäßigen Förderung des Zu­sammenlebens der Nakione n. indem er jeweils den Augenblick der Niederringung eines fremden Staalswejens die Auswertung der der Machrpolitik gegebenen Möglich­keiten auf ein Maß beschränkte, das nach menschlichem Ermessen eine spätere Zusam­menarbeit mit dem Gegner von heute ge­stattete. Im Zusammenhang solcher Erwägungen ha! Bismarck sogar wie viel zu wenig bekannt i't eine für die damaligen Begriffe unerhört kühne Regelung des Minderheitenproblems ins Auge gefaßt. Wir wissen nämlich aus den von der französischen Regierung ver­öffentlichten Urkunden zur Vorgeschichte des Kriegs von 1864, daß Bismarck im Jahr 1864 bei den Fried ens- oerhandlungen mit Dänemark bereit war, der dänischen Bevölkerung in Schleswig-Holstein ein in­te rnationalge währte! stetesSonderrechtzu- zugestehen unter der einzigen Bedingung, daß die ver­sprengte deutsche Minderheit in Dänemark Gegensei­tigkeit genießen sollte. Bekannt ist Bismarcks weit aus­schauende Vorbereitung einer deutsch-österreichi­schen Verständigung bei den Rikolsburger Verhand­lungen 1866.

Die gleichen Gesichtspunkte leiteten Bismarck schließlich auch mitten im größten Triumph der deutschen Waffen vor Paris. Man kann in Hannotaux' Dar­stellung dieser Vorgänge Nachlesen, was dieRegierung der nationalen Verständigung" in Frankreich an Friedensbeding­ungen von Preußen-Deutschland erwartete: neben der als selbstverständlich angesehenen Zahlung einer Kriegsent­schädigung und der Rückgabe Elsaß-Lothrin­gens war man in Frankreich vor allem auf drei Be­dingungen gefaßt: Auslieferung derFlotte, Abtretung der Kolonien, Beschränkung des französischenRüstungsstands. Bismarck hat sich aus solche Wege nicht eingelassen, weil er überzeugt war. daß die Stimmung des besiegten Gegners unheil­barvergiftet würde.

Und wie bei den Waffenstillstands- und Friedensverhand­lungen, so hat er auch später sich immer von den gleichen Gesichtspunkten leiten lassen. Es ist vielleicht nicht zu ge­wagt. die Behauptung aufzustellen, daß, wenn Bismarck in den entscheidenden Jahren nach der Reichsgründung in den Kabinetten der europäischen Großmächte gleich­gesinnte Staatsmänner vorgefunöen hätte, schon da­mals eine organisatorische Zusammen­arbeit im Dien st des Friedens erreicht wor­den wäre. Bismarck war kein Freund der Zerteilung in

Bündnisgruppen. Erst durch den denkwürdigen Brief des Zaren an Wilhelm I-, in dem Deutschland in fast ultima­tiver Form zu einer Wahl zwischen Rußland und Oesterreich aufgefordert worden, ist Bismarck auf den Weg desZwei - und dann des Dreibunds gedrängt worden, und er hat sich bis zum letzten Tag seiner Amts­zeit bemüht, diesem Bündnis jeden friedens­störenden Charakter zu nehmen und andere Großmächte zu vertrauensvoller Zusammenarbeit zu ge­winnen.

Die Generation nach Bismarck hat diese Po­litik nicht mehr verstanden. Ueberhaupt scheinen mir gerade die Jahre von Bismarcks Abgang bis zum Aus­bruch des Weltkriegs gekennzeichnet durch einen wachsen­den Fatalismus der öffentlichen Meinung in allen europäischen Ländern. Es kann hier unerörterk bleiben, ob diese Stimmung einer Wandlung fähig gewesen wäre. Für eine aufrichtige, von Hintergedanken freie und in klarer Erkenntnis des ureigenen Interesses jeder einzel­nen Macht verfolgten Politik der Verständigung waren die Gemüter n o ch n i ch t r e i f. So erklärt sich wohl auch, daß die zum Teil krampfhaften Versuche, die hier und dort in vorletzter Stunde gemacht wurden, um die Kluft des Mißtrauens zu Überdrücken und zu positiver Zusammen­arbeit, wenigstens auf ganz bestimmten, eng umgrenzten Ge­bieten zn kommen Versuche, die uns allen in lebhafter Erinnerung sind, zun Scheitern verurteilt waren- sLrhluß svlg:.)

Eröffnung der Ausstellung »Die Ernährung"

! Berlin, 6. Mai. Am Freitag wurde die Hunderttage- ! schauD i e E r >i ä h r u n g" durch Reichsminister Schiele j eröffnet. Die Ausstellung führt die Erzeugung von Lebens- j Mitteln im weiteren Sinn, die gesundheitlichen Werte der- : selben, vernunftgemäße, zweckmäßige Ernährung usw. vor ! Augen. Hervorragend sind die zur Schau gestellten Ar- ! beiten und Sammlungen des Deutschen Hygiene-Museums, i In seiner Ansprache wies Reichsminister Schiele aus die Notlage der Landwirtschaft hin, die wesentlich j gemildert werden könnte, wenn alle Deutschen in der Er- ! nährung sich in erster Linie an die deutschen Erzeugnisse hal- l ten würden, von deren ausgezeichneter Beschaffenheit die j Ausstellung ein beredtes Bild biete. Er schloß mit dem i Wunsch, daß die Ausstellung dazu beitragen möge, alles j Trennende im deutschen Volk mehr und mehr in den Hinter­grund treten zu lassen und das Gefühl der Zusammen­gehörigkeit zu einer Gemeinschaft zu stärken.

Der Eröffnungsfeier wohnten über 1500 Persönlichkeiten der Wissenschaft, der Wirtschaft, der Behörden, der Par­lamente und der Presse als Ehrengäste an. Die Ausstellung wird allgemein als hervorragend bezeichnet.

Die Bevölkerungsfrage in Frankreich

Paris, 6. Mai. Der französische Senat har sich ernstlich m'i der Beoölkerungsfrage befaßt. Es wurde festgesteüt, daß Frankreich in der Ausbildung der gesundheitlichen Ein­richtungen, die (die Verminderung der Slerbezahl) den in fast ganz Europa festzustellenden Rückgang der Geburten­zahl ausgleichen könnten, noch sehr rückständig ist. Bon den 88 französischen Kreisen haben 26 noch keinen geregelten gesundheitlichen Ueberwachungsdienst. Jährlich sterben in Frankreich je 150 000 Menschen an Tuberkulose und Ge­schlechtskrankheiten. Von den Findelkindern, deren 3ahl sehr hoch ist, bleiben die wenigsten am Leben. In der Senats­verhandlung wurde erwogen, die Lücken durch Einwan­derung auszufüllen, doch sei nach amerikanischem Muster Qualitätsware" einzuführen. Italiener will man nicht mehr; mit den Polen, von denen man jedes Jahr 300 000 haben könnte, hat man schlechte Erfahrungen ge­macht, jedenfalls sollen weitere nur nach gründlicher ärzt­licher und sonstiger Beobachtung zugelassen werden. Deutsche kommen nicht in Frage, dagegen richtet sich das Augenmerk auf dieSchweiz und besonders die Niederlande, die etwa 100 000 Menschen jährlich abgeben könnten, die als Landarbeiter in Frankreich willkommen wären. Man würde ihnen durch Sonderschulen, Schutz ihrer Sprache usw. eirt- zegenkommen.

Nuntius Pacelli und das Konkordat

Rom, 6. Mai. Heber die Reise des päpstlichen Nunkiwk in Berlin, Monsignore Pacelli, erklärt die .Tribuna'» daß die Reise im Zusammenhang mit den immer größer- werdenden Schwierigkeiten stehe, die sich dem Abschluß des Konkordats mit Deutschand entgegenstellen. Pacelli soll» wie die .Tribuna" erfährt, bei Gelegenheit des Konsisto­riums den Kardinalshuk erhalten, und der Zweite Sekretär der Kanzlei des Vatikans, Pizzardo, soll mit der Fort­führung der Konkordatsverhandlungen beauftragt werden.

Ioristenkonferenz für den Kellogg-Vorschlag?

London, 6. Mai. Die Blätter berichten, die britische Regierung habe bei den in Frage kommenden Mächten unverbindlich vorgeschlagen, den Vorschlag des amerikani­schen Staatssekretärs Kellogg betreffend die Kriegsächtung durch eine Iuristenkonferenz beraten zu lasten, bevor die Mächte endgültig dazu Stellung nehmen. In Frankreich (von dem der Vorschlag wohl in Wirklichkeit ausgeht) sei der Plan kehr beifällig ausgenommen worden. Die .Times" schreibt, zweifellos werde Amerika die Iuristenkonferenz ablehnen, weil es darin nur einen Versuch (Frankreichs) erblicke, den amerikanischen Vorschlag zu hinkertreiben.

Ein Geldpreis für die Bremenflieger

Neunork, 6. Mai. Bei einem von der Neuyorker Ver­tretung der schwedischen Gesellschaft .Eleklrolux" gegebenen Festmahl für die Bremenflieger, an dem mehr als 30 Na­tionen vertreten waren, wurde Hünefeld ein Preis von 50 000 Mark überreicht. Hünefeld überwies chie Summe an Professor Hugo Junkers.

Gefährliche Lime der Icwaner in Tfinansu

Peking. 6. Mai. Der javanische Gesandte keilt mit, b^ dem neuen Kampf in Tsinanfu seien die Südchinesen in der Ilebermachk, die japanischen Truvven aber durch Nacht- märsche ermüdet gewesen. Eine Brüch? über den Gelben Fluß (Hoanvhoj sei zerstört gewesen, so daß von Tientsin nboesandke Veiskärkunnen nicht eingreifen konnten. Bn> mutlich seien auch die Fn-"ksend''stcik!on und die FernspreH- leitunaen van den Chinesen zerstört worden, denn der ja­panische General Kobe ans seine Funkruse keine Antwort erkalten. General Twakupa rückt in Eilmärschen mit 2000 Japaner von Tsingtau an der Schantungbahn nach Tsinanfu vor.