Mit den illustrierten Unterhaktungsbeilagen .Feierstunden* n. „Unsere Helmut*
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Nr. 104
Gegründet 1827
Freitag, den 4. Mai LV28
Fernsprecher Nr. 2g 102. Jahrgang
Tasersviesel
Der Präsident der Bank von Frankreich. Moreau, ist zu einer Besprechung mit Reichsbankpräsident Dr. Schacht in Berlin eingelroffen.
In Basel wurde am 2. Mai die internationale Karitas- Konferenz eröffnet, zu der aus 13 Ländern etwa 250 Vertreter erschienen find. Der Vorsitzende des Deutschen katholischen Karitas-Verbands, Prälat Kreuz, sprach über die Organisation in Deutschland- Nachmittags begannen die Verhandlungen der einzelnen Abteilungen über die Kinder- und Iugendwohlfahrt, Karitaswissenschask und Schulung und über Krankenpflege.
In Lissabon wurden wieder einmal 14 Offiziere und Zivilisten verhaftet, die einer Verschwörung beschuldigt werden. Seit der Einführung der Republik ist dies die 21. „Verschwörung".
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Der Seneral der ..Aufständischen" in Nikaragua, San- dino. hak die amerikanischen Kapitalisten gehörige Goldmine in La Luz Bonanza mit Dynamit zerstören lassen zur Ver geltung dafür, das; die amerikanischen Truppen einige „Aufständische" erschossen haben.
Auf Grund des Gegenseitigkeitsvertrags zwischen Ungarn und Oesterreich verlangte die ungarische Regierung die Auslieferung des in Wien verhafteten Kommunisten Bela Kuhn wegen vielfachen Mords und anderer Verbrechen.
Das Reichsgericht hat dem Einspruch -er 16 Landerregierungen gegen das Verbot des Rolkämpferbunds statt- gegeben. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Reich «nsgebürdet.
Politische Wochenschau.
Der Rechts-Sieg in Frankreich. — „Versailles über alles in der Welt!* — Was den Franzosen gefallen würde: Deutschland am Eängelbande Frankreichs. — Das unverschämte Deutschland. — Man wird anscheinend in Berlin etwas mutiger. — „Des Lebens ungemischte Freude ward keinem Irdischen zuteil* — Der Sieg der Heimatbewegung im Elsaß. — Was die Reichstags-Ausschüsse tun. — Für jeden Deutschen täglich 1,75 für ausländische Waren.— Gegensätze.
Nun ist das Würfelspiel zu Ende. Die französischen Stichwahlen vom letzten Sonntag haben das Vorspiel des ersten Wahlgangs bestätigt; Frankreich hat den „Ruck nach rechts" vollzogen. Poincare und sein Speerträger Marin haben glänzend gesiegt. Und so wird für die nächsten Jahre eine Rechtsregierung die Geschicke Frankreichs bestimmen. Namentlich wird die Gruppe M a - rin, die etwa unseren Deutschnationalen entspricht — nur daß sie chauvinistischer sind —, und die bei den Wahlen vom 22. und 29. April den größten Zuwachs zu verzeichnen hatte, in der Politik der französisch-deutschen Verständigung den Ausschlag geben.
Das schöne Wort der „Verständigung" wird auch die neue Regierung auf den Lippen führen. Aber natürlich so, wie Po in ca re sie versteht, nämlich jene Verständigung „zwischen Roß und Reiter", d. h. die Ausrechterhaltung sämtlicher französischer Forderungen und die Unterwerfung der deutschen Politik unter diesen unverletzlichen Grundsatz. Also „Versailles über alles in der Welt!"
Me Paris sich die deutsche Außenpolitik vorstellt, das bewies erst wieder die Haltung der Presse zur deutschen Antwortnote an Amerika in Sachen des Kelloggschen Kriegsächtungsplans. Der halbamtliche „T emp s" ist aufs höchste entrüstet, weil die deutsche Regierung so schnell die Note Kelloggs beantwortet habe. Das sei ein „übereilter" Schritt Berlins. Die Reichsregierung Hütte eine „gemeinsame technische Prüfung der Vorbedingungen ab- warten" sollen. Ja, in einer zweiten Aeußerung tut dieses Blatt so, als ob wir sozusagen zuvor die französische Genehmigung für unsere Antwort an Kellogg hätten einholen sollen. Das fehlte nach! Aber so eingebildet ist man in Bans! Deutschland am Gängelband Frankreichs — das wurde den Franzosen passen. Und wenn wir einmal wagen, unsere eigenen Gedanken zu haben oder gar sie, ohne nach Baris zu schielen, zu Papier zu bringen, dann ist alsbald Feuer im Dach.
aber diesen amerikanischen Kriegs-Verzichtspakt om 13. April selbst betrifft, so bedeutet der ganze Verlaus ^eichmMungen, die bis jetzt geführt wurden, eine fort- letzte diplomatische Niederlage Frankls»,'«?^' - sich war es, der vor einigen Monaten
einen „Antikriegspakt" anbot. Washington aber mit ollen oder mit niemand, also keinen em e,t,gen Vertrag. Briand hatte sich also einen Korb ge-
verünn^/Ek Kellvggmit jenem großzügigen Kriegs- Z chtsentwurf heraus^ einem Vorschlag „ohne Hörner und
Ter einzige Bezirk der Erde, m es keine LnWWrt gibt
Koblenz. 3. Mai. Fast in derselben Zeit, zu der die Kunde von der Ueberquerung des Ozeans durch ein deutsches Flugzeug die Presse durcheilte, mußte gemeldet werden daß die Verhandlungen mit der Rheinlandkommission wegen Zulassung des freien Luftverkehrs im besetzten Gebiet nach langwierigen Verhandlungen ergebnislos verlaufen sind. Der Wirtschaftsausschuß für die besetzten Gebiete hält sich daher für verpflichtet, alle Welt mit Nachdruck darauf hin- zuwsisen, daß der einzige Bezirk auf der ganzen Erde, der für die Luftfahrt verschlossen bleibt, das besetzte Gebiet im Westen des Deutschen Reichs ist, und legt gegen dieses Verhalten, das durch keinerlei sachliche Gründe, auch nicht mit dem Hinweis auf die gefährdete Sicherheit der Bssatzungs- truppen, begründet werden kann, aufs schärfste Einspruch ein.
Achtstundentag als Mltek gegen Arbeitslosigkeit
Budapest. 3. Mai. Der ungarische Volkswohlsahrts n nister erklärte im Abgeordnetenhaus, daß er in der Haupttagung des Reichstags eine Gesetzesvorlage über die Einführung des Achtstundentages für industrielle Arbeiter einreichen werde. Die Regierung hoffe, daß es hierdurch gelingen würde, ewige Tru,end Aibeiler emzustellen.
Zähne", kurz und gut. Paris, nicht faul, machte den Gegenspieler und warf nun auch seinen Entwurf auf den Tisch. In London wurde erklärt: unannehmbar. Der französische Vakt schneide einfach das Herz aus dem amerikanischen Vorschlag heraus. Poincare werde eben sein Mißtrauen gegen Deutschland nicht los. — Das war deutlich! Und jetzt strese manns Antwort, mit der sich Deutschland an die Seite Amerikas stellt und dies unerhörterweise ohne jegliche Rücksichtnahme auf Frankreich!
Wir begrüßen diesen neuen Schritt unserer Regierung. Nur keine schwächliche Nachgiebigkeit. Damit imponiert man den Franzosen nicht. Fordern wir, auch wenn wir ein entwafsnetes Volk sind, unser gutes Recht und sagen wir stest offen unsere Meinung heraus, auch wenn sie den Herren in Paris nicht gefällt. Nur so erringen wir dort und in aller Welt Achtung und nur so kommen wir zu unserem Ziel: Deutschlands Befreiung aus den Ketten Versailles'.
Doch nochmals zurück zu den französischen Wahlen. Der nationale Block triumphierte, aber mit dem Bedauern, daß ein Schatten doch auf diesen glänzenden Wahlausgang falle: nämlich der Sieg der elsässi scheu A u t o n o m i st e n. Gewiß! „Des Lebens ungemischte Freude ward keinem Irdischen zuteil." Nicht einmal einem Poincare. Schon vor den Stichwahlen schrieb die „Republique", das Straßburger Regierungsblatt, über den „definitiven Schiffbruch der französischen Regierungspolitik im Elsaß" u. a.: „Im Elsaß und in Lothringen sind die Sieger des Tags die Autonomisten aller Schattierungen und die Kommunisten. Diese Tatsache ist unbestreitbar. Ebenso unbestreitbare Tatsache ist die Niederlage der nationalen (d. h. französischen) Linksparteien. Das dritte Volksurteil (die beiden anderen 1920 und 1924) im Elsaß hat ein trauriges Ergebnis gezeitigt. Im nächsten Sonntag (Stichwahl) gilt es zu retten, was noch zu retten ist."
Aber es war nicht mehr viel zu retten. Zum erstenmal ziehen in die französische Kammer Autonomisten ein, und zwar gleich zu dritt: Dr. Nicki in, Dr. Rosse und Dahl et, trotzdem zwei von ihnen in Untersuchungshaft saßen, trotz eines beispiellosen amtlichen Gewaltmißbrauchs bei den Wahlen und trotz der Unterdrückung der autono- mistischen Presse. Freilich eine große Wendung in der Poin- careschen Verwelschungspolitik ist nicht zu erwarten. Was können drei Protestler unter 612 Abgeordneten ausrichten? „Aber die Entsendung heimatlich eingestellter Vertreter Els^ß-Lothringens in die Kammer wird Frankreich zwingen, vor aller Welt die „U n f ä h i g k e i t zu bekennen, die elsaßlothringischen Lebensnotwendigkeiten im Rahmen der derzeitigen Verfassung zu sichern". Das schon ist ein nicht gering zu nehmender Gewinn, den die in Paris so sehr verschriene, als „schändliche Ungeheuerlichkeit" und als „Gipfel der Herausforderung" gebrandmarkte elsässische Heimatbewegung bei den letzten Wahlen davongetragen hat und an dem auch der zurzeit stattfindende Kolmarer Prozeß nichts ändern dürfte.
Der deutsche Reichstag ist aufgelöst. Aber seine Ausschüsse tagen weiter. So auch der Reichstagsauschuß „für die Durchführung des Notpro- zramms". Derselbe soll die Richtlinien für die Verteilung der vom Reichstag bewilligten Reichsmittel aufstellen. Eine derselben lautet: „Die Neichsmittel sind nur zur Deckung der Kosten, die den genossenschaftlichen Kassen
durch Rationalisierungsmaßnahmen entstehen zur Verfügung zu stellen."
Also darauf geht es hinaus. Man darf nie vergessen, daß unsere gegenwärtige Agrarkrise im Grunde genommen auf eine Absatzkrise hinausläust. Mit anderen Worten: der deutsche Bauer kann seine Erzeugnisse vreiswürdia ab-
Kommuniftenprozeß w Budapest
Budapest, 3. Mai. Während der Kommunistenherrjchaft in Budapest hatte mit Bela Kuhn der Volkskommissar Szanto eine große Anzahl von Hinrichtungen, Ver- mögensraub usw. aussühren lassen. Nachdem ihre Herrschaft gebrochen worden war, flüchtete Szanto nach Moskau, kehrte aber mit falschem Paß und dem Auftrag nach Budapest zurück, in Verbindung mit Kuhn, dem Sozialisten Vagi und anderen eine neue Erhebung herbeizuführen. Szanto und die übrigen Beteiligten wurden aber verhaftet. Die Königliche Tafel als oberstes Berufungsgericht verurteilte nun Szanto zu 8)4, Vagi zu 4)L, zwei andere zu 4, A. Löwy zu 3)4 Jahren Kerker. Weitere Angeklagte wurden zu geringeren Freiheitsstrafen verurteilt.
500 Juden unter den Warschauer Maifeierverletzten
Warschau» 3. Mai. Nach den Zählungen des Blattes „Nasz Przeglond" wurden gelegentlich der Zusammenstöße zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten am 1. Mai 600 Personen verletzt, davon 500 Juden. Der hohe jüdische Prozentsatz erklärt sich aus der starken Beteiligung der Juden, an der hiesigen kommunistischen Jugendbewegung.
setzen. Warum ? Weil das deutsche Volk leider immer noch und immer mehr ausländische Lebensmittel kauft. So dn letzten Jahr nicht weniger als um 4 Milliarden Ma"k, d. h.: Jeder Deutsche kauft täglich für 1.75 -R. Nah - rungsmittel aus dem Ausland. Ist das nicht himmelschreiend?
Und doch läßt sich das auch anders machen. So schreibt Freiherr Gerhard o. König: „Es bestehen keine Zweifel, daß die deutsche Landwirtschaft den gesamten Fleischbedarf (pro Kopf der Bevölkerung 1912: 52 Kg., 1926 schon wieder 49,2 Kg.) Deutschlands decken kann." Es steht fest, daß unser Rindviehbestand den vorkriegszeitlichen erreicht und unser Schweinebestand nur noch um wenige Prozent hinter der Vorkriegszeit zurück- stsht. Ebenso steht fest, daß Deutschland seine Milchviehhaltung nur um ein Zehntel zu steigern braucht, um seinen heutigen Bedarf aus eigener Scholle decken zu können. Auch die Mehrausgabe für Fleisch, Speck und Schmalz in Höhe von 380 Millionen wäre zu beseitigen, wenn die Produktion züchterisch auf der Höhe wäre. Also: durchgreifende Intensivierung unserer bäuerlichen Betriebe; Steigerung der Erzeugung von Gerste, Kartoffeln und gutem Heu, mehr Grünland, Zusammenschluß unserer Landwirte auf genossenschaftlicher Grundlage, um auf diese Weise die Spanne zwischen Stall- und Ladenpreisen (die heute 134 Prozent (l) beträgt) zu vermindern — kurz „Rationalisierung der Landwirtschaft!"
Die Natur hat nun ihr Frühlingsgewand angelegt. Es paßt nicht ganz zu dem unschönen Wahlkampf, der in diesen Wochen das deutsche Volk erregt. Und doch läßt sich derselbe nicht vermeiden. Vermeiden lassen fick, jedoch die Unanständigkeit und die Verlogenheit und erst recht Ruhestörungen und Tätlichkeiten, die trotz aller Abmachungen. leider bereits da und dort sich abgespielt hatten. Wir sollen, welcher Partei wir auch angehören, nie vergessen, daß auch der, Gegner unser Volksgenosse ist.
tt.
Mkltemberg
i Stuttgart, 3. Mai
, Jubiläum. Der Verein zur Förderung der Volksbildung Stuttgart konnte am 1. Mai auf ein zehnjähriges Bestehen zuruckblicken. Die Arbeit des Vereins umfaßt folgende Gebiete: Bildende Kunst, Volkstümliches Büchereiwesen, Frauenbildung, Heimat, Marionettentheater, Vereinswesen und Laienspiel, Äolkshochschulheim Comburg für junge Arbeiter, Volkshochschulheim Denkendorf für junge Mädchen, Volkshochschule Stuttgart. An der Entwicklung der »eueren deutschen Volksbildungsbewegung ist der Verein von An- sang in hervorragendem Maße beteiligt. Der „Hohenrodter Bund, dem die führenden Persönlichkeiten der deutschen Erwachsenenbildung angehören, nennt fick nach seinem jährlichen Tagungsort im württ. Schwarzwald. Die Der- bindung mit den größeren weltanschaulich nicht gebunde- nen Volksblldungsorganisationen des Lands ist durch den „Landesausschuß für Volkshochschulwesen" hergestellt, der unter der Leitung des Vereins steht, und dem die größeren Organisationen des Lands angehöreu. Vom Verein ins Leben gerufen wurden dis Württ. Volksbühne G. m. b H., s?? Bildstelle G. m. b. H. und das Konservatorium
für Musik E. V. Außerdem ist der Verein an vielen an» deren kulturellen Aufgaben unseres engeren und weiteren Vaterlands stark beteiligt. In engem Zusammenhang mit ^e^ Aht ^e Markelstiftung, die bisher in über
1000 Fallen tüchtigen und bedürftigen jungen Menschen zu einem ihren Fähigkeiten entsprechenden Beruf verhelfen konnte. Am 29. Juni findet eine Jubiläumsfeier statt.