Leite 2 Nr. 73

Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Dienstag, 27. März 1328

dungsgesetzes erledigt und der Ausschuß tritt in die zweite Lesung der Besoldungsordnung ein. Die Regierungspar­teien haben sich auf eine Reihe von Anträgen geeinigt und werden nach einer Erklärung des Aba. Bock (Z.) ander­weitige Anträge nicht zuletzt im Interesse der Beamten ab­lehnen. Erledigt werden noch die Bes.-Gr. 1913. Sämt­liche Anträge Bock-Roos-Dr. Häcker wurden mit 8 Ja gegen 7 Nein angenommen. Unter diesen Anträgen ist auch fol­gende Entschließung:Weibliche Beamte, die am 30. Sep­tember 1927 in der alten Bes.-Gr. 3 oder 4 planmäßig an­gestellt und nicht im Schreib, oder Fernsprechdienst ver­wendet waren, sind in die Gruppe 15 einzureihen."

Daüonversolgung. Am Sonntag mittag veranstalteten der Allg. Deutsche Automobilklub und der Württ. Luftfahrt­verband eine Ballonverfolgung. Auf der einen Seite nah­men zwei Ballons unter Führung von Baurat Hack­st ä t t e r - Würzburg und Direktor N e u m a n n - Frank­furt a. M auf der anderen 52 Automobile und 123 Motor­räder an der Veranstaltung teil. Das Wchter zeigte sich jedoch wenig günstig, da durch tiefen Wolkenhang und Nebel die Beobachtung der Ballons für die Verfolger sehr er­schwert wurde. Die Ballons sollten nach dreistündigem Flug landen, und derjenige Verfolger, der spätestens eine Viertelstunde nach der Landung einen der Ballons erreichte, sollte Sieger sein. Infolge des außerordentlich unsichtigen Wetters war es den Ballons jedoch zum Schluß unmöglich, die Bestimmung einzuhalten, sich nicht länger als eine Vier­telstunde dem Blick der Verfolger durch Flug in den Wolken zu entziehen. Jeder Ballon faßte eine Gasmenge von etwa 1869 Kubikmeter die genügen, um einen kleinen Haushalt auf 3 Jahre mit Gas zu versorgen. Die Füllung erfolgte durch das Gaswerk Gaisbura. Nach 12 Uhr erhob sich der BallonHackstätter" in die Lüfte: 10 Minuten später stieg dieDrory" Neumanns hoch. Da die Luftbewegung und daher die Fluggeschwindigkeit der Ballons außerordentlich gering war, nahmen die Wagen und Räder die Verfol­gung sehr zögernd auf, die überhaupt wegen der genannten Gründe nur sehr stockend durchgeführt werden konnte. Wäh­rend der BallonHackstätter" in der Richtung Sillenbuch im Nebel verschwand, zog dieDrory" langsam den Neckar hinauf und entzog sich ebenfalls bald den Blicken der Ver­folger, von denen der größte Teil sich nach vergeblichen Kreuz- und Querfahrten gezwungen sah, die planmäßige Verfolgung aufzugeben und nur nach einer gewissen Wahr­scheinlichkeit die Suche fortzusetzen. Das Endergebnis war demzufolge, daß die Ballons von keinem Verfolger erreicht wurden. Um 2.42 Uhr landete der BallonHackstätter" 4 Kilometer westlich von Warmbronn, während dieDrory" 3.20 Uhr im Wald in der Nähe von Perouse (OA. Leonberg) niederging. Die ohne jeden Unfall vonstatten gegangene Ballonverfolgung hat trotz dieses unvorhergesehenen Aus­gangs in den Kreisen der Beteiligten großen Anklang ge­funden und wird deswegen bei günstigerer Witterung bald eine Wiederholung finden.

Todesfall. Die Technische Hochschule hat einen ihrer be- bedeutensten Lehrer verloren. Der Professor der Flügzeug- kunde Alexander Baumann Ist im Alter von 53 Jahren an einem Herzschlag gestorben. Er wurde am 15. Mai 1875 als Sohn des Fabrikdirektors Baumann in Heilbronn ge­boren. 1910 erhielt Baumann einen Lehrauftrag für Luft- schifsahrt, Flugtechnik und Kraftfahrzeuge an der Techn. Hochschule Stuttgart, 1911 wurde er ordentlicher Professor. In diesem Amt war er bis 1925 tätig, dann wurde er zu einer großen japanischen Flugzeugfirma beurlaubt bis Oktober 1927. Im Dezember 1926 wurde Baumann mit dem Dr. ing. ehrenhalber ausgezeichnet.

Hindenburgspende. Bei der Verteilung der Hinden- burgspende werden auch die alten Kriegsveteranen bedacht. Die Spende wird an sie erstmals am 1. April und dann am 1. Oktober ds. 3s. durch die Wohlfahrtsämter ver­keilt.

Vom Landesgewerbemuseum. Dom 1. April bis 30. Sep­tember sind die Besuchsstunden des Landesgewerbemuseums an Wochentagen aus die Zeit von 10 bis 12^ Uhr vormit­tags und von 2^ bis 5 Uhr nachmittags, an Sonntagen auf die Zeit von 111 Uhr festgesetzt. Die Bibliothek ^nit Patentschriftenauslegestelle ist geöffnet: Montags, Dienstags und Mittwochs von 1012 Uhr vormittags und 26 Uhr nachmittags, Donnerstags von 1012 Uhr vormittags.

Freitags von 1012 Uhr vormittags und 39 Uhr nach­mittags. Samstags von 1012 Uhr vormittags und 25 Uhr nachmittags. Die Patentschriftenauslegestelle bleibt Mittwochs und Samstags nachmittags geschlossen. Die Sprechstunde der Beratungsstelle für ge­werblichen Rechtsschutz wird jeden Mittwoch nachmittags von 3 bis 514 Uhr abgehalten.

Die Grippe ist zurzeit immer noch stark verbreitet. In d»n Schulen fehlen oft 10 bis 12 Prozent der Schüler, doch handelt es sich offensichtlich meist um leichtere Fälle. Die Spitäler sind zurzeit sehr stark belegt.

Cannstatt, 26. März. Eine Falschmünzerwerk­stätte ausgehoben. Vor wenigen Tagen wurde hier in der Wilhelmstraße eine Falschmünzerwerkstätte aus­gehoben, die von dem Metallschleifer Karl Plappert ein­gerichtet war. Er wurde verhaftet.

6us üem Lande -

Riet OA. Vaihingen, 26. März. Glück im Stall. Bei Gemeinderat Raichle alt brachte eine Kuh drei Kälber zur Welt.

Reutlingen, 26. März. Berufung. Der ao. Professor für Physik an der Universität Frankfurt a. M., Dr. Karl -Wilhelm Meißner, ein Sohn unserer Stadt, wurde als ordentlicher Professor der Astrophysik und Direktor der Sternwarte an diese Universität berufen.

Laufen OA- Balingen, 26. März. Großfeuer. Nachts brach in der Pappenfabrik Laufen (Besitzer Thurneisen) ein Brand aus, der einen Teil der Fabrik und das Wohnhaus letzteres mit der ganzen Einrichtung, in Asche legte. Thurn­eisen konnte kaum das nackte Leben retten. Er hatte die Fabrik erst kürzlich verkauft und wollte nächste Woche aus- ziehen.

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Landesparteitag der württ. Zentrumspartei

Ulm, 26. März. Gestern fand hier unter dem Vorsitz von Iustizminister Beyerle der Landesparteitag der Württ. Zentrumspartei statt. Zuerst beschäftigte sich der Landesparteiausschuß mit der Entgegennahme und Bera­tung des Geschäftsberichtes über das verflossene Jahr. Lan­dessekretär Reuter erläuterte das Rechnungsergebnis vom letzten Jahr. In eingehender Aussprache wurden hier­auf die W a h l v o r s ch l ä g e zur Landesliste zur Landtags­und Reichstagswahl vorbesprochen. Dabei kam zum Aus­druck, daß es im Interesse des Landes liege, eine Ver­bindung zwischen Reichstag und Landtag aufrechtzuerhalten, insbesondere, da guf dem Weg über Verwaltungsreformen derUnitarismus vom Reich her die Selbständigkeit der Länder bedrohe.

Der Landesparteitag fand im großen Festsaal des katholischen Gesellenhauses statt. Ueber 400 Vertreter waren anwesend. Justizminister Beyerle sprach den fast vollzählig erschienenen Reichs- und Landtagsabgeordneten den Dank aus für ihre Arbeit für Volk, Vaterland und Partei.

Nach eingehender Verhandlung wurde folgende Kan­didatenliste zur Reichstagswahl aufgestellt: 1. Minister de» Innern E. Volz, 2. I. Andre (bish Reichstagsabg.), 3. Franz Feilmayr, Landwirt. 4. Joh. Groß, Verbandsgeschäftsführer Stuttg., 5. Oskar Farny, Bierbrauerei- und Gutsbesitzer, Dürren, 6. ein noch zu be­stimmender Vertreter Hohenzollerns, 7. Gewerkschaftssekre­tär G e n g l e r - Stuttgart, 8. Frau Schultheiß-Ulm, 9. Bezirksnotar E i ch h o r n - Dunningen, 10. Karl Schmautz, Kaufmann, Göppingen.

Für die Landes li st ezur Landtagsrvah! wurde folgende Vorschlagsliste aufgestellt: 1. Minister E. Bolz, 2. Frau Professor R i st (bish Abg.), 3. I. An d r e (bish. Abg.), 4. Sägewerksbesitzer Scheffold-Laupheim, 5. A. Poll ich (bish. Abg.), 6. Gutsbesitzer Adorno- Tettnang, 7. Gewerkschaftssekretär Wiedemayer - Ulm, 8. Rechnungsrat Nuding - Stuttgart, 9. Frl. Christenzia Braun-Eßlingen, 10. Direktor Web-Ravensburg. 11. bleibt noch zu besetzen, 12. Kaufmann Heelein - Unter­boihingen.

Minister Bolz sprach über die Aufgaben der Politik in Land und Reich. Der Redner wies aus den immer schärfer werdenden Wirtschaftskampf hin. Es gehe um den Anteil

am gekürzten Volkseinkommen. Wir könnten und dürften nicht eine Wirtschaftspolitik treiben, die' n u r auf eine För­derung der Ausfuhr abziele. Darüber gehe die Landwirt­schaft zugrunde und mit ihr noch viele andere Kreise unserer Wirtschaft. Die Gesundung liege auf dem Weg einer Ver­minderung der Wareneinfuhr.

Aus Stadt und Land ,

Nagold, 27. März 1928

Das steht jedem Menschen am besten, was ihm am natürlichsten ist. Cicero.

* -l.

Ich muß küssen! Ä

Schon wieder hat die garstige Tante heute zu mir ge­sagt:Schenk mir doch ein Küßchen"! Ich bin ja noch ein kleiner Mann und werde erst 4 Jahre alt, aber ich weiß nicht, weshalb ich fremde Frauen immer küssen soll. Alle sind sie in mich vernarrt und sehnen sich direkt nach einem Kuß von mir. Sogar meine Mutti verbietet es ihnen nicht und ich kann mich doch noch nicht dagegen wehren. Ich habe mich schon im Spiegel betrachtet. Ja, ich sehe wirklich appetitlich aus, daß man sich in mich verlieben könnte, aber das hat doch noch lange Zeit und dann wird wohl keine von den Tanten mehr zu mir kommen und sagen:Schenk mir doch ein Küßchen". Können sich die Menschen nicht schon so genug an einem Anblick freuen? Ich darf ja auch nicht im Garten meine Hände nach jeder schönen Blume ausstrecken oder nach den Früchten an den Bäumen, mögen sie einen noch so frischen Hauch haben. Aber mich dürfen sie alle nehmen und mich abküssen, daß ich schon einen Ekel davor bekommen habe. Dazu hat Vater gestern abend erst noch lange mit Mutti gesprochen. Gerade jetzt in dieser ungesunden Zeit schleppt oft jemand einen Krankheitsstofs mit sich herum. Er weiß es garnicht, denn die Krankheit ist noch nicht zum Ausbruch gekommen. Wenn ich nun so einem Menschen einen Kuß geben muß. Wie leicht kann da der Krankheitskeim auf mich über­tragen werden. Mein Körper ist noch so zart. Er wird einer Krankheit nie den Widerstand entgegenbringen wie die Erwachsenen. Und wenn ich nachher im Bett liege und hohes Fieber habe, dann sagt vielleicht Mutti, ich hätte mich auf der Straße erkältet. Ich werde nicht mehr draußen spielen dürfen, wenn nur ein paar Regenwolken zu sehen sind oder der Wind etwas kälter ist. Nicht nur meine Gesundheit rauben mir diese Kußsüchtigen, sondern auch noch die Freiheit. In der frischen Luft ist es so schön. Mutti freut sich stets über die roten Backen, die ich vom Spielplatz mit nach Hause bringe.

Wenn ich schon einmal geküßt werden muß, genügen da nicht die Stirn oder die Wangen? Immer muß es der Mund sein. Aber ich werde jetzt jedesmal den Mund abreiben, vielleicht merken es die vielen Tanten und On­kels dann, daß ich das nicht gern habe. Ich will doch groß und stark werden und nicht anderen Leuten ihre Krankheiten abnehmen. Die können sie allein behalten.

Eheberatungsstellen.

Nachdem Nordamerika schon 1895 in einigen seiner Staaten ein Gesetz erlassen hatte, das Ehen mit Geschlechts­kranken, Geisteskranken, Geistesschwachen und Epileptische verbot, und Schweden 1915 dem Vorbild Amerikas bis zu einem gewissen Grad gefolgt war, hat auch der preußische Minister für Volkswohlfahrt im Februar 1926 einen Erlaß herausgegeben, der die Einrichtung von ärztlich geleiteten Eheberatungsstellen und Ausstellung von Heiratszeugnissen anordnet. Seither sind in Deutschland 120 Eheberatungs­stellen gegründet worden, deren Leiter im Juni 1927 zu einerVereinigung öffentlicher Eheberatungsstellen" zu­sammengetreten sind.

Die Arbeit in den bisher eingerichteten Stellen gliedert sich in Beratung von Jugendlichen, Eheanwärtern und Verheirateten.

Von diesen Gruppen nimmt die erste am wenigsten, die zweiten am meisten die Eesundheitsfeststellung in Anspruch. Die größte Aufmerksamkeit wird den Geschlechtskranken und der Tuberkulose gewidmet. Auch in Württemberg

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Z>. Fortsetzung (Nachdruck verboten)

Am andern Morg'n meldet mir der Jackl, daß droben am Seekar an g'riss'nes Kälberstuck liagt da hat si d'r Bauernschreck" zum erstenmal g'meldet, grad in der- selbigen Nacht . . ." Er brach ab, trat pötzlich ganz dicht an mich heran.

Du, sag' mir . . . weißt d' was an Werwolf is?!"

Ein Wer wolf?! Ja, ja, natürlich, die Sage kenn' ich, aber ..."

Sein Atem ging gepreßt, als würge ihn die Faust eines Riesen an der Kehle:

,,D' Leut' sag'n mei Frau . . ." Mit einer hilflosen Gebärde schlug er die Hände vor das Gesicht, ein Auf­stöhnen.

Vinzenz! Um Eotteswillen!"

Aber da hatte er sich auch schon wieder in der Gewalt, sah mich an mit einem Blick, den ich mein Lebtag nicht ver­gessen werde:

Is Unsinn, net wahr? Dös Hab' i mir auch g'sagt, Hab' g'lacht über das G'tratsch, und dann . . . Vor acht Tag' fahr' i nüber zum Niki Pernegg, sag' zur Sopherl, daß d' di net sorgst . . . Is aber früher g'word'n, kaum Mitternacht, und wia i heimkomm', geh' i noch amat ins Schlafzimmer, will meinem Frauerl gut' Nacht sagen . . . da is d' Bettstatt leer und draußen regnet's . . ."

Ich wagte kaum zu atmen, jeder Nerv in mir zitterte.

"Und?"

Nach a Stund' kommt s' ganz leis', schreit hell auf, als s' mich sieht:Du!"

Todruhig bin i g'wef'n und Hab' nur g'fragt:

Wo bist d' g'wef'n?"

.Im Park --."

Das is net wahr!"

Ein Achselzucken:

Wann du's besser weißt-."

Also gut, im Park," sag' i,und warum?"

I könnt' nicht schlas'n, Hab' so arge Kopfschmerz'» g'habt, glaubst mir leicht nit mehr?"

Nein!"

Vinzenz!"

Nein, i glaub' dir net, da hat's noch an anders Hakerl!" Ich faß ihre Hand', ganz heiß und feucht san s' g'wesen.

Sopherl, willst d' mir net sagen-?"

Und auf oamal schreit s' auf wia ein Tier, wirft sich über d' Bettstatt:

I halt's nit mehr aus in der Oed, krank werd' i, und i bleib' nit, i bleib' nit!"

So, schön denk' i, dös hat g'rad noch g'fehlt, steh' ganz dumm dabei, und mein Frauerl weint, weint . . .

Zeit lass'n denk' i, und wia s' a bisserl ruhiger g'worden is, fang' i an z'reden:

Schau, Schatzerl, muaßt halt Vertrauen zu mir hab'n!"

Sie fahrt auf:

Glaubst d', daß i was Unrecht's tun könnt'?"

Na, g'wiß nit!"

Und hast mi liab?"

Liaber als mei Leben!"

Dann frag' nit!"

Aber, Sopherl ..."

Vinzenz! D' Zeit wird schon kommen, wo i dir alles sag', nur heut' nit, heut' nit!"

Bin i also in mei Zimmer g'gang'n und Hab' g'dacht, auch guat, derzwingen hat koan Zweck. Alterle, an die Nacht werd' i denken, solang als i leb'!

In der Fruah geh' i in' Park, war aber nix z' finden, koane Fußspur'» rein nix. Dann kommt d'r Kaplan, ob er mi sprech'n könnt. Ja freili, und was' denn gar so Pressant's gab'? Erst hat a nit recht 'raus g'wollt mit d'r Sprach', aber dann bringt a mir's so kleinweis bei... Leut' halt, z'reiß'n sich d'Mäuler, d'rBauern- fchreck", dös fei a Mensch, sei d' Sopherl, nächtens hat f' oaner g'sehn, wia s' durchs Lattentürl in' Park g'schlupft is.

Weiter nix? frag' i und lach'. Der Hochwürdige zuckt d' Achseln:

Dummes E'red', freili nur . . . man sollt halt koa Aergernis net geb'n, wann i oamal mit d'r Frau Baronin red'n wollt'?"Dös Hab' i g'sehen," sag' i. ,,d' Sopherl hat ihre Migrän g'habt, wollt' a bisserl Luft schnapp'», und d' Leut' mit ihrem dalketen G'tratsch könn' mir 'n Buckel nauf-steig'n."

Um Mittag 'rum meld't sr' dann d'r Jackl. Is wieder an Stuck g'riss'n, glei am Almboden, wo d' Jagdhütt'n steht, und a Lump is auch im Revier, der and're G'hilf, der Franz'l, hat'n g'sehn, aber wia 'r 'n anruft, wirft sich der Kerl in Lat'schn, is verschwund'n, als hätt'n der Erdbod'n g'schluckt. No, und da war dann d'r Klatsch serti Werwolf d'r Hubertus Silvester fehlt net viel, und i glaub' selbst noch dran."

Ohne ihn mit einem Wort zu unterbrechen, hatte ich meinen Freund zu Ende reden lassen. Nun legte ich ihm die Hand auf die Schulter:

Du, sieh mich mal an!"

Er versuchte meinem Blick auszuweichen, aber ich ließ nicht locker:

Vinzenz, das alles sind Phantastereien, Hirngespinste, krankhafte Einbildungen; in Wirklichkeit liegt die Sache ganz einfach: Deine Frau hat Heimweh, ein Heimweh, das selbst die Liebe zu dir nicht ganz unterdrücken kann. Um dir das nicht zu zeigen, um dir nicht wehe zu tun, läuft sie bei Nacht und Nebel draußen herum, kann nicht schlafen von Sehnsucht, und du hast nichts im Kopf als den sagen­haftenBauernschreck", der sich eines Tages als verwil­derter Köter entpuppen wird, der vielleicht einmal im Revier war und nie wieder . . ."

Oha!"

Na, was denn?"

Eh gestern Hab' i'n selbst g'fpürt, grad an d'r Grenz

Schön, meinetwegen, aber nunmal ehrlich, was ist dir mehr wert, die Gesundheit und Herzensruhe deiner Frau oder die Gams und Hirfch'n?"

Geh red' net so g'schwoll'n daher!"

Ja, mein Lieber, das willst du nicht hören, die Wahr­heit ist immer unbequem! Dabei bist du selbst in einem Zustand den ein Psychiater schwerlich als normal bezeich­nen würde."

(Fortsetzung folgt.)