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Mit den illustrierten Unterhaltungsbeilagen Feierstunden" u.Unsere Heimat"

Bezugspreise: Monatlich einschließlich Trägerloyn »<t 1.M; Einzelnummmer L. Erscheint ar jedem Werttage. Verbreitetste Zeitung im O.A.-Bczirk Nagold. Schriftleitung, Druck und Verlag von G. W. Zaiser (Karl Zaiser) Nagold

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Mit der landwirtschaftlichen Wocheubeilage Hans-, Garten- u. Landwirtschaft"

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Rr. 63 Gegründet 1827 Donnerstag, den IS. März 1928 Fernsprecher Nr. 29 192. Jahrgang

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Man mag über die verflossene 49. Tagung des Völker­bundsrats in Genf denken, wie man will, das eine wird man nicht bestreiten können, daß sie wenigstens eine für uns Deutsche erfreuliche Tatsache gezeitigt hat. Deutschland ist in der Beurteilung des Völkerbunds noch nie so verständig­zurückhaltend gewesen, wie diesmal. Es gab keine Gondel­fahrten mit Mondscheinromantik zu besingen wie in Locarno, und es gab kein Frühstück zu zweit in lauschiger Laube wie in Thoiry. Es gab dafür, soweit man bis jetzt sehen kann, auch keinen deutschen Vertreter, der eingewickelt wurde, und der sich hinterher sagen lassen mutzte, daß er noch gar nicht begriffen habe, zu welchem Zweck er von dem Schauspieler-Staatsmann Briand eingewickelt worden sei.

Wir Deutschen sind einstweilen nur eine Schein-Groß­macht und als solche gar nicht berufen, in Genf die erste Flöte zu spielen Wir dürfen also ohne weiteres überzeugt sein, daß wenn dieGrohkopfeten" uns dies Soloinstru­ment in die Hand drücken wollen wir hineingelegt werden sollen. Daß wir das in der 49. Tagung endlich begriffen hatten, scheint für uns der Hauptgewinn aus die­ser Tagung zu sein. Wir standen dermalen ganz und gar nicht im Vordergrund, und wir waren verständig genug, uns weder vorzudrängeln noch nach vorn zerren zu lassen. Im Vordergrund stand zweimal Ungarn, und wir müssen ihnen neidlos zugestehen, daß sie eine »erste Rolle" in Genf besser .zu spielen verstehen als wir.

Bei der Waffenschiebung, die der Hohe Rat an erster Stelle behandelte, war Ungarn »der Angeklagte", und man wäre auch mit Ungarn vermutlich weniger säuberlich ver­fahren, wenn hinter Ungarn als Waffenlieferant nicht das schwergerüstete Italien, und wenn hinter Italien nicht das noch schwerer gerüstete und außerdem immer noch recht finanzkräftige England als hoher Gönner und heimlicher Verbündeter gestanden hätten. Frankreich hätte gar zu gern Arm in Arm mit der Kleinen Ententeein Exempel sta­tuiert", wagte das aber nicht, da es ganz genau wußte, daß es zu gegebener Zeit statt auf Len armen Sünder Ungarn auf den Allerweltsstörenfried Italien und seinen Schutzherrn England stoßen würde. So willigte es in das unfehlbare Auskunftsmittel der Vertagung bis zur nächsten Rats­tagung, nachdem ein ziemlich plumper Versuch, Deutschland als Sturmbock für französische Interessen zu benutzen, fehl- «schlaaen war. Der Versuch war deshalb so vlumv. weil es

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sa auf der Hand lag, daß das französische Interesse sich we­niger gegen Ungarn als gegen Deutschland richtet«. Daß Deutschland sich nicht zu einer Anklägerrolle mißbrau­chen ließ, zu der andere, wenn schon, denn schon, weit eher berufen waren, ist ein Fortschritt, von dem man nur noch nicht so recht zu hoffen wagt, er möchte mehr Äs vorüber­gehend sein.

In der zweiten Sache stand Ungarn nicht allein dem Völ­kerbund gegenüber, sondern es war eine ungarisch-rgmanische Streitfrage, die den Völkerbund zum 18. Male beschäftigte und die der Hohe Rat auch diesmal wieder nicht zu ent­scheiden gewagt hat. Es handelt sich um die Optanten in -en ehemals ungarischen Landeskeilen Rumäniens, öle für Ungarn entschieden haben und die Rumänien in Anwen­dung der bei den Kriegsgewinnern allgemein so beliebten bol­schewistischen Methode einfach enteignet hak. Der Völker­bundsrat neigte offenbar dazu, der ungarischen Rechts­auffassung zuzustimmen, gekraute sich aber nicht, das offen auszusprechen, und flüchtete auch hier zu seinem alten Aus- kunfksmittel der Vertagung. Der ungarisch-rumänisch« Optankenstreik wird also die 50. Ratstagung im Juni aber­mals zum 19. Male beschäftigen, und nichts steht im Weg, daß er auch die beiden anderen Tagungen -es Jahrs 1928 noch zum 20. und 21. Male beschäftige, bevor ihn das Jahr 1928 mit anderen ungelösten Problemen dem Jahr 1929 vertrauensvoll übergibt.

Noch nie ist es so offen hervorgetreten, wie in dieser 49. Ratstagung, daß der Völkerbund ein Machtwerkzeug der Kriegsgewinner nur gegen die Kriegs­verlierer ist, daß er dagegen selbst gegenüber Mächten zweiten Rangs unter den Kriegsgewinnern ohnmächtig bleibt. Die entwasfneten Kriegsverlierer durch moralischen Ueberdruck der schwerbewaffneten Kriegsgewinner gefügig zu machen und gefügig zu erhalten, dazu ist der Völkerbund vortrefflich geeignet. Eine Streitfrage zu lösen, woran auch nur einer der Kriegsgewinner beteiligt ist, geht über die Kraft des Völkerbunds, ist auch nach dem Willen derer, die sich im Völkerbund ein Machttverkzeug zur Niederhaltung oer Kriegsverlierer geschaffen haben, gar nicht sein eigent- "Äer Daseinszweck. Man muß es nur wissen, und sich nicht wissentlich selbst darüber hinwegtäuschen wollen. dann ist das Mitspielen in Genf nur mehr halb so gefährlich.

deutscher Reichstag

Das Rotprogramm

Berlin, 14. März.

Der Reichstag setzte die Beratung des Notprogramms fort. Reichsernährungsminister Schiele führte zu dem Gesetz betr. die Verminderung der zollfreien Einfuhr von Gefrierfleisch aus, die Einschränkung sei notwendig, um die Viehzucht wieder einigermaßen lohnend zu machen. Der Bestand an Schlachtvieh in Deutschland stelle einen Wert von 5,5 Milliarden dar und die Landwirtschaft sei in der Lage, den Fleischbedarf voll zu decken. Bei der Verteilung der zollfreien 50 000 Tonnen Gefrierfleisch sollen in erster Linie diejenigen Gebiete berücksichtigt werden, die bisher schon den größten Verbrauch hatten.

Zur Einführung von Einfuhrscheinen für Schweine und Schweinefleisch erklärte der Minister, wenn man die veränderten Geld-, Arbeitslohn- und Steueroerhält- nisse in Betracht ziehe, sei der Zentner Lebendgewicht für Rinder gegen 1913 um 20 -R gefallen. Wenn dies so weiter­gehe, werden die kleinen Betriebe einen Verlust von 30 Millionen monatlich haben. Die Schweinehaltung stelle einen Wert von 3,75 Milliarden dar und daran seien gerade die kleinen Landwirte, Landarbeiter usw. beteiligt. Der ein­heimische Schlachtviehmarkt liege so darnieder, daß es so nicht weitergehen könne.

Die Vorlage wurde an den handelspolitischen Ausschuß verwiesen.

Bezüglich des ^hnungsbauplans liegen An­träge des Ausschusses vor, daß ein solcher bis Ende 1935 reichender Plan mit einer jährlichen Einstellung von 200 000 Wohnungen oorgelegt werden soll. Der von 1927 gebliebene Fehlbetrag soll durch Ausländsanleihen bis zum Betrag von 350 Millionen gedeckt werden. Die Anträge werden mit großer Mehrheit angenommen.

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Vortrag Stresemanns beim Reichspräsidenten

14- März. Der Herr Reichspräsident empfing heute Len Rnchsniinister des Auswärtigen Dr. Stress-

Berlin.

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aus je 2 Abg. des Zentrums, der Deutschen Volkspartei und der Kommunisten und aus je 1 Abg. der Demokraten, der Bayerischen Volkspartet und der Wirtschaftspartei. Der Unterausschuß soll seine Arbeiten noch in dieser Woche beenden.

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Die italienischen Flottenrüstungen

Rom, 14. März. Die Kammer hat folgende Forderungen der Marineverwaltung angenommen: Den Neubau von 2 Kreuzern von 10 000 Tonnen, 4 Torpedobootsjägern und von 4 Unterseebooten mittlerer Größe. Italien wird Ende 1981 über folgende moderne Schiffseinheiken verfügen: 4 Kreuzer von 10 000 Tonnen, 4 Aufklärungsschiffe von 5000 Tonnen, 12 leichte Aufklärungsschiffe von 2000 Tonnen, 20 Torpedo­bootsjäger von 1200 und 1400 Tonnen, 25 Unterseeboote, da­von 5 von 1400 und 20 von etwa 800850 Tonnen. Die Mannschccsksstärke betrage 43 000 Mann, darunter 6000 Unteroffiziere.

Der Faszismus gegen kardinal Gasparri

Rom, 14. März. Die Spannung, die zwischen dem Faszismus und dem Vatikan über die römische Frage und über die Schulfrage besteht, ist durch das kirchliche Vorgehen gegen Annunzio und durch die Südtiroler Frage noch ver­schärft worden. DerRegina Fascista", das Blatt des Ge­neralsekretär Farinacci, greift den Kardinalstaatssekretär Gasparri scharf an. Gewisse Aeußerungen Gaspar- r t s, die erlogenen Erklärungen des Priesters Seipel, die ermutigende Haltung des Nationalkatholiken St rese- mann und des katholischen tschechischen Ministers Be- ne sch lassen das Bestehen einer katholischen Frei­maurerei zum Schaden des Faszismus vermuten. Der Vati­kan solle endlich Farbe bekennen. Gasparri scheine an das nahe Ende des Faszismus zu glauben und wolle beizeiten auf die Zukunft eine Hypothek legen. Er zeige aber, daß er ein ungeschickter Polikikant sei, würdig der demokratisch­freimaurerischen Vergangenheit Klein-Italiens.

Reichslagung der Bolksrechts-Partei in Kaffe!

In den Räumen des evangel. Vercinshaujcs in Kassel hielt die Bolksrechts-Partei (Reichspartei für Boltsrecht und Aufwertung) am 3 und 4 März eine aus allen Teilen des Reichs gut besuchte Reichstagung ab, an welcher unter anderem auch der frühere Staatssekretär Graf von Posa- dowsky, die Reichstagsabgeordneten der Bolksrechts- Partei Seiffert und Dr. Roß Dr. Be st war durch

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Rach Londoner Meldungen soll die deutsche Reichsre- glernng geneigt sein, den von Amerika angeborenen Schieds- nnd Verföhnüngsverkrag anzunehmen, auch wenn Frank­reich ihn ablehnen würde.

Die preußische Regierung beabsichtigt gegen die Bauera- ku,:dgcbu»gen ein zuschreiten.

lieber die verhafteten Ingenieure in Südruhland geben die Sowjetbehörden keine Auskunft. Der Fall wird in Ber­lin sehr ernst genommen, da es. wie es scheint, auch der amtlichen Vertretung Deutschlands verwehrt worden ist. mit den Verhafteten in Verbindung zu treten, obgleich nach dem deutsch-russischen Berliner Vertrag dies zulässig sein müßte.

Briand hatte eine Besprechung mit dem amerikanischen Botschafter Herrick.

Rach einem Berliner Blatt wird die Aeußerung de» Reichswehrminisiers Grauer im Reichskagsausschuß: er könne nicht dulden, daß ein Vorgesetzter einem Ankernde- nen so weitgehende Vollmacht gebe, wie es im Fall Loh­mann geschehen sei. und er erwarte, daß ein Vorgesetzter Die Verantwortung nicht ablehne dahin ausgelegt, daß der Ehef der Marine. Admiral Zenker, und vielleicht einige andere Persönlichkeiten zurücktreten.

Krankheit verhindert der sächsische Iuftizminister von Fumetti usw. teilnahmen.

Am Samstag war zunächst eine Sitzung des Reichs­pa r t e i v o r st a n d e s, die sich vor allem mit Fragen der Organisation und Agitation und mit der Vorbereitung der Reichstagswahlen befaßte. Mit den in Frankfurt zu­sammengeschlossenen Reichsbankgläubigerverbänden wurde eine Einigung erzielt, so daß bei den kommenden Wahlen auch diese Bewegung zum größten Teil hinter der Volks- rechts-Partei stehen wird.

Dann traten die Vertreter der preußischen Landesver­bände zu einer besonderen Sitzung zusammen, die zur Gründung eines Preußenausschusses führte, welcher die Preußenwahlen vorzubereiten hat.

Abends fand im großen Saal des Evgl. Pereinshauses eine große öffentliche KundgebungDer Kampf um das Recht" statt. Graf von Posadowsky hatte das Haupt­referat übernommen. Anschließend sprach Justizminister von Fumetti von dem Gesetzentwurf zur Rentnerversor- gung, den er ausgearbeitet hat. Dann wandte sich der Reichstagsvors. Prof Vauser in energischen Worten gegen die verfassungswidrigen Wahlrechtsbeschränkungen. Er legte weiterhin die Ziele und Aufgaben der Volks­recht-Partei als Aufwertungspartei, als Partei der sitt­lichen Erneuerung von Staat und Wirtschaft, als Partei für Recht und als Mitlelstandspartei dar. Zum Schluß setzte sich Iustizrat Brink in geistvollsatirischer Weise mit derverarmten Wirtschaft" auseinander.

Am Sonntag fand die ordentliche Parteivcrtreterver- sammlung statt, in welcher der Reichsparleivorsitzende, Pros. Vauser, den Bericht über das verflossene Jahr er­stattete, das er als ein Jahr des Aufbaus und der Vor­bereitung bezeichnete. Gleichzeitig wurde eine öffentliche Parteitagung abgehalten. Im Anschluß hieran, fand eine Reichsdelegiertenversammlung des Sparerbundes statt.

Württemberg

Die Besoldungsordmu«

Stuttgart. 14. März. Der Finanzausschuß nach« «ine» Antrag Winker (Soz.) mit 10 Ja bei 5 Enthalt»«ge« «n. den Bezlrksnotaren, die ausschließlich im Grundbuchwese« tätig sind, widerrufliche Zulagen bis zu 600 Mark »» ge­währen. Besoldungsgrupe 5 (4800 bis 7000 Mark) entspricht der Gruppe 8 der Reichsbesvldungsordnung. km ihr find die Beamten zusammengefaßt, die in der alten Besoldungs­ordnung besonders herausgehobene Stellen des mittlere« Dienstes innehatten. Reu eingefügt sind Beförderungsstellen für Seminar- und Taubstummenobertehrer. Gruppe 5 wirb im übrigen nach der Vorlage genehmigt. Gruppe 4c (480b dis 6000 Mark) enthält nur die Polizeihauptleute. Sie wird ohne Aussprache genehmigt. Die Gruppe 4 d <4800 bis 7500). die der alten Gruppe 10 entspricht, hat die Vortage ab­weichend von der Reichsbefol-ungsordnong mit Rücksicht auf -i« besondere Organisation der württ Behörden beibe- haiten. Sie ist die Eingangsgruppe für die akademisch ge­bildeten Beamten des höheren Dienstes. Reu ausgenommen sind die Direktoren der Taubstummenanstalten, sowie nach badischem Vorgang die Landtags- und Ministerialamt- männer (bisher Oberrechnungsräke).

Italienischer Generalkonsul ln Stuttgart. Die italienische Regierung hat Renzo Ferrata, Beauftragter der Fas- zistischen Partei für die Schwei- und Ostfrankreich und Gründer des 1. italienischen Fafzio im Ausland, zum Gene­ralkonsul in Stuttgart ernannt.