Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
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Stuttgart, 23. Februar. Ernennung. Der Staatspräsident hat den Regierungsrat a. g. St. Jung bei der Mi- nisterialabteilung für die höheren Schulen zum Oberregierungsrat ernannt.
Verleihung der Apothekenberechtigung. In Neckargartach OA. Heilbronn wird eine Apotheke errichtet werden.
Der Planetariumsbau. Der Gemeinderat beschäftigte sich mit dem Planetariumsbau. Bekanntlich haben andere Städte mit den Planetarien schlechte Erfahrungen gemacht. Beispielsweise ist in Leipzig der Planetariumsbau zu einem Kino geworden. Im Gemeinderat drehte es sich hauptsächlich darum, ob das Hindenburghaus ein Reklamebeschriftung erhalten solle. Nach dem Bericht wurde die Lichtreklame als notwendig bezeichnet, um aus dem Hindenburgbau. der 5 Millionen Mark kostet, jährlich eine halbe Million herauszuwirtschaften. Die Erstellung des Planetariums tollet die Baugesellschaft 700 000 bis 800 000 Mark, wozu die Stadt 190 OOO Mark gibt und außerdem 15 OOY Mark Iahresmiete zahlt. Die Einnahmen, die sie selbst aus dem Planetarium hoben wird, werden zweifellos auf die Dauer diese Summe nicht erreichen.
Rottweil, 23. Febr. Das Auto im Schaufenster. Gestern nachmittag wollte das Lastauto der Firma A. Mink in Zkjnmern ob Äottweil die Hauptstraße herauf durch das Schwarz« Tor fahren, als plötzlich die Kette brach. Ilm auf der steilen Straße Schlimmeres zu verhüten, lenkte der Führer den Wagen in ein« Seitenstraße. Hiebei geriet es aber in das Schaufenster des llhrenhauses Huberich und richtete groß^ Verheerungen an. Zahlreiche wertvolle Uhren und Schmuckigegenstände wurden vernichtet oder schwer beschädigt. Auch das Gebäude selbst wurde stark mitgenommen.
Tübingen, 23, Febr. BonderUniversität. Uni- oersitätsprofcssor Dr. Schmincke, Vorstand des Pathologischen Instituts, hat den an ihn ergangenen Ruf an die Universität Heidelberg angenommen.
An der medizinischen Fakultät der Universität Tübingen ist die Lehrberechtigung erteilt worden für das Fach der Hygierte und Bakteriologie dem Assistenten am hygienischen Institut Dr. Walter Saleck, für das Fach der Haut- und Geschlechtskrankheiten dem Assistenzarzt an der Universitäts- Hautklinik Dr. Heinrich Hoffmann.
Aus Stadt und Land
Nagold, 24. Februar 1928.
Genießen! Gefährliches Wort! Wir leben, um uns
auszubilden, Storm.
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Sonderzug zur Notkundgebung in Stuttgart
Anläßlich der landwirtschaftlichen Kundgebung in Stuttgart verkehren am Samstag, den 25. Februar eine Anzahl Sonderzüge aus allen Gegenden des Landes nach der Landeshauptstadt und zurück. Für unseren Bezirk fährt am Samstag ein Sonderzug von Calw nach Stuttgart und zurück.
Hinfahrt: Calw ab 9.28 Uhr (Anschluß von Nagold mit Zug Nagoldab 8.43) Stuttgart Hbf. an 11.15 Uhr Rückfahrt: Stuttgart Hbf. ab 18.17 (Gleis 5); Calw an 19.58 Uhr (Anschluß nach Nagold auf Zug Nagold an 20.20 Uhr, Altensteig 21.28 Uhr).
Für die Fahrt mit dem Sonderzug Calw—Stuttgart und zurück berechtigen besondere Sonderzugskarten mit Fahrpreisermäßigung. Für die Fahrt bis Calw und zurück find die allgemein gültigen Fahrkarten zu lösen. Beide Karten, also auch die Karte für den Sonderzug, find auf den Einsteigestationen (Eündringen, Nagold, Ebhausen, Altensteig usw.) zu lösen. Für Reisende, welche am Samstag nicht zurückfahren wollen, werden auch Fahrkarten zur einfachen Fahrt im Sonderzug ausgegeben.
Oeffentliche Versammlung der Nationalsozialistischen deutschen Arbeiter-Partei
Die ursprünglich auf kommenden Samstag angesetzte Wahlversammlung der R. S. D. A. P. wird, wie wir vernehmen, aus Samstag, den 3. März, abends 8 llhr, in den Löwensaal verlegt. Die Umstellung mußte erfolgen, weil
der Redner des Abends, Herr Gauleiter Murr aus Eßlingen, an diesem Samstag bei der großen Protestversammlung der Bauernschaft in Stuttgart sprechen muß. Das Thema des Abends wird sein: „Wege ins 3. Reich!" — Näheres wird noch bekanntgegeben.
Schon wieder ein Zusammenstoß.
Fast an derselben Stelle wie am letzten Dienstag, ereignete sich heute nachmittag 1 llhr wieder ein Zusammenstoß. Ein auswärtiger Radfahrer wollte von der Markt- straße über den Marktplatz in die Herrenberger Straße fahren, als der Lieferwagen des Kaufmanns Frey von hier die Bahnhofstraße herunterkam. Der Radfahrer, der nach Angaben von Augenzeugen den Blick nicht auf die Fahrbahn gerichtet hatte, fuhr vor dem Lieferwagen über die Straße und wurde von dessen linkem Vorderrad erfaßt und zu Boden geschleudert. Der Führer des Lieferwagens, der sehr vorsichtig gefahren sein soll, brachte seinen Wagen auf kürzeste Entfernung zum Stehen, so daß ein größeres Unglück verhütet wurde. Der Radfahrer erlitt keinen Schaden, sein Hinterrad ist dagegen vollständig zertrümmert.
Autolinie Wildberg—Sulz—Kuppingen—Affstätt Herrenberg
Nachdem kürzlich wegen genannter Linie bereits eine Versammlung in Sulz unter Anteilnahme des Nagolder Eewerbevereins stattgefunden hatte, kamen am Mittwoch nochmals Vertreter von Herrenberg und Nagold in Sulz zusammen, um über den Ausbau der Linie zu verhandeln. Schultheiß Henig-Sulz begrüßte die Gäste, unter ihnen insbesondere als Vertreter der Oberämter Oberamtmann Baitinge r-Nagold, Oberamtmann Berts ch-Herren- berg, ferner Stadtschultheiß Schick, Oberamtsmeister Rie- ger, die Eewerbevereinsvorstände Elektrizitätswerkbesitzer Wohlbold-Nagold u. Kaufm. Niethammer-Herrenb.; Affstätt war durch Schultheiß Bek und Wildberg durch den derzeitigen Stadtschultheißenamtsverweser vertreten. Schultheiß Henig gab seiner und seiner Gemeinde regstes Interesse zur Sache kund. Zur Freude der Sulzer habe sich der schon lange gehegte Wunsch nun zur Wirklichkeit gestaltet und es soll seitens der größten Jnteressentin (eben Sulz) alles geschehen, die Angelegenheit zum Zug zu bringen. Die Frage der Rentabilität ist ja hiemit noch nicht gelost, aber die Sulzer sind ja auch gerne bereit, Opfer zu bringen. Wie weit sich die Straße für die Linie im Abschnitt Sulz— Kuppingen eignet, soll dem fachmännischen llrteil zustehen. Es äußerten sich sodann die beiden anwesenden Unternehmer Maie r-Herrenberg und K o ch-Nagold und lassen eindeutig und klar erkennen, daß die Rentabilität nur dann garantiert ist, wenn die neue Linie in den Händen desjenigen liegt, der die Linie Herrenberg—Calw (in diesem Fall Maier-Herrenberg) fährt, da beide Linien von Herrenberg bis Kuppingen parallel laufen. Fa. Benz L Koch-Nagold tritt demzufolge zugunsten seines Herrenberger Kollegen von seinem Angebot zurück. Maier schlägt eine probeweise Einführung vor. 2m Namen der Stadt Herrenberg und auch im Auftrag des mit etwa 50 Mitgliedern anwesenden Eewerbevereins nimmt nun Stadt- schultheiß Schick in längeren Ausführungen das Wort. Mehr denn je ist auch die Arbeiterschaft von Sulz darauf angewiesen, auf möglichst schnellem und kraftsparendem Wege zur Station und zur Arbeitsstätte zu gelangen. Damit die Fahrt billig zu stehen komme, gibt Unternehmer Maier Arbeiterwochenkarten aus, die auch dem jüngsten Arbeiter bei bescheidenstem Lohne die Fahrgelegenheit ermöglichen. Die vorgeschlagene probeweife Strecke wird wärmstens unterstützt. Aus den Umständen heraus ergibt sich sodann auch die Ausdehnung der finanziellen Unterstützung und die Stadtverwaltung Herrenberg ist gewillt, hier in weitgehendstem Maße Entgegenkommen zu zeigen. Oberamtsbaumeister Riege r-Herrenberg gibt erläuternde Mitteilungen über die Straßenverhältnisfe Kuppingen— Sulz, soweit es die oberamtlichen Grenzen anbelangt. Die Visierverhältnisse der kommunalen Strecke könnten am Waldausgang noch eine Besserung vertragen, auch dürfte die Erweiterung der Fahrbahnbreite, deren kleinstes Maß 3,90 m beträgt, vereinzelt nötig und ohne großen Kostenaufwand durchzuführen sein. Oberamtmann Bert sch glaubt in den Wegverhältnissen kein Hindernis zu sehen und betont nachdrücklichst, diesbezügliche Wünsche und Notwendigkeiten dem Bezirksrat baldigst vorzutragen und
Freitag, 24. Februar 1828
gebührend zu befürworten. Daß die Linie auch die Nagolder Interessen berücksichtige, kommt in den Ausführungen von Elektr. Werksbesitzer Wohlbold-Nagold zum Ausdruck. Oberamtmann V a i t i n g e r-Nagold nimmt zur Konzessionierung der Linie das Wort. Nachdem man sich über eine probeweise Einführung geeinigt hat, folgt eine Aussprache über den Fahrplan. Gewerbevorstand Niethammer hält neben der oorgeschlagenen Morgen- und Äbendfahrt eine Mittagsverbindung für dringend nötig, welcher Ansicht sich die Versammlung sodann auch einstimmig anschließt. Stadtschultheiß Schick ergreift wiederholt das Wort um auch etwaige Bedenken einer einseitigen Lö sung der Frage zu zerstreuen und darzutun, daß Nagold (auch Calw—Pforzheim) keineswegs hintenan stehen sollen, sondern der wirtschaftliche Zug der Zeit in Vorgrund des zu Schaffenden stehen muß. Die finanzielle Regelung fand in der Weise statt, daß für etwaige llnterbilanz eintreten: Sulz mit 55 Proz., Nagold und Herrenberg mit je 17'x: Proz. und Wildberg (vorbehaltlich gemeinderätlicher Genehmigung) mit 10 Proz. Ein Ausschuß aus 7 Vertretern in dem selbstverständlich auch Nagold vertreten ist. soll die Arbeiten weiter führen. Man rechnet damit, daß ab 1. April die neue Autolinie eröffnet werden kann. Abschließend gibt im Namen von Sulz Schultheiß Henig seiner Freude über den günstigen Verlauf dieser Versammlung lebhaften Ausdruck und die Versicherung, daß die Ortsverwaltung alles tun wird, die schon lang erhoffte Linie zu gestalten und zu erhalten. — Wir von uns aus wünschen vor allem, daß man den Fahrplan der Linie so gestaltet, damit auch ein günstiger Anschlußverkehr auf die Nagolder Züge geschaffen wird; vor allem wären dabei die Mittagszüge, um 12 oder 3 Uhr nicht zu überfehen, damit praktische Verwaltungsarbeit mit wirtschaftlichem Weitblick durch die Schaffung der Linie zur Tat wird.
Herrenberg» 23. Febr. Die Geschäfte des Oberamt s a r z t e s für die Bezirke Herrenberg und Horb wurden mit dem 21. Febr. von H. Dr. M a uthe übernommen.
Wildbad. 22. Febr. K r a s t d r o ? ch k e n d i e n st. Zum Kraftdroschkendienst sind sechs neue Autobesitzer zugelassen worden, so daß nunmehr 24 Taxameter in Wildbad aufgestellt sein werden.
kleine Nachrichten ans aller Mell
Ein Jubiläum des Fahrrads. An den Monat Februar fällt ein Iubilämnskag in der Geschichte des Fahrrads. Vor 110 Jahren, im Februar 1818, hatte der Forstmeister Frei- Herr Drais von Sauerbronn für die von ihm erfundene Laufmaschine, aus der sich später das „Veloziped" und dann das Fahrrad entwickelt hat, ein Erfindungsvatent auf 10 Jahre erhalten. Kurz vorher, am 28. Januar 1818, war dem Erfinder der Maschine, offenbar als Anerkennung für sein Werk, der Titel des Professors der Mechanik erteilt worden. Mit seinen Erfindungen hakte Frhr. von Drais, wie es so manchem Erfinder gegangen ist, aber wenig Glück- Sie brachten ibm nicht nur keine Einnahmen, sondern kosteten ihn sein Vermögen und auch sein Amt als Forstbeamter. Lange Zeit lebte Drais in Mannheim: seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Karlsruhe, wo er im Dezember 1851 zur letzten Ruhe gebettet wurde. Die dortigen Radfahrervereine haben dem wackeren Erfinder an der Kriegsstratze ein Denkmal gesetzt.
Verbot des Lutherfilms in München. Bei einer Probe- oorführung des Lutherfilms in der Münchener Polizeidirektion wurde erklärt, daß der Film eine Reihe von Darstellungen ethalte, die geeignet seien, das religiöse Empfinden der katbolischen Volksteile zu verletzen und die öffentliche Ordnung zu stören. Es wurde beschlossen, durch einen Antrag auf Widerruf der Zulassung des Filmstreifens die Filmoberprüfstelle in Berlin mit einer Nachprüfung des Films zu befassen. Die Poliezeidirektion München hat bis zur Entscheidung des Widerrusantrags die Vorführung des Filmstreifens in München vorläufig untersagt.
Die erste Frau im Reichsgericht. In der Sitzung des Reichsarbeitsgerichts am 15. Februar hat zum ersten Male eine Frau, die Vorsitzende des Verbandes der weiblichen Handels- und Büroangestellten, Frau Katharina Müller, als Reicksarbeitsrickter mitaewirkt. Eine erwähnenswerte
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8. Fortsetzung.
Ich wollte lachen, doch es gelang mir nicht so recht. Rarrenspossen — natürlich, irgendein Körnchen Wahrheit, das maßlos übertrieben und ausgebauscht worden war, dazu die geschäftige Phantasie der Gebirgler, in deren Köpfen noch immer ein gut Teil des mittelalterlichen Aberglaubens spukte. Und dennoch, — es war etwas anderes über diese Dinge am Kaminfeuer zu spotten oder ihnen Auge in Auge in der majestätischen Bergeinsamkeit gegenüber zu stehen. Da drunten, eingebettet wie ein Juwel zwischen urgewaltigen Bergriesen, lag der Achensee, gleich einem ungeheuren Kessel voll feuerflüsfigem Silber glänzte und gleißte sein Spiegel. Fast senkrecht fiel das schwarze Eewänd ab, versank in den wuchtenden Schatten dämmern der Tiefen, unüversehrbar weit dehnte sich das Wipfelmeer, hart und klar, jede Linie scharf Umrissen, hob sich die Rheiderspitze in das blasse Blau des Steptembermorgens, dahinter türmten sich die wuchtigen, von flimmerndem Schnee gekrönten Steinmassen des Hochkogels, und über all dem träumte ein geheimnisvolles Schweigen, ein Hauch der Unendlichkeit . . . Mit langgezogenem, schrillen Schrei schraubte sich ein Bussard in weitausholenden Spiralen über das Hochholz, wie leuchtender Eoldbronzeton lag es auf den regungslos ausgebreiteten Schwingen, und jedesmal, wenn der von Sonnenglast umglänzte Körper eine Schwenkung machte, blitzte es silbern auf.
Die Zigarre war aufgeraucht, ein Blick nach dem Zifferblatt der Uhr: „Run wollen wir mal sehen . . ."
In dem kurzen, olivgrünen Gras ein trefer Ausriß, daneben Helles Rot, blasiger Lungenschweiß auf beiden Seilen der Fährte. Jackl beugte sich nieder, nickte und hob ein paar kurz abgestanzte Schnitthaare auf:
"Den kriag'n ma, koane hundert Schritt weit is a j g'gang'n ..." j
Die sperrigen Latschenäste wanden sich um Knie und I Schenkel, ich sicherte die Büchse, arbeitete mich mühsam vor- > wärts, nahm den Standhauer zu Hilfe. Und dann ein klingender Juchzer neben mir:
„Hat'n scho! 'Do liegt a!"
Aus dem zähen Gewirr ragte ein tiefschwarze, knorrige Geweihstange mit schlohweißen Enden in der Gabel . . ." im Nu stand ich neben dem Hirsch, tastete nach den Rosen, füblte die körnige Perlung . . .
„Jackl!"
Wir sahen uns beide an:
„ I gratulier', Herr!"
Ein Händedruck und dann Schweigen. Ich beugte mich nieder, knapp hinter dem Blatt saß die erste Kugel, mitten d rauf die zweite, smaragdgrüner Hauch lag über den Lichtern -. Hinter mir knackte es, auf abgezogenem Filz
bot mir der Jäger den schweißigen Bruch, und wieder fühlte ich die zitternde, prickelnde Freude. — Erbe aus llrväter- tagen! Wie lange wir so standen, ich weiß es nicht. — Jackl kniete nieder, löste die Haken aus:
„'s G'weih nehma ma glei' mit, i will nur erst den Hirsch aufbrech'n un' verblend'», nachat könn' d' Holzer' hol'n, san d'runt' am Brentnerschlag . . ."
Die kurze, scharfe Säge knirschte durch den Schädelknochen :
„Lassen Sie nur, ich lüfte den Zehner selbst, das tu' ich zu Hause auch immer."
„Ah! Eibt's da aa Hirsch' im Niederland?"
Ich mußte lächeln.
„Sogar von sechzehn bis zwanzig Enden und Rehe, Hasen, Fasanen, Rebhühner, Wildenten, ich kenne Reviere, auf denen an einem Tage über tausend Hasen geschossen werden!"
„Aber naa, Herr?" Ganz ungläubig starrte mich der Jäger an, offenbar hegte er den Verdacht, daß ich latei- nerte.
„Ist schon so, und — wissen Sie was — wenn Ihr Herr im November zu meinen großen Jagden kommt, dann begleiten Sie ihn, da können Sie sich selbst überzeugen!"
„Teifi! Teifi! Dees — wenn's wahr is — möcht' i scho amal sehg'n!"
„Sie können sich auf mein Versprechen verlassen."
Wie Rutzkerne lagen die kleinen, stark abgeschliffenen,
tiefbraunen Erand'ln in meiner Hand, dann verblendete ich den Hirsch und Jackl lud sich das Geweih auf die Schultern. Sengend brannte die Sonne hernieder. Heber den Matten gaukelten kleine, blaue Schmetterlinge, die der Volksmund Seelchen nennt, quarrend strichen ein Paar Steindohlen ab. In tiefen, durstigen Zügen trank ich die Schönheit des Septembermorgens in mich. Wie eine Ahnung kommenden Vergehens lag es über dem weiten Land, silberflimmernde Spinnwebfäden, Altweibersommer, segelten durch die unbewegte Luft, legten sich als loses Gespinst um den mattblitzenden Lauf der Büchse. Durch die traumhaft tiefe Stille schwammen von fern her Glockenklänge, mahnend, rufend . . . Dann umfingen uns die dämmerkühlen Schatten d. Nadelholzes. Gleich Kupfer glän- ten die rissigen, rauhen Stämme, leise zwitschernd huschte eine Tannmeise von Ast zu Ast.
Irgendwo klang ein Heller Axtschlag. Der Jäger bog in einen seitwärts führenden Richtweg ein, noch ein paar Minuten, nun lichtete sich der Bestand, und wir standen auf dem Hau.
„He! Ander!! Martl!"
Drüben traten zwei Holzer aus dem Schatten der Randbäume, kamen langsam näher:
„Habt's an Hirsch'n!"
„Feit fi nix, droben liegt a in de Latschen am Seekar. a Papierl Hab i ausg'steckt, könnt ihn glei abischaff'n."
Ich trat heran:
^,Eut wäre es schon, wenn der Hirsch bei der Hitze bald zu Tal kommt und hier — zwanzig Kronen, dafür trinken Sie abends ein paar Maß-"
„A naa, Herr, soviel braucht's net-"
„Nehmen Sie nur," und dann drückte ich dem Jackl einen Hundertguldenschein in die Hand. Ganz verdattert starrte er auf die Banknote.
„Herr!"
„Stecken Sie nur ein —, nein, bitte keinen Dank, das mag ich nicht leiden."
„Herr, da hab'n S' Jhna verschaugt, daderfür kriagt ma ja a Kuoch--"
„Na also, kaufen Sie sich eine, und nun wollen wir ein bißchen rasch gehen, es ist ohnehin spät geworden."
Eine Weile weit schritten wir schweigend nebeneinander her, der Jäger schluckte ein paarmal.
(Fortsetzung folgt.)