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Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Samstag. 17 September 19L7

Zur Nagold- und

Wir geben im folgenden das Gutachten des Bundes für Heimatschutz in Württemberg und Hohenzollern zu der Flußoeränderung am Zusammenfluß der Nagold und Wal­dach im Wortlaut wieder und hoffen, daß diese Anregungen nicht unerhört bleiben wer­den. D. Schristltg.

Die in Ausführung begriffene Veränderung des Laufes der Nagold und Waldach an ihrem Zusammenfluß zur Vermeidung von Hochwasserschäden wird tiefgreifende Veränderungen im Stadt- und Landschaftsbild von Nagold mit sich bringen. Jahr­hundertelang jedenfalls schon seit Gründung der Stadt selber, spiegelten sich die Giebel ihrer Westseite und die alte Mühle in der ruhigen, klaren Wasserfläche der durch das langgestreckte Wehr aufgestauten Nagold. Rauschend ergoß sich das Wasser über das Wehr und schoß in Strudeln durch die Stellfallen. Dieses wechselreiche, belebende Spiel des Wassers und seine Poesie wird durch die Neuanlage leider verloren gehen, mit ihm leider auch ein großer Teil der üppigen, malerischen, abwechs­lungsreichen und stimmungsvollen Uferbepflanzung.

So groß auch die Vorteile der Neuerung in praktischer Hinsicht sein mögen, so sind doch die Verluste an landschaft­licher Schönheit sehr ernst zu nehmen und außerordentlich zu bedauern. Die feinsten Reize dieser Seite der Stadt werden damit zum größten Teil unwiederbringlich zum Opfer gebracht werden müssen. Durch die Senkung des Wasserspiegels wür­den weit hinaus im Nagoldlauf selber (bis zum Klebsteg) die schönen, altvertrauten Wasserspiegelungen und damit Land­schaftsbilder von schönster Wirkung, sowie der schöne, erst neu geschaffene Badeplatz, verloren gehen. Vielen werden darüber erst die Augen aufgehen, wenn alle diese Bilder nicht mehr da sein werden.

Weil aber so viel Schönes hier auf dem Spiel steht, ist es auch unabweisliche Pflicht der Beteiligten, alles aufzubieten und nichts zu unterlassen, was einigermaßen in anderer Rich­tung Ersatz für das Verlorengehende schaffen könnte, selbst auf die Gefahr hin, daß dadurch an der einen oder anderen Stelle etwas mehr Kosten aufgewendet werden müßten.

So sehr man aber auch diese tiefgreifende Veränderung eines schönen und einzigartigen Stadt- und Landschaftsbildes vom Standpunkt des Natur- und Heimatfreundes bedauern und beklagen muß. so muß man sich eben damit abfinden in dem Gedanken, daß diese Umänderung früher oder später doch kommen mußte, da die bisherigen Verhältnisse des Wasserab­flusses, insbesondere bei den fast jährlich wiederkehrenden Hoch­wassern der Waldach, auf die Dauer nicht haltbar gewesen wäre. Da nun z. Zt sich für die Stadt eine nicht so bald wiederkehrende günstige Lage für die Durchführung dieses großen Unternehmens bietet, können die Forderungen des Natur- und Landschaftsschutzes allein für die Ausführung oder Unterlassung des Vorhabens nicht ausschlaggebend sein, sondern sie können

unterzogen worden ist. Die bisherigen Räume des Iustiz- "ttlmteriums (Ecke Karl und Dorotheenstraße) werden mit Ministerium des Innern vereinigt und durch einen Brückengang verbunden. Das Statistische Landesamt tEcke Schloß- und Büchsenstraße) wird im Hof einen einstöckigen Neubau für eine Druckerei und einen Lagerplatz der zahl­reichen Steindurckplatten erhalten.

Die Einweihung der neuen katholischen Kirche in Degerloch wird am 2. Oktober erfolgen.

Ehlingen, 16. Sept. 9 5. Geburtstag. Der Senior­chef der Sektkellerei Eßlingen, Kommerzienrat Eugen Weiß, vollendet am 1K. September in körperlicher und geistiger Rüstigkeit sein 95. Lebensjahr.

Mergentheim, 16. Sept. Kurbesuch. Di« in Ileber- lingn am See wohnhafte Prinzessin Iosephine von Hohen­zollern, Schwester des Königs der Belgier und der ehe­maligen Kronprinzessin Stephanie von Oesterreich, ist zu längerem Kurgebrauch hier eingetrofsen und hat im Karo- lingen am See wohnhafte Prinzessin Iosephine von Hohen-

Gächingen, OA. Urach, 15. Sept. Eine Hexen­geschichte und ihre Aufklärung. In nicht ge­ringe Aufregung wurde eine hiesige Familie gesetzt. Sie hatte ein etwa 13jähriges Mädchen als Kindsmagd im Haus. In letzter Zeit behauptete das Mädchen, eine Hexe bezw. ein Geist sei in Abwesenheit der Familie da gewesen. Und wirklich konnte man unangenehme Spuren sehen: das einemal war dem Kind das ganze Bettzeug quer durch­geschnitten, das anderemal das Weißzeug. Einmal lag nun ein Zettel da, wenn nun das Kind nicht zugedeckt werde, gehe die Hexe an die andern Betten. Die Leute wandten sich in ihrer Angst an den Landjäger. In einer Nacht wachte nun die ganze Familie, der Landjäger sowie die Kindsmagd, um die Hexe zu zeigen. Aber diese blieb aus. Der Verdacht fiel auf das Mädchen, das nun auch bereits eingestanden bat. Der Familie ist durch diesen Unfug ein Schaden von 206 bis 300 Mark entstanden.

Pfullingen, 16. Sept. 90 Jahre alt. Frau Wil- helmine Schwüle geb. Stoll, die Witwe unseres am 1. De­zember 1902 verstorbenen Stadtschultheißen Schwüle, feierte in verhältnismäßiger körperlicher und geistiger Rüstigkeit die Vollendung ihres 90. Lebensjahrs.

Ulm. 16. Sept. 52 Arbeiter wegen Nötigung verurteilt. Die Große Strafkammer Ulm verurteilte den 48 I. a., verh., bisher nicht bestraften Gewerkschafts­sekretär Reichte in Geislingen und 52 Mitangeklagte strei­kende Arbeiter der Firma Kuntze u. Co., Röhrenwerke in Süßen, wegen Nötigung (gewaltsamer Abhaltung Arbeits­williger vom Zugang zur Arb itsstätte), und zwar Reichte zu 200 -st Geldstrafe oder 20 Tagen Gefängnis, zwei weitere wegen Nötigung vorbestrafte Angeklagte zu je 3 Tagen Gefängnis und die übrigen zu je 10 -st Geldstrafe oder zwer Tagen Gefängnis. Ein weiterer Angeklagter wurde frei­gesprochen. Das Große Schöffengericht Göppingen hatte seinerzeit sämtliche Angeklagten freigesprochen.

Von der Ulmer Alb. 16. Sept. GriPPe. In den Dörfern der Ulmer Alb geht gegenwärtig ein höchst ungern gesehener Gast um. die Grippe. Sie tritt sehr heftig auf mit Kopfschmerz, Erbrechen und hohen Fiebern, aber ohne bisher ein Todesopfer gefordert zu haben. Am häufigsten werden diesmal Frauen und Mädchen von der Grippe be­fallen. Vielleicht hat das seinen Grund darin, daß die Kleiderstoffe des zarten Geschlechts in der letzten Zeit auch immer zarter und florähnlicher geworden sind. Die Ulmer Alb aber ist nach wie vor ein Stück der Rauben Alb ge­blieben: und dazu der oftmalige durchgreifende Witterungs­und Temperaturwechsel: da ist es dann wahrhaftig kein Wunder, daß ein so unwillkommener Gast wie die Grippe bei uns Einkehr gehalten hat.

Waldachkorrektion

nur insoweit in Betracht kommen, als bei der Ausgestal­tung des Neuen, namentlich durch geeignete Wieder­bepflanzung, alles getan wird, um wieder ein landschaftlich schönes Ganzes zu erzielen und daß nur das unbedingt Notwendige geändert wird. Es sollten daher am Na­goldlauf oberhalb des Badplatzes keine Verände­rungen mehr am Ufer und seiner Bepflanzung vorgenommen werden, da hier Eingriffe in das Bestehende in keinem richtigen Verhältnis mehr zu den bei Hochwasser der Nagold zu erzielenden geringen Verbesserungen stünden; dagegen würoe daß Landschaftsbild auf lange Zeit hinaus noch weiter veröden. Es wäre auch sehr zu begrüßen, wenn durch Einbau einer einfachen, beweglichen Slauvorrichtung an ge­eigneter Stelle die nötige Wasserhöhe für den Badplatz und damit zugleich auch der Bestand der schönen Wasserspiegelungen flußaufwärts erhallen bliebe.

Das Badhaus steht jetzt noch hart und sperrig in der weiten Rasenfläche. Es wäre zu empfehlen, durch entsprechende Baumanpflanzung an den Seiten und dahinter ihm einen Hin­tergrund und eine Verbindung mit der Landschaft zu geben.

Wenn nun schon in so weil gehendem Maße die bestehen­den Verhältnisse geändert werden, so sollte man aber auch nicht auf halbem Wege stehen bleiben und nur an das rein Wassertechnische dieser Angelegenheit denken, sondern die Sache vom städtebaulichen Gesichtspunkt aus betrachten. Nagold hat an dieser Frage nicht nur als gewerbetreibende Stadt, sondern auch als Luftkurort großes Interesse. Es ist schon immer die Klage gewesen, daß in Nagold die Zugänge zum Wald und namentlich auch zum schönsten Punkt, dem Schloßberg, über lange, schattenlose Strecken führen. Hier könnte nun in der Weise Abhilfe geschaffen werden, daß unmittelbar aus dem Innern der Stadt im Zusammenhang mit dem geplanten neuen Steg über den Fluß ein schattiger Weg bis an den Fuß des Schloßbergs geführt werden könnte. Am Fuß des Schloßbergs sollte dann gleichfalls ein Baumweg mit niedrigen schattigen Bäumen angelegt werden. Insbesondere sollte auch auf etwaige Bauten an den Schloßberghalden die größte Sorgfalt verwen­det und durch entsprechende Ortsbausatzungen jetzt schon Vor­sorge dafür getroffen werden. Es wäre auch angezeigt, bei dieser Gelegenheit den unbefriedigenden Zustand des ehemaligen Zwingers auszuheben und hier einen schattenspendenden Baum­weg um die Stadt anzulegen. Das in nacktem Rohbau den Blicken jetzt noch mehr sich zeigende Transformatorenhaus an der Waldachmündung sollte endlich auch durch Verputz ein ordentliches Aussehen erhalten. Der durch die Aufhebung des alten Wehrs und die Einfüllung der dahinterliegenden Fläche entstehende freie Platz verlangt eine angemessene Ausbildung und Bepflanzung, besonders auch der Abgrenzung gegen das Wasser. Sehr wichtig wäre auch die Art der Ausführung des neuen Stegs und in der Verbindung damit die Ausgestaltung der Landzunge zwischen Nagold und Waldach.

Aus Stadl und Land

Nagold» 17. September 1927.

Wie du die Welt liebst, liebt sie dich zurück, und das Leben ist dankbar. G ött.

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Sonntag im Werktag

Die meisten Deutschen sehen jetzt fast täglich die Bilder ihrer Großen vor sich Goethe und Schiller auf unjern Briefmarken. Man kann es als einen seltsamen Wider­spruch empfinden: das Zeichen dieser großen Meister im Massenbetrieb des täglichen Geschäftsverkehrs. Man kann sich aber auch freuen, daß mit diesen Briefmarken ein Zu­sammenhang hergestellt ist zwischen dem geistigen Sonntag und dem technischen Werktag unseres Volkes. Goethe und Schiller bedeuten wirklich ein Stück Sonntag in unserem Volksleben, eine Quelle geistiger Erfrischung.und Erhebung, nach tiefer Ermüdung und Zersplitterung der Seele in dem tausendfachen Kleinkram des Alltags. Noch ist freilich eine wirkliche Vertrautheit mit diesen Geistern keineswegs Ge­meingut unseres Volkes, und selbst manche Ernten stehen ihnen mit einem gewissen Mißtrauen gegenüber. Es mag ein Heroenkult, eine Menschenverehrung geben, von der tiefere Menschen sich abgestoßen fühlen müssen. Aber das ist es jetzt nicht, was wir am meisten zu fürchten haben. Schlimmer ist die Stumpfheit, die nicht imstand ist, dem edlen Menschenbild seine heilige Sehnsucht anzusehen und von ihr sich ergreifen zu lassen. Eines müßte an Goethe und Schiller jeder merken und verstehen: das heiße Be­mühen dieser Geister, Organ und Werkzeug des höchsten Geistes zu sein. Dos verbindet sie aufs engste mit dem Thristentum und mit allen Menschen der Sehnsucht Wir wollen nicht bleiben, was wir sind, sondern werden, was wir sein wollen, indem wir uns ganz dem Höchsten aus- schliehen und seiner Leitung überlassen!

Feste und Deraustaltungen

Samstag

Nagold: 8 Uhr Museum, Tanzunterhaltung i. d. Waldlust

Sonntag

7.23 Uhr Freie Schreinerinnung Nagold, Abfahrt zum Besuch der Ausstellung .Die Wohnung"

12.23 Uhr Schwarzwaldverein, Abfahrt zum Aus­flug nach Horb.

>/t2 Uhr S.V.N., Wettspiele a. d. Calwerstraße. Haiterbach: - 1 Uhr Turnverein, Schauturnen.

Unterjettingen: Radfahrer VereinWanderlust", Rennen und Gartenfest.

Dienstnachrichteu

Der Herr Staatspräsident hat u. a. nachgenannte Kauf­leute ab 1. Okt. auf die Dauer von 3 Jahren zu Handels­richtern bei der Kammer für Handelssachen an dem Land­gericht Tübingen ernannt: Zu ordentlichen Handelsrich­tern: Keck, Friedr., in Firma Gebr. Keck in Herrenberg, Dr. Metzger, Karl, in Firma Krauth L Cie. in Höfen OA. Neuen­bürg, Niethammer, Wilh., in Firma Wilh. Niethammer in Herrenberg, Schmidt, Arthur, Kommerzienrat in Firma Haueisen <L Cie. A G. in Neuenbürg, Wagner, Emil, in Firma Ehr. Ludw. Wagner in Calw, Wagner, Karl Otto, in Firma Heinr. Hutten Nachf. in Calw. Zum stellvertre­tenden Handelsrichter: Wo hl bald, Ludwig, in Firma C. Klinglers Erben in Nagold.

Weiter hat der Herr Staatspräsident den ersten Assistenz­arzt an der Landeshebammenschule Dr. med. Mauthe zum vollbesoldeten Oberamtsarzt für den zusammengelegten Ober- amtsarztbeznk Herrenberg-Horb mit dem Sitz in Herrenberg ernannt.

Liebe Eisenbahn!

Zum letzten Male für Heuer durcheilten am Donnerstag unsere Sommerschnellzüge Frankfurt-Freudenstadt das Tal. Wehmütig blicken wir diesen treuen Helfern und Mitarbeitern die uns so viele Gäste gebracht haben, nach. Ein Tuch flatterte im Winde bis der Zug zwischen den Bergen verschwunden war. Wir nehmen es als gutes Zeichen nnd winken ebenfalls: Auf Wiedersehen im nächsten Jahre! Doch bitten wir herzlich, kommt bälder, kommt schon im Mai und bringt uns Gäste mit' Ihr seid das Rückgrat unseres Fremdenverkehrs, ihr müßt bälder fahren, damit die wintermüden Großstädter schon den Frühling im Schwarzwald genießen können. Und der ist bekanntlich schön mit seinem Blütenmeer zwischen den dunklen Bergen. Und wir Schwarzwälder warten nach dem langen Winter im Frühjahr mit Schmerzen auf die ersten Gäste. Macht ihr ihnen das Kommen leicht! Ihr werdet sehen, daß ihr in kurzer Zeit so viele Fahrgäste habt, daß ihr den Mut bekommt, das ganze Jahr in unser Tal zu kommen. Ihr wißt ja, auch der Win­ter ist schön im Schwarzwald. Aus unseren Bergen gibt es Schnee in Hülle und Füllen und in unseren Tälern gibt es spiegelnde Eisbahnen. Und dann habt ihr Freudenstadt als Endziel, ein altbekanntes Winterparadies! Wir glauben es bestimmt, wenn ihr einmal ein ganzes Jahr ausgehalten habt, werdet ihr für immer unserem Tale treu bleiben.

Daß uns eure Geschwister, die beiden Eilzüge, am 2. Okt. auch noch verlassen wollen, ist gar nicht recht. Glaubt ihr, daß wir nun Winterschlaf halten wollen? Meinl ihr, es habe im Winter niemand das Bedürfnis, in den Schwarzwald zu fahren, oder gar auf eiligem Wege weiter? Wir schätzen ja die Bummel­züge, aber ihr wißt doch, die Welt wird eiliger mit jedem Tag

-das gilt auch für uns. Bitte, laßt uns wenigstens die

Eilzüge schon in diesem Winter!

NufereFeierstunden"

Wieder ist es die schöne Heimat, die uns auf dem Titel­blatt mit einem Bild von Neuburg a. D. entgegen tritt. Wie viele gibt's, die schon die halbe Welt bereist haben, von all dem Gesehenen übersättigt sind und noch nicht einmal dieses schöne Fleckchen Erde haben bewundern können. Warum? Weil immer das, was die andern haben, schöner ist als das Eigene Wie wär es, wenn nächstes Jahr in dem neu erstehenden Nagoldstaubecken unsere Nagolder Damenwelt sich auch einmal in einemlustigen Wasserballet" versuchen würden. Es braucht ja nicht gleich ein Vierkötter (siehe nächste Seck) aus ihnen zu werden, der sein Können sehr einträglich zu verwenden weiß, denn 30000 Dollar sind kein Pappenstiel und stellen einen annehmbaren Verdienst in 11 Stunden dar. Dem Heilverfahren in Wörishofen ist in Wort und Bild eine Seite gewidmet, die internationalen Wettkämpfe zeigen uns im Bild einen ihrer Vertreter, die Anlagen auf einen englischen Bahnhof lassen uns Vergleiche ziehen, die fahrbare Riesenlaut­sprecherapparatur auf der großen Funkausstellung in Berlin zwingt uns Bewunderung für Errungenschaften der Technik ab, der Sachsenflug zeigt, daß der Weg zu dem Tag, an dem das Flugzeug zum Teil den Kraftwagen ersetzen wird, nicht mehr all zu weit ist. Neben den Erzählungen kommt nun auch wieder die Rätselecke mehr zu ihrem Recht, denn wie schön ist es, in der mollig geheizten Stube bei einer Taffe dampfenden Tees und in einem gemütlichen Lehnstuhl Rätsel zu raten, denn da braucht man sich nicht über seinen lieben Nächsten, über den Völkerbund und seine Schaumschlägerei, über schlech­tes Wetter, über Steuern und über noch so viele andere Dinge, die des Menschen Ruhe nehmen, zu ärgern.

Obstkuren. Wenn in Deutschland die Obstkuren immer mehr Beifall finden, so geschieht es noch lange nicht in dem Maß, wie es eigentlich sein sollte. Es gibt sogar noch Leute genug, die ein Schüsselchen Kompott für genügend eraiAen. In England und Amerika ist der Obstverbrauch ganz be­trächtlich größer als bei uns. Man genießt das Obst in allerlei Form, namentlich auch als Fruchtsaft und Marme­lade. Fruchtsäfte, so sagen die Amerikaner immer, wirken stärkend auf Hirn und Nerven. Nervöse genießen besonders gern rohe und gekochte Pflaumen. Aepfel dienen zur Be­ruhigung und Blutbildung, Weintrauben reinigen das Blut. Jedes Obst fördert, und zwar wegen seiner vielerlei Nähr- salze, seiner Säuren und seines Zuckergehaltes die Gesund­heit; man soll deshalb von allem, was die Jahreszeit bietet, genießen, so viel essen wie möglich, besonders als Marme­lade zum Frühstück und Vesper und als darmanregende Abendmahlzeit, roh und gekocht, einfach mit Brot oder Semmel gekaut. Ißt man nun noch mittags wenig Fleisch, so fühlt man schon nach acht Tagen bei täglich wackerer Be­wegung im Freien ein Gefühkl geistiger und körperlicher Frische sondergleichen.

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Gaugenwald, iS. Sept. Zur Ernte. Nachdem die Frucht­ernte in hiesiger Gegend schon längere Zeit beendet ist, ist nun auch in den letzten Tagen das Oehmd, das teilweise noch in kleineren Mengen draußen lag, vollends eingebracht worden Bei diesem war das gute Wetter noch von großem Nutzen. Der Haber dagegen, der hier auch in den guten Tagen geerntet wurde, hatte bereits viel Schaden genommen. Durch die nasse Witterung und den überreifen Zustand war ost schon ein Drittel ausgefallen. Vom Roggen lag viel bei dem schlechten Wetter draußen und es mußte ein großer Teil ausgewachsen und schlecht heimgeführt werden. Alles in allem: der Ertrag der Fruchternte wird kein guter werden, alldieweil die Frucht schon vorher zu lange gelagert war. So wird diesmal manches harte Stück Arbeit für die Bauern unbelohnt bleiben. Auch bei der Kartoffelernte, die jetzt begonnen hat» sieht man, daß ebenfalls der Regen viel geschadet hat, denn ein großer Teil ist angefault. So kann man nur hoffen, daß es übers Jahr wieder besser ist, sonst würde manches mutlos bleiben und werden.

Am Aehrenfeld ging oft ich einher, und sah, wie sie sich neigten, die Aehren still, so lastenschwcr, die einst so stolz sich zeigten.

Die einst so hoch das Haupt getragen zur Anfangs-Sommerszeit, .

mit Recht als ivie in Jugendtagen, wo's Leben best« Kraft verleiht.

Da war zur Ernte die Hoffnung groß, da ging noch nichts Schweres darüber; doch hart mischte sich drein dann das Lebenslos, mit allem Maß und ost drüber.

Und es kamen Stürme und der Regen so schwer, doch sie wollten's lange ertragen.

Da kamen der Tage, der bösen noch mehr, bis die Kraft dann mußte versagen.

Und da lagen sie all dann hingeftreckt, nur selten ging drüber ein Sonnenschein,

o, wenn uns so dann der Schnitter weckt, wird er zufrieden auch sein?

Doch so kennt man das Leben seit alter Zeit mit seinen wechselnden Tagen.

In der schönsten Hoffnung keimt oft ein Leid, und schwer wird's oft, das Früchtetragen.

Null hofft man aufs Jahr, denn dies ist vorbei,

dies alles liegt nicht mehr darnieder;

bald keimet das Saatkorn wieder aufs neu,