Amts - un-Änzeiy eblktt tür

.Nil cksn illustrierten Unterhaltungebeilagen .HeierftUKärn" undUnsere Heimat"

-enObLttUntsvezEMmol-

Mt der lanäwirtschanllchen ivochenbeilag,. »Haus-, Sorten- und Landwirtschaft

>

Anzeigenpreise:

vt« etn'paltigc Seile au, gewöhnlich« Schrift« ckeren Kaum 15 Zamtlien-Knzeigen 12 ^ Keklame-Seile 45 Sammelanzetgen 50"/, Aufschlag

i, erscheinen von Anzeigen in bestimmten »»»gaben besonderen Plätzen, wie für telephonisch« Aufträge » chistre-Anzeigen wirck keine Sewähr übernommen

Kür La» an

101. Jahrgang

Fernsprecher Nr. 28

rngesspregel

vezngsprstse:

Nonailtch etnschlietzllch Lrägerlohn .4. I.SV Einzelnummer 10 ^

Erscheint an jedem Werktage

verbreitetste Leitung im v.st.-öezirb Nagolä Achriftleitüng, VruS: ».Verlag von S. N).Saiser(Aarl Satser) Nagviä

tlrlegramm-Käreste: Sesellschafier klagolä. In Fällen höher« Sewalt besteht kein Einspruch auf Lieferung äer Leitung oüer aus Kückzahlrrngs äe» Sezugspretse». Postscheckkonto 8tuttg«t 511»

Rr. LVS

Gegründet 1827

Donnerstag, den 1. September 1927

Locarno war ein Fehlschlag

Ein Ergebnis der Tagung der interparlamentarischen Union

Auf der Tagung der interparlamentarischen Union m Paris ist, wie gewöhnlich, nichts herausgekommen. Aber Gutes haben die vielen und langen Reden gehabt: sie wer­den manchem Deutschen den Star gestochen haben. Das Verdienst kann der französische Senator de Iouvenelfur sich in Anspruch nehmen. Die Franzosen wollten auch diese Tagung in gewohnter Weise in den Dienst ihrer Außen­politik stellen, indem sie in scheinbar harmloser Form von anwesenden deutschen Reichstagsabgeordneten ein Bekennt­nis zum Versailler Vertrag verlangten. Reichstagspräsi­dent Loebe sprach etwas schwärmerisch von derbefreien­den Wirkung", die es für Amerika haben müßte, wenn Frankreichmit großer Geste" zum 1. Januar 1928 seine Truppen aus dem Rheinland zurückziehen würde. Iouve- nel antwortete ihm dem Sinn nach: Gewiß, aus Rücksichten aus die Sicherheit Frankreichs könnten wir Franzosen die Rheinlandbesatzung zurückziehen. Denn ihr Deutschen seid wehrlos gemacht, wir sind schwer bewaffnet. Aber die Rhein­landbesetzung ist für uns doch ein zu bequemes Mittel, eure Entschlußfreiheit nach Osten hin lahmzulegen, als daß wir darauf verzichten könnten! Das müßt «hl doch einsehen! Und als die anwesenden deutschen Parlamentarier das nicht einsehen wollten, da wurde der Herr Senator deutlicher und faßte seine Meinung in die Formel zusammen: Euch ge­nügt Locarno, uns genügt Locarno nicht!

Davon ist nun aber, als der Locarnopakt geschlossen wurde, mit keiner'Silbe die Rede gewesen! Es ist auch nicht davon die Rede gewesen, daß der Pakt einer Ergänzung durch einOstlocarno" bedürfe. Das wäre auch sinnlos ge­wesen, da Äer Pakt ja nicht nur die Westfragen, sondern auch die Ostfragen regelt. Jetzt, nahezu zwei Jahre nach sei­nem Abschluß, erfahren wir aus berufenem französischen, Mund, daß der Paktnicht genüge". Jouvenel legt uns nahe, vorher aus jede wohlverstanden jede, nicht nur die kriegerische! Aenderung unserer Ostgrenzen feierlich .zu verzichten. Dann könnte ja ob dann die französische

Nheinlandbesatzung zurückgezogen werden könnte, Las sagte Jouvenel auch nicht mit eindeutigen Worten. Er hat es auch gar nicht nötig, denn er weiß ganz genau, daß keine deutsche Regierung ausjede" Aenderung der deutschen Ost­grenze verzichten könnte. Denn das würde die Preis­gabe von Ostpreußen bedeuten.

Aber das alles ist ja auch ganz bedeutungslos. Wenn es wirk­lich eine Möglichkeit gäbe, Frankreich über seine angeblichen Sorgen im Osten zu beruhigen, so würde das an der Tat­sache, daß ihm Locarnonicht genügt", nicht das ge­ringste ändern. Es würde eben ein neuer Vorwand, vielleicht im Südwesten, vielleicht im Südosten, vielleicht im Norden gefunden werden, der es den Franzosen, so leid es ihnen täte, nicht erlaubte, das Rheinland zu räumen. Dar­über kann kein Zweifel mehr sein, nachdem Jouvenel, doch wohl in einem unbewachten Augenblick, die Maske hat fallen lassen. Locarno genügt uns nicht, dos heißt aus dem Fran­zösischen ins Deutsche übertragen: Locarno war ein Fehlschlag. Denn gerade um den Franzosen in bezug auf ihr Sicherheitsbedürfnis Genüge zu tun, haben wir uns, etwas voreilig, wie jetzt auch die unverbesserlichsten Optimisten werden zugeben müssen, auf Locarno eingelassen. Tut Locarno den Franzosen nicht Genüge, so bleibt uns nichts anderes übrig, als Locarno zu den Akten zu legen.

Das Gute hat die französische Offenherzigkeit immerhin an sich, daß vernünftigerweise niemand von den gegenwär­tigen Genfer Verhandlungen irgendetwas Gutes für uns er­warten kann. Ob wirklich ein Teil von dem, was uns vor zwei Jahren zugesagt worden ist,nächstens" erfüllt wiiT, was verschlägt das angesichts der Tatsache, daß schon in reichlich drei Jahren die Räumung der zweiten Zone fällig wird? Auf den Termin werben wir uns beizeiten.'Nner- politisch zu rüsten haben, wenn wir auch dann nicht wie­der erleben wollen, was wir bisher noch immer erlebt haben, wenn die Gegenseite uns gegenüber zu erfüllen hatte, MM Schoden den Spott.

Neuestes vom Tage

Der deutsch-französische Handelsvertrag vom Reichskogs- ausschuß angenommen

Berlin, 31. Aug. Der handelspolitische Ausschuß des Reichstags hat den deutsch-französischen Handelsvertrag mit sllen gegen die Stimmen der Kommunisten angenommen. Es wurde zum Ausdruck gebracht, daß der Vertrag weder in nationaler Hinsicht (Verbot deutscher Niederlassungen in Marokko) noch für das Aussuhrgewerbe und noch viel we­niger für die deutsche Landwirtschaft befriedigend sei, doch bedeute er immerhin einen Fortschritt gegenüber dem seit­herigen Zustand. Angenommen wurde eine Entschlie­ßung des Abgeordneten Haag- Heilbronn (Deutschnat.): Die Reichsregierung wird ersucht im Benehmen mit den Landesregierungen Maßnahmen zu entwerfen, die geeignet sind, die eingerissene Umgehung der Kelter- trauben-Zollsätze durch gewerbsmäßiges Dermo st en von alsTaseltrauben" einge- sührten Weintrauben zu verhindern.

Hierauf vertagte sich der Ausschuß.

Die Begnadigungen

Berlin. 31. August. Anläßlich des 80. Geburtstags des Reichspräsidenten sind bekanntlich nur Einzelbegnadigungen vorgesehen. Nächster Tage werden die Vertreter der Län­der im Reichsjustizministerium zusammentreten, um zu ver­suchen, ein einheitliches Borgehen hinsichtlich der Begna­digungen zustande zu bringen.

Zweite Ziehung der Auslosungsrechke der Anleiheablösungs-

schuld

Berlin» 31. Aug. 3m Gebäude der Reichsschuldenver­waltung fand heute die zweite Ziehung der Äuslosungs- rechte statt, die den Anleihealtbesitzern von Reichs- und Staatsanleihen nach dem Anleiheablösungsgeseh zugeteilt worden sind. An dieser Ziehung haben sämtliche Aus- losungsrechte teilgenommen, welche die Nummern 30 001 bis 60000 tragen und bis etwa Milte August ds. 3s. zuge- leilt worden sind. 3n drei Stunden war das Ziehungs- Geschäft beendet. Die Auszahlung der ausgelosten Ab- schnitte erfolgt zum 1. Oktober ds. 3s. zum fünffachen Be- trag Zuzüglich 4^ Prozent Zinsen für das 3ahr 1926 und 1927 abzüglich der Kapitalertragssteuer vom Zinsenbettag. Die ausgelosten Beträge für die Abschnitte, welche im Aeichsschuldbuch eingetragen sind, werden von Amtswegen durch die Post zugesandt.

Lohnforderungen der Eisenbahner

Berlin, 31. Aug. Die Vorstände der vertragschließen­den Eisenbahnerorganisalionen haben in einer gestern abge- halkenen Sitzung beschlossen, sich heute mit einer Eingabe an die Hauptverwaltung der Deutschen Reichsbahngesellschast Zu wenden, in der sie um baldige Anberaumung von Ver­handlungen ersuchen, in welchen die drei Organisationen der Hauptverwaltung Forderungen für eine allgemeine Lohn­erhöhung und die Begründung dazu unterbreiten können.

Nuntius Pacelli im Rheinland

Koblenz» 31. Aug. Der päpstliche Nuntius Pacelli tral heute früh hier ein. Er wurde vom Oberbürgermeister und dem Bischof von Trier empfangen und reiste mittags nach Trier weiser, um an den dortigen kirchlichen Feierlichkeiten teilzunehmen.

Eine Flaggenfrage in München München, 31. Aug. Der Münchner Stadlrat hat kürz­lich beschlossen, daß die städtischen Gebäude bei besonderen Anlässen nur in den bayerischen und Stadtfarben beflaggt werden. Trotzdem stellte gestern die sozialdemokratische Frak­tion wieder den Antrag, daß anläßlich des Besuchs ameri­kanischer Zeitungsschriftleiter in München am 3. September in schwarz-rvt-gold zu flaggen. Oberbürgermeister Schar­nagel erklärte, der Besuch sei kein politischer, sondern eine private Sache, die Bayern und München angehe. Es sei unzulässig, bei dieser Frage wieder den politischen Streit hervorzuzerreu, es wäre d^s nur wieder eine Heraus­forderung. Der Skadkrat lehnte den soz. Antrag mit 24 ge­gen 19 Stimmen ab.

»

Briands Rede

Par8» 31. Aug. 3n seiner Rede i« der Schlußsitzung der internationalen parlamentarischen Anion sagte Briand, es sei ein gefährliches Werk, wenn man (in der Anion> dem natürlichen Lauf der Dinge Zwang ankue. Beim Völkerbund sei es ähnlich, namentlich weil dieser zur

Erreichung wirklicher und dauernder Ergebnisse sein An­sehen in die Wagschale werfen müsse, unter Bedingungen, die besondere Klugheit erfordern. Das Werk von Lo­carno sei erst die Grundlage einer .allgemeinen Kon­struktion", die (namentlich im Osten) auszudehnev sei. Wenn sich zurzeit noch Schwierigketten entgegenstelleu, so zweifle er doch nicht, daß eines Tags das .Unternehmen mit mehr Erfolg weitergeführt" werde. Ein Friedens­gedanke, der sich auf juristische Lösungen aufbaue, müsse seine Kraft aus derEhrlichkeit der Verträge" schöpfen. Die Völker (d. h. Deutschland) müssen sich der Notwendig­keit bewußt werden und verstehen, ihre Regierungen in diesem Nun zu verpflichten; dieses Gesetz müsse ohne Hin­tergedanken respektiert werden und ohne den Versuch, es durch Klügeleien zu erschüttern.

Wenn man diese aalglatten Worte ins Deutsch über- krägk, so bedeuten sie: Der Beitrag von Locarno ist noch lange nicht am Ende. Deutschland muß sich durch .ehrliche Bertr/äge" verpflichten, niemals wieder Anspruch auf die an Polen und die Tschechoslowakei ver­lorenen Geb tele zu erheben (was dann auch den Verlust von Danzig und Ostpreußen in fich schließt). Ferner soll Deutschland nie daran denken, und nie den Versuch machen, an dem Vertrag von Versailles rütteln zu wollen: es soll aber aucb Unterlasten, durch .Klügeleien" an der Kriegsschuldlüge zu rütteln.

Das Auswärtige Amt in Berlin ist durch einen diplo­matischen Vertreter der Verbandsmächte am 31. August nachmstags von der Verminderung der Besatzung um 1V I8l> Mawr in Kenntnis gesetzt worden.

Ein Berliner Biakk weiß zu berichten, die sozialdemo­kratische Fraktion wolle mit Anlsrstühung der Demokraten eine dringliche Große Anfrage im Reichstag einbringen, kaß die schmarz-weiß-roke Fahne im Reich durch Gesetz ver­koken werde.

Eine Meldung aus Schanghai will wissen, derchrist­liche" General Fengjuhsiang habe Hankau und Wutschaag (die neuen Hauptstädte Südchinas) beseht. Rach dem «Dasty Expreß" soll Tschangtsolin angeblich damit umgehen, sich zum Kaiser von China anszurufen. Tschangksolin war bekanntlich früher Metzgergeselle, dann Räuberhaupttnann.

Das ist die ..Verständigungspolitik", wie Bricmd und Poincare und Chamberlain sie verstehen. 3n Berlin dürfte die Rede Briands einige Enttäuschung hervorgerufen haben.

Russische Späherei in Polen Warschau, 31. Aug. Nach Meldungen des Krakauer BlattsÄova Reforma" hat die politische Polizei in Sta- nislau eine ukrainische, zugunsten Rußlands arbeitende große Späherei aufgedeckt. 3n Lemberg, Stanislau und in der ostgalizischen Provinz sind zahlreiche Berhaftungen vor­genommen worden. Unter den Verhafteten befindet sich, abgesehen von einer Reihe von Soldaten, auch ein polnischer Oberstleutnant.

Von dem polnischen General Zagorski, der vor eini­ger Zeit nach längerer Hast in Wilna nach Moskau ge­bracht wurde, um vor Pilsudski Abbitte zu tun, und der seitdem verschwunden ist, hat man immer noch keine Spur. Es gehen Gerüchte, der unbequeme General sei beseitigt worden.

Abkühlung des türkisch-russischen Verhältnisses Konstantinopel, 30. Aug. Die Sowjetregierung unter­nahm in Angora Schritte, um den bestehenden Bündnis- und Freundschaftcvertrag mit der Türkei teilweise zu er­neuern und ihn hauptsächlich angesichts der Lage im nahen Osten zu ergänzen. Die türkische Regierung lehnte aber diesen Vorschlag ab, weil für die türkische Anleihe zur­zeit ohnehin Schwierigkeiten bei der Börse in Paris und London bestünden. In diplomatischen Kreisen wird davon gesprochen, daß die Türkei sich bemühe, die Verttagsbande mit Rußland allmählich zu lösen.

Württemberg

Stuttgart, 31. Aug. Prof. Dr. Karl M a ck, der 40 Jahre lang an der landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim wirkte, und in Degerloch im Ruhestand lebt, feierte seinen 70. Geburtstag.

Geh. Kriegsrat Dreiß, eine in Jäger- und Fischer­kreisen, sowie in den Kreisen des württ. Kriegerbunds be­kannte Persönlichkeit, feiert am 1. September seinen 60. Geburtstag.

Stuttgart, 31. Aug. Vorträge über Wohnungs­bau. Die Kommunale Vereinigung für Wohnungswesen (Sitz München), wird am 3- und 6. September die Werk­bund-Ausstellung .Die Wohnung" besuchen. Aus diesem Anlaß finden am 5. September vormittags im großen Skadt- garkensaal zwei Vorträge statt. Es werden sprechen über Ziele und Wege der Rcstionalisierung des Wohnungsbaues (mik Lichtbildern): Dr. Schmidt, Ministerialrat im Reichs­arbeitsministerium, über die Großstadttvohnung unserer Zeik (mit Lichtbildern): Prof. Dr. Frank, Wien.

Zahl der Wohnungen. In Groß-Stuttgart gibt es bei einer Einwrchnerzahl von 341 967 insgesamt 85 543 Woh­nungen, davon sind 85 180 von 91188 Haushaltungen be­wohnt. 363 Wohnungen oder 0,42 v. H. st e h e n leer.

Ein 45 3ahre aller Ausläufer von Böblingen stürzte sich aus dem 1. Stock eines Gebäudes der Kriegsbergstraße. Er war Neurastheniker. Bei dem Sturz zog er sich schwere innere Verletzungen zu, denen er nach kurzer Zeit erlag.

Aus dem Lande

Hohenheim, S1. Au«. In den Ruhestand. Prof, inzinger, der Leiter des Forstamts Hohenheim und Professor der Forstwissenschaft an der Landw. Hoch­schule, tritt m diesen Tagen in den Ruhestand. Professor Schmzinger erfreute sich großer Beliebtheit bei seinen Hörern, die auch darin zum Ausdruck kam, daß die Studen- ten der Hochschule ihm am Schluß des Sommersemesters einen Fackelzug darbrachten. Der Senat der Hochschule hat ihm M semem Abschied ein« Adresse mit einem Album der vmi Dr. Losten neu aufgenommenen photographischen An- sichten von Hohenheim überreicht und auch das Ministerium hm chm feine Anerkennung und seinen Dank für die lang- jährigen treuen Dienste ausgesprochen. Am Bodense« will er mit seinem 82jichrigen Schwiegervater, dem früheren Direktor der Kunstgewerbeschule, v. Kolb, den Lebensabend verbringen.

ML