Sette 2 - Rr. 183
Nagolder Tagbla« „Der GeseLfchafler"
Dienstag, 9 August 1827
Spielplan umfaßt 8 Stücke von Klassikern, 10 Schau- und Lustspiele, sowie ein Weihnachtsmärchen.
Neues Lohnabkommen im Wirtsgewerbe. Der Schlichtungsausschuß hat für die Angestellten im Wirtsgewerbe nach längeren Verhandlungen zwischen beiden Parteien eine neue Arbeitszeitregelung getroffen. Außerdem wurde ein neuer Lohnvertrag abgeschlossen. Darnach erhöhen sich die Garantielöhne des männlichen Bedienungspersonals um 25 v. H., des weiblichen um 15 v. H., des festbesoldeten Personals um 10 v. H. Küchenmeister mit mindestens 8 Köchen erhalten 350, solche mit mindestens 5 Köchen 300, solche mit mindestens 3 Köchen 250 Mark. Der Schiedsspruch wurde von beiden Parteien angenommen.
Vlihgefahr für Rundfunkanlagen. Zur Frage der erhöhten Blitzgefahr für Häuser durch Hochantennen hat sich der Derwaltungsrat der Württ. Gebäudebrandversicherungsanstalt dahin geäußert, daß er die Blitz- und Feuersgefahr einer vorschriftsmäßigen Rundfunkanlage nach den bisherigen Erfahrungen nicht höher einschätzt, als die einer Fern- fprechanlage. Haftung für Blitzschäden an Gebäuden mit Äußenluftleitern wird auch dann übernommen, wenn nachgewiesen wird, daß der Blitz in die Außenluftleitern oder seine Stützen eingeschlagen hat.
Vom Tage. Beim Baden im Neckar ertranken sin 10 I. a. Schüler und ein 22 I. a. Hausdiener. Di« Leichen konnten geborgen werden.
Aus dem Lande
Leonberg. 8. Aug. Dieersten Opfer der Hundetollwutsperre. Freitag und Samstag morgen wurden i»n Bezirk 10 frei herumsireifende Hunde aufgegriffen, 3 wurden erschossen, die andern werden im Lauf des Tags dasselbe Schicksal erleiden.
Lndwigsburg. 8. August. Zahlreiche Beförderungen im städt. Dienst. In der letzten nichtöffentlichen Gemeinderatssitzung wurde lt. Ludwigsburger Zeitung eine Liste mit neuen Titulationen von städt. Beamten und Angestellten genehmigt. Vorgesehen sind etwa 60 neue Titelbeförderungen bei 41 Ziffern. Die Vorschlagsliste muß erst der zuständigen Ministerialabteilung zur Genehmigung vorgelegt werden. Nach diesen neuen Tittuatwae:: es in
Zukunft keine Hausverwalter mehr, sondern nur noch Hausinspektoren: verschiedene Aemter sollen Vorstände bekommen.
Ieübach, 8. Aug. Unerwartetes Geschenk. Eine iwverhofste Freude wurde einem hiesigen ledigen Gärkne ' zuteil, indem er von einem Verwandten in Amerika das ßchöne Geschenk von 5642 Dollar erhielt.
Ulm. 8. Aug. TagungdesWafsenringsdeut- scher Pioniere. Am Freitag abend begann der große Pionierlag mit einem Begrüßungsabend im Laal- bau. Generalleutnant v o n K l o tz, der Vorsitzende des Waffenrings deutscher Pioniere, dankte der Stadtverwaltung für den herzlichen Empfang. Am Samstag inorgen fanden die Verhandlungen statt. Die Zahl der Mitglieder hat sich seit 1926 von 9000 auf 14 000 erhöht. Der Waffenring zählt 120 Vereine. Der bayerische Pion-ierbund ist noch nicht beigetreten. Der Gründung von Landesverbänden steht der Waffenring sympatisch gegenüber. Anschluß oder Aufnahme in den Kyffhäuserbund ist nach den Satzungen des letzteren nicht möglich. Der Vorstand hofft, den Ring der Minenwerfer und des Festungsbaupersonals im Waffenring der Pioniere bald vereinigt zu sehen. Der Beitrag wurde auf 10 Pfennig pro Mitglied belassen. An den Reichspräsidenten wurde ein Huldigungstelegramm abgesandt. Die nächstjährige Waffenringtagung findet in Königsberg statt. An Stelle von Generalleutnant Klotz wurde General Haenchen- Berlin zum 1. Vorsitzenden gewählt und Exzellenz Klotz wegen seiner großen Verdienste zum Ehrenmitglied ernannt.
Das dann am Samstag nachmittag vom hiesigen Reichswehrpionierbataillon veranstaltete Wassersportfest uahm bei riesigem Besuch einen sehr schönen Verlauf. Abends war auf dem Pionierübungsplatz ein Volksfest mit Feuerwerk an der Donau. Ein großer Festzug, an dem sich auch die Ulmer und Neu-Ulmer Kriegeroereine beteiligten, zog in die Pionierkaserne zu einer Gedächtnisfeier für die Gefallenen vor dem dort errichteten Ehrenmal. Der evang. Stadtpfarrer Hutzel und der kath. Garnisonsgeistliche Dr. Anker hielten ergreifende Ansprachen. Nach dem Lied „Ich hatt' einen Kameraden" wurden Kränze am Ehrenmal niedergelegt. Für die Pioniere sprach Oberstleutnant a. D. Knies. Nachmittags war unter großer Beteiligung der Bevölkerung Fischerstechen auf der Donau, das der Ulmer Schifferverein als Nachkomme der alten Schifferzunft
nur oem Lcremoenverreyrsoerem len v ^ayren zum eizien Mal wieder veranstaltete. Das Fischerstechen nahm einen sehr schönen Verlauf. Ein festlicher Umzug ging ihm voraus. Abends war dann noch ein V o l k s f e st in der Friedrichsau mit Gartenbeleuchtung.
Ulm. 8. Aug. Schwerer Zusammenstoß mit Verbrechern. Zu einem schweren Zusammenstoß zwischen der Polizei und Verbrechern kam es am gestrigen Sonntag kurz vor Mitternacht in der Karlstraße. Dort wurde von Polizeibeamten ein Kraftwagen gestellt, den eine Verbrechergesellschaft, die in der Ge>henbergkaserne ihren Unterschlupf hatte, gemietet hatte. Es handelt sich dabei um polizeibekannte Burschen von üblem Ruf im Alter von 19 bis 26 Jahren, die im Lauf der letzten Wochen wiederholt der vorgesehenen Festnahme entschlüpft waren. Es war ihnen offenbar bekannt, daß die Kriminalpolizei sie wegen der ihnen zur Last liegenden schweren Straftaten gesucht hatte. Nachdem sie gestern nacht sich gestellt sahen und keine Fluchtmöglichkeit mehr gegeben war, griffen einzelne sofort zur Schußwaffe und feuerten aus die Polizerbeamten, wobei sich eine regelrechte Schießerei entspann. Das sofort zusammenströmende PiMikum machte ein zielbewußtes Vorgehen der Polizeibeamtenschaft unmöglich, indem sich viele Personen um die Polizei herumdrängten und dieser die Ueber- sicht nahmen. Dadurch gelang es einem der Verbrecher in dem Gedränge zu entkommen. Ein weiteres Mitglied der Bande deckte durch scharfe Schüsse seine Flucht, kam aber dabei selbst ums Leben, vermutlich durch einen Schuß aus seiner eigenen Waffe. Zwei weitere Brbrecher sind festgenommen worden. 4 Schußwaffen und Munition für mehr als 100 Schüsse wurden beschlagnahmt. Weitere Einzelheiten können aus polizeilichen Gründen noch nicht mitgeteilt werden.
Schramberg. 8. August. Ermäßigung von Betriebskrankenkassenbeiträgen. In der letzten Ausschußsitzung der Vetriebskrankenkasse der Fa. Gebr. June Hans A.G. wurde einstimmig beschlossen, die Beiträge von 7)4 v. H .auf 6 v. H. zu ermäßigen bei gleichen Leistungen, da der gesetzliche Reservefonds bedeutend überschritten ist-
Friedrichshafen. 8. Aug. Brieftaubenfernflug Frtedrichshafe n—E mde n—O stfriesland. Letzter Tage veranstaltete die Brieftauben-Reichsvereinigung Ostfriesland als Abschluß ihrer heurigen Uebuugsflüge einen Brieftaubenfernflug von Friedrichshofen nach Emden. An dem Fernflug beteiligten sich 52 auserlesene und gut er probte Tauben. Der Abflug erfolgte am 30. Juli bei gutem Wetter um 5.45 Uhr vormittags. Die Luftlinie Friedrichshafen—Emden beträgt 664 Kilometer. Die Tiere konnten bei günstigem Flug am gleichen Tag gegen sechs Uhr abends nach ca. lOstündigem Flug an ihrem Ziel angelangen.
*
Schwerer Betrug bei der Preuhisch-Süd-eutschen Klassenlotterie
Die Ziehung ungültig?
Es ist bei der letzten Ziehung der Preußisch-Süddeutschen Staats-Klassenlotterie ausgefallen, daß zwei Gewinne in Höhe von 100 000 und 50 000 Mark dem Lotterieinspektor Böhm und dem Lotterie-Obersekretär Ellin stein zugefallen sind; ersterer hatte das Nummernrad, letzterer das Losrad zu bedienen. Die Gerüchte, daß es nicht mit rechten Dingen bei der Ziehung zugegangen sei, wurden immer stärker, und schließlich wurden die beiden Gewinner doch in Untersuchung gezogen. Nach langem Verhör gestanden sie, daß sie verabredet hatten, Scharnschein solle einen hohen Gewinn nicht verlesen, sondern in die Tasche stecken. Als das gelungen war, wurde verabredet, daß Böhm am nächsten Ziehungstag die Nummer seines Loses als dritte Nummer verlesen solle, worauf Ellinstein den darauf fallenden Gewinn ansagte. Es ist möglich, daß die beiden Beamten sich noch weitere Gewinne auf diese betrügerische Weise zugeschanzt haben. Darüber wird die Untersuchung weiteres ergeben. Es ist zu bemerken, daß es den Beamten der Staatslotterie streng verboten ist, in der Lotterie zu spielen. Trotzdem haben sie gespielt und wahrscheinlich schon öfters. Das preußische Finanzministerium, das nach dem Vertrag mit den süddeutschen Staaten die alleinige Aufsicht über die Lotterie zu führen hat — daß man diese Aufsicht ausschließlich dem preußischen Finanzministerium, allerdings auf dessen hartnäckiges Verlangen, überlassen bat, war doch wohl nicht das Richtige — behandelt mit det Staatsanwaltschaft die skandalöse Angelegenheit. Unter Uinständenisi die ganze letzte Ziehung un
Das Schwert von Thule.
Roman von Leontiue von Winterseld-Platen Copyright by Greiner L Comp-, Berlin W 30.
(Nachdruck verboten.)
29. Fortsetzung.
,Z8ir tun Euch nichts zuleide in Wolde. Im Gegen- teil besser und behaglicher hättet Ihr es dort als hier."
Heilung atmete schwer.
,Za, ich will doch nimmer Behaglichkeit, ich will Arbeit, wenn ich nicht heim kann."
Brigitte wiegle den Kopf mit der spitzen Pelzmütze.
„Es ist ein schlechtes Reisen jetzt für Frauensleut. Erstlich, diew.il es Winter ist und manche Wege unpassierbar find. Dann ist das Land voll Unruhe und Kriegsgeschrei. Noch ziehen die Pommern raubend und brennend durch Mecklenburg. Da könnte es wieder geschehen, daß Euch ruf Eurer Fahrt ein unliebsamer Hieb träfe von so einem wilden Gesellen. Auch seid Ihr fürs Erste -um Reisen noch viel zu schwach und siech."
Heilwig senkte den Kopf.
„So bleibe ich hier in Kummerow bei den Vogts- leuten, die gut sind mit mir. Hier findet sich alleweil Ark«it und ich möchte ihnen gerne helfen."
Brigitte nickte.
„Es soll Euch niemand zwingen, Heilwig. Ihr seid p.ei und könnt tun und lassen, was Ihr wollt. Arbeit künde sich in Wolde auch. Ihr könnt Frau Gödels Kin1>. «in wiegen, so Ihr Lust habt. Aber da höre ich Herrn Otto auf dem Hof. Er wird weidlich schelten auf mich, daß ich nicht gewartet Hab auf ihn."
dem trat Otto Maltzan schon herein, bot den beiden einen kurzen Morgengruß, und fein Gesicht war finster.
„Hab Tuch überall gesucht. Fr nr Brigitte. Sollt Euch doch das Geleit geben von Wolde bis hierher. Die Zeiten find unsicher. Leichtlich hättet Ihr einen Unfall haben können auf dem weiten Weg.'<
Die Stattliche lachte.
s „Macy. nimmer wich grimmiges Gesicht, Bub. Die > Brigitte Alvensleben schützt sich schon ganz allein. Zwei ' Knechte gab mir Herr Berend mit zur Hut. Auch hatte ich nimmer so viel Zeit, auf Euch zu warten. Wir sind scharf geritten, denn ich muß zur guten Stunde wieder in Wolde sein. Ihr könnt mir flugs aus meiner Satteltasche den Wein holen, den ich für die sieche Heilwig mitgebracht."
Da ging er langsam wieder hinaus, um das Gewünschte zu holen.
Brigrtte Alvensleben sah sich in der niederen Stube um.
„Wann mag der Vogt heimkommen? Soll ihm noch wegen Fischen bestellen aus dem See."
Heilwig erhob sich mühsam und stellte ihren Rüben- naps auf den Tisch.
„Er ist just mit dem Fischerknecht nach unten gegangen ans Ufer. Sie wollten etwas ausbessern an dem Fischkasten im Rohr."
Da stand auch Brigitte auf.
,,'LW will ich schnell hingehen und ihm Bescheid fugen. Hab nicht lang' Zeit zum Warten."
Heilwig hörte sie schweren Ganges die stiege Hinunterstampfen.
Wie gern wäre sie mitgegangen! Sie hatte so große Sehnsucht jetzt oft nach Schnee und Winterluft, Möwen, schrei uno Wasserweiten. Ader so oft sie es auch schon versuch? hatte, die Kräfte waren doch nicht stark genug, die steile Wendeltreppe hinab- und hinaufzusteigen. So konnte sie nur durch das schmale Gitterfenster hinab- feheu aus die weite, graue Wasserfläche, die sich dunkel abhol von dem weißen Schnee ringsum
Sie schürte das Feuer im Herd und setzte die Rüben an die Glut. Da warf die Röte der Flammen ein schwaches Licht in ihr weißes Gesicht, daß es rosig überhaucht schien. Und in dem Wiederschein leuchteten ihre Flechten wie mattes Gold.
Si° hatte über dem Klappern des Schürhakens die Schritte überhört, die draußen heraufkamen, und das Knarren der Tür.
gültig, wogegen sich aber das preußische Mnanzminure- rium sträubt. Solange die Lotterie besteht, ist ein solcher Skandal noch nicht oorgekommen.
Die betreffenden Ziehungen fanden am 24. Februar unk 9. März 1927 statt. Die auf 9. August anberaumte Ziehung wird um etwa acht Tage verschoben, um wenn möglich ff» zustellen, ob die beiden Beamten nicht auch für diese Ziehun« Betrügereien gemacht haben. Die erschwindelten Gewini« sind beschlagnahmt worden.
Aus Stadt und Land
Nagold» 9. August 1927.
Wir pslügen und wir streuen den Samen aus das Land, doch Wachstum un- Gedeihen steht in des Himmels Hand. Was nah ist und was ferne, von Gott kommt alles her, der Strohhalm und die Sterne, das Sandkorn und das Meer.
Matthias Claudius.
Dom Rathaus
Nächste öffentliche Gemeinderatssitzung heute nachmittag 4 Uhr.
Der Montag
bildete nun den endgültigen Abschluß der Turnertagung. Montag dürfte man eigentlich garnicht sagen, denn am Montag soll man doch bekanntlich arbeiten, es war vielmehr ein Feiertag, der allerdings weder durch ein Gesetz noch durch eine Instanz festgesetzt war, sondern den sich die Bevölkerung im unbesprochenen stillen Einvernehmen von selbst machte. Der frühere Morgen zeigte noch recht viele geschlossene Fensterläden und vorgezogene Gardinen, die, wenn auch nicht mit lauter Stimme, so doch unumwunden verkündeten, daß heute morgen ihr Besitzer mit dem Wecker nicht so ganz einig gehe und ihm jedwede Aeußerung verboten habe. Später sah man dann einzelne Gruppen beieinander stehen, die sich wohl über das Gesehene und Erlebte unterhalten haben mögen oder versicherten, das erstemal einen blauen Montag gemacht zu haben. Der andere glaubte es natürlich!?! Schließlich blieb keinem etwas anderes übrig, als die dringendsten täglichen Arbeiten doch noch zu verrichten. Manche Betriebe hatten den ganzen Tag zu, andere am Nachmittag, die Geschäftsläden hatten ebenfalls zum TÄ ihre Pforten geschlossen und so richtete sich die Bevölkerung noch einmal danach, einen Nachmittag auf dem Festplah zu verbringen, nachdem der Festzug — Turnerinnen, Kinder und Turner — unter Voranlrilt der Musikkapelle durch die Straßen marschiert war.
Das prächtige Wetter begünstigte nun auch das Kinderfest > und das gemütliche Lebe» und Treiben auf der Wiese zwischen Bachesrand und Wald. Die Kleinen und Kleinsten wetteiferten um die Siegespalme und wer in die strahlenden Kinderaugen geschaut, der mußte dem Turnverein für diese Veranstaltung ! besonders dankbar sein. Da wurden 100 Meter gelaufen, Ku- j gelgestoßen, Weitsprung gemacht und frei hoch, bald höher wie ! man selbst, gesprungen. Als Preise gabs zwar keine Diplome und Eichenkränze, sondern Sprungseile, Broschen, etwas ganz Feines für die angehende Damenwelt . . . Spiegel, Zuckerle, Mundharfen nnd Bälle, schließlich auch Turnkleidung und noch vieles andere mehr. Inzwischen konzertierte die „Concordia" unermüdlich in ihrem laubgeschmückten Pavillon, und wer etwas abseits saß, hatte noch das Vergnügen und den Genuß als Begleitung die Melodien des Karuffels, der „Fliegerschule" und der Luftschaukel zu hören. Die Wirtschaflslische waren alle dicht besetzt und eine lachende, fröhliche, trinkende, vespernde, singende und für Augenblicke vielleicht auch einmal sorglose Menschenmenge verbrachte so einige schöne Stunden. Auch die Karuffels kamen voll zu ihrem Recht, besonders die Fliegerei hatte es den Kindern aber auch den Großen angetan, in der Schießbude hörte man ohne große Zwischenräume die Luftbüchsen zischen, wie überhaupt jeder, der sich für die Tage dort unten angesiedelt hatte, zufrieden gewesen sein wird.
Wenn es nun am besten schmeckt, soll man bekanntlich aufhören und dafür sorgte so gegen 7 Uhr ein kräftiger und sehr ausgiebiger Gewitterregen. Fluchtartig wurde der Festplatz verlassen, bis auf einige Unentwegte, die bis zum Schluß, bis die Kapelle in strömendem Regen ihren Schlußmarsch durch die Straßen spielte, aushielten. Im Vereinslokal fanden sich dann die Turner zu einem Schlußtrunk zusammen, wo man, wie geraunt wird, noch einige sehr, sehr fidele Stunden verlebt haben soll. — Das Fest ist nun vorbei und jetzt heißts wieder mit neuer Kraft und neuem Arbeitseifer an die Alltagsarbeit. Zur
Jetzt schrat sie zusammen, als sie sich umwandte und Otto Maltzan am Tisch stand, ein Päcklein auf die Holzplatte legend.
Er sah ihr Erschrecken und krauste die Stirn.
„Ich weiß, Heilwig, weshalb Ihr jetzt Furcht habt vor mir und Abscheu dazu."
Er sagte es traurig und setzte sich nieder an den Tisch.
Heilwig sah an ihm vorüber durch das kleine Gitter- fenste- und sagte leise:
„Warum habt Ihr mir nicht gleich gesagt, daß Ihr des Berend Maltzans Bruder seid?"
Er hob den dunklen Kopf und sah sie an. Und sah ihr schmales, weißes Antlitz im Widerschein des Herdfeuers und ihre stille, herbe Schönheit- Zorn und Weh kämvften in seinem Gesicht.
„Es ist heute auch noch früh genug, Heilwig, daß Ihr es erfahren habt. Wäre es nach mir gegangen, so hättet Ihr es niemals gewußt."
Jetzt lachte er rauh und bitter auf.
,^Dieweil wir Maltzane ja Raubritter sind in Euren Augen/<
Er hielt einen Augenblick inne, als warte er darauf, daß sie ihm ins Wort satte und seinen Ausspruch verneine Aber iie blieb still. Da fuhr er fort, wie im zornigen Selbstgespräch:
,Zhr habt dazumal besser ausgesehen, Heilwig, als ich Euch das erstemal sah in dem Kahn auf der Warnow. Da war viel Kraft und Mut in Euch, und Ihr führtet Segel und Ruder wie ein Mann. Und Eure Wangen waren immer so schmal und farblos wie jetzt."
Er biß sich auf die Unterlippe.
„Und das ist alles kommen durch Schuld der Maltzane. Es ist ja klar, daß Ihr sie hassen müßt."
Er atmete schwer.
Da trat sie leise an den Holztisch und beugte sich ein wenig darüber, mit den Händen Halt suchend an der Platte.
(Fortsetzung folgt.)