Mittwoch, den 26. Mat 1954

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Nr. 121 - Seite 5

Wir feiern 'Vatertcuj!

allen Neunen vorbeikul­lert, dann ist es Zeit, auch mit dem Gesang aufzuhören und sich in gegenseitiger Vertrau­lichkeit alle Geheimnisse vom Herzen zu reden.

Das ist nicht so schlimm, wie es den Anschein hat, denn im allgemeinen weiß ein Mann hinter­her weder, was er ge­redet, noch was er ge­hört hat. Und eine vor­zeitig geschlossene Bru­derschaft ist am nächsten Tag recht häufig wieder vergessen. Daß die Väter einen Tag unter sich sind, hat schon das eine Gute: sie lernen unter allen Umständen, was die Muttis in ihrem Leben zu bedeuten haben. Nur müssen die Muttis klug sein. Scheltworte sind das, was ein fröhlich heimkehrender Mann ebenso schlecht verträgt, wie .ein bitterböses Ge­sicht. Ist zur Zerknir­schung Anlaß, dann wird er viel zerknirschter sein wenn man ihm liebevoll hilft, sein Bett aufzu­suchen. Und ein freund­lich serviertes Kater­frühstück ist besser als

eine noch so schöne Gardinenpredigt. Was der saure Hering uns zu sagen hat, ist von beson­derem Gewicht.Niemals wieder Vatertag ist die mindeste der Beteuerungen, die amFreitag-

Stilleben am Spätnachmittag

Bild: .. Hass

vormittag fällig sind. Sie wird auch gehalten werden ein ganzes Jahr lang. Für den näch­sten Vatertag freilich möchte natürlich noch niemand garantieren!

Erlebnis auf dem Felde

Von Victor Auburtin

Jetzt ist der Frühling in voller Pracht ein­gekehrt und es zieht den Menscnen mit Macht aus der stülen Klause hinaus in die freie Na­tur. Das mag wohl der erste Anlaß zumVa­tertag gewesen sein, denn wenn der Mann schon hinausmuß ins feindliche Leben, so hat er einmal im Jahre das Recht hiimauszuziehen in ein Leben, das er nicht als so feindlich empfindet.

Zugegeben: die Muttis sehens nicht gerne! Für sie sind die Vatis noch immer so etwas wie ungezogene Jungen, die Unheü stiften, so­bald man sie allein läßt. Und es wird auch an diesem Vatertag nicht an mancherlei Unfug fehlen. Männer unter sich, das ist immer eine besondere Sache aber es gehört nun einmal zu dem ungeschriebenen Ehrenkodex des Va­tertages, daß sie auch unter sich bleiben. Und darum bleibt den Muttis nichts anderes übrig, als in die Speisekammer zu gehen und das nahrhafteste herauszuzaubem, was man darin finden kann. Das ist nach gutem alten Brauch der Schinken, und wenn man ihn im Gasthaus verzieren läßt mit dem zartesten Spargel, nun, dann kann es bei solcher Unterlage nicht mehr sehr schief gehen.

Daß ein kräftiger Umtrunk dazu gehört, das lassen sich die Vatis bestimmt nicht ein zwei­tes Mal sagen. Man kann auch freilich die Kehlen in einem anderen Sinne weit machen, denn ein Lied aus voller Männerbrust gehört nun auch einmal zum Vatertag, und solange es in die freie Natur hinaus klingt, wird auch die gestrenge Polizei beide Augen zudrücken. Nur schade, daß die Lust am Singen wächst, wenn die Kehlen anderweitig angefeuchtet werden und dann klingt es leider nicht im­mer so schön. Wenn die Kegelkugel erst ein­mal im Zickzack rollt und grundsätzlich an

HERRENPARTIE

Und da wieder einmal Himmelfahrt naht, so schmieden die Männer die Pläne und setzen bei einem zünftigen Skat die Herrenpartie in Szene.

Sie reden vom Frühling und Sonnenschein, vom Hausschlüssel in der Tasche.

Sie reden vom nur-unter-Männer-sein und von einer guten Flasche.

Sie ziehen im Geist schon durch Feld und Wald, singen vom Mai, der gekommen, und wünschen, das Gasthaus käme auch bald. Und dann wird einer genommen!

Sone Herrenpartie ist partout ideal, keiner kann da was entgegnen.

Nur hoffentlich wird sie auch dieses Mal Nicht verregnen.

Ueber den Feldern, dort wo die Stadt zu Ende ist, steht ein tiefblauer Mittagshimmel, um den sich kein vernünftiger Mensch küm­mert.

Straßen, die noch keine Häuser haben, laufen in die Feme, Fabrikschomsteine qualmen schwarz oder gelb, und am Horizont leuchtet die Kuppel des neuen Krematoriums, das dem­nächst dem geschätzten Publikum eröffnet werden soll.

In einer Vertiefung des Gefildes ist Schutt angehäuft, und eine Frau steht mitten drin, die ihn durchsucht. Drei den besseren Ständen angehörige Bürger betrachten den Verlauf dieser Arbeit mit Geduld und Aufmerksamkeit.

Aber vor mir geht die Straße entlang ein

alter Herr, der ein kleines, etwa fünfjähriges Knäblein an der Hand führt.

Plötzlich bleibt das Knäblein stehen und zeigt aufgeregt gegen den Himmel.

Der alte Herr sieht hinauf, und dch sehe auch hinauf. Dort oben im Blau steht die schmale Sichel des abnehmenden Mondes, kaum erkennbar in brennender Nähe der Sonne. Der alte Herr kann offenbar das Ge­stirn nicht gleich sehen, er schützt seine Augen und sucht... aber der Kleine weist stürmisch mit der Hand hinauf. So stehen der Greis und das Kind einen Augenblick da und bilden eine gegen die Unendlichkeit bewegte Gruppe. Und sie haben die Apostelgebärde, die auf den Bil­dern der Himmelfahrt dargestellt wird: Was

Wenn es an Himmelfahrt regnet...

Alle blicken seit Morgengrauen ängstlich zum Himmel. Allen dst der Spaß verdorben, wenn es heute regnet! Denn zu Himmelfahrt zieht man ins Freie, früh um M6 Uhr schon.

Aber es kann sich ja noch aufklären. Ganz hinten wird es schon etwas heller.

Vater sagt, der Ausflug findet auf jeden Fall statt. Da hat er im Kriege ganz andere Sachen mitgemacht. Wozu hat Mutter sonst gestern abend die vielen Brote geschmiert und den Kaffee in die Thermosflasche gefüllt? Schließ­lich kann ja jeder einen Regenschirm mitneh­men. Vater, der keine Hand frei hat, wegen des Akkordeons und der Notenmappe, hat im­merhin den Wachstuch-Ueberzug seines Instru­ments, welchen man bei starkem Regen über den Kopf ziehen kann.

Wirklich ernste Sorgen hat eigentlich nur Hilde wegen des neuen Kleides, der Rock kam gestern abend erst aus der Plissee-Presserei. Und Plisseefalten können keinen Regen ver­tragen. Aber Hilde wird in die familiären Be­ratungen gar nicht einbezogen, man grollt ihr, denn sie will sich zu Himmelfahrt von der Familie lösen.

Hilde weiß noch immer nicht: soll sie den neuen Rock nun anziehen oder nicht? Sie geht in ihrer Not zu dem Alten hinten im Hause, der hat es im Bein und versteht etwas vom Wetter. Als der Alte das Mädchen in dem rei­zenden Kleidchen vor sich sieht, früh um M6, greift er gar nicht erst an sein Rheuma-Bein, sondern sagt schmunzelnd:

Es wird bestimmt sehr, sehr schön, Hild- chen!

Nun, wie mans nimmt . . . Vater stellte am Abend ärgerlich fest, daß das hohe C in seiner Ziehharmonika nicht mehr anspricht als es so losprasselte und Vater den Wachstuch- Ueberzug über den Kopf nahm, muß Wasser in den Blasebalg gekommen sein. Die Ther­mosflasche wurde uneröffnet wieder nach Hause gebracht, denn in der Gastwirtschaft, wo man vor dem Regen Zuflucht fand, mußte man Bier trinken.

Nur Hüdchen lacht, singt, pfeift, jubiliert. Trotzdem ihr der Plisseerock wie ein Schlauch um die hübschen Beine hängt, ^ie stand im Regen und wartete auf ihn. Das tun immer nur die, welche wirklich lieben, sagte damals Zarah Leander, und es stimmt noch auch.

Alfred Baresel

steht ihr Männer von Galiläa und seht gen Himmel?

Ich weiß nicht, was der Herr von dieser Be­gebenheit gedacht hat; mich hat sie belehrt und für einige Stunden bekehrt.

Wir klugen Leute haben hier unten so viel zu schaffen und sehen zum Himmel nur auf, wenn ein Flugzeug vorbeigondelt, um uns zu erinnern, daß es da oben noch etwas anderes zu sehen gibt und etwas Größeres.

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