MITTWOCH, 19. MAI 1954
„Kritik an der Kritik“
Frühjahrstagung der Akademie für Sprache und Dichtung in Hannover
HANNOVER. Die „Kritik an der Kritik“ ist das Hauptthema der am Dienstag in Hannover eröffneten Frühjahrstagung der deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Sie gehöre nicht zum eigentlichen Aufgabengebiet der Akademie, wie ihr Präsident Hermann Kasack in einleitenden Worten feststellte, trotzdem wolle man sich dieser schwierigen Frage nicht entziehen, die sorgfältiger Analyse bedürfe. In diesem Sinne müsse das Referat des Stuttgarter Professors Dr. Fritz Martini aufgefaßt werden, der als Gast der Tagung seine Überlegungen zu dieser Frage zur Diskussion stellte.
Reklamechef ersetzt 50 Kritiker
Vor den etwa 30 an der Tagung teilnehmenden Mitgliedern der Akademie und einer Anzahl von Gästen, unter ihnen den Kulturreferenten deutscher Rundfunkanstalten, gab Prof. Martini einen Überblick über die Geschichte der deutschen Literaturkritik seit Lessing. Er kam zu dem Ergebnis, daß heute ein raffinierter Reklamechef mit möglichst internationaler Marktbeziehung für einen Autor wichtiger sei als fünfzig gescheite Kritiker. „Im 18. Jahrhundert arbeitete die Kritik mit festen, erkenntnismäßig begründeten, zu verbindlichen Normen geprägten Regeln des Geschmacks, des Schönen", sagte Martini. Die zweite Stufe der geschichtlichen Entwicklung hahe die Subjektivierung der Kunst und damit die Forderung der Kritiker gebracht, selbst ein Genie zu sein. Les-
WW. DÜSSELDORF. Wo der Rhein sich breit ins Flachland ergießt, schweben zwei Fesselballons über dem Strom, hellgelb der eine, ein Fußball für unsichtbare Stürmer des Himmels, der andere eine riesig aufgequollene Wurst. Dicht neben der luftigen Reklame reckt sich ein 65 Meter hoher Turm in die Höhe, ein schlankes Gerüst aus armdicken Rohren, von dessen Spitze die Buchstaben DRUPA weit ins Land blicken. Die Welt scheint aus Luft zu bestehen, die sich gelegentlich zum Spaß zwischen Gummi und Stahl einfangen läßt Aber unsere Welt besteht aus Papier. Ich habe es kürzlich bei einem modernen Philosophen gelesen, daß wir in einer Plakatwelt leben; und seit ich bei der DRUPA in Düsseldorf war, weiß ich, daß er recht hat Plakate und Formulare — von der Wiege bis zur Bahre, Pappkarton und Zeitung sind unsere Lebensleitung.
Vom kleinsten Buch der Welt bis zu den schwersten Rotationsmaschinen ist alles, was irgendwie mit Druck und Papier zu tun hat, für 14 Tage auf der DRUPA in Düsseldorf zu sehen. Das kleinste Buch enthält das Vaterunser, Bo groß wie der Fingernagel eines dreijährigen Kindes, unleserlich klein geschrieben, aber unter der Lupe recht exakt. Kostbarer scheint jenes Neue Testament, das 1890 in Glasgow gedruckt wurde, gerade so groß wie der Fingernagel eines Erwachsenen, oder die kaum größere „Göttliche Komödie“ Dantes, deren winzige Typen mit der Hand geschnitten und gesetzt sind. Wer freilich dem Druck und dem Papier mit der Ehrfurcht begegnet, die diese neue Weltmacht — ihre Entdeckung liegt gerade soweit zurück wie die Amerikas — eigentlich verlangt, der wird von diesen Kuriositäten weniger angezogen werden als von einem Original-Pergamentblatt aus der Gutenberg-Bibel von 1452, einem ehrwürdigen Ahnen aller heutigen Erzeugnisse der Buchdruckerkunst.
sing wurde durch Herder abgelöst, die Kritik sei zu einer Rhapsodie, zu einem Dichten über den Dichter geworden. „Aber Begeisterung allein gibt noch keinen Gehalt.“ '
Die dritte Stufe der deutschen Kritik sei von Schiller und Goethe bestimmt worden, die nicht nur die empfindende, sondern die verstehende, mitdenkende und mitarbeitende Kritik verlangt hätten. In der Romantik habe Friedrich Schlegel die klassische Forderung nach einer produktiven Kritik aufgenommen und ihr den Weitblick des Historikers, die Universalität der geschichtlich verstandenen Weltliteratur hinzugefügt.
Mit dem Feuilleton habe im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts eine Kritik begonnen, in der sich über das ästhetische Bewußtsein die Tendenz des aktivierten „Zeitgeistes“ gelagert habe. Aber dieses Feuilleton wende sich nicht mehr an den Künstler oder an das Kunstwerk, sondern an das breite Publikum. „Heinrich Heine wurde der Meister dieser neuen Form, die bei Alfred Kerr gipfelte.“ Damit habe jener Relativismus der Maßstäbe, jene Subjektivität der Stimmungen und Meinungen eingesetzt, unter der die Kritik heute noch zu leiden habe.
Über Kunst redet jeder
Die Überschätzung des „Modernen“, das bedenkenlose Ja zu jeder Neugeburt im Reiche der Künste sei das Kennzeichen der Kritik seit 1900. Die Kritik habe sich von der Kunst emanzipiert, sie sei Selbstzweck geworden.
Moderne Messen werden nicht veranstaltet, um Altertümer und kulturelle Schätze zu zeigen, und so liegt auch diese Sonderschau nur am Rande der DRUPA, deren 750 Aussteller in diesem Jahr eine unübersehbare Fülle von Maschinen, Papiersorten, Farben und Pappen zeigen. Die Messe ist gegenüber 1951 so angewachsen, daß diesmal auf dem Ausstellungsgelände eigens eine weitere Halle für 750000 DM errichtet werden mußte, die nach Beendigung der Messe am 30. Mai wieder abgerissen wird. Die ausländischen Aussteller, 125 an der Zahl und aus 12 verschiedenen Ländern, haben die erregendsten Neuheiten zu bieten. Da steht eine neue Setzmaschine von .„Linotype“, die man beispielsweise in Berlin bedienen kann, so daß in Frankfurt die fertigen Satzzeilen anfallen; das ganze nennt sich „Telesetter“. Oder da ist der sogenannte „Fotosetter“, dessen wunderbare Eigenschaft darin besteht, daß er die Zeitung nicht aus Bleizeilen zusammensetzt, sondern aus Filmstreifen. Wir haben uns die Maschine, die von der amerikanischen „Intertype“ hergestellt wird, im Betrieb angesehen: Sie liefert ein Schriftbild von bestechender Klarheit, eine Freude für jeden Leser. Zunächst werden es die erwarteten 600 000 Besucher der Messe bewundern können.
Die grünen und messinggelben Maschinen rufen eine Vision von der Zeitung der Zukunft wach. Rechtzeitig zum Messebeginn hat die deutsche „Agfa“ ein neues Patent herausgebracht, einen Farbfilm, dessen Bilder weit schneller als bisher verwertet werden können. Dadurch eröffnet sich die Möglichkeit, künftig die Tageszeitungen sogar mit aktuellen Farbfotos auszustatten. So wird die Morgenzeitung der Zukunft sein: Bunt wie das Plakat, das unserer Welt angemessen ist, mit fotografischen Buchstaben und Schlagzeilen, in Berlin gesetzt und in Bonn gedruckt.
Sie kümmere sich nicht mehr um die Dichtung, und die Dichtung kümmere sich nicht mehr um sie. „Für jedes Wissensgebiet gibt es Spezialisten, nur über die Kunst redet jeder.“ Dem heutigen Kritiker habe die grenzenlose Relativierung aller Bewußtseinsinhalte allen Glauben genommen.
Aufgaben der Kritik
Die Kritik soll nach Martini eine öffentliche, auf eine bestimmte Gesellschaft bezogene Aufgabe sein. Sie soll dem Kunstwerk zur Wirkung helfen, wenn es sie verdient, das heißt, wenn eine echte Funktion und ein eigener Ausdruck darin enthalten ist. Die Kritik solle das Amt des öffentlichen und verantwortlichen Richters ausüben, aber diese Aufgabe sei zurzeit fast hoffnungslos, weil keine Gesetze, keine Maßstäbe, keine Tradition mehr vorhanden seien. „Es ist eine Katastrophe für die modernen Künste, in mutigen Kritikern keine Feinde mehr zu haben. Es ist auch eine Katastrophe für die
Kritiker, meistens vor einem Mittelmaß zu stehen, das umgekehrt sie nicht herauszufordern vermag.“
In einem temperamentvollen Appell forderte Martini eine „literarische Öffentlichkeit, die den Schriftsteller aus seiner Einsamkeit erlöst". Eine anschließende Diskussion zeigte noch einmal die ganze Problematik des Themas, aber auch das große Echo, das die grundlegenden Ausführungen Martinis gefunden hatten.
40 Nachkommen gratulieren
GRONAU. Das seltene Fest der Gnadenhochzeit feierten in der Stadt Gronau an der holländischen Grenze die Eheleute Lieuwe und Janke de Boer. Alle ihre unmittelbaren Nachkommen leben noch. Vier Kinder, zwanzig Enkelkinder und sechzehn Urenkel gratulierten dem 93jährigen Urgroßvater und der 89jährigen Urgroßmutter zu ihrem 70jährigen Ehejubiläum. Die beiden Jubilare sind in Holland geboren, aber deutsche Staatsangehörige. De Boer lernte ursprünglich das Bäckerhandwerk, 1893 aber kam er nach Gronau und wurde Fuhrmann. Seit 29 Jahren lebt er im Ruhestand.
In Beton geschossen
Auf der Deutschen Handwerksmesse, die bis zum 25. Mai in München stattfindet, wird scharf geschossen, diesmal für den friedlichen Zweck des Aufbaus. Der Bauhandwerker, der weiß, wie mühsam es bisher war, einen Bolzen oder Kloben in Mauerwerk oder Beton einzusetzen, wird auch den bedeutenden Fortschritt in der Rationalisierung der Arbeit auf dem Bau
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zu würdigen wissen, den das Bolzensetzgerät „ Tornado “ bringt. Mittels einer Pulverladung, wie beim Gewehr, werden hier Gewindebolzen bis zu 10 mm Stärke in Beton, Mauerwerk, Eisenträger teste, regelrecht eingeschossen. Sie haften dort mit einer Zugfestigkeit bis zu 1000 kg. Mit dem Gerät wurden in einer Rekordzeit schon 240 Bolzen in der Stunde eingeschos- sen - Bild: Botzenhardt
Ermordet aufgefunden
WIESBADEN. Mit schweren Schädelverletzungen und Würgemalen am Hai» wurde in der Nacht zum Dienstag der 54jährige Elektriker Wilhelm Dörner aus Wiesbaden in seinem brennenden Auto auf einer einsamen Verbindungsstraße zwischen Wiesbaden-Kohlheck und Klarenthal tot aufgefunden. Die Kriminalpolizei nimmt mit Sicherheit an, daß ein Mord vorliegt. Ein Motorradfahrer hatte kurz vor Mitternacht das brennende Auto auf der durch Wald führenden Straße entdeckt und die Polizei alarmiert. Über Täter und Motiv herrscht noch Unklarheit.
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Die 32 Jahre alte Amerikanerin Martina Stenson hat Vierlingen das Leben geschenkt, doch starben die Kinder innerhalb von acht Stunden nach der Geburt.
Mit betretenen Gesichtern standen bei einer Denkmalseinweihung in Le- vallois bei Paris Regierungs- und Stadtvertreter vor einem leeren Sockel. Diebe hatten in der Nacht die neue Bronzebüste gestohlen. Als Ersatz wurde rasch ein Foto des zu Ehrenden auf den Sockel gestellt.
Als die Beschlagnahmekommission bei Prinz Jussuf von Ägypten erschien, um Hand auf seine wertvolle Taubenzucht zu legen, erlebte sie eine Überraschung. In den Schlägen wimmelte es von Schlangen. Der Prinz hatte sie dort ausgesetzt, damit nicht eine Taube der Kommission in die Hand fiele.
Ein junger Seehund kroch aus einem uneingezäunten Teich bei Melun, watschelte die Hauptstraße hinab und ließ sich in einem Lehnsessel eines Möbelgeschäfts nieder. Erst den Anstrengungen von zehn Erwachsenen gelang es, den Seehund ln seinen Teich zurückzubefördern.
Eine Welt aus Papier
Die DRUPA in Düsseldorf erwartet 600 000 Besucher
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Eine Reihe von Neuerungen, die das Reisen auf langen Strecken angenehmer und bequemer machen sollen, bieten drei neue D-Zugwagen III. Klasse, die jetzt in einer Bremer Waggonfabrik fertiggestellt wurden. Die zwSlf Abteile eines Wagens sind wesentlich geräumiger als in den Wagen älteren Typs. Sie haben nicht mehr acht, sondern nur sechs Polstersitzplätze, die sich leicht in drei Liegeplätze verwandeln lassen. Für die männlichen Reisenden sind in zwei vom Abort getrennten Waschräumen - sogar Kontaktstecker für Trok- kenrasierapparate vorhanden. Mit der Indienststellung dieser neuen 26,4 m langen Wagen, die bei Beginn des Sommerfahrplans erfolgen soll, hat auch das Stehen in den Gängen ein Ende; erstmalig sind an den Außenwänden 20 Klappsitze und unter der Decke zusätzliche Gepäcknetze angebracht. Hier ein Abteil III. Klasse zum Sitzen hergerichtet (oben) und zum Liegen während der Nacht (unten). Bild: dpa
Neues aus Marbach
Zu unserem Bericht über die Neuwahl des Vorstands der Deutschen Schiller- gesellschaft teilen wir noch ergänzend mit, daß Dr. Bernhard Zeller, ein Schüler Professor Herdings (Tübingen) zum Nachfolger Dr. M. Koschligs im Amte des Archivars ernannt und bei der Jahresversammlung am vergangenen Samstag der Versammlung vorgesteiit wurde. Die bisherigen Ausschußmitglieder, die Professoren Peter Goeßler und Paul Kluckhohn, sind aus dem Vorstand ausgeschieden.
Der neue Direktor Wilhelm Hoffmann gab in seinem Rechenschaftsbericht wichtige Neuerwerbungen bekannt: Das so oft zitierte und berühmte „Lorcher Hausbuch“ E. Mörikes mit seinen köstlichen Zeichnungen, ein Altersbildnis Hölderlins, ein Exemplar des „Hyperion“ mit Eintragungen Hölderlins, die Briefe von Vischer und Strauß an ihren gemeinsamen Freund Rapp und der Nachlaß des Tübinger Dichters und Demokraten Karl Mayer.
Verleger Klett erstattete als Schatzämter der Gesellschaft den Kassenbe- ficht. Erwähnung verdient eine Spende Von 20 500 Mark aus Werbefunkmitteln, ®*üler-Groschen-Sammlung ist auf 14 900 Mark gestiegen.
Im Mittelpunkt der Tagung stand der Vortrag Dr. Zellers über „Karl Mayer, »ein Freundes- und Familienkreis". Der Bedner zeichnete Mayer als einen typischen Vertreter der württembergischen Demokratie im 19. Jahrhundert. Merk- da ^ dr waren 1. ein juristischer Ausbildungsgang und Herkunft aus würt- If 1 *'P e rgische n Juristenfamilien, prak- Tätigkeit als Oberamtsrichter in waiblmgen und Tübingen, 2. Anschluß »n die liberale Politik der Oppositionspartei, die den Geist von 1848 noch bis Jiü» ■ die Bismarckzeit hochhielt, 3. chtensche Begabung, die sich beson- rs in Naturlyrik von epigrammatischer Kürze und Nüchternheit äußerte. 4. Das
Talent zur Freundschaft mit Gleichgesinnten in Politik und Dichtung. Gerade Mayers Briefwechsel zeigt sehr schön seine menschlichen Beziehungen zum Uhland- und Mörikekreis und zu den Freunden der Ständeversammlung: Pfizer, Schott und Römer.
Unter dem Titel „Mit einem lachenden Auge — Humor in der schwäbischen Dichtung“ wurde eine von Dr. Zeller zusammengestellte Schau von Briefen, Gedichten, Zeichnungen, Illustrationen humoristisch-satirischen Inhalts eröffnet, die auch für Kenner manche Überraschung brachte. Wer weiß z. B., daß Schiller, der Dichter des ernsten Idealismus, im Hause seines Dresdner Freundes G. F. Körner einen Fries lustiger Zeichnungen (farbig) im Kinderstil gefertigt hat? Das Original ging zwar verloren, aber ein bibliophiler Nachdruck ist noch vorhanden. Selbstverständlich machen Mörikes Scherzgedichte und sein Lorcher Hausbuch den bedeutendsten Teil der Schau aus. Von den älteren Schwaben sind zu nennen Abraham a Saneta Clara, Sebastian Sailer und Wieland, aus dem 19. Jahrhundert erregen das Interesse besonders F. Th. Vi- schers Selbstkarikaturen oder Karikaturen seiner Freunde — auch Strauß zeichnete gar nicht schlecht — und das 20. Jahrhundert beherrschen die Simplgedichte von Dr. Owlglass.
Industrie als Mäzen
„gewebt — geformt “ in Essen
Zur Jahrestagung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie in Essen wurde am Montagabend in Anwesenheit von Bundespräsident Theodor Heuß auf Villa Hügel eine Ausstellung „gewebt — geformt“ vom Kulturkreis des Bundesverbandes eröffnet. Generaldirektor Dr. Hermann Reusch (Oberhausen), der Vorsitzende des Kulturkreises. kündigte in seiner Eröffnungsansprache an, daß unter dem Namen „Industrieform" demnächst im soge
nannten Kleinen Haus der Villa Hügel eine ständige Musterschau formschöner Industrieerzeugnisse eingerichtet werde.
Die Ausstellung „gewebt — geformt“ zeigt bis zum 30. Juni eine Fülle ausgewählter Wandteppiche aus deutschen und ausländischen Werkstätten, alte Gobelinschöpfungen der klassischen Teppichkunst sowie moderne Erzeugnisse in- und ausländischer Teppichmanufakturen. Eine Auswahl erlesener Porzellane und Keramiken ergänzt die umfangreiche Ausstellung, die sämtliche Räume des ehemaligen Kruppschen Familiensitzes inmitten des Hügelparkes oberhalb der Ruhr im Essener Süden füllt.
Ein Sprecher des Kulturkreises wies darauf hin, daß die Industrie auch in diesem Jahr Kunst und Künstler mit umfangreichen Stipendien fördern werde. Der Kulturkreis des BDI will für Literatur einen Preis von 12 000 DM, für Malerei und Plastik, Musik, Architektur und Studienförderung Beträge von je 10 000 DM vorsehen. Die Preisträger würden auf der Jahrestagung des Kulturkreises in Bamberg ermittelt und bekanntgegeben.
In seinem Festvortrag entwickelte Dr. Jürgen Rausch (Stuttgart) zum Thema „Der Mensch und seine Mittel“ ein Bild von dem Menschen unserer Zeit und seinem Verhältnis zur Technik. Die Technik — als Provokation des Menschen zu einer neuen Humanität verstanden — zwinge uns, sowohl die Romantik der Vergangenheit wie die der Zukunft zu verabschieden und ja zu sagen zu der an Gefahren und Erkenntnissen reichen Spannung, die unsere technische Existenz mit sich bringe.
Vor uns, sagte Bausch, stehe die Aufgabe, die technische Welt ln den gesamtmenschlichen Bereich einzuordnen, sie zu bewältigen und Macht über unsere Macht zu gewinnen. Die Frage nach der Technik sei auch deshalb nur als eine Frage nach dem Menschen
zu beantworten, weil das Heraufkommen der Technik das Verhältnis des Menschen zu sich und der Welt entscheidend verändert habe. Die Selbstentfremdung, mit der die technische Welt den Menschen bedroht, verglich der Redner mit jener Strecke, die der Springer zurücklegt, um seinen Anlauf zu nehmen. Die Technik sei also nicht unser Verderb, sondern sei ein ungeheurer Anruf, im Raume des Wagnisses neue und hohe Formen der Menschlichkeit zu schaffen.
Ostberliner „Friedensfahrer“
Auch die Operette hält Schritt
Als ein ausgezeichnetes Beispiel, wie man auch auf dem Gebiet der Operette mit der Zeit Schritt halten kann, bezeichnet die Ostpresse die jetzt im Ostberliner Metropol-Theater gestartete „fortschrittliche“ Operette mit dem unverfänglichen Titel „Jedes Jahr Im Mal“. Es handelt sith um eine „Sport- Operette“, in deren Mittelpunkt die „Internationale Friedensfahrt War- schau-Berlin-Prag“ steht. Motorräder knattern über die Operettenbühne und die Fahrräder der internationalen Rennfahrer gehören zu den wichtigsten Requisiten. „Die Giganten der Landstraße“, Rennfahrer und Mechaniker, sind die Helden der Handlung; der Komiker hat die zeitgemäße Rolle eines Sportmasseurs und Trainers. Eine dreiköpfige Betriebsdelegation verkörpert den Geist der Werktätigen. Uber vier Bilder erstreckt sich der aktuelle Konflikt der Operettenhandlung, nämlich die Gefährdung des Kollektivs durch einen Einzelgänger, der dann schließlich von seiner abwegigen unzeitgemäßen Eigenbrödelei kuriert und zu kollektivem sportlichem Bewußtsein erzogen wird. Bei der zunächst skeptischen ostzonalen Sektion Radsport ist, wie verlautet, „hart mit dem Autor diskutiert worden“, bis schließlich das Werk so „fortschrittlich vollendet“ herauskam. O.
Kulturelle Nachrichten
Das Volksschauspiel -Dorf Otigheim, das auf eine nahezu fünfzigjährige erfolgreiche Tradition zurückblicken kann, steht mitten in den die ganze Spielgemeinde, ja fast das ganze Dorf umfassenden Vorbereitungen für die am 27. Juni beginnende neue Spielzeit. Das Volksschauspiel bringt In diesem Sommer Hebbels „Nibelungen“-Tri- 2ogie zur Aufführung, die in den dreißiger Jahren schon einmal eine eindrucksvolle und vielgerühmte Aufführung auf der großen Freilichtbühne erlebt hat.
Prof. Dr. Wilhelm Hahn, Heidelberg, hat den Ruf, die Leitung des ökumenischen Instituts des Weltkirchenrates in Bossey bei Genf zu übernehmen, abgelehnt
Sämtliche fünf Lehrstühle der Theologischen Fakultät der Universität Hamburg werden bi» zum Beginn des-nächsten Semesters besetzt sein, gab Senator Wenke am Wochenende bekannt Mit der Theologischen Fakultät die im Wintersemester voll arbeitsfähig ist hat die Universität Hamburg den Rang einer Volluniversität erhalten.
Indien feiert Buddha
Buddhas 2500. Geburtstag wurde am Montag in Indien feierlich begangen. In Neu-Delhi veranstaltete die Maha- bodhi - Gesellschaft eine öffentliche Feier, an der Minister, Diplomaten und viele Prominente teilnahmen. Der deutsche Botschafter in Indien, Professor Ernst-Wilhelm Meyer, betonte in einer Rede den weltweiten einigenden Einfluß von Buddhas Lehren. Ihre Toleranz und ihre Ablehnung geistiger „Kirchturmpolitik“ hätten internationalen Charakter, und ihre Befolgung könne dazu beitragen, Menschen und Völker zusammenzubringen und den internationalen Frieden zu fördern.